OGH 6Ob7/94

OGH6Ob7/9419.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache wegen Eintragung der Ing. Robert W***** Gesellschaft mbH & Co OEG, *****infolge Revisionsrekurses der Antragsteller 1. Ing. Robert W***** Gesellschaft mbH, ***** 2. Gueorgui J*****, 3. Anton K*****, 4. Stjepan M*****, ebendort, 5. Fadil M*****, und 6. Mirsad A*****, alle vertreten durch Dr. Herbert Grass und Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 7. Jänner 1994, GZ 1 R 258/93-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgerichtes vom 12. November 1993, 27 FN 34071 f, Fr 646/93x-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit schriftlichemVertrag vom 3.6.1993 haben die Ing. Robert W***** Gesellschaft mbH, eine Bauunternehmung mit Sitz in D*****, vertreten durch ihren Geschäftsführer Ing. Robert W***** und die ausländischen Staatsangehörigen Gueorgui J*****, Anton K*****, Stjepan M*****, Fadil M***** und Mirsad A***** unter der Firma "Ing. Robert W*****Gesellschaft mbH & Co OEG" eine offene Erwerbsgesellschaft errichtet. Sitz der Gesellschaft ist D*****. Gegenstand des Unternehmens der errichteten Gesellschaft ist der Betrieb des Baumeistergewerbes. Die Konzession dafür bringt ausschließlich die Firma Ing. Robert W*****GesmbH als gewerberechtliche Geschäftsführerin ein. Ihr obliegt auch die alleinige Vertretung der OEG nach außen. Ihr ist eine konkurrenzierende Betätigung durch den Betrieb ihres eigenen Bauunternehmens nach dem Gesellschaftsvertrag gestattet. Sie bringt als Einlage bereits vorhandenes Werkzeug und Handgeräte ein, während die übrigen Gesellschafter als Einlage ihre Arbeitskraft einbringen. Die Einlagen werden sämtliche gleich hoch bewertet. Nach diesem Verhältnis sind auch allfällige Gewinne oder Verluste zu verteilen. Den Arbeitsgesellschaftern ist bis zum Vorliegen der ersten Ergebnisermittlung die Entnahme eines monatlichen "Vorweggewinnes" nach dem jeweiligen Umfang der erbrachten Arbeitsleistungen gestattet.

Am 9.6.1993 beantragten die Gesellschafter die Eintragung der Firma Ing. W*****Gesellschaft mbH & Co OEG ins Firmenbuch.

Das Erstgericht hat diesen Antrag abgewiesen. Es stellte im wesentlichen fest, daß sämtliche Arbeitsgesellschafter fremde Staatsangehörige seien und als Arbeitnehmer eingesetzt werden, ohne daß ihnen ein Beteiligungsverhältnis bewußt sei. Es liege eine Gesellschaft zum Zwecke einer sittenwidrigen Umgehung von Normen vor, die den Aufenthalt und die Beschäftigung von Ausländern regelten. Derartige Gesellschaftsverträge seien absolut nichtig und könnten nicht zur Eintragung führen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller keine Folge. Scheingesellschaften seien nicht in das Firmenbuch einzutragen. Eine Scheingesellschaft liege vor, wenn es am Tatbestand des Gesellschaftsvertrages fehle. Überhaupt sei aber auch die Eintragung einer Gesellschaft auf Grund eines vom Firmenbuchgericht bei allfälliger Vorlage eines, wie hier, auch inhaltlich zu prüfenden als nichtig erkannten Gesellschaftsvertrages abzulehnen. Die Staatsbürgerschaft eines Gesellschafters sei an sich ohne Bedeutung. Die Gründung einer Gesellschaft mit Ausländern zwecks Umgehung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sei aber sittenwidrig und stelle eine verwaltungsstrafrechtlich zu ahndende gesetzwidrige Verhaltensweise dar. Nach § 879 ABGB seien Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, nichtig. Diese Unerlaubtheit könne auch darin bestehen, daß das Ziel und die Zielsetzung eines an sich erlaubten Geschäftes unzulässig seien. Nicht jede Gesetzesverletzung mache ein Rechtsgeschäft nichtig; entscheidend sei der Verbotszweck. Die Rechtsprechung gehe aber einhellig davon aus, daß auch Umgehungsgeschäfte, mit denen der Zweck eines Gesetzesverbotes vereitelt werden solle, so zB zur Verschaffung von Grundeigentum an Ausländer ohne grundverkehrsbehördliche Genehmigung, nichtig seien. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz sehe im § 3 Abs 1 vor, daß ein Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen dürfe - beschäftigt in diesem Sinne werde auch eine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 Abs 3 leg.cit. - wenn diesem eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Arbeitserlaubnis erteilt sei. Der Ausländer dürfe auch erst dann eine solche Beschäftigung antreten. Bei der Erfassung der Ausländer von den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes komme es nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stünden, sondern auf die Verwendung unter bestimmten Umständen. Nach § 2 Abs 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz komme es bei der Beurteilung des Vorliegens einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit nur auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an. Eine Beschäftigung, die der Bewilligung bedürfe, liege insbesondere auch dann vor, wenn ein Gesellschafter in einer Personengesellschaft Arbeitsleistungen zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes erbringe, die sonst typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erbracht werden und ein solcher arbeitender Gesellschafter mit weniger als 25 % beteiligt sei. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich eindeutig, daß die Arbeitergesellschafter, soferne sie sich überhaupt ihrer Unternehmereigenschaft bewußt seien und nicht ohnehin vom Geschäftsführer der geschäftsführenden GesmbH bloß nach Stundensätzen entlohnt würden bzw einen monatlichen "Vorschuß auf den Gewinn" erhielten, reine Arbeitertätigkeiten verrichteten, wie sie sonst typischerweise Arbeitnehmer ausführten, und als ihren Anteil einbrächten, somit eine Tätigkeit entfalteten, die § 2 Abs 2 und Abs 4 Ausländerbschäftigungsgesetz unterzuordnen sei und genehmigungspflichtig wäre.

Das Firmenbuchgericht habe nach pflichtgemäßem Ermessen den erlaubten Zweck einer Gesellschaft zu prüfen, also neben der Erfüllung der Formerfordernisse vor allem auch die subjektkiven Motive der Gesellschafter, ihre Absichten und Pläne. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß der Gesellschaftsvertrag nur abgeschlossen worden sei, um die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu umgehen. Mangels Vorliegens eines wirksamen Vertrages sei die Eintragung der OEG unzulässig.

Auch nach § 30 Abs 1 HGB liege ein Eintragungshindernis vor.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Ausländerbeschäftigung und zur absoluten Nichtigkeit von Gesellschafterverträgen fehle und diesen Fragen über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes sind zutreffend. Es entspricht der auch von der Lehre gebilligten neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß ein Rechtsgeschäft, durch welches das Erfordernis einer behördlichen Genehmigung umgangen werden soll, nicht schon wegen der rechtswidrigen Umgehungsabsicht im Sinne des § 879 ABGB nichtig ist, sondern der Rechtsnorm unterliegt, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden ist. Ist das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft nur genehmigungsbedürftig, dann ist es im allgemeinen in seinen rechtlichen Wirkungen solange in Schwebe, bis die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt wir, daß es keiner Genehmigung bedarf. Es ist aber von Anfang an nichtig, wenn die Parteien die erforderliche behördliche Genehmigung absichtlich nicht beantragen, weil sie wissen, daß diese nicht erteilt wird (JBl 1992, 594 mit Darstellung der bisherigen Judikatur und Lehre). Diese aus § 879 ABGB abgeleiteten Grundsätze gelten für alle privatrechtlichen Rechtsgeschäfte, daher auch im Bereich des Gesellschaftsrechtes. Sie umfassen also auch den Gesellschaftsvertrag, Abtretungsverträge oder Gesellschafterbeschlüsse zur Geschäftsführerbestellung, wenn alle Beteiligten gemeinsam zu dem Zweck zusammenwirken, einem oder mehreren von ihnen eine Position zu verschaffen, deren Ausübung einem gesetzlichen Verbot zuwiderläuft (vgl Bartel, Bestellung eines Ausländers zum Geschäftsführer einer GmbH unter registerrechtlichen Aspekten in Betriebsberater 1977, 571 und die dort zitierte deutsche Lehre). Ein solches "Verbotsgesetz" ist auch das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das in § 3 die Beschäftigung von Ausländern (mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen des § 1 Abs 2) und Antritt und Ausübung einer Beschäftigung durch den Ausländer bei Strafsanktion - § 28 - zwingend an eine erteilte Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein knüpft und im § 2 Abs 2 den verwendeten Begriff der Beschäftigung definiert. Nach dessen durch BGBl 1993/502 eingefügtem Absatz 4 ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Absatz 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen geschäftlichen Zweckes oder ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, das Arbeitsamt stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen. Durch diese Bestimmung hat der Gesetzgeber für Ausländer-Gesellschafter im Bereich der Personengesellschaften und der Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Legaldefinition festgelegt, in welchen Fällen diese jedenfalls als "Beschäftigte" zu gelten haben. Einer Überprüfung, ob die im vorliegenden Fall zur Eintragung angemeldeten Arbeitsgesellschafter auch nach den vor Einfügung des § 2 Abs 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz durch die Novelle 1993 geltenden Bestimmungen als in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehend anzusehen seien (die Materialien wiesen schon damals darauf hin, daß es bei der Erfassung der Ausländer vornehmlich nicht darauf ankomme, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stehen sondern auf die Verwendung unter bestimmten Umständen:

Schmidt-Aigner-Taucher-Petrovic Fremdenrecht, 414) bedarf es hier nicht: Der in das Ausländerbeschäftigungsgesetz neu eingefügte § 2 Abs 4 ist nach Art III Z 1 BGBl 1993/502 am 1.8.1993 in Kraft getreten. Der Abschluß des Gesellschaftsvertrages und die Antragstellung um Eintragung erfolgten zwar vor diesem Zeitpunkt, die Beschlußfassung in erster Instanz jedoch erst danach, nämlich am 12.11.1993. Das Firmenbuchgericht hat aber die Gesetze in der zum Zeitpunkt der Beschlußfassung geltenden Form anzuwenden (vgl zu sämtlichen Ausführungen 6 Ob 19/93).

Auch die Ansicht der Rekurswerberin, das Firmenbuchgericht sei nicht befugt, Erhebungen über die Richtigkeit angemeldeter, durch Urkunden belegter Tatsachen zu prüfen, trifft nicht zu. Grundsätzlich erfolgen Eintragungen nur auf Antrag. Der Umfang der Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichtes ist im Gesetz nicht im einzelnen festgelegt. Es entspricht aber der Rechtsprechung und Lehre, daß eine Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen ist. Dabei besteht die materielle Prüfungspflicht sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht. Der Sachverhalt ist von Amts wegen verläßlich und vollständig zu erheben. Es ist daher im öffentlichen Interesse Recht und Pflicht des Firmenbuchgerichtes, dort, wo der Verdacht besteht, daß die Anmeldung zum Firmenbuch nicht den Tatsachen oder der Wahrheit entspricht, diese von Amts wegen zu prüfen (HS 8021; Friedl-Schinko in Straube HGB Rz 7 zu § 8 mwN). Besteht daher, wie hier, schon nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages zwischen der Baugesellschaft m.b.H. mit demselben Sitz und den ausschließlich aus dem Ausland stammenden Arbeitsgesellschaftern der dringende Verdacht, daß die der Anmeldung zugrunde liegenden Rechtsakte wegen Umgehung eines Verbotsgesetzes unwirksam sein könnten und es damit an einer Eintragungsvoraussetzung fehlte, dann war der Firmenbuchrichter zu einer amtswegigen Prüfung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet.

Dem Revisionsrekurs war wegen Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages ein Erfolg zu versagen. Auf die Ausführungen des Rekursgerichtes zu § 30 Abs 1 HGB ist unter diesen Umständen nicht einzugehen.

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