Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird teilweise Folge gegeben und die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass das Mietzinsüberprüfungsbegehren für die Monate September und Oktober 1999 zurück- sowie für Februar 2000 bis Oktober 2000 abgewiesen werden.
Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs und Rekurs nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft ***** in *****, der Antragsteller ist Hauptmieter der Wohnung top Nr 15 in diesem Haus. Ihm wurde monatlich für die gegenständliche Wohnung als Nettohauptmietzins in der Zeit vom 1. 1. 1999 bis 30. 4. 1999 ein Betrag von S 5.305,90 und im Zeitraum 1. 5. 1999 bis 30. 4. 2000 ein Betrag von S 5.335,08 vorgeschrieben.
Ein früheres Mietverhältnis mit dem Antragsteller endete am 12. 1. 1998 durch Eintritt der Rechtskraft eines Räumungsurteils. Am 27. 4. 1998 kam es zum Abschluss eines neuen schriftlichen Hauptmietvertrages. Beginnend mit 1. 5. 1998 wurde dem Antragsteller die Wohnung wiederum vermietet und ein Nettohauptmietzins von S 5.305,90 (Richtwertmietzins auf Basis Kategorie A ohne Zu- und Abschläge) vereinbart. Vereinbart wurde weiters die Wertbeständigkeit des Hauptmietzinses nach Maßgabe der in den §§ 5 und 6 Richtwertgesetz vorgesehenen Wertsicherung (Neufestsetzung) der Richtwerte.
Die 96 m2 große Wohnung des Antragstellers verfügte zwar über ein Badezimmer, dieses hatte jedoch keine direkte Entlüftungsmöglichkeit ins Freie, sondern lediglich ein Fenster ins Stiegenhaus. Im Stiegenhaus gibt es ein Fenster in Freie.
Der Antragsteller begehrt, gestützt auf diesen Sachverhalt, insoweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung, eine Feststellung der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses für den Zeitraum 1. 1. 1999 bis 31. 10. 2000. Seine Wohnung sei in Kategorie D einzuordnen und insofern überschreite der vorgeschriebene und vereinbarte Hauptmietzins den gesetzlich zulässigen. Im gerichtlichen Verfahren beantragte der Antragsteller die Fassung eines Zwischensachbeschlusses dahin, dass die gegenständliche Wohnung hinsichtlich der Mietzinsbildung der Ausstattungskategorie D, in eventu jener der Kategorie C unterliege.
Die Antragsgegnerin bestritt das Vorbringen des Antragstellers und beantragte Abweisung seiner Anträge. Die Mietzinsvereinbarung und -vorschreibung habe sich zulässigerweise an der Ausstattungskategorie A orientiert.
Das Erstgericht fasste einen Zwischensachbeschluss dahin, dass die Wohnung des Antragstellers für die Mietzinsbildung der Ausstattungskategorie "C" unterliege. Im Weiteren stellte es in einem Sachbeschluss fest, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber durch Vorschreibung von Mietzinsen in bestimmter Höhe im Zeitraum 1. 1. 1999 bis 31. 10. 2000 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe.
Einem dagegen von beiden Parteien erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Der Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des zweiten Mietvertragsabschlusses sei maßgeblich, ohne dass es darauf ankäme, dass der Antragsteller in einem früheren Mietverhältnis bestimmte Investitionen selbst geschaffen hätte. Den Ersatz dieser Investitionen hätte er bei Beendigung des ersten Bestandverhältnisses gemäß § 10 MRG von der Antragsgegnerin verlangen müssen. Nach den Feststellungen ergebe sich im Zusammenhalt mit ständiger Rechtsprechung, dass eine zeitgemäße Badegelegenheit nicht vorliege und dass diesbezüglich auch keine Bemängelungspflicht bestanden habe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil das Rekursgericht von ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung nicht abgewichen sei. Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass das Mietzinsüberprüfungsbegehren des Antragstellers für die Monate September und Oktober 1999 zurückzuweisen, in eventu abzuweisen sei. Weiters beantragt die Revisionsrekurswerberin die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass das gesamte Begehren des Antragstellers abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Erstmals im Revisionsrekursverfahren zeigt die Antragsgegnerin eine Nichtigkeit des Verfahrens auf, die darin gelegen sei, dass zu 7 C 1104/99h des Bezirksgerichtes Josefstadt der Antragsteller mit Versäumungsurteil vom 2. 12. 1999 schuldig erkannt worden sei, ihr die Mietzinse für September und Oktober 1999 in Höhe von S 16.716,59 zu bezahlen und das Bestandobjekt geräumt zu übergeben. Dieses Versäumungsurteil sei am 10. 1. 2000 in Rechtskraft erwachsen, welcher Umstand der Antragsgegnerin erst durch Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichtes zu 40 R 194/01b des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht am 5. 10. 2001 klar geworden sei, weil damit eine Berufung wegen Verspätung zurückgewiesen worden sei. Die Rechtskraft dieser Entscheidung stehe hinsichtlich der Monate September und Oktober 1999 einer Überprüfung der zulässigen Höhe dieser Mietzinse im gegenständlichen Außerstreitverfahren entgegen.
Dazu hat der erkennende Senat Folgendes erwogen:
Nur bei Vorliegen einer bindenden, die Nichtigkeit verneinenden Entscheidung der Vorinstanzen kann eine Nichtigkeit im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Ist dies nicht der Fall und schlägt die Nichtigkeit erster Instanz auf das Verfahren zweiter Instanz durch, dann kann diese Nichtigkeit, wie sich aus § 510 Abs 2 ZPO ergibt, noch in der Revision bzw im Revisionsrekurs geltend gemacht werden und müsste auch von Amts wegen berücksichtigt werden (Kodek in Rechberger2 Rz 2 zu § 503 ZPO. Die von der Rechtsmittelwerberin angezogene Nichtigkeit der Bindungswirkung und Rechtskraft (§ 411 Abs 2 ZPO) ist zwar nicht in § 477 ZPO geregelt, aber doch mit Nichtigkeitssanktion versehen (vgl Kodek in Rechberger2 Rz 1 zu § 477 ZPO; Rz 3 zu § 411 ZPO mwN). Insofern wird im Fall einer Nichtigkeit infolge Verstoßes gegen Bindungswirkung und Rechtskraft auch eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO begründet.
Über die Mietzinszahlungsverpflichtung des Antragstellers wurde, soweit davon die Monate September und Oktober 1999 betroffen sind, im Verfahren 7 C 1104/99h des Bezirksgerichtes Josefstadt rechtskräftig entschieden. Diese Entscheidung trifft nicht nur den Grund, sondern auch die Höhe des Anspruches. Ein Eingriff in die Rechtskraft dieser Entscheidung insofern, als nun eine Neufestsetzung des zulässigen Hauptmietzinses für die Monate September und Oktober 1999 erfolgen könnte, ist daher ausgeschlossen. In Wahrnehmung dieser Nichtigkeit war das entsprechende Begehren des Antragstellers zurückzuweisen. Diese Nichtigkeit betrifft jedoch nicht Zeitäume vor und nach jenen, die vom rechtskräftigen Urteil umfasst sind. Für solche Zeiträume stellt die Beurteilung der Zulässigkeit des begehrten Mietzinses nur eine Vorfrage dar, deren Beurteilung keine Bindungswirkung für andere Zeiträume umfasst (MietSlg 48.646; 5 Ob 12/99x mit Darstellung der Lehre und Rechtsprechung zur Bindungsjudikatur; 5 Ob 2267/96k; RIS-Justiz RS0102102).
Die vom Revisionsrekurswerber zur Frage der Einordnung der Wohnung in die Ausstattungskategorie C getätigten Ausführungen hat das Rekursgericht zutreffend bereits verworfen. War aus den verfahrenseinleitenden Antrag bereits zu erkennen, dass der Antragsteller begehrt, die gesamten ihm seit Vertragsabschluss im Jahr 1998 vorgeschriebenen Mietzinse zu überprüfen, so ist die zwingende Prozessvoraussetzung der Anrufung der Schlichtungsstelle zu bejahen. Eine Benennung der Monate stellt dann keine unzulässige Präzisierung oder Erweiterung des Sachantrags dar.
Dass für das Fehlen eines zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit keine Bemängelungspflicht besteht, entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (WoBl 1988/37; MietSlg 45.282; RIS-Justiz RS0069776).
Infolge Neuerungsverbots ist es der Revisionsrekurswerberin nicht mehr möglich, erstmals im Revisionsrekurs mit der Zulässigkeit von Zuschlägen zum Richtwertmietzins zu argumentieren.
Zutreffend ist allerdings die Argumentation, dass mit Rechtskraft des zu 7 C 1104/99h des Bezirksgerichtes Josefstadt ergangenen Urteils, somit mit 10. 1. 2000, das Bestandverhältnis zwischen den Parteien aufgelöst ist und für danachliegende Zeiträume eine Feststellung der Überschreitung von Hauptmietzinsvorschreibungen nicht mehr in Betracht kommt.
Tatsächlich schuldet der Antragsteller ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses Benützungsentgelt, nicht aber Hauptmietzins, sodass die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Überprüfung von Hauptmietzinsvorschreibungen in einem Verfahren nach § 37 MRG nicht mehr vorliegen. Das hatte zur Abweisung des Überschreitungsbegehrens für Zeiträume nach Februar 2000 zu führen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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