OGH 6Ob56/14z

OGH6Ob56/14z10.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei E***** K*****, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen 218.093,96 EUR (Revisionsinteresse 147.170,49 EUR sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Juni 2013, GZ 11 R 242/12g‑256, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00056.14Z.0410.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Der beklagten Partei ist zuzugeben, dass der Darlehensvertrag nach der im Jahr 1988 anwendbaren Rechtslage als Realvertrag ausgestaltet war, sodass dieser nur durch übereinstimmende Willenserklärung der Parteien und durch Übergabe der als Darlehen gegebenen Sachen zustande kam (§ 983 ABGB idF vor BGBl I 2010/28; Schubert in Rummel, ABGB 3 §§ 983, 984 Rz 1). Daraus ist jedoch für die beklagte Partei nichts zu gewinnen, weil ihr die Darlehenssumme zumindest im klagsstattgebenden Umfang jedenfalls zugezählt wurde.

1.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die beklagte Partei einen Teil des Geldes selbst erhalten, andererseits sind für sie Schulden bezahlt worden, was der Auszahlung an den Darlehensnehmer gleichzuhalten ist (RIS‑Justiz RS0019277; RS0119134 [T1]). Der Treuhänder war nach den Feststellungen der Vorinstanzen als beidseitiger Treuhänder zu qualifizieren. Dabei war zwischen den Streitteilen die Zuzählung des Darlehens an den Treuhänder vereinbart. In einem solchen Fall bedeutet bereits die Überweisung der Kreditvaluta auf das Anderkonto des mehrseitigen Treuhänders die Kreditgewährung, also die Zuzählung der Kreditvaluta, und begründet einen Rückzahlungsanspruch der Kreditgeberin (1 Ob 150/01t; vgl RIS‑Justiz RS0115473). Der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 8 Ob 58/02s liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde.

1.3. Der Geschäftsunfähige, dem geleistet wurde, ist (nur) insoweit bereichert, als das Geleistete bei ihm noch vorhanden ist oder zu seinem Vorteil verwendet wurde (RIS‑Justiz RS0014647). Wird die Leistung ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ dazu verwendet, rechtswirksam zustandegekommene Schulden des Geschäftsunfähigen zu tilgen, diente sie zum Vorteil des Geschäftsunfähigen; insoweit ist dieser daher bereichert. Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Überweisung an die Gläubiger veranlasst hat (RIS‑Justiz RS0048069 [T2]).

1.4. An der in der Tilgung wirksam begründeter Verpflichtungen gelegenen Bereicherung der beklagten Partei vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass diese „eine Liegenschaft von erheblich höherem Wert als die Darlehenssumme“ verloren hat, kommt es doch lediglich auf die Bereicherung der Beklagten im Verhältnis zwischen den Streitteilen an.

2.1. Die Ausführungen der beklagten Partei zur angeblichen Verletzung der Aufklärungspflicht durch die klagende Partei gehen schon deshalb ins Leere, weil die beklagte Partei nicht darlegt, wie sie sich bei erfolgter Aufklärung über die Aussichtslosigkeit ihres Vorhabens anders verhalten hätte, zumal sie damals bereits aufgrund des Ankaufs der Liegenschaften hoch verschuldet war und eine Umschuldung dringend erforderlich war. Ob eine Bank Beratungs‑ und Aufklärungspflichten verletzt hat, ist zudem regelmäßig eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0106373).

2.2. Eine Haftung der kreditgewährenden Bank kommt bei Kenntnis von Umständen in Betracht, die ein Fehlschlagen des finanzierten Geschäfts mit größter Wahrscheinlichkeit erwarten lassen (RIS‑Justiz RS0020588). Eine Haftung der Bank soll jedoch nur in Ausnahmefällen greifen (RIS‑Justiz RS0020588 [T3]). Dies ist dann der Fall, wenn die Bank positives Wissen über atypische Risiken dem Kunden nicht mitteilt (vgl auch Heidinger , WBl 1995, 314). Die gegen das Erfordernis der positiven Kenntnis geäußerte Kritik im Schrifttum (zB Aicher, ÖBA 1989, 901; Apathy , ÖBA 1991, 917; Graf , ecolex 1991, 591) wird von der Rechtsprechung nicht geteilt (1 Ob 599/93).

2.3. Nach der Rechtsprechung zum seinerzeitigen § 18 KSchG bzw nunmehr § 13 Abs 2 VKrG kommt ein Einwendungsdurchgriff gegen den Finanzierer in Anwendung dieser Bestimmungen nicht in Frage, wenn sich dieser auf seine Finanzierungsfunktion beschränkte, in keiner Weise auf den Entschluss des Kreditnehmers, das Projekt durchzuführen, Einfluss nahm und auch an der Konzeption des Projekts nicht beteiligt war; die Bank soll also nur dann das Risiko des Geschäfts des Kreditnehmers tragen, wenn sie einen besonderen Vertrauenssachverhalt schuf und gleichsam als Mitinitiatorin des Projekts auftrat (RIS‑Justiz RS0028149 [T13, T16]; 8 Ob 76/06v).

2.4. Im vorliegenden Fall hat demgegenüber die beklagte Partei ihr Bauvorhaben geplant und in Form der Anschaffung von Liegenschaften bereits erste Schritte zu seiner Verwirklichung unternommen, lange bevor die klagende Partei involviert wurde. Dass die klagende Partei über irgendwelche Umstände des Projekts Kenntnis hatte, die der beklagten Partei unbekannt waren, ist aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht abzuleiten. Damit hat die klagende Partei aber kein rechtswidriges Verhalten gesetzt, das die Grundlage für Schadenersatzforderungen und damit die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung bilden könnte.

3. Die Beweiswürdigung könnte im Revisionsverfahren nur dann bekämpft werden, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hat (RIS‑Justiz RS0043371). Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die in der Berufung nicht geltend gemacht wurden, können auch nicht im Wege der Revision an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS‑Justiz RS0043111).

4. Damit zeigt die Revision aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung auf, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

5. Soweit sich die Revision gegen die Kostenentscheidung wendet, ist sie gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO absolut unzulässig. Der Ausschluss eines Rekurses gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet daher in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig (RIS‑Justiz RS0044233).

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