OGH 6Ob161/17w

OGH6Ob161/17w21.11.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dkfm. J* B*, 2. Mag. M* B*, 3. Mag. S* K*, 4. V* B*, alle vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. I* GesmbH, *, 2. Ing. A* D*, 3. R* Z*, 4. Dr. M* W*, 5. A* D*, alle vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 100.000 EUR) und Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 100.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Mai 2017, GZ 1 R 25/17d‑18, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 4. Jänner 2017, GZ 63 Cg 100/16z‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120417

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten die mit 3.694,57 EUR (darin 615,76 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Im Firmenbuch des Erstgerichts ist zu FN * die I* Gesellschaft mbH & Co *-KG mit dem Sitz in W* eingetragen. Einzig unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) dieser Kommanditgesellschaft ist die Erstbeklagte. Die Kläger und die übrigen Beklagten sind Kommanditisten. Der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft vom 22. 10. 1974 lautet auszugsweise:

[…]

V.

Die Gesellschaft beginnt mit ihrer Eintragung ins Handelsregister und ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Geschäftsjahr endet jeweils mit dem 31. Dezember eines Jahres. Im Jahre 1974 entsteht somit vom Zeitpunkt der Gründung bis zum 31. Dezember 1974 ein Rumpfwirtschaftsjahr.

VI.

Die Gesellschaft kann von jedem Gesellschafter unter Einhaltung einer mindestens sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Geschäftsjahres, erstmals jedoch zum 31. 12. 1977 aufgekündigt werden.

Die Kündigung ist nur dann rechtswirksam, wenn sie mittels eingeschriebenen Briefes an den Komplementär erfolgt. Die Kündigung ist rechtzeitig, wenn sie am letzten Tag vor Beginn der Kündigungsfrist zur Post gegeben wird.

VII.

Alle Umstände, welche nach dem Gesetz die Auflösung der Gesellschaft zur Folge haben, bewirken – soweit dies durch Vereinbarung möglich ist – lediglich das Ausscheiden des oder der Gesellschafter(s), in dessen (deren) Person der Auflösungsgrund gelegen ist. Dies gilt insbesondere auch für den Fall der Aufkündigung durch gerichtlichen Entscheid. In all diesen Fällen haben die verbleibenden Gesellschafter das Recht, die Gesellschaft unter Ausschluß der Liquidation und unter Beibehaltung des bisherigen Firmenwortlautes fortzuführen.

Abweichend von den vorigen Bestimmungen wird beim Tod eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt, sofern diese hiezu bereit sind und die verbleibenden Gesellschafter nicht gem[äß] letzte[m] Absatz dieses Punktes einen Liquidationsbeschluß fassen.

Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters im Sinne der Bestimmungen dieses Punktes können jedoch auch die verbleibenden Gesellschafter durch einstimmigen Beschluß die Liquidation der Gesellschaft beschließen. In diesem Fall nehmen die ausscheidenden Gesellschafter bzw deren Erben an der Liquidation teil.

VIII.

Der ausscheidende Gesellschafter bzw dessen Erben, die mit den verbleibenden Gesellschaftern gem. Punkt VII. die Gesellschaft nicht fortsetzen, haben Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben in Geld gemäß den folgenden Bestimmungen.

Es ist zum Ausscheidungsstichtag eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen, wobei die stillen Reserven aufzulösen sind. Ein Firmenwert ist dann zu berücksichtigen, wenn sich ein solcher bei Anwendung der Unternehmenswertermittlung im Sinne des Gutachtens des Fachsenates für Betriebswirtschaft bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ergibt. Hiebei ist ein Zinssatz von 5 % über der Bankrate und eine Nachhaltigkeit des Zukunftsertrages von fünf Jahren anzusetzen. Ein Firmenwert ist jedoch außerdem nur dann zu berechnen, wenn der ausscheidende Gesellschafter mindestens fünf Jahre hindurch ununterbrochen an der Gesellschaft beteiligt war.

Der ausscheidende Gesellschafter hat sodann Anspruch auf:

a) seine buchmäßigen Guthaben auf Kapital- und Verrechnungskonten,

b) auf eine[n], seinem Gewinnanteil entsprechenden Anteil an den stillen Reserven,

c) auf eine[n], seinem Gewinnanteil entsprechenden Anteil am Firmenwert (good will), sofern er zum Zeitpunkt seines Ausscheidens mindestens fünf Jahre hindurch ununterbrochen der Gesellschaft als Gesellschafter angehört hat.

Von diesem Auseinandersetzungsguthaben sind allfällige Schulden des ausscheidenden Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft in Abzug zu bringen; der verbleibende Betrag wird wie folgt zur Zahlung fällig:

1) 50 % des Guthabens binnen sechs Monaten nach Ausscheidungsstichtag;

2) [d]er Rest in vier gleichen Quartalsraten, beginnend 9 Monate nach dem Ausscheidungsstichtag, fällig jeweils am Ende eines Quartals.

Das Ausscheidungsguthaben wird ab Stichtag des Ausscheidens in der Weise wertgesichert, daß die jeweils aushaftende Kaufpreisrate sich in dem Ausmaß erhöht oder vermindert, in dem sich der Verbraucherpreisindex (Basis 1966 = 100) zwischen dem Stichtag des Ausscheidens und der Fälligkeit dieser Rate erhöht oder vermindert hat. Der Wertsicherungsbetrag ist mit dem Stichtag der Fälligkeit der jeweiligen Rate abzurechnen.

Außerdem ist das Guthaben jeweils mit dem zum Ausscheidungsstichtag maßgeblichen Diskontsatz der Österreichischen Nationalbank kontokorrentmäßig zu verzinsen.

Der Empfänger des Auseinandersetzungsguthabens ist jedoch verpflichtet, Zahlungen auch vor dem Fälligkeitsstichtag anzunehmen.

Die Erben haben, sofern sie die Gesellschaft mit den Erben nicht fortsetzen, jene Ansprüche auf ein Auseinandersetzungsguthaben, die der Erblasser gehabt hätte, wenn

er durch Kündigung zum Todestag ausgeschieden wäre.

[…]

Mit Schreiben vom 5. 5. 2015 kündigten der Zweit-, der Dritt- und der Viertkläger die Kommanditgesellschaft gemäß Punkt VI. des Gesellschaftsvertrags vom 22. 10. 1974 zum Stichtag 31. 12. 2015 auf. Die Beklagten fassten daraufhin einen Beschluss zur Fortsetzung der Kommanditgesellschaft.

Am 2. 11. 2016 übermittelte die Viertbeklagte als Geschäftsführerin der Erstbeklagten den Klägern eine Auseinandersetzungsbilanz zum 31. 12. 2015.

Am 23. 11. 2016 wurde im Amtsblatt zur Wiener Zeitung unter der Rubrik Gläubigeraufforderungen folgende Bekanntmachung veröffentlicht:

Gläubigeraufforderung wegen Herabsetzung der Haftsumme durch Ausscheiden von Kommanditisten – Die [Kommanditgesellschaft] mit Sitz in der politischen Gemeinde W* ist im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN * eingetragen. Infolge Kündigung sind die Kommanditisten [Erst- bis Viertkläger] mit 31. 12. 2015 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die ausgeschiedenen Kommanditisten erhalten eine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen (§ 137 Abs 2 UGB). Die Bekanntmachung erfolgt in analoger Anwendung des § 55 Abs 2 GmbHG. Allen Gläubigern der Gesellschaft, deren Forderungen am Tag der Veröffentlichung dieser Mitteilung bestehen, leistet die Gesellschaft auf Verlangen Befriedigung oder Sicherstellung. Von Gläubigern, die sich nicht binnen drei Monaten vom Tag der Veröffentlichung an bei der Gesellschaft melden, wird angenommen, dass sie der beabsichtigten Herabsetzung der Haftsumme und der Abfindung der ausgeschiedenen Kommanditisten aus dem Gesellschaftsvermögen zugestimmt wird. […]

Die Kläger begehren die Feststellung, die Kommanditgesellschaft sei in Liquidation getreten, und die Verpflichtung der Beklagten, eine Anmeldung der Liquidation zum Firmenbuch zu unterfertigen, mit welcher die Firma der Kommanditgesellschaft durch Ergänzung des Zusatzes „in Liquidation“ geändert wird und die Kläger sowie die Beklagten als Liquidatoren mit gemeinschaftlicher Vertretungsbefugnis eingetragen werden. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens laut Punkt VIII. des Gesellschaftsvertrags sei aufgrund der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur GmbH & Co KG nicht mehr möglich, würde dies doch gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen; die Kommanditgesellschaft verfüge nicht über ausreichende freie Mittel für eine Auszahlung, die verbleibenden Gesellschafter wiederum seien nicht bereit, die Auszahlung selbst zu leisten. Damit komme aber eine Fortführung der Kommanditgesellschaft nicht in Betracht, die Gesellschaft sei daher ins Liquidationsstadium getreten.

Die Beklagten wenden ein, aufgrund der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags sei eine Fortführung zulässig; dadurch sei die Liquidation verhindert worden. Die Kläger forderten ein überhöhtes Auseinandersetzungsguthaben.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht sprach darüber hinaus aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und dass die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, ob beim Ausscheiden eines Kommanditisten aus einer GmbH & Co KG eine Fortführung der Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter auch dann beschlossen werden kann, wenn eine vermögensrechtliche Abwicklung der Ansprüche des ausscheidenden Gesellschafters nicht zu den dazu im Gesellschaftsvertrag festgelegten Bedingungen erfolgen kann oder einem solchen Fortsetzungsbeschluss der Grundsatz von Treu und Glauben entgegensteht.

In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, es seien zwar die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 82 f GmbHG auf Zuwendungen an die Gesellschafter der Komplementär-GmbH und die „Nur-Kommanditisten“ einer GmbH & Co KG anzuwenden, wenn diese über keine natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter verfügt, weshalb (auch) Zahlungen aufgrund eines Auseinandersetzungsanspruchs an die Kläger grundsätzlich gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen können. Da solche Auszahlungen aber auch aus einer alinearen Gewinnausschüttung oder unter Einhaltung der GmbH‑rechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften erfolgen können, sei der Fortsetzungsbeschluss der verbliebenen Gesellschafter nicht rechtswidrig gewesen. Durch ihre Kündigung seien die Gesellschafter aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden; zu einer Mitwirkung an der späteren Kapitalherabsetzung durch die verbliebenen Gesellschafter in analoger Anwendung der §§ 54 ff GmbHG seien sie deshalb nicht mehr berechtigt gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Es entspricht nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass dann, wenn bei einer Kommanditgesellschaft kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, die Vorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 82 Abs 1 und § 83 Abs 1 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft analog anzuwenden sind (RIS‑Justiz RS0123863). Dies gilt für Zuwendungen der Kommanditgesellschaft an die Gesellschafter der Komplementär‑GmbH, für solche an „Nur‑Kommanditisten“ (6 Ob 171/15p RWZ 2016/28 [Wenger] = GesRZ 2016, 281 [Schörghofer]) und für solche an Gesellschafter der Komplementär-GmbH, die gleichzeitig Kommanditisten der Kommanditgesellschaft sind (6 Ob 198/15h NZ 2016/149 [Brugger]).

2. Nach § 82 Abs 1 GmbHG können Gesellschafter ihre Einlagen nicht zurückfordern. Sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn (vgl im Übrigen §§ 120, 122 Abs 1, § 189 Abs 1 Z 1 und § 221 Abs 5 UGB), soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst grundsätzlich jede vermögensmindernde Leistung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung an ihre Gesellschafter, ausgenommen solche in Erfüllung des Dividendenanspruchs (Gewinnverwendung), sonstiger gesetzlich zugelassener Ausnahmefälle und Leistungen auf der Grundlage fremdüblicher Austauschgeschäfte (6 Ob 226/09t RWZ 2010/62 [Wenger] = GesRZ 2010, 276 [Winner/Obradovic] = ZFR 2011/70 [Ruhm]; 6 Ob 171/15p [ErwG 5.4.]).

3.1. Nach § 137 Abs 2 UGB ist dem ausscheidenden Gesellschafter einer Personengesellschaft in Geld auszuzahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhielte, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sein Geschäftsanteil geht unter und an die Stelle des Kapitalanteils tritt die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft (Koppensteiner/Auer in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 [2009] §§ 137, 138 Rz 5). Der Anspruch ist gegen die Gesellschaft gerichtet, wobei die verbleibenden Gesellschafter dem Konzept der Personengesellschaft entsprechend mit der Gesellschaft solidarisch haften (RIS‑Justiz RS0061822). Der Anspruch entsteht im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters aus der Gesellschaft (RIS-Justiz RS0061822 [T4]), das ist bei der Kündigung der Zugang der Austrittserklärung bei den Mitgesellschaftern (Zollner/Hartlieb in Zib/Dellinger, UGB [2017] § 137 Rz 33). Dem Abfindungsanspruch liegt die Zielsetzung zugrunde, dem ausscheidenden Gesellschafter möglichst dieselbe Rechtsposition zu verschaffen, die er hätte, wenn die Gesellschaft liquidiert würde (vgl RIS-Justiz RS0061746; Koppensteiner/Auer aaO Rz 2; Jabornegg/Artmann, UGB² [2010] § 137 Rz 5). Die gesetzlichen Regelungen über die Auseinandersetzung sind aber grundsätzlich dispositiv (vgl RIS-Justiz RS0061758).

3.2. Zum (Sonder‑)Fall einer GmbH & Co KG hat der Oberste Gerichtshof zur Frage der Liquidation bereits Stellung bezogen. Unter Berücksichtigung der fehlenden persönlichen Haftung einer natürlichen Person wurde ausgesprochen, dass die Liquidationsbestimmungen des Unternehmensgesetzbuchs (damals noch Handelsgesetzbuchs) nicht dispositiv seien und insbesondere dem Befriedigungs- und Zurückbehaltungsgebot der §§ 149, 155 HGB als Gläubigerschutzvorschriften zwingende Wirkung zukomme; deren Verletzung führe (auch) zu einer Haftung des Geschäftsführers der GmbH (2 Ob 594/95). Von dieser Rechtsprechung ist der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung 2 Ob 225/07p und in den zitierten Folgeentscheidungen 6 Ob 171/15p und 6 Ob 198/15h, in denen es um während des laufenden Betriebs vorgenommene Entnahmen ging (vgl auch § 189 Abs 1 Z 2a UGB, § 221 Abs 5 UGB oder § 4 Z 3 EKEG), nicht abgewichen.

Inwieweit bei der hier vorliegenden Frage der Auseinandersetzung im Falle des Ausscheidens die Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuchs (insbesondere §§ 137 bzw 155 – Entnahme erst nach Schätzung) einen ausreichenden Schutz bieten, hatte der Oberste Gerichtshof noch nicht zu entscheiden. Jedenfalls aber lässt sich aus der Entscheidung 6 Ob 198/15h festhalten, dass im Falle der Verletzung eines Gläubigerschutzstandards eine unmittelbare Haftung der für die Geschäftsführung verantwortlichen natürlichen Person gegeben ist.

Die Literatur hat im Gefolge der zur Frage der Entnahme im laufenden Betrieb ergangenen Entscheidung 2 Ob 225/07p bislang zur Frage der Auseinandersetzung im Falle des Ausscheidens wie folgt Stellung genommen:

Nach Zollner/Hartlieb (in Zib/Dellinger, UGB § 137 Rz 32) scheidet zwar die Gesellschaft als Schuldnerin der Abfindung grundsätzlich aus, als Anspruchsgegner kämen nur die Mitgesellschafter in Betracht. Sie weisen aber gleichzeitig darauf hin, dass die Abfindung durch eine Kapitalherabsetzung oder durch eine alineare Gewinnausschüttung finanziert werden könne, wobei beide Varianten die Zustimmung der Mitgesellschafter voraussetzten.

Nach Harrer (Vermögensbindung bei der GmbH & Co KG, wbl 2009, 328) ist die Abfindung eines ausscheidenden Kommanditisten unter Einhaltung der GmbH‑rechtlichen Kapitalherabsetzungsvorschriften möglich; entsprechend §§ 54 ff GmbHG seien die Gläubiger sicherzustellen oder zu befriedigen.

Für diese Lösung sprechen sich auch Kalss/Eckert/Schörghofer (Ein Sondergesellschaftsrecht für die GmbH & Co KG, GesRZ 2009, 65 [75]) unter Hinweis auf die Entscheidung 2 Ob 594/95 aus. Dort hatte der Oberste Gerichtshof zur Liquidation einer GmbH & Co KG bereits ausgesprochen, dass die Gläubigerbefriedigung zwingend Vorrang vor der Verteilung des Gesellschaftsvermögens habe (vgl dazu auch Rüffler in Artmann/Rüffler/Torggler, Die GmbH & Co KG ieS nach OGH 2 Ob 225/07p – eine Kapitalgesellschaft? [2011] 103).

Nach Rüffler (aaO 107) ist eine Abfindung eines Kommanditisten aus dem Vermögen der GmbH & Co KG grundsätzlich rechtswidrig, außer sie würde aus einer alinearen Gewinnausschüttung befriedigt, für die die Gesellschaft auch Rücklagen und Pflichteinlagen auflösen könne; sei dies nicht möglich, sei der Anspruch gegen die Gesellschaft im Wege einer Konversion in einen Anspruch gegen die verbleibenden Gesellschafter umzudeuten.

Auch U. Torggler (in U. Torggler, UGB² [2015] §§ 137, 138 Rz 5) geht davon aus, dass ein Anspruch gegen die Gesellschaft bei alinearer Gewinnausschüttung oder Kapitalherabsetzung in Betracht komme; daneben sei unter Umständen ein Anspruch gegen die Mitgesellschafter denkbar.

Nach Eckert (in U. Torggler, UGB² § 161 Rz 27) schließt der Kapitalerhaltungsgrundsatz eine Leistung der Abfindung durch die GmbH & Co KG nicht jedenfalls aus; ein „kapitalerhaltungskonformes“ Ausscheiden sei möglich, wenn die Abfindung aus ungebundenem Eigenkapital finanziert werde oder die Kapitalherabsetzungsregeln eingehalten würden.

3.3. Dieser im Wesentlichen übereinstimmenden Meinung der Literatur, Abfindungsansprüche eines ausscheidenden Gesellschafters einer GmbH & Co KG könnten durch alineare Gewinnausschüttungen oder Kapitalherabsetzungen in analoger Anwendung der §§ 54 ff GmbHG von der Gesellschaft befriedigt werden, hat sich das Berufungsgericht ausdrücklich angeschlossen. Die Einhaltung dieser Bestimmungen gewährleistet jedenfalls einen ausreichenden Gläubigerschutz.

3.3.1. Die Kläger gehen in ihrer Revision davon aus, dass die Fortsetzung der Gesellschaft durch die Beklagten trotz des Ausscheidens der Kläger als Kommanditisten unzulässig (gewesen) sei und gegen Treu und Glauben verstoßen habe. Sie verkennen damit allerdings die Grundkonzeption der Punkte VI. und VII. des Gesellschaftsvertrags. Danach bewirken alle Umstände, welche nach dem Gesetz die Auflösung der Gesellschaft zur Folge haben (würden), lediglich das Ausscheiden des Gesellschafters, in dessen Person der Auflösungsgrund gelegen ist, hier also des aufkündigenden Gesellschafters (konkret der Kläger); dieses Ausscheiden erfolgt nach der Konzeption des Gesellschaftsvertrags somit automatisch. Die verbleibenden Gesellschafter können jedoch die Liquidation der Gesellschaft beschließen, was die Dritt- bis Fünftbeklagten hier nicht getan haben; ihr vom Erstgericht festgestellter Beschluss zur Fortsetzung der Kommanditgesellschaft hatte lediglich deklarativen Charakter.

Richtig ist, dass Punkt VII. des Gesellschaftsvertrags das Ausscheiden des (hier: kündigenden) Gesellschafters – und damit die automatische Fortsetzung der Gesellschaft – nur bewirkt, „soweit dies durch Vereinbarung möglich ist“. Die Kläger meinen nun, nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei „jede Zuwendung der Kommanditgesellschaft an ihre Gesellschafter, die nicht Gewinnverwendung ist, verboten“. Tatsächlich hat der Oberste Gerichtshof jedoch– wie bereits unter 2. dargestellt – auch auf „sonstige gesetzlich zugelassene Ausnahmefälle“ hingewiesen, wovon alineare Gewinnausschüttungen und Kapitalherabsetzungen jedenfalls betroffen sind. Bereits aus diesem Grund ist die vom Gesellschaftsvertrag hier vorgesehene automatische Fortsetzung der Gesellschaft bei Ausscheiden von Kommanditisten weder unzulässig noch verstößt sie gegen Treu und Glauben.

3.3.2. Die Kläger monieren in der Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht mit ihrer Feststellungsrüge auseinandergesetzt, wonach das Erstgericht zu Unrecht keine Feststellungen dahin getroffen habe, dass „eine Zahlung aus zukünftigen Gewinnen beziehungsweise alinearen Gewinnausschüttungen nicht möglich“ gewesen sei. Darauf kommt es jedoch hier nicht an, weil die Gesellschaft ohnehin zwischenzeitig eine Kapitalherabsetzung unter analoger Anwendung der §§ 54 ff GmbHG durchgeführt hat. Dass sich aus den dadurch freigewordenen Mitteln die Abschichtungsguthaben der Kläger nicht befriedigen ließen, lässt sich weder den Feststellungen der Vorinstanzen noch den Ausführungen der Parteien entnehmen.

Mit einem Kapitalherabsetzungsverfahren analog §§ 54 ff GmbHG kann zwar eine gewisse Zeitverzögerung verbunden sein; diese wird dem ausscheidenden Gesellschafter aber durch die Verzinsung ausgeglichen (vgl Zollner/Hartlieb in Zib/Dellinger, UGB § 137 Rz 34 f). Daneben haben die ausscheidenden Gesellschafter die Möglichkeit, die Erstellung der Abschichtungsbilanz zu verlangen (Koppensteiner/Auer in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 §§ 137, 138 Rz 18; U. Torggler in U. Torggler, UGB² § 138 Rz 14) oder – etwa wenn die Höhe des Guthabens nicht strittig ist oder aber es zu keiner Feststellung der Abschichtungsbilanz kommt – direkt ein Auseinandersetzungsguthaben einzuklagen (6 Ob 585/88; 6 Ob 39/10v [ErwGr 10]; U. Torggler aaO Rz 15; Jabornegg/Artmann, UGB² § 137 Rz 23).

4. Damit erweist sich aber die dem Begehren der Kläger zugrunde liegende Prämisse, eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens laut Punkt VIII. des Gesellschaftsvertrags sei aufgrund des Verbots der Einlagenrückgewähr (auch) bei einer GmbH & Co KG überhaupt nicht möglich, als unrichtig. Die Auffassung der Kläger würde im Übrigen bedeuten, dass eine GmbH & Co KG im Fall des Ausscheidens eines Kommanditisten stets aufzulösen und eine Fortsetzung unter Abfindung des ausscheidenden Kommanditisten niemals möglich wäre.

Damit war aber der Revision der Kläger der Erfolg zu versagen.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Einheitssatz beträgt im Revisionsverfahren bei einem Streitwert von 200.000 EUR nur 50 %.

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