Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit ihrer Klage vom 28.8.1987 begehrte die Klägerin zunächst den Zuspruch von S 317.539,32 sA, bestehend aus S 166.721 an offenen Prämien, S 31.676 an kapitalisierten Zinsen sowie S 119.142,32 an Prozeßkosten. Im Handelsregister (jetzt: Firmenbuch) Wien sei zunächst die A***** GmbH ***** KG (im folgenden kurz: A GmbH & Co KG) eingetragen gewesen, deren Komplementärin die A***** GmbH (im folgenden kurz: A GmbH) und deren Kommanditistin, die Valentin K***** KG, gewesen sei. Die Beklagte sei seit 9.7.1984 alleinige Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft gewesen, Valentin K***** sen., Komplementär der Kommanditistin, sei am 23.6.1983 verstorben, seine Erbin sei ebenfalls die Beklagte. Im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung durch die Beklagte sei die A GmbH & Co KG ein gutgehendes Mietwagenunternehmen, die Klägerin Kasko- und Haftpflichtversicherer diverser Fahrzeuge dieser Gesellschaft gewesen. Diese Gesellschaft sei mit der Bezahlung von Prämien in Verzug geraten, sodaß die Klägerin am 1.12.1982 eine Klage über S
234.812 eingebracht habe, nach Teilzahlungen und einer unbedeutenden Klagseinschränkung sei ein Betrag von S 166.721 offen geblieben. Die Beklagte als alleinige Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft habe es verstanden, das Verfahren zu verschleppen und hinauszuzögern. Am 19.3.1986 sei völlig überraschend eine Eingabe beim Firmenbuch überreicht worden, aus der der Beschluß der A GmbH & Co KG auf Auflösung nach durchgeführter Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens, sohin ohne Liquidation, zu entnehmen gewesen sei. Die Bücher der aufgelösten Gesellschaft seien von der Beklagten als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin aufbewahrt worden. Die Löschung der A GmbH & Co KG sei mit 15.4.1986 erfolgt. Die Klägerin habe daraufhin das Verfahren gegen die Komplementärin, die A GmbH, deren Geschäftsführerin ebenfalls die Beklagte geworden sei, fortgesetzt. Im März 1987 habe sich herausgestellt, daß dieses Unternehmen im Dezember 1986 ebenfalls gelöscht worden sei, auch hier habe eine Liquidation nicht stattgefunden, zumindest sei die Klägerin von einer solchen nicht verständigt worden. Die Beklagte habe demnach die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes verletzt, insbesondere gegen ihre Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft verstoßen. Die Bestimmung des § 25 GmbHG diene nach Lehre und Rechtsprechung dem Schutz der Gläubiger, vor allem aber auch die Bestimmungen der §§ 89 f, insbesondere 91 GmbHG. Die Beklagte als Alleingeschäftsführerin der Komplementärgesellschaft habe nichts gegen die Insolvenz der im Vorprozeß beklagten KG unternommen, sondern habe die Gesellschaft stillschweigend aufgelöst und deren Vermögen liquidiert. In der Folge habe sie auch die Komplementär-GmbH auflösen lassen und dabei gegen die Liquidationsbestimmungen verstoßen. Die Beklagte als Geschäftsführerin hafte demnach für den der Klägerin entstandenen Ausfall unter Zugrundelegung aller denkbaren rechtlichen Tatbestände. Für die vorzeitige Beendigung der A GmbH & Co KG hafteten deren Gesellschafter, die vorzeitige Auflösung ohne Liquidation habe einen Schaden der Klägerin in Klagshöhe herbeigeführt. Sowohl bei Auflösung der A GmbH & Co KG als auch der A GmbH seien entsprechende Vermögenswerte vorhanden gewesen, die zur Verteilung hätten gelangen können und müssen. Insbesondere sei der A GmbH & Co KG für die Aufgabe eines Schalters am Flughafen Wien ein entsprechender Ablösebetrag zugeflossen, der A GmbH, sohin der Komplementärgesellschaft, wiederum ein entsprechender Betrag für die Veräußerung der Firma. In der Folge wurde das Klagebegehren (durch Reduzierung der begehrten Prozeßkosten aus dem Parallelverfahren) auf S 293.855,82 sA eingeschränkt.
Die Beklagte wendete mangelnde Passivlegitimation und überdies Verjährung der geltend gemachten Ansprüche ein. Sie sei persönlich nie in Vertragsbeziehungen zur Klägerin gestanden, als Geschäftsführerin der A GmbH & Co KG sowie der A GmbH habe sie sich keines Deliktes schuldig gemacht. Die A GmbH & Co KG habe ihren Geschäftsbetrieb mit Ende 1984 eingestellt, sodaß dieses Unternehmen 1985 und 1986 nicht mehr bilanziert habe. Auch die A GmbH, deren Komplementärin, habe 1986 keinerlei Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt und letztmalig 1985 bilanziert. Die Löschung der Unternehmungen sei ordnungsgemäß erfolgt, die der Komplementärgesellschaft sogar von amtswegen. Die von Juristen und insbesondere von Notaren beratene Beklagte sei niemals darauf hingewiesen worden, daß noch weitere zusätzliche Schritte, insbesondere eine Liquidation, erforderlich seien. Die A GmbH & Co KG habe zum Zeitpunkt ihrer Auflösung über keine Vermögenswerte verfügt, insbesondere sei auch für einen Flughafenschalter kein Entgelt entrichtet worden. Überhaupt hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, bis Dezember 1990 noch existente Gesellschafter der A GmbH & Co KG zu belangen. Das der Beklagten zugeflossene Entgelt in der Höhe von S 40.000 für die Verwertung des Firmenbestandteiles "A*****" sei für die Bezahlung aufgelaufener Kosten verwendet worden. Überdies sei der Klägerin die von ihr geltend gemachte Prämienforderung schon gegenüber der A GmbH & Co KG nicht zugestanden, sodaß diese auch im Wege des Schadenersatzes nicht von Dritten geltend gemacht werden könnte.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging hiebei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Ab 23.4.1969 waren Gesellschafter der A GmbH & Co KG nur mehr die A GmbH als Komplementärin und die Valentin K***** KG als Kommanditistin. Gegen die A GmbH & Co KG brachte die Klägerin zu 6 C 1/87 des BGHS Wien am 1.12.1982 eine Klage ein, die darauf gestützt wurde, daß die Klägerin als Kasko- und Haftpflichtversicherer der von der A GmbH & Co KG betriebenen Mietfahrzeuge noch unberichtigte Prämienforderungen habe. Der ursprüngliche Klagsbetrag von S 234.812 wurde in der Folge aufgrund von Teilzahlungen sowie Einschränkungen seitens der Klägerin auf zuletzt S 166.721 eingeschränkt. In diesem Verfahren wurde von der A GmbH & Co KG vor allem die Richtigkeit der Prämienabrechnungen bestritten und darauf hingewiesen, daß mit der Klägerin eben im Hinblick auf die Besonderheit des Mietwagenfuhrparkes Sondervereinbarungen getroffen worden seien, aufgrund dieser Vereinbarungen die in Rechnung gestellten Prämien jedoch überhöht seien. Das Verfahren vor dem BGHS Wien wurde umfangreich betrieben. Am 23.6.1983 verstarb Valentin K***** sen., der bis zu diesem Zeitpunkt der alleinige Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft A GmbH und sohin Vertreter der in den Prozeß einbezogenen A GmbH & Co KG war. In der Folge wurde der Nachlaß nach Valentin K***** sen. je zur Hälfte den Intestaterben, nämlich seinem Sohn Valentin K***** jun. und seiner Gattin, der Beklagten, eingeantwortet. Zur Vertretung der Valentin K***** KG während des offenen Verlassenschaftsverfahrens wurde die Beklagte als Miterbin nach Valentin K***** sen. mit Beschluß des HG Wien vom 1.12.1983 bestimmt. Nach der durch das BG Innere Stadt Wien erfolgten Einantwortung vom 14.5.1987 kam es zu einer Umbestellung betreffend die Valentin K***** KG, weil nunmehr Valentin K***** jun. Komplementär wurde, die Beklagte wieder nur Kommanditistin, dies mit Verfügung des Handelsregisters (Firmenbuchs) vom 18.8.1987. In der Folge wurde per 7.12.1990 die Löschung dieser KG eingetragen. Diese KG ist ohne Liquidation von den Gesellschaftern zur Auflösung gebracht worden, nachdem allfällige Vermögenswerte auf extranei übertragen worden sind. Die Beklagte war nach dem Ableben ihres Ehegatten Valentin K***** sen. aber auch einzige handelsrechtliche Geschäftsführerin der A GmbH geworden; diesbezüglich ist eine Registereintragung per 9.7.1984 erfolgt. Weil nach dem Ableben von Valentin K***** sen. die A GmbH & Co KG keinerlei Geschäftsbetrieb mehr aufrecht erhielt, per Ende 1984 eine letzte Bilanz erstellt worden war und zwischen den Gesellschaftern A GmbH und Valentin K***** KG Einvernehmen über eine Auflösung der GmbH & Co KG bestand, wurde diese Auflösung im Hinblick auf die zwischen den Gesellschaftern durchgeführte Auseinandersetzung dem Firmenbuch des HG Wien mitgeteilt. Dies führte sodann per 19.3.1986 zur Löschung der A GmbH & Co KG. In der Bilanz zum 31.12.1984 waren Erlöse aus Anlagenverkäufen in der Höhe von S 777.246,65 enthalten. Nicht festgestellt werden konnte, ob bzw in welchem Umfang daraus allfällige konkrete Einnahmen erzielt wurden, insbesondere ob allfällige Einnahmen vor allem in welchem Umfang auf die Gesellschafter verteilt wurden. Weil auch die Gesellschafter, nämlich A GmbH und Valentin K***** KG, ihrerseits keinerlei Geschäftsbetrieb mehr aufrecht erhielten, betrieb die Beklagte als alleinige Geschäftsführerin und Gesellschafterin auch deren Löschung, insbesondere, weil sie nicht bereit war, die gesetzlich gebotene Aufstockung des Stammkapitals auf S 500.000 durchzuführen, andererseits weil infolge Vermögenslosigkeit und Betriebseinstellung kein Grund mehr für den Weiterbestand existierte. Die Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für Salzburg stellte demnach per 25.11.1986 den Antrag auf amtswegige Löschung der A GmbH gemäß § 2 AmtsLG unter Hinweis auf die Erklärung der Beklagten, das Unternehmen sei vermögenslos. Das Landesgericht Salzburg führte daraufhin mit Beschluß vom 25.11.1986 die amtswegige Löschung der A GmbH durch. Eine Liquidation ist nicht erfolgt. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 29.1.1990 jedoch die Nachtragsliquidation, wobei sie behauptete, daß das Unternehmen bei Löschung sehr wohl noch über Vermögen verfügt habe, vor allem, weil ein Firmennamen entgeltlich weitergegeben worden sei. Der Antrag wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 6.2.1990 abgewiesen, weil der Klägerin als Antragstellerin der Nachweis, daß tatsächlich zum Zeitpunkt der Löschung Firmenvermögen vorhanden gewesen sei, nicht gelungen ist. Nach dem Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 25.11.1986, mit dem der Beklagten als Alleingeschäftsführerin und Alleingesellschafterin der A GmbH aufgetragen worden war, im Hinblick auf den Löschungsbeschluß binnen Monatsfrist einen allfälligen Widerspruch einzubringen, schlossen die Beklagte sowie die A GmbH, vertreten durch die Beklagte, mit der damaligen C***** GmbH eine Vereinbarung, wonach sie zugunsten der C***** GmbH erklärte, ausdrücklich einverstanden zu sein, daß diese nach Löschung der A GmbH den Firmenwortlaut "A***** GmbH" annehme, und daß sie gegen den Löschungsbeschluß vor allem keinerlei Rechtsmittel ergreife. Zur Abgeltung all der in dieser Vereinbarung noch weiters ausgewiesenen Leistungen wurde der Beklagten ein Entgelt von pauschal netto S 40.000 zugesagt. Der Betrag kam nach Löschung der A GmbH auch zur Auszahlung und wurde von der Beklagten im Rahmen ihrer Einkünfte versteuert. Daß bei Auflösung der A GmbH & Co KG die Gesellschaftanteile von einem der beiden Gesellschafter zur Gänze übernommen worden sind, konnte nicht festgestellt werden, ebenfalls nicht, daß im Zuge der Auflösung einer der beiden Gesellschafter Vermögensanteile aus dem Vermögen der A GmbH & Co KG wirksam übernommen hätte. Daß im Zuge der amtswegigen Löschung der A GmbH diese tatsächlich noch über Vermögen verfügt hätte, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Beklagte agierte namens der Valentin K***** KG als deren Komplementärin lediglich während des Zeitraumes vom 1.12.1983 bis 18.8.1987, danach war Valentin K***** jun. Komplementär bis zur Löschung dieser KG am 7.12.1990 aufgrund der durch die Gesellschafter erklärten Vollbeendigung.
Rechtlich gelangte das Erstgericht zur Ansicht, daß, soweit Schadenersatzansprüche geltend gemacht würden, diese nicht grundsätzlich verjährt seien. Die Auflösung der A GmbH & Co KG ohne Liquidation könne den Gesellschaftern nicht zum Schuldvorwurf gemacht werden, zumal die A GmbH & Co KG schon über längere Zeit hindurch keine wirtschaftlichen Aktivitäten mehr entwickelt habe. Eine Liquidation der A GmbH wiederum sei mangels Vermögens dieser Gesellschaft nicht erforderlich gewesen bzw könne das Unterbleiben deren Geschäftsführerin, der Beklagten, nicht zum Vorwurf gemacht werden. Eine Zahlung für die Verwendung der Firma "A*****" sei nicht mehr der GmbH, sondern der Beklagten zugute gekommen. Überdies habe es die Klägerin jedoch verabsäumt, allfällige Schadenersatzansprüche gegenüber dem zweiten Gesellschafter, nämlich der Valentin K***** KG, geltend zu machen, was bis 10.12.1990 möglich gewesen wäre. Die von der Klägerin angeführten Bestimmungen des HGB und des GmbHG könnten nicht als Gläubigerschutzbestimmungen interpretiert werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision - da Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung nicht zu beurteilen gewesen seien - für nicht zulässig. Zur Rechtsrüge führte es folgendes aus:
Die Klägerin vermöge aus der Entscheidung 8 Ob 652/88 (ON 136 zu 6 C 1/87 des BGHS Wien) für sich keinen Nutzen zu ziehen. In dieser Entscheidung sei nämlich die Ansicht vertreten worden, daß im Falle vorzeitiger Beendigung einer GmbH Gesellschafter bzw Liquidatoren Gläubigern gegenüber schadenersatzpflichtig werden können. Es seien daher die gesetzlichen Regeln des Schadenersatzes auf eine solche Haftung anzuwenden. Grundsätzlich sehe das HGB keine besonderen Maßnahmen zum Schutze der Gläubiger im Liquidationsverfahren vor. Die gemäß § 161 Abs 2 HGB anzuwendenden Bestimmungen der §§ 145 f HGB stellten sohin keine Schutznormen für Gläubiger dar. Mangels Beweislastumkehr (§ 1311 ABGB) wäre es daher Sache der Klägerin gewesen, den Beweis sowohl für die Ursächlichkeit als auch das schuldhafte Verhalten der früheren Gesellschafter der A GmbH & Co KG bei deren Auflösung in bezug auf einen Forderungsausfall der Klägerin zu erbringen. In diesem Zusammenhang habe die Klägerin bereits den Kausalitätsbeweis nicht antreten können, da nicht feststehe, daß im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses irgendwelche im Rahmen einer Liquidation verwertbaren und demnach auch der Klägerin zugute kommenden Vermögenswerte vorhanden gewesen wären. Scheide demnach schon ein ersatzbegründender Umstand gegenüber den ehemaligen Gesellschaftern der A GmbH & Co KG aus, müsse dies umsomehr für die Geschäftsführerin der ehemaligen Komplementärin gelten. Da mit der Erbringung der Einlage durch den Kommanditisten seine Haftung Dritten gegenüber grundsätzlich ausgeschlossen sei (§ 171 Abs 1 HGB) und die Klägerin nicht einmal behauptet habe, daß die Valentin K***** KG ihrer Einlagepflicht nicht nachgekommen wäre, scheide verschuldensfreie, gesellschaftsrechtliche Haftung aus, sodaß weitere Erörterungen, ob und inwieweit die seinerzeitige Kommanditistin in Anspruch genommen hätte werden können, auf sich beruhen könnten. Es bleibe daher der - verschuldensunabhängige - Durchgriff auf die persönlich haftende seinerzeitige Komplementärin zu prüfen. Ein solcher Anspruch möge - die Berechtigung der klägerischen Forderung gegenüber der A GmbH & Co KG vorausgesetzt - gegenüber der A GmbH als persönlich haftender Komplementärin bestanden haben. Nicht gesetzmäßig ausgeführt sei in diesem Zusammenhang die Rechtsausführung der Klägerin, die Beklagte habe die Komplementär-GmbH durch einen Notar löschen lassen: Dem stehe die Feststellung amtswegiger Löschung entgegen. Es sei der Klägerin grundsätzlich zugestanden, daß die Beklagte - als ehemalige Geschäftsführerin "geborene" Liquidatorin - zur Durchführung einer Liquidation verpflichtet gewesen sein möge und daß die schuldhafte Unterlassung der Befriedigung eines Gläubigers Schadenersatzpflichten nach § 1295 ABGB begründen könne. Von Lehre und Rechtsprechung werde auch durchaus anerkannt, daß die Verletzung von Schutzgesetzen (§ 1311 ABGB) durch den Geschäftsführer (Liquidator) einer GmbH zu dessen deliktischer Haftung führen könne. Seitens der Klägerin sei jedoch die Übertretung eines von Lehre und Rechtsprechung anerkannten Schutzgesetzes durch die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin (Liquidatorin) der A GmbH nicht unter Beweis gestellt worden. Das Erstgericht habe weder feststellen können, daß die Beklagte in dieser ihrer Eigenschaft nach dem Zeitpunkt, in dem die Eröffnung eines Konkurses zu begehren gewesen wäre, Zahlungen geleistet hätte (§ 25 Abs 3 Z 2 GmbHG), noch, daß die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Stellung eines Konkursantrages (§ 69 Abs 3 KO) nicht nachgekommen wäre. Die Feststellung eingetretener Zahlungsunfähigkeit habe nämlich mangels entsprechender Beweise vom Erstgericht gar nicht getroffen werden können. Da die Liquidatoren einer GmbH nicht von vornherein verpflichtet seien, Gläubiger gleichmäßig (konkursmäßig) zu befriedigen und sie vielmehr Zahlungen nach der Reihenfolge des Einlangens der Forderungsanmeldungen leisten könnten und erst im Fall erkennbarer Überschuldung die Verpflichtung der Einstellung weiterer Zahlungen an Gläubiger begründet sei, für eine solche Annahme jedoch ebenfalls weder Vorbringen noch Beweisergebnisse vorlägen, sei der Klägerin der Beweis auch dafür nicht gelungen, daß im Falle der Durchführung einer Liquidation durch die Beklagte eine auch nur teilweise Befriedigung der Klägerin erfolgen hätte können. Das Berufungsgericht vermöge sich der durch Lehre und Rechtsprechung nicht gedeckten Ansicht der Klägerin nicht anzuschließen, daß die Vorschriften der §§ 89 f GmbHG Gläubigerschutzvorschriften beinhalten würden, sodaß es auch zu keiner Umkehr des Beweises zu Lasten der Beklagten komme. Mangels erkennbarer Kausalität der unterbliebenen Liquidierung für einen bei der Klägerin eingetretenen Schaden vermöge eine rechtliche Grundlage für einen Durchgriff auf die Beklagte auch als Geschäftsführerin der gelöschten A GmbH nicht erkannt werden.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revison der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Klagsforderung als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil (auch) Rechtsfragen zu lösen sind, zu denen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Klägerin macht zusammengefaßt geltend, das Vermögen der aufgelösten Gesellschaft müsse zunächst einmal zur Befriedigung der Gläubiger verwendet werden. Es sei eine schuldhafte Vorgangsweise der Beklagten als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH, die zunächst beklagte Kommanditgesellschaft und sodann die Komplementär-GmbH ohne Liquidation beenden zu lassen. Hiedurch seien die Schutznormen der §§ 89 ff GmbHG verletzt worden und sei eine Beweislastumkehr eingetreten. Den Geschäftsführer treffe der Entlastungsbeweis, daß der Schaden auch ohne Verletzung der Schutznorm eingetreten wäre. Bei richtiger Beurteilung der Beweislast hätte die Beklagte wohl kaum ungestraft die Befundaufnahme durch die (Buch)Sachverständige derart behindern können, wie sie es getan habe.
Mit diesen Ausführungen ist die Klägerin jedenfalls im Ergebnis im Recht.
Zur Vorgeschichte des vorliegenden Falles ist vorweg auf die Entscheidung 8 Ob 652/88 = SZ 62/127 = GesRZ 1990, 156 = RdW 1990, 11 = WBl 1990, 85 zu verweisen. Darin wurde die Meinung vertreten, daß nach Vollbeendigung der beklagten KG ohne Hinterlassung eines Gesamtrechtsnachfolgers im Sinne des § 142 HGB der Rechtsstreit nicht mehr fortgeführt werden könne. Ansprüche auf Ersatz des Schadens, den die Gesellschafter bzw die Liquidatoren durch die während des anhängigen Rechtsstreits unerlaubt bewirkte Vollbeendigung der Gesellschaft dem Gläubiger zugefügt hätten, blieben unberührt.
Was zunächst die Beendigung der Komplementär-GmbH anlangt, so ist aus dem Umstand, daß eine Liquidation (samt Gläubigerbefriedigung) unterblieben ist, für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil diese Gesellschaft gemäß § 2 AmtsLG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde. Mangels Vermögens kam eine Liquidation nicht in Betracht; die Liquidation einer vermögenslosen Gesellschaft wäre eine überflüssige Formalität (Koppensteiner, GmbHG § 89 Rz 7). Ein Antrag der Klägerin auf Nachtragsliquidation wurde abgewiesen. Die Beklagte hat somit im Zusammenhang mit der Beendigung der GmbH nicht pflichtwidrig gehandelt; ein Gesellschaftsvermögen, aus dem sie Zahlungen an die Klägerin hätte leisten können, war nicht vorhanden.
Gleiches kann für die GmbH & Co KG nicht mit Sicherheit gesagt werden. In ihrem letzten Jahresabschluß waren Erlöse aus Anlagenverkäufen in der Höhe von S 777.246,65 enthalten. Es konnte nicht festgestellt werden, ob und in welchem Umfang daraus konkrete Einnahmen erzielt sowie ob und in welchem Umfang allfällige Einnahmen auf die Gesellschafter verteilt wurden.
Das Gesetz sieht für das Liquidationsverfahren bei OHG und KG keine besonderen Maßnahmen zum Schutz der Gläubiger vor (Torggler/Kucsko in Straube I2 § 145 HGB Rz 15). Nach neuerer Ansicht (Dellinger, JBl 1991, 634 f und AnwBl 1992, 262; Torggler/Kucsko aaO § 145 HGB Rz 15, § 149 HGB Rz 14, § 155 HGB Rz 13 a; vgl auch den Lösungsvorschlag von Karsten Schmidt in Scholz8 § 73 dGmbHG Rz 38 ff) ist aber bei einer GmbH & Co KG in engerem Sinn - wie sie hier gegeben war - eine teleologische Reduktion des § 145 Abs 1 HGB dahin geboten, daß sich die Abdingbarkeit des Liquidationsrechts in einem solchen Fall nicht auf den Vorrang der Gläubigerbefriedigung bezieht. Da bei dieser gesellschaftsrechtlichen Mischform lediglich eine juristische Person unbeschränkt weiter haftet und § 67 KO indirekt das Gesellschaftsvermögen zugunsten der Gläubiger schützt, überzeugen bei der GmbH & Co KG im engeren Sinn die wesentlichen Argumente für die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter in Liquidationsangelegenheiten (unbeschränkte Weiterhaftung mindestens eines Gesellschafters, Fehlen von Kapitalerhaltungsvorschriften) nicht. Insbesondere das Befriedigungs- bzw Zurückbehaltungsgebot der §§ 149, 155 HGB - welche Vorschriften gemäß § 161 Abs 2 HGB auch auf die Kommanditgesellschaft Anwendung finden - ist daher bei der GmbH & Co KG im engeren Sinn zwingendes Recht.
Der erkennende Senat folgt dieser Ansicht. Er ist der Auffassung, daß es sich bei den eben genannten Geboten zumindest im Falle einer GmbH & Co KG im engeren Sinn um Gläubigerschutzvorschriften handelt, deren Verletzung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern haftbar machen kann (vgl zu § 91 Abs 2 GmbHG Koppensteiner § 91 GmbHG Rz 14; SZ 8/91; Rsp 1929/379; vgl auch Reich/Rohrwig, GmbH-Recht 703 f). Im vorliegenden Fall ist die Beklagte (die auch Komplementärin der Kommanditistin war) als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH (vgl zur Haftung einer solchen für Schutzgesetzverletzungen Reich/Rohrwig aaO 141) dafür verantwortlich, daß bei der A GmbH & Co KG vor Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens "ohne förmliche Liquidation" keine (vgl den Text der Registereingabe in SZ 62/127 S. 717) keine Gläubigerbefriedigung oder -sicherstellung gemäß den §§ 149, 155 HGB stattgefunden hat. Diese Vorgangsweise war grundsätzlich geeignet, das Ausfallsrisiko eines Gläubigers zu erhöhen. Die Beklagte hatte daher zu beweisen, daß mit Sicherheit keine Risikoerhöhung stattgefunden hat (vgl Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung 396 ff mwN), etwa daß die Klägerin (mangels Vermögens der KG, das ihr hätte zugute kommen können) keinesfalls eine Zahlung hätte erlangen können. Dieser Beweis ist ihr nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht gelungen, eher ist im Hinblick auf die Erlöse aus Anlagenverkäufen das Gegenteil indiziert. Auch ihre Schuldlosigkeit hat die Beklagte nicht bewiesen; mit der behaupteten Unterlassung von entsprechenden Hinweisen durch Juristen, insbesondere Notare, die sie anläßlich der Löschung beraten haben, oder mit dem Prozeßerfolg in den Vorinstanzen kann sie sich nicht entschuldigen. Die Einsicht, daß unter den gegebenen Umständen die Gläubigerbefriedigung Vorrang vor der Verteilung des Vermögens der "aus dem Rechtsleben gezogenen" (SZ 62/127) Gesellschaft genießt, war ihr durchaus zuzumuten. Ein deliktischer Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wäre somit im Zusammenhang mit der Beendigung der GmbH & Co KG - einen Schaden vorausgesetzt - zu bejahen.
Ausgehend von einer anderen Rechtsansicht haben die Vorinstanzen keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Klägerin überhaupt einen Schaden durch Ausfall tatsächlicher (von der Beklagten bestrittener) Prämienrückstände erlitten hat. Es bedarf daher insoweit noch einer Verfahrensergänzung, weshalb die Rechtssache unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen an das Erstgericht zurückzuverweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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