OGH 8Ob119/17h

OGH8Ob119/17h25.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeburg W*****, vertreten durch Dr. Johann Sommer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** G*****, vertreten durch Doschek Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. Juni 2017, GZ 38 R 108/17i‑32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00119.17H.1025.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (RIS‑Justiz RS0020981, RS0067832, RS0068076, RS0102020), oder wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter gefährdet werden (8 Ob 137/10w; 2 Ob 164/11y; RIS‑Justiz RS0020940, RS0021031, RS0070348). Ein Verschulden des Mieters ist nicht erforderlich; es genügt, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste, wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters zugrunde zu legen ist (RIS‑Justiz RS0020981, RS0067957, RS0070243, RS0070433).

Das Berufungsgericht ist in seiner Begründung von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung nicht abgewichen. Es ist nicht unvertretbar, das Verhalten der Beklagten, ein Toilettenfenster jahrelang durchgehend und überdies monatelang völlig unbeaufsichtigt offen stehen zu lassen, sodass es bereits zu Verputzschäden bis zu frei liegenden Ziegeln gekommen ist, als eine vertragswidrige Benützung des Mietgegenstands zu werten.

Der Einwand der Revisionswerberin, der von den Vorinstanzen festgestellte Sachverhalt sei vom Klagsvorbringen nicht gedeckt, ist unzutreffend. In der Klage wurde vorgebracht, die Beklagte mache einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Mietgegenstand und vernachlässige diesen in arger Weise. Im vorbereitenden Schriftsatz hat die Klägerin dieses Vorbringen unter anderem mit dem Vorwurf des Offenhaltens des Fensters und dadurch entstandenen Feuchtigkeitsschäden präzisiert.

Die Beurteilung, ob die festgestellte örtliche Schädigung des Mauerwerks einen erheblichen Nachteil iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG darstellt, ist ebenfalls einzelfallabhängig (RIS‑Justiz RS0021018, RS0068103, RS0113693). Der Oberste Gerichtshof hat bei Einzelfallentscheidungen im Rahmen einer außerordentlichen Revision nur dann korrigierend einzugreifen, wenn dem Berufungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit einer Korrektur bedarf. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Ob nach den Umständen des Einzelfalls auch eine gegenteilige Entscheidung vertretbar gewesen wäre, begründet keine erhebliche Rechtsfrage.

Soweit die Revision den Wegfall einer Wiederholungsgefahr ins Treffen führt, weil sie nunmehr bereit sei, das Fenster geschlossen zu halten, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung. Der Fall, dass der Mieter sogleich Maßnahmen zur Beseitigung der Substanzgefährdung vornimmt, liegt hier nicht vor.

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