European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00226.09T.0415.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs der W***** Holding GmbH und der W***** M***** AG wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs der Gesellschaft wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass folgende Firmenbucheintragung bewilligt wird:
„ RECHTSVERHÄLTNISSE
Verschmelzungsvertrag vom 12. 09. 2008
Generalversammlungsbeschluss vom 12. 09. 2008
Diese Gesellschaft wurde als übernehmende Gesellschaft mit der W***** M***** GmbH (FN *****) als übertragende Gesellschaft verschmolzen.
Sitz der übertragenden Gesellschaft ist in W*****.“
Das Erstgericht hat die erforderlichen Veranlassungen vorzunehmen.
Begründung:
In den vom Erstgericht geführten Firmenbuch ist zu FN ***** die P*****Gesellschaft m.b.H. (übernehmende Gesellschaft) eingetragen. Ihre Alleingesellschafterin ist die W***** GmbH (FN *****) mit einer voll einbezahlten Stammeinlage von 500.000 ATS (36.336,42 EUR). Alleinige Gesellschafterin der W***** GmbH ist die W***** Holding GmbH. Sie hat ihre Stammeinlage (3 Mio EUR) zur Gänze geleistet. Das Stammkapital der W***** Holding GmbH beträgt 30 Mio ATS (2.180.185 EUR).
Zu FN ***** ist die W***** M***** GmbH (übertragende Gesellschaft) eingetragen. Am 18. 11. 2008 wurde - aufgrund des Zusammenschlussvertrags vom 12. 9. 2008 - die Übertragung ihres Betriebes in die P***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG (FN *****), deren unbeschränkt haftender Gesellschafter die übernehmende Gesellschaft ist, eingetragen; Kommanditisten sind nunmehr die W***** GmbH und die übertragende Gesellschaft. Alleingesellschafterin der übertragenden Gesellschaft ist die W***** M***** AG mit Sitz in R*****, Schweiz, und einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von 267.000 EUR.
Geschäftsführer sowohl der übernehmenden als auch der übertragenden Gesellschaft sind Mag. H***** D***** F***** und Mag. T***** J*****.
Mit Schriftsatz vom 12. 9. 2008 (beim Erstgericht eingelangt am 29. 9. 2008) meldete die übernehmende Gesellschaft zu 73 Fr 12072/08g des Erstgerichts folgenden Verschmelzungsvorgang zur Eintragung ins Firmenbuch an:
Durch die Beschlüsse der außerordentlichen Generalversammlung der übernehmenden Gesellschaft vom 12. 9. 2008 sei
1. die übertragende Gesellschaft mit Wirkung Ablauf des 31. 12. 2007 in die übernehmende Gesellschaft unter Verzicht auf die Liquidation unter Zugrundelegung des Verschmelzungsvertrags vom 12. 9. 2008 gemäß den Bestimmungen des Art I des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) verschmolzen worden; dabei sei eine Erhöhung des Stammkapitals der übernehmenden Gesellschaft gemäß § 224 Abs 2 AktG unterblieben, weil die Beteiligungsverhältnisse mittelbar ident seien;
2. der Verschmelzungsvertrag vom 12. 9. 2008 genehmigt worden.
Vorgelegt wurden ua die Protokolle über die außerordentlichen Generalversammlungen der übernehmenden und der übertragenden Gesellschaft samt Verschmelzungsvertrag und (steuerrechtlicher) Verschmelzungsbilanz der übertragenden Gesellschaft.
Ein damit korrespondierendes Eintragungsbegehren stellte die übertragende Gesellschaft zu 73 Fr 12254/08z des Erstgerichts.
Mit Zwischenerledigung vom 18. 11. 2008 forderte das Erstgericht die übernehmende Gesellschaft auf, binnen vier Wochen dem kapitalherabsetzenden Effekt im Sinne des Gläubigerschutzes Rechnung zu tragen sowie eine handelsrechtliche Schlussbilanz vorzulegen. Weiters wies es darauf hin, es sei nicht ersichtlich, dass die Beteiligungsverhältnisse an beiden Gesellschaften zumindest mittelbar ident wären.
Nach Fristerstreckung brachte die übernehmende Gesellschaft im Schriftsatz vom 15. 1. 2009 (eingelangt am 21. 1. 2009) vor, die übertragende Gesellschaft habe „keine offenen Verbindlichkeiten, was durch sämtliche Geschäftsführer bestätigt“ werde. Die in der Schlussbilanz ausgewiesene Verbindlichkeit über 52.041,75 EUR sei „wie die übrigen Verbindlichkeiten bereits berichtigt“ worden. Da keine Gläubiger der übertragenden Gesellschaft mehr existierten, könne die Verschmelzung keine Gläubigerinteressen tangieren. In einer gleichzeitig vorgelegten handelsrechtlichen Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft scheinen als Passiva per 31. 12. 2007 ua „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“ von 82.436,28 EUR, „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leist.“ von 52.041,45 EUR sowie „sonstige Verbindlichkeiten“ von 15.453,65 EUR auf. Auch legte die übernehmende Gesellschaft die Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters vom 13. 1. 2009 vor, nach der die im „Jahresabschluss“ der übertragenden Gesellschaft zum 31. 12. 2007 ausgewiesenen Verbindlichkeiten bis zum 30. 9. 2008 zur Gänze berichtigt worden seien. Der Schriftsatz enthält weiters ein Organigramm zur Darstellung der „mittelbaren Identität der Beteiligungsverhältnisse“, demzufolge die W***** Holding GmbH auch 100 % der Anteile an der W***** M***** AG (Schweiz) hält und somit „Großmuttergesellschaft“ sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden Gesellschaft ist.
Bezugnehmend auf dieses Organigramm erteilte das Erstgericht mit Beschluss vom 11. 2. 2009 einen weiteren Verbesserungsauftrag, mit dem es darauf hinwies, dass die Verschmelzung zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr führe, weil die Tochtergesellschaft der weggeschmolzenen Enkelgesellschaft eine Vermögenseinbuße erleide, was auch durch einen konzernrechtlichen Zusammenhang nicht zu rechtfertigen sei.
Dem erwiderte die übernehmende Gesellschaft in einer weiteren - beim Erstgericht am 16. 3. 2009 eingelangten - Ergänzung, dass die übertragende Gesellschaft im Wege eines Zusammenschlusses ihren Betrieb auf die P***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG übertragen habe; dafür habe sie einen Gesellschaftsanteil der W***** GmbH erhalten. Durch die Umgründungsschritte dieses Zusammenschlusses und nachfolgend der in Rede stehenden Verschmelzung komme es zu keiner Vermögenseinbuße. Der Gesamtkonzern werde durch die Umgründungsschritte weder reicher noch ärmer; ein Vermögensabfluss finde nicht statt. Abgesehen davon, dass der Vorhalt, die W***** M***** AG (Schweiz) erleide durch die Verschmelzung eine Vermögenseinbuße, unrichtig sei, sei das österreichische Firmenbuchgericht nicht dazu berufen, Kapitalerhaltungsvorschriften des Schweizer Aktienrechts zu beachten. Nach Schweizer Aktienrecht sei die Verschmelzung zulässig.
Hierauf wies das Erstgericht das Eintragungsbegehren der übernehmenden Gesellschaft ab. In seiner Begründung hielt es daran fest, dass es durch die Verschmelzung zweier Enkelgesellschaften der W***** Holding GmbH zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr komme, welche durch den konzernrechtlichen Zusammenhang nicht gerechtfertigt werden könne. Zwar ändere sich an der Vermögensposition der W***** Holding GmbH selbst nichts, doch könne die Tochtergesellschaft (W***** M***** AG) der weggeschmolzenen Enkelgesellschaft zu Gunsten der übernehmenden Gesellschaft eine Vermögenseinbuße erleiden; insofern liege jedenfalls eine Einlagenrückgewähr vor. Dass es sich bei der W***** M***** AG um eine Gesellschaft nach Schweizer Recht handle, ändere daran nichts.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Verbot der Einlagenrückgewähr stehe der begehrten Eintragung entgegen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 15 FBG iVm § 59 Abs 1 Z 2, § 62 Abs 1 AußStrG zulässig, weil zur Frage, ob die konkret zu beurteilende „Enkelverschmelzung“ ohne Gewährung von Anteilen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt (§ 224 Abs 2 Z 1 AktG), keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
In ihrem Revisionsrekurs legen die Revisionsrekurswerber ergänzend eine Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers, wonach der Verkehrswert der Beteiligung 180.000 EUR betrage, eine Vereinbarung vom 2. 9. bzw 7. 9. 2009, einen Beleg über die Durchführung der Zahlung der Konzernmutter über 180.000 EUR und eine Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers, wonach die W*****M***** AG keine Verbindlichkeiten und Gläubiger habe, vor.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Revisionsrekurs der W***** Holding GmbH und der W***** M***** AG ist unzulässig. Den Gesellschaftern kommt im Firmenbuchverfahren in der Regel keine Rekurslegitimation im eigenen Namen zu (vgl die Nachweise bei G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 177; G. Nowotny, NZ 2003, 274 [277]). Dies gilt naturgemäß umso mehr für die Großmutter der revisionsrekurswerbenden Gesellschaft, ist diese doch gleichfalls nicht iSd § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG unmittelbar betroffen. Insoweit war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.
Hingegen ist der Revisionsrekurs der Gesellschaft aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
1.1. Der Berücksichtigung der im Revisionsrekurs ergänzend vorgelegten Unterlagen steht das Neuerungsverbot des § 66 Abs 2 AußStrG entgegen. Demnach können neue Tatsachen und Beweismittel grundsätzlich nur zur Unterstützung oder Bekämpfung der Revisionsrekursgründe vorgebracht werden. Die Neuregelung entspricht im Wesentlichen der Rechtsprechung zum Außerstreitgesetz 1854 (RIS-Justiz RS0079200). Demgegenüber ist die großzügigere Zulässigkeit von Neuerungen in § 49 AußStrG, auf die sich die Revisionsrekurswerber stützen, wegen der Spezialregelung des § 66 Abs 2 AußStrG im Revisionsrekursverfahren nicht anzuwenden.
1.2. Im Übrigen verkennt die Erstrevisionsrekurswerberin den systematischen Zusammenhang zwischen § 49 Abs 2 und 3 AußStrG. Bei den ergänzend vorgelegten Unterlagen handelt es sich nämlich nicht um vom Willen der Beteiligten unabhängige und unbeeinflussbare Ereignisse, sondern um von den Revisionsrekurswerbern bzw Konzerngesellschaften geschlossene Vereinbarungen und um Bestätigungen von Wirtschaftsprüfern. In einer derartigen Konstellation handelt es sich letztlich um eine von den Revisionsrekurswerbern selbst herbeigeführte Sachlage. Den Parteien auch solche Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, ist nicht Sinn der Neuerungserlaubnis des § 49 Abs 3 AußStrG. Dazu kommt, dass das Erstgericht den Einschreitern ohnedies Gelegenheit zur Verbesserung ihres Antrags gab und die Einschreiter davon keinen Gebrauch machten. In einem derartigen Fall besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Berücksichtigung an einer erstmals im Revisionsrekursverfahren vorgenommenen Verbesserung durch Nachreichen ergänzender Unterlagen. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Steuervorteilen wegen Einhaltung eines bestimmten Stichtags für die Verschmelzung ist für die Zulässigkeit von Neuerungen weder im Rekurs- noch im Revisionsrekursverfahren ein gesetzliches Kriterium.
2.1. Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG gilt im Firmenbuchverfahren der Untersuchungsgrundsatz (Burgstaller in Jabornegg, HGB § 15 FBG Rz 3; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer FBG § 15 Rz 11). Das Firmenbuchgericht hat die Anmeldung daher in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen (Burgstaller aaO; G. Kodek aaO; SZ 39/110; SZ 46/46; SZ 48/133; SRZ 173, 125; HS 11379; WBl 1994, 380; ecolex 1996, 173; 6 Ob 1023/95 HS 26265; 6 Ob 39/97x SZ 70/92; 6 Ob 174/97z SZ 70/189; 6 Ob 342/97f SZ 70/268 uva). Die materielle Prüfungspflicht besteht sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (G. Kodek aaO; Thöni in FS Koppensteiner, 231; 6 Ob 19/93 und 6 Ob 7/94; RIS-Justiz RS0014295).
2.2. Bei der Prüfung des Firmenbuchgesuchs ist dieses insbesondere auf die Einhaltung zwingender gesetzlicher Bestimmungen hin zu prüfen. Dazu gehören namentlich die Sacheinlagen- und Kapitalerhaltungsvorschriften (G. Kodek aaO § 15 Rz 22; AnwBl 1998, 288; 6 Ob 27/99k; 6 Ob 317/00m; 6 Ob 174/97z SZ 70/189). Daher hat das gemäß § 225a Abs 1 AktG für die Eintragung der Verschmelzung zuständige Firmenbuchgericht im Rahmen seiner sich aus § 15 FBG iVm § 16 Abs 1 AußStrG ergebenden amtswegigen Prüfpflicht die Eintragungsvoraussetzungen in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen (SZ 72/172; 6 Ob 70/03t).
2.3. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass an der Transaktion auch eine Schweizer Gesellschaft beteiligt ist und nach Schweizer Recht die Kognition des Handelsregisterführers auf die Anwendung klaren Rechts beschränkt ist (vgl Schweizer Bundesgericht BGE 121 III 371; BGE 117 II 188; BGE 107 II 247 f). Soweit es um Eintragungen in das österreichische Firmenbuch und das diesem vorgelagerte Eintragungsverfahren geht, haben die österreichischen Firmenbuchgerichte nämlich jedenfalls österreichisches Recht und damit auch den innerstaatlichen, im Vergleich zum Schweizer Recht möglicherweise strengeren Prüfungsmaßstab anzuwenden.
3. Das mit 15. 12. 2007 in Kraft getretene EU-Verschmelzungsgesetz (EU-VerschG) ist auf die Verschmelzung einer österreichischen Gesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft, die dem Recht eines anderen EU/EWR-Mitgliedstaats unterliegt, anzuwenden. Da sowohl die übertragende als auch die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz in Österreich haben, gelangt ausschließlich nationales Verschmelzungsrecht zur Anwendung (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 3/987 ff; §§ 10 und 12 IPRG; vgl 6 Ob 283/02i, RIS-Justiz RS0077097). Der Umstand, dass die W***** M***** AG ihren Sitz in der Schweiz hat, ist somit ohne Einfluss auf die grundsätzliche Anwendbarkeit österreichischen Rechts.
4.1. Gesellschaften mit beschränkter Haftung können unter Ausschluss der Abwicklung nach den §§ 96 bis 101 GmbHG verschmolzen werden; subsidiär gelten die Verschmelzungsbestimmungen der §§ 220 bis 233 AktG sinngemäß (§ 96 Abs 2 GmbHG). Die Verschmelzung kann ua „durch Übertragung des Vermögens einer Gesellschaft oder mehrerer Gesellschaften (übertragende Gesellschaften) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine andere bestehende Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft) gegen Gewährung von Geschäftsanteilen an dieser Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme)“ erfolgen (§ 96 Abs 1 Z 1 GmbHG).
§ 224 Abs 2 AktG lautet:
„Die übernehmende Gesellschaft darf von der Gewährung von Aktien absehen, soweit
1. die Gesellschafter sowohl an der übernehmenden als auch an der übertragenden Gesellschaft im gleichen Verhältnis unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, es sei denn, dass dies dem Verbot der Rückgewähr der Einlagen oder der Befreiung von Einlageverpflichtungen widerspricht,
2. Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auf die Gewährung von Aktien verzichten.“
4.2. § 226 AktG gewährt den Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften, die sich binnen sechs Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung melden, einen Sicherstellungsanspruch, „soweit sie nicht Befriedigung verlangen können“. Der Sicherstellungsanspruch besteht im Unterschied zur Kapitalherabsetzung nur dann, wenn die Gläubiger die durch die Verschmelzung eintretende Gefährdung ihrer Befriedigung dartun können, und entsteht erst mit Eintragung der Verschmelzung. Er besteht nach § 178 AktG für solche Forderungen, die bis zur Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung dem Grunde nach entstanden sind (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 3/977). Die §§ 227 bis 229 AktG regeln Schadenersatzansprüche infolge einer Verschmelzung.
4.3. Die §§ 226 ff AktG stellen nach herrschender Ansicht keine abschließende Regelung des Gläubigerschutzes dar (6 Ob 4/99b SZ 72/172; Schindler/Brix in Straube GmbHG, § 96 Rz 93; zum Meinungsstand vgl Szep in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 224 Rz 7).
5.1. Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist in § 52 AktG für Aktiengesellschaften und in § 82 GmbHG für Gesellschaften mbH geregelt. Aktionäre/Gesellschafter haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit dieser nicht durch Gesetz oder Satzung/Gesellschaftsvertrag von der Verteilung ausgeschlossen ist. Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst grundsätzlich jede vermögensmindernde Leistung der AG oder GmbH an ihre Aktionäre/Gesellschafter, ausgenommen solche in Erfüllung des Dividendenanspruchs, sonstiger gesetzlich zugelassener Ausnahmefälle sowie Leistungen auf der Grundlage fremdüblicher Austauschgeschäfte. Steht dabei die Leistung der AG/GmbH und die Gegenleistung des Aktionärs/Gesellschafters in einem objektiven Missverhältnis, so ist das konkrete Geschäft nichtig (Napokoj, GeS 2007, 231 ff). Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist wirtschaftlich zu betrachten. Es verbietet jede Leistung der Gesellschaft an den Aktionär/Gesellschafter, die nicht als Gewinn ausgewiesen ist und die eine Vermögenseinbuße, dh eine Minderung der Erwerbsaussichten oder eine Vermehrung der Risken der Gesellschaft bewirkt (Kalss, Verschmelzung Spaltung Umwandlung, § 224 AktG Rz 7).
5.2. Nach § 224 Abs 2 Z 1 AktG könnte bei unmittelbarer identer Beteiligung an übertragender und übernehmender Gesellschaft fakultativ von einer Anteilsgewährung abgesehen werden. Bei bloß mittelbarer Beteiligungsidentität kann die Verschmelzung jedoch zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr führen, die durch den konzernrechtlichen Zusammenhang als solchen nicht gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall ist die Großmuttergesellschaft (W***** Holding GmbH) an ihren beiden Tochtergesellschaften (W***** M***** AG und W***** GmbH) zu je 100 % beteiligt, welche wiederum je 100 % der Anteile an der übertragenden bzw übernehmenden Enkelgesellschaft halten (s Beispiel 11 Variante A bei Reich-Rohrwig, Kapitalerhaltung, 230 f). Bei dieser Konstellation erleidet die Tochtergesellschaft, die vor der Verschmelzung die Beteiligung an der übertragenden Enkelgesellschaft gehalten hat, mangels Gegenleistung eine kompensationslose Vermögenseinbuße, die gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt (Schindler/Brix aaO, § 101 Rz 9; Kalss aaO). Aus Sicht der Gläubiger der W***** M***** AG würde deren verschmelzungsbedingter Wertverlust ihre Kapitalgrundlage aushöhlen (Reich-Rohrwig aaO). Soll eine Kapitalerhöhung dennoch unterbleiben, kann ein entsprechender Ausgleich durch Ausschüttung freier Rücklagen, Gesellschafterzuschuss oder durch eine vorausgehende ordentliche Kapitalherabsetzung bei der Tochtergesellschaft der „weggeschmolzenen“ Enkelgesellschaft herbeigeführt werden (Schindler/Brix aaO, § 101 Rz 9; Kalss aaO; Reich-Rohrwig aaO; P. Doralt in Kastner-FS II, 125 f; Micheler, Einlagenrückgewähr durch Verschmelzung im Konzern - § 224 AktG neu, RdW 1993, 357 ff [361]).
5.3. Derartige Maßnahmen, welche eine Verschmelzung ohne Anteilsgewährung rechtfertigen könnten, wurden im vorliegenden Fall aber nicht ergriffen. Das Argument, die übertragende Gesellschaft habe ihren Betrieb mit Zusammenschlussvertrag vom 12. 9. 2008 in die P***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG übertragen, geht ins Leere. Der Zusammenschluss beruht, wie aus der Urkundensammlung hervorgeht, auf Art IV UmgrStG. Die damit verbundenen Rechtsfolgen stellen keinen geeigneten Ausgleich zur Gefährdung der Interessen der Gläubiger der W***** M***** AG her, weil sie nichts daran ändern, dass deren Kapitalgrundlage geschmälert wird. Das weitere Vorbringen der Revisionsrekurswerberin, es bestünden keine offenen Verbindlichkeiten, bezieht sich ohnehin nicht auf die W***** M***** AG, sondern vielmehr auf die übertragende Gesellschaft. Auf die Frage, ob die dazu vorgelegten Erklärungen überhaupt einen überprüfbaren Nachweis der Befriedigung oder Sicherstellung sämtlicher Gläubiger darstellen (vgl SZ 72/172), ist daher im vorliegenden Fall nicht einzugehen.
5.4. Gemäß § 224 Abs 2 Z 2 AktG kann eine Anteilsgewährung ferner dann unterbleiben, wenn die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft (formlos) darauf verzichten. Das Unterbleiben einer Anteilsgewährung ist auch in diesem Fall aber nur zulässig, wenn damit nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr oder der Befreiung von Einlageverpflichtungen verstoßen wird (Schindler/Brix aaO § 101 Rz 10).
6.1. § 224 Abs 2 AktG kann aber nicht als genereller Verweis auf österreichisches Kapitalerhaltungsrecht verstanden werden. Voraussetzung der Anwendung der in § 224 Abs 2 AktG enthaltenen Einschränkung, dass das Unterbleiben der Gewährung von Aktien (Z 1) oder der Verzicht der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auf die Gewährung von Aktien nicht das Verbot der Einlagenrückgewähr verletzen darf, ist vielmehr nach hA das Vorliegen eines „Österreichbezugs“ (Frotz/Kaufmann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen [2008] § 3 EU-VerschG Rz 19). Insoweit ist der in § 224 Abs 2 AktG liegende kollisionsrechtliche Verweisungsgehalt auf den dem Gesetzgeber zweifellos vorschwebenden „Normalfall“ der Beteiligung österreichischer Gesellschaften bzw allenfalls ausländischer Gesellschaften mit einem gewissen „Österreichbezug“ zu reduzieren. Grundsätzlich ist es nämlich ausschließlich Sache des auf die übertragende Kapitalgesellschaft jeweils anwendbaren nationalen Rechts, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen die Gewährung einer Beteiligung an der übernehmenden österreichischen Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter der untergehenden Gesellschaft unterbleiben kann (Frotz/Kaufmann aaO).
6.2. Ein solcher „Österreichbezug“ wäre nach Frotz/Kaufmann (aaO) etwa dann gegeben, wenn einziger Gesellschafter der übertragenden ausländischen Kapitalgesellschaft eine österreichische AG oder GmbH ist, deren Muttergesellschaft wiederum die gesamten Anteile an der übernehmenden österreichischen Kapitalgesellschaft hält. Hier würde das Unterbleiben der Gewährung von Anteilen auf der Ebene der österreichischen Schwestergesellschaft der übernehmenden Gesellschaft zu einem österreichischem Recht unterliegenden Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr führen.
6.3. Auf die Frage, ob ein derartiger „Österreichbezug“ sich aufgrund der § 10 IPRG zugrundeliegenden Sitztheorie nur daraus ergeben kann, dass der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft iSd § 224 Abs 2 AktG seinen Sitz in Österreich hat, oder iSd in § 1 Abs 1 IPRG angesprochenen Grundsatzes der „stärksten Beziehung“ (dazu Verschraegen in Rummel, ABGB3 § 1 IPRG Rz 3) auch andere Bezugspunkte zu Österreich die Anwendbarkeit österreichischen Kapitalerhaltungsrechts rechtfertigen können, ist im vorliegenden Fall nicht abschließend einzugehen. Im vorliegenden Fall besteht ein „Österreichbezug“ der Schweizerischen W***** M***** AG nämlich nur insoweit, als deren Anteile von der W***** Holding GmbH gehalten werden. Diese Gesellschaft ist jedoch die Großmutter der an der Verschmelzung unmittelbar beteiligten („Enkel“-)Gesellschaften, sodass es zu deren Schutz und zum Schutz deren Gläubiger keiner Einschränkung der Verschmelzung bedarf, erweist sich doch der den Gegenstand der Anmeldung bildende Verschmelzungsvorgang in Ansehung der Großmuttergesellschaft als vermögensneutral. Der Schutz der Gläubiger der W***** M***** AG wäre demgegenüber primär Angelegenheit des Schweizer Rechts. Dies führt auch zu keinem Rechtsschutzdefizit für allfällige Gläubiger der Schweizer Muttergesellschaft, konnten doch mit dieser kontrahierende Gläubiger von vornherein nur auf Schutz durch das Schweizer Recht und nicht auch durch eine andere Rechtsordnung vertrauen.
7.1. Das Schweizer Recht kennt jedoch im vorliegenden Zusammenhang kein dem österreichischen Recht vergleichbares Verbot der Einlagenrückgewähr. Nach Art 678 Abs 1 OR sind Aktionäre und Mitglieder des Verwaltungsrates sowie diesen nahe stehende Personen, die ungerechtfertigt und in bösem Glauben Dividenden, Tantiemen, andere Gewinnanteile oder Bauzinse bezogen haben, zur Rückerstattung verpflichtet. Diese Rückerstattungspflicht wird durch Art 678 Abs 2 OR auf andere Leistungen der Gesellschaft erstreckt, soweit diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Gegenleistung und zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft stehen. Der Anspruch auf Rückerstattung steht der Gesellschaft und dem Aktionär zu; dieser klagt auf Leistung an die Gesellschaft (Abs 3 leg cit).
7.2. Rechtsfolge einer ins Gewicht fallenden verdeckten Gewinnausschüttung ist die Rückerstattungspflicht der Empfänger (Böckli, Schweizer Aktienrecht4 § 12 Rz 560). Die Gültigkeit des Geschäfts wird hingegen nach Schweizer Recht - soweit ersichtlich - offenbar nicht berührt. Die Rückerstattungsklage dürfte in der Praxis bisher keine nennenswerte Bedeutung erlangt haben (vgl Böckli aaO § 16 Rz 187c).
7.3. Inwieweit es bei Schwestern- oder Enkel/Cousinenfusionen zu einem Verstoß gegen Art 678 OR kommen kann, wird in der Schweizer Literatur - soweit ersichtlich - nicht problematisiert. Auch höchstrichterliche Rechtsprechung liegt - soweit ersichtlich - nicht vor. Die Tatsache, dass im Schrifttum betont wird, die verdeckte Gewinnausschüttung komme „im Gewand“ eines Austauschgeschäftes zwischen Gesellschaft und Leistungsempfänger daher (vgl Böckli aaO Rz 553) lässt möglicherweise auf einen engen Begriff der Einlagenrückgewähr schließen, der nicht schon dann erfüllt ist, wenn es zu einer Verschlechterung der Kapitalgrundlage der Muttergesellschaft der übertragenden Gesellschaft kommt, ein Vorteil der Muttergesellschaft dadurch aber nur mittelbar aufgrund der Beherrschung der übernehmenden Schwestergesellschaft zukommt.
7.4. Das Problem der Gefährdung der Interessen der Gläubiger mittelbar von der Fusion betroffener Gesellschaften hat im FusionsG offenbar nicht direkt Niederschlag gefunden. Das FusionsG regelt lediglich den Schutz der Gläubiger der unmittelbar an der Fusion beteiligten Gesellschaften. So sieht Art 8 Abs 2 FusionsG unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit vor, dass die an der Fusion beteiligten Gesellschaften im Fusionsvertrag vorsehen, anstelle der Anteilsgewährung nur eine Abfindung auszurichten (Squeeze-Out). Die Höhe der Abfindung nach Art 8 Abs 2 FusionsG unterliegt der gerichtlichen Überprüfung nach Art 105 FusionsG und richtet sich als Alternative zur Gewährung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft nach dem Wert der Anteile, die alternativ zu gewähren wären (Burckhardt in ZürcherKomm, FusionsG Art 8 Rz 15). Gemäß Art 7 Abs 1 FusionsG haben Gesellschafterinnen und Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft Anspruch auf Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an der übernehmenden Gesellschaft, die unter Berücksichtigung des Vermögens der beteiligten Gesellschaften, der Verteilung der Stimmrechte sowie aller anderen relevanten Umstände ihren bisherigen Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten entsprechen.
7.5. Der Verzicht auf die Gewährung von Anteilen ist im schweizerischen FusionsG - im Gegensatz zum österreichischen Recht - nicht ausdrücklich geregelt. Daher wird vom Schweizer Gesetzgeber auch die mögliche Verletzung des Verbots der verdeckten Gewinnausschüttung vom FusionsG nicht angesprochen. Das FusionsG folgt vielmehr dem System des nachträglichen Gläubigerschutzes mittels eines Sicherstellungsanspruchs der Gläubiger der fusionierenden Gesellschaften (Art 25 FusionsG). Die Interessen der Gläubiger der unmittelbar an der Fusion beteiligten Gesellschaften werden darüber hinaus durch die Regelungen in Art 6 FusionsG über die sog Sanierungsfusion berücksichtigt. Die Auswirkungen auf die an der Fusion beteiligten Gläubigerinnen und Gläubiger sind zwar gemäß Art 14 Abs 2 lit j FusionsG im Fusionsbericht zu erörtern. Ein Einsichtsrecht in den Fusionsbericht steht diesen aber nicht zu (Art 16 Abs 1 FusionsG e contrario; vgl Comboef in Stämpflis Handkommentar, FusionsG § 22). Der Wortlaut des § 7 Abs 1 FusionsG („haben Anspruch“), deutet allerdings darauf hin, dass die Norm ausschließlich den Schutz der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft bezweckt, nicht aber einen im Interesse der Gläubiger zwingenden Anspruch auf Anteilsgewährung oder Abfindung anordnet.
7.6. Mangels ausdrücklicher Regelungen des Problems im FusionsG ist die Zulässigkeit des Verzichts auf die Gewährung von Anteilsrechten nach Schweizer Recht daher nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Der relativ eng formulierte Tatbestand des § 678 Abs 1 OR spricht allerdings dagegen, diese Bestimmung auch auf einen Verstoß gegen das Verbot der Rückzahlung von Einlagen zu erstrecken. Ob darin gegebenenfalls ein Verstoß gegen Art 678 Abs 2 OR zu erblicken ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil dies die Wirksamkeit der Fusion und vor allem die Wirksamkeit der Stimmabgabe des Verwaltungsrats in der Gesellschafterversammlung der übertragenden Gesellschaft bzw des vom Verwaltungsrat der schweizerischen Gesellschaft abgegebenen Verzichts auf die Anteilsgewährung wohl nicht berühren, sondern lediglich einen Rückerstattungsanspruch der Mutter der übertragenden Gesellschaft gegen die Großmutter begründen würde. Eine formal als Ausschüttung abgewickelte ungerechtfertigte Gewinnentnahme iSd Art 678 Abs 1 OR liegt nicht vor. Bei verdeckten Gewinnentnahmen bleibt aber das unzulässige Geschäft (hier: Stimmabgabe, Verzicht, allenfalls Verschmelzungsvertrag) wirksam, zumal im vorliegenden Fall nicht einmal ein Geschäft zwischen der entreicherten Mutter und der bereicherten Großmutter der übertragenden Gesellschaft vorliegt.
8. Zusammenfassend richtet sich daher eine Verschmelzung österreichischer Gesellschaften zwar nach österreichischem Sachrecht. Das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 224 Abs 2 AktG) ist jedoch nur anzuwenden, sofern ein gewisser „Österreichbezug“ besteht. Ein derartiger Bezug besteht jedenfalls dann nicht, wenn die Alleingesellschafterin der übertragenden Gesellschaft zwar eine Schweizer Gesellschaft ist, deren Anteile jedoch von einer österreichischen Holding gehalten werden, die gleichzeitig auch - wenn auch im Wege der Zwischenschaltung einer weiteren (Tochter-)Gesellschaft - alle Anteile an der übernehmenden Gesellschaft hält. Insoweit erweist sich der Vorgang unter dem Aspekt der Gläubigerschutzregelungen des österreichischen Rechts als neutral.
9.1. Die dargelegte Rechtslage kann dazu führen, dass das Firmenbuchgericht im Zuge einer Verschmelzung teilweise auch ausländisches Recht anzuwenden hat. Zwar ist nach § 4 Abs 1 IPRG das fremde Recht grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln (vgl nur Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 4 IPRG Rz 1). Allerdings ist hier die Ausgestaltung des Firmenbuchverfahrens als (in der Regel einseitiges) Urkundenverfahren zu berücksichtigen. Zum vergleichbar ausgestalteten Grundbuchsverfahren, das in vielerlei Hinsicht Vorbild für das Firmenbuchverfahren war, vertritt der Oberste Gerichtshof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung, dass im Grundbuchsverfahren zeitaufwendige Versuche, das fremde Recht festzustellen, schon deshalb ausscheiden, weil allein aufgrund der vorgelegten Urkunden zu entscheiden ist (5 Ob 106/92 NZ 1993, 133 [Hofmeister 135]; 5 Ob 238/04t; RIS-Justiz RS0060532; Neumayr in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB2 § 4 IPRG Rz 2; G. Kodek in Kodek, GBG § 94 Rz 11a [Online-Aktualisierung]). Aus diesem Grund hat der Oberste Gerichtshof etwa in der Entscheidung 5 Ob 238/04t ausgesprochen, dass die Antragstellerin authentische (amtlich publizierte) Fassungen der Staatsverträge, auf die sie sich stützen will, samt beglaubigter Übersetzung vorlegen hätte müssen.
9.2. Diese Überlegungen sind auf das Firmenbuchverfahren zu übertragen. Gerade im Hinblick auf die schon aus Gründen der Aktualität des Firmenbuchs gebotene rasche Erledigung von Anträgen im Firmenbuchverfahren besteht hier für weitwendige Erhebungen durch das Erstgericht in der Regel kein Raum. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass auch das Schrifttum betont, dass die gebotenen Nachforschungen die Sachentscheidung nicht unzumutbar hinauszögern dürfen (Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 4 IPRG Rz 4). Dazu kommt als weiterer Gesichtspunkt, dass gerade bei internationalen Verschmelzungen die Antragsteller regelmäßig leichter Zugang zum Heimatrecht ausländischer Gesellschaften haben, sodass die Vorlage entsprechender Unterlagen dem Antragsteller in der Regel keine besonderen Schwierigkeiten bereitet. Insoweit trifft die Parteien im Firmenbuchverfahren daher in Ansehung der Ermittlung ausländischen Rechts eine verstärkte Mitwirkungspflicht.
9.3. Dies schließt freilich eigene Maßnahmen des Firmenbuchgerichts zur Ermittlung ausländischen Rechts ebenso wenig aus wie die Berücksichtigung von auch ohne weitwendige Ermittlungen bestehenden Kenntnissen des Firmenbuchgerichts über die anzuwendende ausländische Rechtslage. Derartige Maßnahmen sind aber im Hinblick auf die dargelegte Eigenart des Firmenbuchverfahrens nur dann erforderlich, wenn sie eine rechtzeitige Klärung des ausländischen Rechts mit vertretbarem Aufwand und unter Berücksichtigung der typischerweise gegebenen besonderen Dringlichkeit des Firmenbuchverfahrens ermöglichen. Andernfalls greift die verstärkte Mitwirkungspflicht der Parteien, sofern diese die in § 4 Abs 2 IPRG subsidiär vorgesehene Anwendung österreichischen Rechts vermeiden wollen.
10. Soweit das Erstgericht gegen die vorliegende Verschmelzung ursprünglich auch im Hinblick auf die Entscheidung 6 Ob 4/99b (SZ 72/172) im Hinblick auf einen möglichen kapitalherabsetzenden Effekt Bedenken hatte, hat es diese nach Einlangen des Schriftsatzes vom 15. 1. 2009 offenbar nicht weiter aufrechterhalten. Im Hinblick auf die in diesem Schriftsatz enthaltenen ergänzenden Angaben und die Erklärung der Geschäftsführer, dass keine offenen Verbindlichkeiten mehr bestünden, sowie im Hinblick auf die Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers, dass alle im „Jahresabschluss“ der übertragenden Gesellschaft zum 31. 12. 2007 ausgewiesenen Verbindlichkeiten bis zum 30. 9. 2008 zur Gänze berichtigt worden seien, sowie in Anbetracht des Fehlens jeglicher Hinweise auf eine Gefährdung sonstiger - allenfalls auch nach Bilanzstichtag hinzugekommener - Gläubiger hat der Oberste Gerichtshof auch in Ausübung der insoweit bestehenden materiellen Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts (vgl G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 22) keine Bedenken, dass hier im Sinne der zitierten Vorentscheidung ein „nachprüfbarer Nachweis, dass ohnehin schon alle Gläubiger der übertragenden Gesellschaft befriedigt wurden“, vorliegt.
11. Damit erweist sich das Eintragungsbegehren aber als berechtigt, sodass in Stattgebung des Revisionsrekurses die Beschlüsse der Vorinstanzen im antragsstattgebenden Sinn abzuändern waren.
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