OGH 6Ob127/23d

OGH6Ob127/23d15.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* GmbH, *, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner und Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien – Wiener Wohnen, 1030 Wien, Rosa‑Fischer‑Gasse 2, vertreten durch Dr. Georg Angermaier, Rechtsanwalt in Wien, und deren Nebenintervenientin M* GmbH, *, vertreten durch Mag. Ingrid Juliane Gaismayer, Rechtsanwältin in Wien, wegen 90.816,66 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 30. Mai 2023, GZ 13 R 61/23w‑55, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Februar 2023, GZ 59 Cg 40/19i‑51, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00127.23D.0515.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass er wie folgt zu lauten hat:

„Der Antrag der klagenden Partei, die Nebenintervention der M* GmbH auf Seiten der beklagten Partei zurückzuweisen, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientindie mit 4.740,72 EUR (darin enthalten  790,12 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte beauftragte die h*genossenschaft (im Folgenden: h*) mit der Durchführung von Dienstleistungen laut dem zwischen ihnen abgeschlossenen Baumanagementvertrag für die Sanierung einer Liegenschaft. Die h* erteilte ihrerseits der Nebenintervenientin den Auftrag, entsprechend diesem Baumanagementvertrag die Leistungen der Generalplanung, die örtliche Bauaufsicht und die Tätigkeit als Planungs- und Baustellenkoordinator durchzuführen.

[2] Die Klägerin begehrt von der Beklagten restlichen Werklohn für die von ihr vertragsgemäß auf der Liegenschaft erbrachten Schlosserarbeiten. Die Beklagte sei über zwei Jahre ihren vertraglichen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe für die Werkausführung notwendige Entscheidungen unterlassen, weshalb die Klägerin an der Ausführung der eigenen Leistungen gehindert gewesen sei. Sie habe daher mit Schreiben vom 14. 7. 2016 gemäß den vereinbarten „Allgemeinen Vertragsbestimmungen“ aus wichtigem Grund den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Mit den hier gegenständlichen Rechnungen seien alle von der Klägerin bis zum Zeitpunkt des Vertragsrücktritts erbrachten Leistungen entsprechend den getroffenen Vereinbarungen in Rechnung gestellt worden. Die noch nicht erbrachten Leistungen seien unter Berücksichtigung desjenigen, was sich die Klägerin aufgrund des Unterbleibens der Werkherstellung erspart habe, abgerechnet worden.

[3] Die Beklagte wendete ein, die Klägerin habe die geschuldeten Leistungen weitgehend nicht erbracht, der Vertragsrücktritt sei unberechtigt. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen seien bezahlt worden. Überdies sei Verjährung eingetreten.

[4] Die Beklagteverkündete der h* den Streit. Sie habe diese mit der Planung und Abwicklung der Werkleistungen beim Bauvorhaben auf der Liegenschaft einschließlich der Ausschreibung und der örtlichen Bauaufsicht beauftragt. Es sei daher Aufgabe der h* gewesen, auf allfällige begründete Anfragen der Klägerin zu antworten und alles vorzukehren, was für eine effiziente Abwicklung des Bauvorhabens notwendig gewesen wäre. Sollte die Klägerin mit ihrer Klage durchdringen, wäre die h* gegenüber der Beklagten regresspflichtig.

[5] Mit Schriftsatz vom 4. 12. 2019 trat die M* GmbH dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten bei. Die Beklagte habe die h* beim Bauvorhaben auf der Liegenschaft mit den Leistungen gemäß Baumanagementvertrag beauftragt. Die h* habe ihrerseits die Nebenintervenientin als Subunternehmerin mit den technischen Leistungen des Baumanagementvertrags, unter anderem mit der örtlichen Bauaufsicht und der Rechnungsprüfung, beauftragt. Sie sei als Erfüllungsgehilfin der h* mit der Planung und Abwicklung der Werkleistungen einschließlich der Ausschreibung betraut gewesen. Es sei ihre Aufgabe gewesen, ein vollständiges und richtiges Leistungsverzeichnis (auch) der Leistungen der Klägerin zu erstellen und im Rahmen der örtlichen Bauaufsicht auf begründete Anfragen der Klägerin zu antworten und alles vorzukehren, was für eine effiziente Abwicklung des Bauvorhabens notwendig gewesen sei. Sollte die Klägerin mit ihrer Klagsforderung durchdringen, wäre die h* gegenüber der Beklagten regresspflichtig und die Nebenintervenientin gegenüber der h*. Der Rechtsanwalt der h* habe die Nebenintervenientin von der Streitverkündung der Beklagten unterrichtet und angedroht, dass die Nebenintervenientin der h* für alle die h* im Regressweg treffenden Zahlungen haften werde.

[6] Der die Beitrittserklärung enthaltende Schriftsatz vom 4. 12. 2019 wurde den Streitparteien von der Nebenintervenientin gemäß § 112 ZPO direkt zugestellt, nicht jedoch vom Erstgericht.

[7] Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom (richtig) 29. 9. 2022 die Zurückweisung der Nebenintervention. Aus deren Beitrittsschriftsatz lasse sich kein rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten ableiten. Der Nebenintervenientin sei weder der Streit verkündet noch seien ihr von den Prozessparteien Regressansprüche angedroht worden. Eine abstrakte Darstellung denkmöglicher Rechtsfolgen aus dem Rechtsstreit der Prozessparteien für Dritte bewirke noch kein rechtliches Interesse des Dritten am Ausgang des Prozesses der Hauptparteien.

[8] In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 3. 10. 2022 trug die Nebenintervenientin dieBeitrittserklärung wie im Schriftsatz vom 4. 12. 2019 vor. Nach Verhandlung über den Zurückweisungsantrag ließ das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschlussdie Nebenintervention zu und wies damit erkennbar den Antrag der Klägerin, die Nebenintervention zurückzuweisen, ab. Mangels bisheriger Zustellung der Beitrittserklärung und zwischenzeitiger Verhandlung sei der Zurückweisungsantrag zwar rechtzeitig erfolgt. Die Nebenintervenientin habe jedoch mit dem zu befürchtenden Rückgriff ihr rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten ausreichend dargelegt.

[9] Das von der Klägerin angerufene Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Nebenintervention zurückwies; den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es nicht zu. Es teilte die Auffassung des Erstgerichts zur Rechtzeitigkeit des Zurückweisungsantrags der Klägerin. Dieser sei auch berechtigt. Hinsichtlich der Frage, ob die von der Klägerin verrechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien, lasse sich schon aus der Streitverkündung der Beklagten an die h* nicht ableiten, inwieweit die h* einem Regressrisiko ausgesetzt sein solle. Betreffend die Beträge, die nicht zu zahlen wären, wenn der Vertragsrücktritt der Klägerin unberechtigt gewesen wäre, sei zwar ein Kettenregress denkbar. Aus den Tatsachenbehauptungen der Nebenintervenientin lasse sich aber ein Risiko, von der h* in Anspruch genommen zu werden, nicht ableiten. Insbesondere fehle substanziiertes Vorbringen zur Reichweite der Pflichtenüberbindung zwischen der h* und der Nebenintervenientin. Es werde nicht aufgezeigt, welche Entscheidungen die Nebenintervenientin betreffend die hier prozessgegenständlichen Leistungen der Klägerin zu treffen gehabt hätte und nicht getroffen habe.

Rechtliche Beurteilung

[10] Der außerordentliche Revsionsrekurs der Nebenintervenientin ist zulässig, weil die Beurteilung des Rekursgerichts einer Korrektur bedarf. Er ist auch berechtigt.

[11] 1. Eine entscheidungswesentliche Aktenwidrigkeit, bei deren Vermeidung eine günstigere Entscheidung erzielt worden wäre (RS0043265 [insb T7]), zeigt die Revision nicht auf:

[12] 1.1. Nach dem von den Vorinstanzen zutreffend zugrunde gelegten Verfahrensablauf erfolgte die Beitrittserklärung der Nebenintervenientin mit Schriftsatz vom 4. 12. 2019, in der Folge beantragte die Klägerin mit Schriftsatz die Zurückweisung der Nebenintervention und danach fand die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 3. 10. 2022 statt. Dass die Vorinstanzen erkennbar irrtümlich das Einbringungsdatum des Schriftsatzes der Klägerin mit 29. 9. 2019 statt (richtig) mit 29. 9. 2022 wiedergaben, war nicht entscheidungswesentlich (Punkt 2.5.).

[13] 1.2. Das Berufungsgericht hat ohnedies eine erfolgte Direktzustellung der Beitrittserklärung durch die Nebenintervenientin nach § 112 ZPO angenommen, diese jedoch im gegenständlichen Kontext zutreffend (Punkt 2.2.) als nicht maßgeblich qualifiziert.

[14] 2. Das Recht der Klägerin, sich der Nebenintervention zu widersetzen, war noch nicht erloschen:

[15] 2.1. Der Antrag einer der Prozessparteien auf Zurückweisung des Nebenintervenienten (§ 18 Abs 2 ZPO) ist zwar nicht fristgebunden, muss aber jedenfalls gestellt werden, bevor sich die Partei in Kenntnis des Zurückweisungsgrundes in die Verhandlung in der Hauptsache mit dem Nebenintervenienten einlässt, weil damit ein Verzicht auf das Bestreitungsrecht einhergeht (RS0035500 [T1]). Nach einem derartigen prozessualen Verzicht ist daher das Recht einer Prozesspartei, sich der Nebenintervention zu widersetzen, erloschen (1 Ob 109/16k [ErwGr 4.]).

[16] 2.2. Grundsätzlich treten die Rechtswirkungen des Beitritts erst dann ein, wenn neben der Beitrittserklärung die gerichtliche Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien erfolgt ist; eine Direktzustellung nach § 112 ZPO reicht hierzu nicht aus (RS0115771 [T2] = 1 Ob 109/16k; Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 18 Rz 2; Schneider in Fasching/Konecny 3 II/1 § 18 ZPO Rz 12; Auer in Höllwerth/Ziehensack, ZPO § 18 Rz 6).

[17] 2.3. Ein wirksamer Beitritt des Nebenintervenienten liegt jedoch auch dann vor, wenn der Beitrittsschriftsatz in Gegenwart beider Parteien in einer Tagsatzung vorgetragen und anschließend mit den Parteien über einen Zurückweisungsantrag mündlich verhandelt wird, mag auch eine förmliche Zustellung des Beitrittsschriftsatzes durch das Gericht gemäß § 25 ZPO unterblieben sein (RS0115771; 2 Ob 316/01m).

[18] 2.4. Bis zum Zeitpunkt, in dem der Beitritt des Nebenintervenienten wirksam wurde, ist – trotz Direktzustellung der Beitrittserklärung an die Streitparteien gemäß § 112 ZPO – das Verfahren über die Zulässigkeit des Beitritts somit noch nicht so weit fortgeschritten, dass sich eine Partei daran beteiligen könnte, ist doch das gerichtliche Vorprüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen (vgl 1 Ob 109/16k [ErwGr 7.]).

[19] 2.5. Im vorliegenden Fall war eine Beteiligung der Parteien am Verfahren über die Zulässigkeit des Beitritts erst ab dem Vortrag in der Tagsatzung vom 3. 10. 2022 möglich. Der Antrag der Klägerin vom (richtig) 29. 9. 2022 auf Zurückweisung der Nebenintervention erfolgte unmittelbar vor dieser Tagsatzung. Zu diesem Zeitpunkt war aber das Recht der Klägerin, sich der Nebenintervention zu widersetzen, noch nicht erloschen.

[20] 3. Die Nebenintervenientin hat ihr rechtliches Interesse am Beitritt ausreichend dargelegt:

[21] 3.1. Nach § 17 Abs 1 ZPO kann, wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Person obsiege, dieser Partei im Rechtsstreit beitreten. Eine Bindungswirkung ist nur eine mögliche Folge einer Nebenintervention (oder ihrer Unterlassung), nicht aber Voraussetzung für ihre Zulässigkeit (RS0126074).

[22] 3.2. Ob der Beitretende das nach § 17 Abs 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an einem Beitritt hat, kann zwar grundsätzlich nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RS0106173 [T4]). Hier liegt aber eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht vor.

[23] 3.3. Das für die Zulässigkeit einer Nebenintervention geforderte rechtliche Interesse auf Seiten des Beitretenden ist gegeben, wenn sich die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar auf dessen privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verhältnisse günstig oder ungünstig auswirkt. Bei der Beurteilung, ob die Nebenintervention zulässig ist, ist kein strenger Maßstab anzulegen. Es genügt, dass der Rechtsstreit die Rechtssphäre des Nebenintervenienten berührt (RS0035638). Im Allgemeinen wird ein rechtliches Interesse daher vorliegen, wenn durch das Obsiegen der Hauptpartei die Rechtslage des Dritten verbessert oder durch deren Unterliegen verschlechtert wird (RS0035724 [T3]). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn einem Dritten in einem Folgeprozess Regressansprüche als Folge des Prozessverlusts der Partei im Hauptprozess drohen (RS0106173 [T2]). Dabei reicht aus, wenn der Nebenintervenient einen zu befürchtenden Rückgriff plausibel darstellen kann. Die denkbaren rechtlichen Schritte in einem drohenden Regressprozess sind vom Nebenintervenienten nicht im Einzelnen konkret darzustellen (RS0035724 [T9]; RS0106173 [T5, T7]). Eine detaillierte Vorwegprüfung möglicher Regressansprüche hat im Streit um die Zulässigkeit des Beitritts als Nebenintervenient also nicht zu erfolgen (4 Ob 196/20g [ErwGr 2.]; 5 Ob 31/15t [ErwGr 2.]). Ein rechtliches Interesse ist vor allem dann zu bejahen, wenn dem Beitretenden die Geltendmachung von Regressansprüchen bereits in Aussicht gestellt wurde (4 Ob 196/20g [ErwGr 2.]; 6 Ob 88/17k). Schon die Gefahr der künftigen Inanspruchnahme im Wege eines Regressprozesses bildet also ein ausreichendes rechtliches Interesse für den Beitritt als Nebenintervenient. Bei ausdrücklicher Ankündigung von Regressansprüchen muss der Nebenintervenient jedenfalls mit der ernsthaften Möglichkeit seiner künftigen Inanspruchnahme rechnen. Hingegen kann von einem Beitretenden nicht erwartet werden, dass er in seinem Beitrittsschriftsatz auch die rechtlichen Grundlagen für die Geltendmachung von Regressansprüchen gegen sich substanziiert darlegt. Es genügt die ernsthafte Möglichkeit, dass solche Ansprüche erhoben werden (4 Ob 196/20g [ErwGr 2.]).

[24] 3.4. Der Oberste Gerichtshof hat bereits das Beitrittsvorbringen, für die Beklagte als Gehilfe (Subunternehmer) tätig geworden zu sein, für ausreichend erachtet, weil der Subunternehmer seinem Auftraggeber – der Beklagten – vertraglich grundsätzlich für Schäden aus einem allfälligen schuldhaften Fehlverhalten haftet und somit von einer – allfälligen – Regresspflicht des Nebenintervenienten gegenüber der Beklagten auszugehen ist (1 Ob 147/08m).

[25] In dem der Entscheidung 1 Ob 265/11v zugrunde liegenden Sachverhalt verkündete die dort beklagte Partei der Drittnebenintervenientin als ihrem Erfüllungsgehilfen und verantwortlichem Unternehmen für die ordnungsgemäße Durchführung der statischen Arbeiten den Streit. Dabei verwies sie auf Regressansprüche, die ihr gegen die Drittnebenintervenientin im Fall des Unterliegens im Prozess zustünden. Die Drittnebenintervenientin hatte den ihr von der dort beklagten Partei erteilten Auftrag zur Gänze an die Viertnebenintervenientin weitergegeben, die als Subunternehmerin bei diesem Bauprojekt sämtliche statischen Leistungen erbrachte. Der Oberste Gerichtshof billigte die Auffassung des Rekursgerichts, wonach das rechtliche Interesse der Viertnebenintervenientin am Beitritt in dieser Konstellation vorliege. Denn obsiege die dort beklagte Bauherrin in diesem Prozess, in dem unter anderem der Vorwurf einer fehlerhaften Statik geklärt werden sollte, bestehe auch keine auf die fehlerhafte Durchführung von Statikerleistungen gestützte Regresspflicht im Verhältnis zwischen Dritt- und Viertnebenintervenientin, was sich zweifellos auf die Rechtsposition der Subunternehmerin günstig auswirke.

[26] 3.5. Hier brachte die Nebenintervenientin zu ihrem rechtlichen Interesse am Beitritt vor, sie sei als Subunternehmerin und Erfüllungsgehilfin der h* mit der umfassenden Planung und Abwicklung der Arbeiten beim gegenständlichen Bauvorhaben einschließlich der Ausschreibungen (auch) der Leistungen der Klägerin und der örtlichen Bauaufsicht beauftragt gewesen. Ebenso sei es ihre Aufgabe gewesen, im Rahmen der öffentlichen Bauaufsicht auf begründete Anfragen der Klägerin rechtzeitig zu antworten und alles vorzukehren, was für eine effiziente Abwicklung des Bauvorhabens notwendig gewesen war.

[27] Dem Beitrittsvorbringen der Nebenintervenientin ist daher mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die h* den ihr von der Beklagten erteilten Auftrag betreffend die hier prozessgegenständlichen Tätigkeiten, deren Versäumung von der Klägerin behauptet und zur Rechtfertigung ihrer Rücktrittsansprüche herangezogen wird, zur Gänze an die Nebenintervenientin weitergegeben habe. Die Nebenintervenientin steht erkennbar (wie auch die Beklagte) auf dem Standpunkt, alle anstehenden Entscheidungen für den Fortgang des Bauprojekts getroffen und der Klägerin alle nötigen Informationen gegeben zu haben. Der Vertragsrücktritt der Klägerin und damit ihr daraus abgeleiteter Teil der Klagsforderung seien unberechtigt.

[28] Die Nebenintervenientin verwies auf Regressansprüche, die der Beklagten gegen die h* und in der Folge der h* gegen die Nebenintervenientin für den Fall zustünden, dass die Klägerin mit ihrem Standpunkt eines berechtigten Rücktritts wegen auftraggeberseitiger Versäumnisse durchdringen sollte. Die Beklagte habe der h* solche Regressansprüche in der Streitverkündung bereits angedroht. Nach dem insoweit nicht strittigen Vorbringen der Nebenintervenientin seien ihr solche Regressansprüche von der h* bereits angedroht worden.

[29] Damit hat die Nebenintervenientin jedenfalls betreffend jene Beträge, die nicht zu zahlen wären, wäre der Rücktritt der Klägerin unberechtigt erfolgt, ihr rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten ausreichend dargelegt. Obsiegt die Beklagte insoweit, bestünde auch keine auf Versäumnisse der Nebenintervenientin gestützte Regresspflicht im Verhältnis zwischen Nebenintervenientin und h*, was sich auf die Rechtssphäre der Nebenintervenientin günstig auswirken würde (vgl 1 Ob 265/11v).

[30] 4. Schon deshalb ist die Nebenintervention zuzulassen. Ob auch betreffend die behaupteten tatsächlich von der Klägerin erbrachten Leistungen ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Beklagten, insbesondere der Nebenintervenientin drohende Regressansprüche, ausreichend dargelegt wurden, ist nicht mehr relevant.

[31] 5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. An abgrenzbaren Kosten des Zwischenstreits (vgl 4 Ob 209/23y [ErwGr 4.]) zwischen der beitretenden Nebenintervenientin und der die Zulässigkeit des Beitritts bestreitenden Klägerin waren nur die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu berücksichtigen. Ein Streitgenossenzuschlag gebührt dabei schon mangels Parteienmehrheit nicht.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte