OGH 7Ob68/03f

OGH7Ob68/03f28.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zarl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Michael Wonisch und Dr. Hansjörg Reiner, Rechtsanwälte in Salzburg, sowie des auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Karl Friedrich S*****, wegen (restlich) EUR 6.271,67 sA, über die Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 4. Dezember 2002, GZ 22 R 97/01w-52, womit infolge der Berufungen sämtlicher Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 18. Jänner 2001, GZ 16 C 1092/99i-28, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionen wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden - mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung von EUR 777,59 sA (Punkt 4. des Berufungsurteils) - aufgehoben und dem Erstgericht insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der von den Vorinstanzen umfangreich festgestellte Sachverhalt lässt sich - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung-wie folgt zusammenfassen (§ 510 Abs 3 erster Satz ZPO):

Der Kläger ist Export-Import-Kaufmann und kaufte im Sommer 1994 bei einer Lieferantin in Großbritannien verschiedene Sorten Whisky, insgesamt 340Kartons mit insgesamt 4080Flaschen von insgesamt vier verschiedenen Sorten unterschiedlicher Qualitätsstufen. Für die Gesamtlieferung bezahlte der Kläger dem englischen Lieferanten S 340.146,43 (EUR 24.719,41). Hinsichtlich der detaillierten Einzelpreise und Sortenbezeichnungen wird auf die Feststellungen der Vorinstanzen verwiesen.

Die Einlagerung der Whisky-Kartons erfolgte durch den Kläger ebenfalls im Sommer 1994 bei der beklagten Speditionsfirma in deren Zolllager, wobei als Preis für die Einlagerungskosten pro 100 kg S 15 (EUR 1,09) pro angefangener Kalenderwoche vereinbart wurde; im Schriftverkehr der beklagten Partei findet sich auch der Zusatz, dass diese ausschließlich aufgrund der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen (im Folgenden kurz: AÖSp) arbeitet.

Zwischen Sommer und Dezember 1994 konnte der Kläger aus dem Lager eine Teilmenge (unter 100Kartons) verkaufen.

Für die Dauer der Einlagerung hat die beklagte Partei dem Kläger regelmäßig Lagergeld in Rechnung gestellt. Den für den Zeitraum 1. 8. 1997 bis 30. 4. 1998 in Rechnung gestellten Betrag von S 7.200 (EUR 523.24) brutto bezahlte der Kläger trotz mehrfacher Mahnungen nicht, weil er hoffte, über einen Mittelsmann mit dem Prokuristen der beklagten Partei eine günstigere Vereinbarung betreffend das Lagergeld zu erreichen, welche jedoch nicht zustande kam. Mit Schreiben des von der beklagten Partei hierauf beauftragten Rechtsanwaltes (Nebenintervenient) vom 11. 11. 1998 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sich im Zolllager immer noch 119 Kartons befinden und dafür Lagergebühren von S 7.200 (EUR 523,24) samt weiter auflaufenden Lagergebühren aushafteten. Unter Hinweis auf das Pfand- und Verwertungsrecht des Spediteurs gemäß § 50 AÖSp wurde der Kläger weiters aufgefordert, binnen einer Woche “für eine Ordnung der Angelegenheit" (Bezahlung samt Importabgaben) zu sorgen, da die beklagte Partei ansonsten gezwungen wäre, “die auf Lager befindliche Ware im Wege des Selbsthilfeverkaufes zu verwerten". Der Kläger verstand dieses Schreiben so, dass es vor Durchführung dieses Verkaufes noch einmal zu einer Kontaktaufnahme mit ihm kommen werde.

Tatsächlich beauftragte der Nebenintervenient nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist den pensionierten und fast 40 Jahre im Justizdienst tätig gewesenen Gerichtsvollzieher Heinrich W***** mit dem Selbsthilfeverkauf sämtlicher noch vorhandener 1401 Flaschen Whisky. W***** hatte auch nach seiner Pensionierung 1994 noch Verkaufsvermittlungen für Masseverwalter in diversen Konkursangelegenheiten durchgeführt; er verfügte zwar über keinen Gewerbeschein betreffend diese Verkaufstätigkeiten, nahm jedoch gegenüber dem Finanzamt aus diesen Verkaufsvermittlungen auch nach seiner Pensionierung Einkommensteuererklärungen vor. Mit dem Verkauf von alkoholischen Getränken in größerem Umfang hatte W***** bereits vor ca 20 Jahren in einer Konkurssache zu tun gehabt. Hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise des Genannten wird wiederum auf die detaillierten Feststellungen der Vorinstanzen verwiesen. Hieraus ist bloß hervorzuheben, dass er die Verschiedenartigkeit der Etikettierungen samt daraus resultierender Sortenverschiedenheiten der Whiskyflaschen nicht erkannte und, nachdem er zum Ergebnis gekommen war, dass die lagernde (und von ihm vermeintlich als einzige gehaltene) Whisky-Sorte nur schwer verkäuflich sei, der Kanzlei des Beklagtenvertreters (richtig wohl: des Nebenintervenienten) vorschlug, die Lagermenge pauschal um S 70 (EUR 5,09) pro Flasche zu verkaufen. Nachdem es hiegegen keinen Einwand seitens der Kanzlei des Beklagtenvertreters (richtig wiederum wohl: des Nebenintervenienten) gab, unternahm W***** einen mühevollen Einzelverkauf, wobei 11Flaschen zum Probetrinken und weitere 17 durch Bruch ausschieden. Beim Verkaufsvorgang hat W***** mit dem Kläger keinen Kontakt aufgenommen und ihm auch keinen Verkaufstermin oder Verkaufsort bekanntgegeben. Erst im Zuge dieser Verkaufsaktion bemerkte W***** die verschiedenartige Etikettenausführung, blieb jedoch beim Einheitspreis von S 70 (EUR 5,09) je Flasche. Der Gesamtverkaufserlös belief sich auf S 96.110 (EUR 6.984,59) abzüglich S 4.806 (EUR 349,27) für seine eigenen Verkaufsbemühungen.

Mit Schreiben vom 23. 3. 1999 machte die beklagte Partei dem Kläger Mitteilung über eine Gutschrift von S 80.092 (EUR 5.820,51) aus dem Verkaufserlös. Einen Tag später folgte ein weiteres Schreiben samt Gegenverrechnung einer Belastung von insgesamt S 72.892 (EUR 5.297,27), bestehend aus S 42.313 (EUR 3.075,01) Eingangsabgaben, S 4.806 (EUR 349,27) Kosten W*****, S 8.519 (EUR 619,10) Kosten des Nebenintervenienten, S 6.297,50 (EUR 457,66) Kosten der Auslagerung und S 5.860 (EUR 425,86) an weiter angefallenem Lagergeld. Mit weiterem Schreiben vom 7. 5. 1999 wurde auch noch die immer noch ausständige ursprüngliche Lagergeldrechnung von S 7.200 (EUR 523,24) dazugeschlagen.

Mit der am 27. 7. 1999 eingebrachten Mahnklage begehrte der Kläger die Verurteilung der beklagten Partei - deren Bezeichnung später mit Beschluss vom 25. 2. 2002 zufolge “Umfirmung" gemäß § 235 Abs 5 ZPO amtswegig auf die aus dem Spruch ersichtliche Form berichtigt wurde (ON 46) - zur Zahlung von S 97.000 (EUR 7.049,26) samt 4 % Zinsen seit 7. 7. 1999 aus dem Titel des Schadenersatzes wegen rechtswidrigen Verkaufes und Einbehaltes des Erlöses hieraus. Die Flaschen hätten einen Einkaufspreis einschließlich Eingangsabgaben von S 185.458,80 (EUR 13.477,82) repräsentiert, welche für offene Lagerkosten von bloß S 7.200 (EUR 523,24) unterpreisig verschleudert worden seien. Bei einem selbst veranlassten Weiterverkauf hätte er zumindest S 98.097 (EUR 7.128,99), sohin mehr als die beklagte Partei bei ihrem Verkauf, erzielt, welchen Schaden er einschließlich der von der beklagten Partei rechtswidrigerweise hievon in Abzug gebrachten weiteren Kosten - pauschaliert mit der Klagssumme - begehre. Über Auftrag des Erstgerichtes (ON 16) wurde dieses Begehren mit Schriftsatz vom 12. 5. 2000 noch näher aufgeschlüsselt (ON 18). Die “Pfandverwertung" sei überdies auch nicht durch einen befugten Handelsmäkler erfolgt.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Sie berief sich auf das ihr zustehende Selbsthilfeverkaufsrecht, wobei sie die Ware aufgrund des schuldhaften Verzuges des Klägers zu marktüblichen Preisen verkauft habe. Das Klagebegehren sei unschlüssig. Eingewendet wurden “sämtliche Haftungsausschlussgründe sowie sämtliche Haftungsbegrenzungen" nach den AÖSp, ebenso Verjährung. Schließlich wurde auch eine Gegenforderung in Höhe von S 80.082 (EUR 5.820,51) - im Berufungsurteil Punkt 2. des Spruches unrichtig mit S 82.092 (EUR 5.965,86) beziffert -eingewendet (siehe Aufschlüsselung ON 3 iVm dem zweiten Revisionseventualantrag in ON 55).

Die beklagte Partei verkündete weiters ihrem vormaligen Rechtsvertreter den Streit. Dieser trat dem Verfahren auf ihrer Seite als Nebenintervenient bei (Beschluss ON 42, bestätigt mit Beschluss ON 48).

Das Erstgericht sprach mit mehrgliedrigem Urteil aus, dass die Klageforderung mit S 97.000 (EUR 7.049,26) und die Gegenforderung mit S 14.232 (EUR 1.034,28) zu Recht bestehe und verpflichtete demgemäß die beklagte Partei zur Zahlung von S 82.768 (EUR 6.014,99) samt 4 % Zinsen seit 7. 7. 1999; das Mehrbegehren von S 14.232 (EUR 1.034,28) wurde abgewiesen. Das Erstgericht beurteilte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass die beklagte Partei als Lagerhalter tätig geworden sei. Ein Selbsthilfeverkauf sei nicht zulässig gewesen, weil kein zeitbefristeter Einlagerungsvertrag vorgelegen habe; überdies hätte hiefür ein freihändiger Verkauf besonders angekündigt werden müssen, was aber nicht geschehen sei; weiters habe es bei der Verwertung an einem öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder an einer sonst zur öffentlichen Versteigerung ermächtigten Person gemangelt. Alle diese Missachtungen rechtfertigten es, die Durchführung des Verkaufes als grob fahrlässig zu qualifizieren, weshalb die beklagte Partei verpflichtet sei, den Gegenwert der Flaschen dem Kläger wiederum zur Verfügung zu stellen. Dieser belaufe sich “nach Berechnung des Gerichtes" (ohne dass diese allerdings aus dem Ersturteil im Einzelnen hervorgeht und diesbezüglich auch nicht etwa auf § 273 ZPO verwiesen ist) auf S 133.000 (EUR 9.665,49), wobei der Kläger mit Ausnahme der Forderungen an Lagerentgelt auch die von der beklagten Partei vorgenommenen Abzüge vom Verkaufserlös nicht gegen sich gelten lassen müsse.

Das von beiden Parteien und vom Nebenintervenienten angerufene Berufungsgericht gab sämtlichen Berufungen teilweise Folge und änderte die bekämpfte Entscheidung dahin ab, dass es die Klageforderung als mit EUR 6.649,65 und die eingewendete Gegenforderung als mit EUR 377,90 jeweils zu Recht bestehend feststellte und die beklagte Partei demgemäß zur Zahlung von EUR 6.271,67 samt 4 % Zinsen seit 2. 9. 1999 verurteilte; das Mehrbegehren von EUR 777,59 sA wurde (unbekämpft und damit rechtskräftig) abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes (soweit in den Berufungen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten Beweisrügen enthalten waren, wurden diese teilweise als nicht gesetzmäßig ausgeführt und teilweise als für die rechtliche Beurteilung unerheblich qualifiziert) und führte in seiner sehr ausführlich gehaltenen rechtlichen Beurteilung zusammengefasst Folgendes aus:

Zwischen den Parteien sei es zum Abschluss eines Lagervertrages auf unbestimmte Zeit unter (zumindest schlüssiger) Zugrundelegung der AÖSp gekommen. Auf die Lagerhaltung der beklagten Partei seien die Bestimmungen der §§ 388 ff HGB anzuwenden; gemäß § 421 HGB habe der Lagerhalter wegen der Lagerkosten ein gesetzliches Pfandrecht. Ein Selbsthilfeverkauf im Sinne des § 373 leg cit wäre nur dann zulässig gewesen, wenn ein Fall mangelnder Verfügung über die Ware durch den Einlagerer vorgelegen wäre. Von einer Verfügungssäumnis des Klägers könne nicht ausgegangen werden (zumal der Lagervertrag von der beklagten Partei auch nicht aufgekündigt worden sei), sodass eine Verwertung des Gutes nur im Rahmen des Pfandverkaufes in Betracht gekommen wäre. Hiefür fänden wiederum gemäß Art 8 Nr 14 EVHGB die Bestimmungen der §§ 1219 ff BGB Anwendung. Als Verwertungsarten stünden die öffentliche Versteigerung oder Verkauf aus freier Hand (durch einen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person) zur Verfügung. Der im vorliegenden Fall vorgenommene Pfandverkauf leide an derart gravierenden Mängeln, dass er nicht als rechtmäßig angesehen werden könne: Es habe kein Marktpreis bestanden; Heinrich W***** sei keine zum Freihandverkauf befugte Person gewesen; allein zur Einbringlichmachung des bereits eingemahnten Lagergeldes von S 7.200 (EUR 523,24) samt weiterem Rückstand in Höhe von S 7.032 (EUR 511,04) sei eine Verwertung des gesamten Lagerbestandes nicht zulässig gewesen, selbst wenn die Kosten des anwaltlichen Forderungsschreibens mitberücksichtigt würden. Die später verausgabten Abgaben seien hiebei nicht zu berücksichtigen, weil solche erst nach einer Entnahme aus dem Zolllager angefallen wären. Bei der Androhung sei es versäumt worden, auf die beabsichtigte Verwertung durch Freihandverkauf besonders hinzuweisen. Der Verkauf zu einem Einheitspreis von bloß S 70 (EUR 5,09) je Flasche sei unter Bedachtnahme auf die mitenthaltenen teureren Whiskysorten als Verschleuderung zu werten. Der einschreitende Nebenintervenient und der pensionierte Gerichtsvollzieher seien in diesem Zusammenhang als Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei anzusehen. Bei Abwägung der dargelegten Mängel müsse insgesamt von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden, für welche sie selbst einzutreten habe, sodass ihr auch keine Haftungsbeschränkungen der AÖSp zustatten kämen. Dem Kläger stehe daher ein Schadenersatzanspruch jedenfalls in Höhe des Wertes der Pfandgegenstände zu, der gemäß § 273 ZPO ausgehend von einem Warenwert von S 176.097,64 (EUR 12.797,51) selbst bei Anrechnung des gesamten erzielten Erlöses von S 96.100 (EUR 6.983,86) noch immer S 79.978,64 (EUR 5.812,27) betrage und sohin deutlich über dem vom Kläger begehrten Betrag liege. Ebenfalls in Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO könne davon ausgegangen werden, dass dem Kläger jedenfalls eine Deckung seiner Einstandskosten auch noch in den Jahren 1999 und 2000 möglich gewesen wäre, wobei er ohnedies die durch die Herausgabe aus dem Zolllager und die dadurch bewirkte Einfuhr ins Inland ausgelösten Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerabgaben (einschließlich Alkoholabgabe) von S 42.313 (EUR 3.075,01) gegen sich gelten lassen müsse. Wegen der Unzulässigkeit des Pfandverkaufes könne der Kläger aber auch nicht mit den hiebei entstandenen Rechtsanwaltskosten belastet werden, wobei der Kläger unter diesem Titel ohnedies einen über S 7.500 (EUR 545,05) hinausgehenden Betrag gegen sich gelten lassen habe. Nicht abzugsfähig sei jedoch das seinerzeit aufgelaufene und auch weiterhin auferlaufene Lagergeld, wären doch diese Gebühren noch für einen weiteren Zeitraum aufgelaufen, da der Kläger jedenfalls bis zur Veräußerung keinen Versuch unternommen habe, über die Ware zu verfügen. Die beklagte Partei habe daher bis zum Zeitpunkt der Auslagerung Anspruch auf Lagergeld in Höhe von (wiederum gemäß § 273 Abs 1 ZPO) S 7.032 (EUR 511,04). Dazu kämen noch Spesen für Auslagerung und Verzollung in Höhe von S 7.557 (EUR 514,19), da solche auch bei einer Verfügung der Ware durch den Kläger aufgelaufen wären.

Dem Kläger stünden daher zunächst folgende Beträge zu:

Mindererlös durch rechtswidrigen

Pfandverkauf S 74.500 (EUR 5.414,13)

unzulässiger Abzug RA-Kosten S 7.500 (EUR 545,05)

unzulässiger Abzug Gerichts-

vollzieher iR W***** S 4.300 (EUR 312,19)

Zwischensumme S 86.300 (EUR 6.271,67)

Da die beklagte Partei aufgrund des rechtswidrigen Pfandverkaufes nicht Eigentümerin des Erlöses geworden sei, sei zu dieser berechtigten Forderung auch noch das Lagergeld von S 5.200 (EUR 377,90) hinzuzurechnen (“wobei es im Hinblick auf den insoweit nicht zulässigen Einbehalt vom Verkaufserlös prozessual durchaus zweckmäßig war, nicht im Rahmen einer außergerichtlichen Aufrechnung einen Abzug von der Klagsforderung direkt vorzunehmen, sondern erst auf Grund der prozessualen Aufrechnungseinrede"), sodass sich eine berechtigte Klageforderung von insgesamt S 91.500 (EUR 6.649,56) ergebe.

Diesem Begehren könne keine mangelnde Schlüssigkeit entgegengehalten werden, weil der Kläger die zunächst fehlende Aufgliederung im weiteren Verfahren vorgenommen habe. Da die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnen habe können, nachdem der Kläger vom Freihandverkauf Kenntnis erlangt habe (frühestens 23. 3. 1999), sei der Anspruch auch nicht verjährt.

Die beklagte Partei ihrerseits habe Anspruch auf Lagergeld in Höhe von S 5.200 (EUR 377,90); den Betrag von S 7.200 (EUR 523,24) habe der Kläger selbst als berechtigt in Abzug gebracht. Beim weiteren Lagergeld von S 7.032 (EUR 511,04) habe der Kläger hingegen eine Herausgabe des Erlöses mit dem Teilbetrag von S 5.200 (EUR 377,90) begehrt, wobei es im Hinblick auf den insoweit nicht zulässigen Einbehalt vom Verkaufserlös prozessual durchaus zweckmäßig sei, nicht im Rahmen einer außergerichtlichen Aufrechnung einen Abzug von der Klageforderung direkt vorzunehmen, sondern erst aufgrund der prozessualen Aufrechnungseinrede, wobei sich die beklagte Partei diesbezüglich gar nicht auf eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung berufen habe.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil “gerade im Zusammenhang mit den behandelten Rechtsfragen beim Pfandverkauf" eine oberstgerichtliche Rechtsprechung weitgehend fehle; dem gesetzlichen und vertraglichen Pfandrecht des Spediteurs als Lagerhalter komme wirtschaftlich erhebliche Bedeutung zu, wobei auch über den Einzelfall hinaus den behandelten Rechtsfragen erhebliche Bedeutung für die Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung zukomme.

Gegen diese Entscheidung richten sich die ordentlichen Revisionen sowohl der beklagten Partei als auch des Nebenintervenienten jeweils mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt; die Revision der beklagten Partei enthält überdies (“aus Vorsichtsgründen") den Eventualantrag, die Höhe ihrer Gegenforderung mit EUR 5.820,52 als zu Recht bestehend festzustellen. Geltend gemacht wird von beiden Rechtsmittelwerbern der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, von der beklagten Partei überdies Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Die klagende Partei hat gegenüber beiden Revisionen eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher jeweils primär die Zurückweisung der gegnerischen Rechtsmittel (wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage), in eventu diesen nicht Folge zu geben, beantragt wird.

Die Revisionen sind zulässig und - mangels Spruchreife in mehreren entscheidungswesentlichen Punkten -im Sinne der hilfsweise gestellten Aufhebungsanträge auch berechtigt. Zufolge der gleichen Zielrichtung beider Rechtsmittel und der darin im Wesentlichen gleichgerichteten Rechtsrügen ist es sinnvoll, diese im Folgenden gemeinsam zu behandeln und darauf daher auch gemeinsam einzugehen.

Vorauszuschicken ist, dass der nur in der Revision der beklagten Partei relevierte Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vorliegt. Wie die Revisionswerberin hiezu selbst ausführt, handelt es sich um Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens (Nichteinvernahme zweier beantragter Zeugen), welche bereits in der Berufung vergeblich gerügt worden waren und daher nicht mehr mit Erfolg in der Revision erneut aufgegriffen werden können (Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 3 zu § 503; RIS-Justiz RS0043061). Gleiches gilt für die Behauptungen, das erstinstanzliche Verfahren sei “schlechthin ohne Beweisbeschluss und somit ohne Abklärung der Punkte, über die das Verfahren überhaupt zu führen war, vonstatten gegangen", sowie den weiteren Vorwurf, statt dem Erhalt einer Ladung zur Vernehmung dieser beiden (auch vom Nebenintervenienten erfolglos beantragten) Zeugen durch das zuständige Rechtshilfegericht vom Eintreffen des erstinstanzlichen Urteils “überrascht" worden zu sein; letztere Rüge muss darüber hinaus auch schon daran scheitern, dass das Erstgericht ohne Erstreckung der letzten Streitverhandlung zum Zwecke der Aufnahme dieser unmittelbar vor Ende derselben gestellten Beweisanträge die Verhandlung schloss und das Ergehen eines schriftlichen Urteils ausdrücklich protokollierte (ON 24). Eine Beweisdurchführung ohne Beweisbeschluss schließlich hätte nach ständiger Rechtsprechung überhaupt bereits in erster Instanz gerügt werden müssen, wenn dieser Vorgang im Rechtsmittelverfahren als Mangelhaftigkeit geltend gemacht hätte werden sollen (RIS-Justiz RS0037194) - was nach der Aktenlage aber nicht geschehen ist. Gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO bedarf die Erledigung dieses unberechtigten Revisionsgrundes keiner weitergehenden Begründung.

Damit ist auf die rechtliche Beurteilung des Falles einzugehen; hiezu hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Im Revisionsverfahren unstrittig ist, dass die beklagte Partei im verfahrensgegenständlichen Fall als Lagerhalter tätig geworden war, der Kläger mit der Zahlung des vereinbarungsgemäß zu entrichtenden Lagergeldes trotz mehrfacher Mahnungen in Verzug war und ihm deswegen auch nachweisbar schriftlich die Verwertung mittels (nach Auffassung sämtlicher Parteien grundsätzlich zulässigen) Selbsthilfeverkaufes bei weiterer Säumigkeit binnen einer Woche angedroht worden ist. Nach Auffassung der beklagten Partei im Revisionsschriftsatz sei die Durchführung desselben - anders als nach Ansicht der Vorinstanzen - allerdings “nicht so mangelhaft" gewesen, dass daraus Schadenersatzforderungen abgeleitet werden könnten, weil es sich bei den ihr als Verstoß angerechneten Bestimmungen um “bloße (sanktionslose) Ordnungsvorschriften ohne praktische Konsequenz für den Kläger" gehandelt habe, und der Schaden höchstens “in der Differenz zu dem Betrag bestehen könne, der bei Einhaltung dieser Ordnungsvorschriften hätte erzielt werden können"; da jedoch durch die zufolge des beschränkten Marktes gewählten “mühevollen Einzelverkäufe" durch einen “formell qualifizierten" Verkäufer ohnedies der “bestmögliche Erlös" erzielt worden wäre, würde eine Haftung der beklagten Partei insoweit überhaupt entfallen. Dies entspricht im Wesentlichen auch der Argumentation des Nebenintervenienten.

Hiezu ist Folgendes zu erwidern:

Nach § 421 HGB hat der Lagerhalter wegen der Lagerkosten ein Pfandrecht an dem Gute, solange er es im Besitze hat. Es entspricht damit weitgehend jenem des Spediteurs (§ 410 HGB). Lagerkosten oder Lagergeld ist hiebei das zwischen den Vertragsparteien bedungene (§ 420 Abs 1 HGB) Entgelt einschließlich Aufwandersatz für Frachten, Zölle und der sonst für das Gut nach Maßgabe des § 420 Abs 1 HGB gemachten Aufwendungen (Schütz in Straube, HGB I² Rz 1 zu § 421). Das Pfandrecht erfasst das Lagergut in seiner Gesamtheit (Katzendorfer/Geist in Jabornegg, HGB Rz 1 zu § 421 mwN). Neben diesem gesetzlichen Pfandrecht (vgl § 366 Abs 3 HGB) können auch vertragliche Pfandrechte bestehen (zB nach § 50 AÖSp), wovon auch hier (gleichfalls unstrittig) nach den maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen auszugehen ist. Gemäß § 50 lit f AÖSp ist hiebei dem Schuldner, wird der zwangsweise Verkauf des Gutes angedroht, zur Ordnung der Angelegenheit eine Frist von einer Woche zu stellen (was hier unter ausdrücklicher Formulierung dieses Wortlautes geschehen ist) und der Schuldner überdies - was unterblieben ist - auch vom Verkauf des Gutes sodann zu verständigen.

Dem Lagerhalter steht gemäß § 421 iVm §§ 410, 368 HGB auch ein Pfandverkaufsrecht zu, dessen nähere Ausgestaltung in Art 8 Nr 14 EVHGB geregelt ist. Danach kann sich ein Kaufmann aus einer beweglichen Sache, die ihm im Betrieb seines Handelsgewerbes verpfändet worden ist, auch durch Verkauf der Sache befriedigen, wobei die maßgeblichen Bestimmungen des deutschen BGB (im Folgenden kurz: BGB) anzuwenden sind. Nach dessen § 1228 Abs 2 BGB ist der Pfandgläubiger zum Verkauf berechtigt, sobald die Forderung ganz oder zum Teil fällig ist (welche Voraussetzung zufolge der mehrfachen, jedoch fruchtlosen Mahnungen grundsätzlich erfüllt war). Auch wenn nach der durch die ausdrückliche Verweisung der EVHGB maßgeblichen herrschenden Lehre in Deutschland das Pfandrecht grundsätzlich am gesamten Lagergut besteht, selbst wenn wegen des hohen Wertes eine erhebliche Übersicherung der zugrunde liegenden Forderungen gegeben ist (Herrmann in Heymann, HGB Band4 Rn 1 zu § 421 mwN; Koller in Staub, HGB Großkomm4 Rn 3 zu § 421; Frantzioch in Münch Komm zum HGB Band 7 Rn 9 zu § 421; ebenso - für den österr Rechtsbereich - Krejci, Grundriss des Handelsrechts, 436; ders, Handelsrecht² 321; Feil, HGB Rz 1 zu § 421), wobei die Änderungen des 4. Abschn des dHGB durch das Transportrechtsreformgesetz = TRG dBGBl I 1998, 1588 (wodurch die Bestimmungen über das Lagergeschäft nunmehr in die §§ 467 ff dHGB verschoben wurden) in diesem Zusammenhang keine Änderung brachten (vgl § 475b Abs 1 dHGB neu gegenüber § 421 dHGB alt), so kann der Pfandgläubiger nach § 1230 Satz 2 BGB doch “nur so viele Pfänder zum Verkaufe bringen, als zu seiner Befriedigung erforderlich sind" - eine Diskrepanz, auf welche der Kläger schon in seiner Klage durch Gegenüberstellung der hiefür maßgeblichen Ziffernbeträge (zutreffend) hingewiesen hatte. Wird ua gegen diese Bestimmung verstoßen, so ist die Veräußerung des Pfandes gemäß § 1243 Abs 1 BGB insoweit “nicht rechtmäßig", also rechtswidrig.

Die Vorgangsweise der beklagten Partei verstieß jedoch auch noch gegen weitere gesetzliche Vorgaben:

Hat das Pfand einen Börsen-oder Marktpreis, so kann gemäß §§ 1221, 1235 Abs 2 BGB der Pfandgläubiger den Verkauf aus freier Hand - wie er hier gehandhabt wurde -, nämlich nur “durch einen zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine veröffentlichte Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken". Gemäß § 1234 Abs 1 BGB hat der Pfandgläubiger dem Eigentümer weiters den Verkauf vorher anzudrohen und dabei den Geldbetrag zu bezeichnen, wegen dessen der Verkauf stattfinden soll (beides ist laut dem bereits mehrfach bezogenen Schreiben vom 11. 11. 1998 geschehen); die Androhung darf - außer bei Untunlichkeit - erst nach dem Eintritt der Verkaufsberechtigung erfolgen (auch dies traf zufolge der zumindest Teilfälligkeit an offener Lagegebühr zu); nach Abs 2 der zitierten Gesetzesstelle darf der Verkauf allerdings nicht vor dem Ablauf des Monats nach der Androhung erfolgen (welche Voraussetzung nicht eingehalten wurde, weil der diesbezügliche Auftrag an den pensionierten Gerichtsvollzieher W***** laut dessen Bericht vom 1. 2. 1999 = Beilage D bereits am 26. 11. 1998 erfolgte). Gemäß § 1241 BGB hat der Pfandgläubiger schließlich den Eigentümer von dem Verkaufe des Pfandes und dem Ergebnis unverzüglich zu benachrichtigen, sofern nicht die Benachrichtigung untunlich ist.

Diese wiedergegebenen Bestimmungen über die Pfandverwertung durch Verkauf durch den Pfandgläubiger, dem Art 8 Nr 14 EVHGB eine gesetzliche Verfügungsermächtigung einräumt, sollen dem Kaufmann eine raschere Befriedigung seiner Forderung ermöglichen (Kerschner in Jabornegg, HGB Rz 2 zu Art 8 Nr 14 EVHGB); der Verweis auf die Bestimmungen des BGB macht diese insoweit zu österreichischen Normen (Kerschner, aaO Rz 3 und 8).

Entgegen den Annahmen des Berufungsgerichtes, welches das Bestehen eines Marktpreises deshalb negierte, “da der Whisky in Österreich fast unbekannt war und nur von einem Abnehmer des Beklagten [richtig wohl: des Klägers] vertrieben wurde" (Seite 22 f des Berufungsurteils = AS 354 f), konnte (und musste) die beklagte Partei selbst unter diesen eingeschränkten Voraussetzungen vom Bestehen eines (wenngleich eingeschränkten) Marktpreises ausgehen, wird doch nach hM ein solcher jedenfalls dann angenommen, wenn infolge ausreichenden Umsatzes ein Durchschnittspreis feststellbar ist, derartige Sachen also am Markt so häufig verkauft werden, dass sich laufende Preise (Durchschnittspreise) bilden (Kerschner, aaO Rz 12; Damrau in Münch Komm³ zum BGB Rn 1 zu § 1221; Wiegand in Staudinger, Komm zum BGB, Buch 3 Rn 2 zu § 1221; Kregel in BGH-Komm zum BGB12 III/3 Rn 2 zu § 1221; Habersack in Soergel, Komm zum BGB, Band 16 Rn 1 zu § 1221) - wovon auch bei einer nur bestimmte Käuferschichten bzw Liebhaber ansprechenden und demgemäß eingeschränkt nachgefragten Alkoholmarke auszugehen ist; auch in einem solchen Fall darf sodann jedoch nur zu diesem Markt-(oder Börsen)preis bei sonstiger Schadenersatzpflicht verkauft werden (Kerschner, aaO; Damrau, aaO), wovon der von der beklagten Partei als verkaufsbefugte Person eingesetzte pensionierte Gerichtsvollzieher freilich schon deshalb abwich, da er-ohne sich zuvor (jedenfalls nicht ausreichend) über die unterschiedlichen, durch verschiedenfarbige Etikettierungen auch augenfälligen Whisky-Sorten kundig zu machen-alle Flaschen ungeachtet ihrer gravierenden Sorten-und damit auch Preisunterschiede zum Pauschaleinheitspreis von S 70 (EUR 5,09) je Flasche zur Verwertung brachte. Selbst wenn es sich bei diesem vom Nebenintervenienten auftrags und namens der beklagten Partei beigezogenen Mann (aufgrund dessen beruflicher Herkunft) um eine in Versteigerungssachen erfahrene Person gehandelt haben sollte, was aber nicht nachvollziehbar festgestellt wurde, so war dieser doch jedenfalls schon jahrelang nicht mehr im gerichtlichen Aktivstand und damit keine im Sinne des § 1221 BGB “zur öffentlichen Versteigerung befugte Person" (§§ 24 Abs 1, 249 Abs 2 EO; § 551 Geo; vgl auch Danzl, Geo4 Anm 42 zu § 29; Kerschner, aaO Rz 26). Das Berufungsgericht verneinte aber auch zutreffend seine Qualifikation als Handelsmäkler im Sinne des § 1221 BGB (iVm § 19 Abs 1 MaklerG BGBl 1996/226), “da ein bloßes gewerbemäßiges Tätigwerden allein noch nicht ausreicht". Damit steht es nämlich im Einklang zur herrschenden Meinung auch zur letztgenannten Gesetzesstelle: Danach ist gewerbsmäßige Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs 1 leg cit zwar nicht gewerberechtlich, also im Sinne der Gewerbeordnung, zu verstehen; maßgeblich ist allerdings Gewinnnutzungsabsicht im Sinn einer dauernden, regelmäßigen berufsmäßigen selbständigen Tätigkeit (S. Bydlinski, MaklerG Anm 4 zu § 19; Fromherz, MaklerG Rz 10 zu § 19; Noss, Maklerrecht Rz 223). Diese Voraussetzungen trafen nach den Feststellungen für W*****, der nach den Beklagten-(bzw Nebenintervenienten-)behauptungen seit 1994 nur vereinzelt Verkaufsvermittlungen für Masseverwalter in Konkurssachen vornahm, auch wenn er diesbezüglich gegenüber dem Finanzamt Einkommensteuerabrechnungen vornahm, damit keineswegs zu.

Aus all dem folgt, dass nicht der Selbsthilfepfandverkauf schlechthin unzulässig, jedoch (im Sinne der weiteren Diktion des Berufungsgerichtes) mit mehrfachen, nicht zu vernachlässigenden “gravierenden Mängeln", denen auch keineswegs bloß der Charakter einer “sanktionslosen Ordnungswidrigkeit" (so die Beklagte in ihrer Revision) zugesonnen werden kann, behaftet war.

Die daraus folgenden (und vom Berufungsgericht zutreffend abgeleiteten) schadenersatzrechtlichen Konsequenzen dem Grunde nach sind jedoch zur Höhe noch nicht abschließend beurteilbar:

So fehlen zunächst Feststellungen zur exakten Höhe des damaligen und im Sinne der obigen Ausführungen näher definierten tatsächlichen Marktpreises (der mangels besonderer Gängigkeit der betroffenen Getränkesorten wohl nur durch einen branchenkundigen Sachverständigen ermittelbar sein wird, wobei die Beweispflicht hiefür den sich darauf berufenden Kläger trifft), um sodann den dem Kläger als jedenfalls gutzuschreibenden Differenzschadenersatz- betrag zu ermitteln. Die beklagte Partei hat die diesbezügliche “Ermessensschätzung" des Berufungsgerichtes auch ausdrücklich gerügt (Seite 17 ihres Rechtsmittels = AS 411). Die nach § 273 ZPO erfolgte Betragsfestsetzung ist nämlich Teil der Rechtsrüge und als revisible rechtliche Beurteilung zu qualifizieren (RIS-Justiz RS0040322, RS0111576, RS0040341, RS00403564). In der Revision wird insoweit bloß zugestanden, dass ihre Vorgangsweise für die klagende Partei ein “optisch nicht erfreuliches Ergebnis" erzielt habe.

Was die Zuspruchsbeträge von S 7.500 (EUR 545,05) für aufgelaufene Rechtsanwaltskosten bzw S 4.300 (EUR 312,49) Honorar W***** anbelangt - alle sonstigen Klagepositionen sind zufolge zwischenzeitlich rechtskräftiger Abweisung des diesbezüglichen Mehrbegehrens nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens -, liegt die maßgebliche Begründung des Berufungsgerichtes in der “Rechtswidrigkeit" des Pfandverkaufes durch die beklagte Partei (Seite 32 des Berufungsurteils = AS 364). Da es sich nach den obigen Ausführungen, auf die verwiesen wird, bei W***** um eine (für die vorliegenden Verkäufe) nach den gesetzlichen Vorgaben untaugliche Person handelte, besteht hiefür überhaupt kein Entgeltanspruch. Die restlichen RA-Kosten können hingegen von dem der Klägerin gutzuschreibenden Resterlös (laut noch zu ermittelndem Marktpreis) nur insoweit in Abzug gebracht werden, als solche auch für einen zur Befriedigung ausreichenden (§ 1230 BGB) Pfandverkauf im Wege einer §§ 1221, 1235 entsprechenden Vorgangsweise aufgelaufen wären. Hiezu fehlen derzeit jegliche Feststellungen samt solchen zur Angemessenheit, welche sohin ebenfalls im fortgesetzten Rechtsgang noch nachzutragen sein werden.

Wieso die Haftung der beklagten Partei, die sich zur Effektuierung ihres Selbsthilfeverkaufes des Nebenintervenienten einerseits und des pensionierten Gerichtsvollziehers W***** andererseits bediente, wegen “mangelnder Passivlegitimation" scheitern soll, ist nicht ersichtlich und wird in der Revision der beklagten Partei auch nur völlig unsubstantiiert in den Raum gestellt. Selbstredend trifft den Lagerhalter (also die beklagte Partei) die Haftung für die aus der Nichtbeachtung aller hiefür erforderlichen gesetzlichen Vorgaben eingetretenen Schäden; ob und inwieweit ihr gegenüber den genannten natürlichen Personen ein Rückgriffsrecht zusteht, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Verfehlt ist auch der Hinweis auf § 52 lit a AÖSp, weil dieser Haftungsausschluss nur die darin im Einzelnen aufgezählten “selbständigen Unternehmer" erfasst (Schütz in Straube, aaO Rz 1 zu § 52 AÖSp [Anh I zu § 415 HGB]), worunter weder der betraute Rechtsanwalt noch der von diesem bestellte Pfandverkäufer subsumiert werden können.

Zum in der Revision ausdrücklich als weiterhin aufrecht bezeichneten Verjährungseinwand verweist die beklagte Partei auf § 64 AÖSp und die darin verankerte Sechsmonatefrist ab Kenntnis des Berechtigten vom Anspruch. Nachdem jedoch die Revisionswerberin selbst-unter Hinweis auf die Korrespondenzurkunden Beilagen E und F- einräumt (und damit zugesteht), dass der Kläger vom Ergebnis des ihn beschwerenden Selbsthilfeverkaufes “spätestens März/Mai1999" informiert gewesen sei, folgt, dass die bereits am 27. 7. 1999 eingebrachte Klage in jedem Fall innerhalb dieser Frist eingebracht worden ist. Selbst wenn man der Auffassung der Revisionswerberin anhinge, das Klagebegehren wäre zu diesem Zeitpunkt (noch) unschlüssig gewesen, so hat die klagende Partei doch - über diesbezüglichen Auftrag des Erstgerichtes - diesen “Mangel" jedenfalls noch vor Schluss der Verhandlung erster Instanz behoben, sodass auch hieraus nichts Substantielles für den Verjährungseinwand abzuleiten ist.

Damit verbleibt auf die (in der Revision der beklagten Partei ausdrücklich nur “aus Vorsichtsgründen", freilich ebenso ohne nähere Substantiierung: vgl Seite 18 f des Rechtsmittels = AS 412 f) noch aufrecht erhaltene Gegenforderungseinrede einzugehen. Der diesbezüglich im (zweiten) Eventualantrag der beklagten Partei angesprochene Betrag von S 80.092 (= EUR 5.820,52) beinhaltet laut Aufschlüsselung bereits im Einspruchsschriftsatz ON 3 offenes Lagergeld, zollrechtliche Eingangsabgaben und Spesen, Verwertungskosten (für den Gerichtsvollzieher W*****) sowie Kosten der Rechtsanwaltskanzlei des Nebenintervenienten, teilweise zuzüglich 20% Umsatzsteuer. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht ausgeführt (Seite 35 = AS 367), dass die Hauptpositionen, nämlich S 42.313 (= EUR 3.075,01), bereits der Kläger “als Abzug vom Erlös gelten" ließ,sodass auf deren Rechtsnatur (in der Revision werden sie als “Sowieso-Kosten" bezeichnet, weil sie auch bei einer Verfügung der Ware aus dem Zolllager hinaus durch den Einlagerer angefallen wären) seitens des Obersten Gerichtshofes nicht näher eingegangen werden muss. Über diesen Teil der Gegenforderung besteht daher weder dem Grunde noch der Höhe nach Streit. Gleiches muss auch für das “ursprüngliche Lagergeld" in Höhe von S 7.200 (= EUR 523,24) sowie das feststellungskonform “weiter angefallene" Lagergeld in Höhe von S 5.860 (zuzüglich Umsatzsteuer sohin S 7.032 = EUR 511,04) gelten. Zu den übrigen Positionen (W*****; Nebenintervenient; “Spesen für Durchführung der Verzollung und Auslagerung") liegen hingegen keine für die rechtliche Beurteilung ausreichenden Feststellungsgrundlagen, sondern bloße (unaufgeschlüsselte und daher auch nicht rechnerisch nachvollziehbare) Wiedergaben aus einem Korrespondenzschreiben der klagenden Partei (Beilage C) vor (Seite 14 des Ersturteils = AS 160). Unterstellt man die-weiter oben bereits näher begründete-grundsätzliche Zulässigkeit eines forderungsangepassten Verkaufsvorganges durch die beklagte Partei einerseits sowie die dafür gleichfalls erforderliche Einschaltung eines Rechtsanwaltes (in der Person des Nebenintervenienten), so stehen auch diese Kosten grundsätzlich der beklagten Partei als ersatzfähige Aufwendungen (und damit abzugsfähige Gegenforderung) zu, deren Höhe jedoch-sofern nicht Außerstreitstellungen erfolgen sollten-detaillierterer Feststellungen über Aufwand, Gebührenansätze und Bemessungsgrundlage bedarf, welche vom Erstgericht gleichfalls nachzuholen sein werden. Dabei wird auch zu beachten sein, dass - wie der Oberste Gerichtshof etwa zu 7 Ob 301/01t näher ausgeführt hat -, eine (wie vom Berufungsgericht angenommen: Seite 35 = AS 367) außergerichtliche Aufrechnung im Gegensatz zur prozessualen Aufrechnungseinrede unbedingt zu erklären ist, die Anerkennung der Hauptforderung voraussetzt und bei erfolgreicher Geltendmachung - ohne Zustimmungserfordernis - insoweit bereits zur Klageabweisung führen muss (vgl hiezu auch die Rechtssätze in RIS-Justiz RS0033970, RS0033835 und RS0033824, jeweils mwN). Auch hiezu liegen jedoch jedenfalls keine ausreichend klaren Feststellungsgrundlagen vor, sodass auch dieser verfahrensrechtliche Bereich zwischen den Parteien noch näher zu erörtern und hinterfragen sein wird. Unklar ist vor allem, ob und in welcher (außergerichtlichen oder gerichtlichen) Form die Parteien wechselseitig als (zumindest teilweise) berechtigt erachtete Forderungsteile der jeweiligen Gegenseite in Abzug brachten bzw zu bringen beabsichtigten. Demgemäß war auch die Fällung eines Teilurteils hinsichtlich einzelner grundsätzlich zwischen den Parteien als unstrittig zu unterstellender Forderungspositionen beim derzeitigen Verfahrensstand nicht möglich (§ 391 Abs 3 ZPO). Bei der rechnerischen Endsummierung wird im weiteren Rechtsgang auch zu beachten sein, dass die Abweisung eines Mehrbegehrens von S 10.699,87 (EUR 777,59), dessen widmungsmäßige Zuordnung freilich für den erkennenden Senat fraglich (und daher ebenfalls noch klarstellungsbedürftig) ist, im Revisionsverfahren unbekämpft und damit in Rechtskraft erwachsen ist.

Abschließend ist - der Vollständigkeit halber -auch noch darauf hinzuweisen, dass das bei Schluss der Verhandlung erster Instanz aufrechte Klagebegehren sowohl positiven Schaden (ua durch die großteils, wie aufgezeigt, rechtswidrige Verbringung von dem Kläger gehörigen Vermögensgütern) als auch entgangenen Gewinn (durch Verhinderung eines gewinnbringenden Verkaufes der Flaschen; zur Abgrenzung s etwa Koziol/Welser II12 285 f) umfasst. Beide Schadensarten zusammen bilden nach der Systematik des österreichischen ABGB die sog volle Genugtuung, welche bei grobem Verschulden (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) zu leisten ist (Koziol/Welser aaO 303 f). Davon (nämlich grobe Fahrlässigkeit) sind beide Vorinstanzen ausgegangen. Dies braucht hier jedoch schon deshalb weder weiter vertieft noch zwischen positivem Schaden und entgangenem Gewinn weitergehend abgegrenzt zu werden, weil ja im Bereich des hier maßgeblichen Handelsrechtes durch Art 8 Abs 2 der 4. EVHGB zufolge des zwischen den Streitteilen als Handelsgeschäft zu qualifizierenden Lagergeschäftes entgangener Gewinn ohnedies bei jeder Art des Verschuldens, also auch bei leichter Fahrlässigkeit, zu ersetzen ist.

Mangels Spruchreife waren daher die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben und im noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Umfang wie aus dem Spruch ersichtlich zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt ist in § 52 Abs 1 ZPO begründet.

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