OGH 7Ob82/14f

OGH7Ob82/14f4.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr.

Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Planungsbüro W***** E***** GmbH, *****, vertreten durch Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, und der Nebenintervenientin Gemeinde *****, vertreten durch Dr. Peter Wasserbauer und andere Rechtsanwälte in Weiz, gegen die beklagte und widerklagende Partei A***** GmbH & Co ***** KG, *****, vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in Gleisdorf, wegen 33.000 EUR sA (Klage) und 148.000 EUR sA (Widerklage), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 18. März 2014, GZ 3 R 190/13f und 3 R 191/13b‑158, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g:

Rechtliche Beurteilung

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gehört es zu den Pflichten des Bauherrn, die Bodenverhältnisse näher zu prüfen (RIS‑Justiz RS0022075). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vertragspartner vereinbart haben, dass nicht der Besteller (Bauherr), sondern der Werkunternehmer die Bodenverhältnisse zu prüfen hat (4 Ob 46/01w).

Die Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen der Feststellungen, dass für die Klägerin eine Hochwassergefahr nicht erkennbar gewesen sei, beinhaltet eine rechtliche Schlussfolgerung. Diese „Feststellung“ ist dahin aufzufassen, dass der Klägerin keine Umstände bekannt wurden, die für eine Hochwassergefahr gesprochen haben. Ob sie auf Grund ihrer Fachkenntnis noch andere Versuche hätte anstellen müssen, darüber Aufschluss zu erhalten, und ob die nicht wirklichkeitsgetreue Einzeichnung des Baches in einem Plan Anlass dafür sein hätte müssen, weitere Erhebungen durchzuführen, sind Rechtsfragen.

Der Unternehmer ist in der Regel nicht verpflichtet, im Rahmen der ihn nach § 1168a ABGB treffenden Verpflichtung besondere, sonst nicht übliche Prüfungen und Untersuchungen anzustellen. Er hat den Besteller nur zu warnen, wenn er bei gehöriger, von ihm zu erwartender Sachkenntnis die Untauglichkeit des ihm zur Verfügung gestellten Stoffes erkennen musste (RIS‑Justiz RS0021744). Die Unrichtigkeit der Anweisung des Bestellers ist offenbar, wenn sie der Unternehmer bei seiner Sachkenntnis wahrnehmen musste (RIS‑Justiz RS0022259).

Da der Werkunternehmer regelmäßig als Sachverständiger anzusehen ist (§ 1299 f ABGB), unterliegt er einem objektiven Sorgfaltsmaßstab, sodass er die üblichen Branchenkenntnisse zu vertreten hat (2 Ob 277/08m). Es ist dabei auf den durchschnittlichen Fachmann des jeweiligen Fachgebiets abzustellen. Der Sorgfaltsmaßstab darf nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0021941, RS0026535). Ob eine schuldhafte, haftungsbegründende Warnpflichtverletzung vorliegt, ist wegen der Kasuistik der Fallgestaltung grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0116074).

Unstrittig ist, dass sich die Hochwassergefahr weder aus dem Flächenwidmungsplan noch aus dem Wasserbuch ergab. Nach den Feststellungen war der Gemeinde bis zum Juni 2004 die Hochwassergefahr nicht bekannt. Es steht weiters fest, dass es nicht zum Wissen eines mit den durchschnittlichen Fähigkeiten ausgestatteten Architekten oder allgemeinen Ziviltechnikers gehört, welche Bestandsgarantie das Wasserbuch aufweist.

Die Revision übergeht, dass gerade nicht feststeht, dass einem Architekten oder Zivilingenieur allgemein bekannt ist, dass den Angaben im Wasserbuch und im Flächenwidmungsplan zu Hochwassergefahren nicht vorbehaltlos zu vertrauen ist. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass hier auf diese Berufsgruppe, und nicht auf das Spezialwissen des gerichtlich beeideten Sachverständigen abzustellen sei, ist nicht zu beanstanden. Der Maßstab ist nicht die spezifische individuelle Erfahrung eines Mitglieds einer bestimmten Untergruppe eines Berufszweigs, sondern das durchschnittlich in der Branche (hier Architekten) zu erwartende Wissen.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen der Judikatur. Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.

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