European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00047.15W.0428.000
Spruch:
1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richtet (Beschluss des Erstgerichts vom 10. 12. 2013), mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die darauf entfallenden Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
2. Im Übrigen wird dem außerordentlichen Revisionsrekurs Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichts wird, soweit er die Zurückweisung des Antrags gemäß § 40 Abs 1 MRG bestätigt, dahin abgeändert, dass er lautet:
„Der Beschluss des Erstgerichts vom 5. 11. 2013, GZ 49 MSch 18/13p‑4, wird ersatzlos behoben.
Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über den Antrag des Antragsgegners gemäß § 40 Abs 1 MRG unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.“
Die darauf entfallenden Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Mit Beschluss vom 5. 11. 2013 wies das Erstgericht den Antrag des Antragsgegners auf Entscheidung durch das Gericht nach § 40 Abs 1 MRG zurück. Dabei ging es davon aus, dass die (erkennbar) in Vertretung des Antragsgegners einschreitende I***** GmbH dem ihr erteilten Auftrag, binnen 14 Tagen die Hausverwaltervollmacht anzuschließen, nicht nachgekommen sei. Am 6. 11. 2013 langte beim Erstgericht ein laut Freistempel am 18. 10. 2013 zur Post gegebenes Schreiben ein, mit dem eine auf eine G***** KEG lautende Vollmacht vorgelegt wurde. Das Erstgericht wies die Einschreiterin darauf hin, dass es ihr frei stehe gegen den Beschluss vom 5. 11. 2013 Rekurs zu erheben.
Mit Beschluss vom 10. 12. 2013 wies das Erstgericht den von der Antragsgegnerin am 21. 11. 2013 zur Post gegeben Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, in dem darauf hingewiesen wurde, dass der aufgetragenen Verbesserung zeitgerecht entsprochen und die abgeforderte Vollmacht rechtzeitig zur Post gegeben worden sei. Seine Abweisung begründete das Erstgericht damit, dass der Antragsgegner ein Versäumen einer Prozesshandlung nicht vorgebracht habe.
Dagegen erhob der zwischenzeitig anwaltlich vertretene Antragsgegner Rekurs, in dem er geltend machte, dass seine Eingabe vom 21. 11. 2013 ungeachtet der Bezeichnung als Wiedereinsetzungsantrag richtig als Rekurs zu werten und ihm als Laie allenfalls dessen Verbesserung aufzutragen gewesen wäre. Zugleich holte er eine formgerechte Rekursausführung nach und beantragte, dass der Beschluss des Erstgerichts vom 10. 12. 2013 ersatzlos behoben und diesem die gesetzmäßige Vorgangsweise über seinen Antrag aufgetragen werde.
Das Rekursgericht wertete die Eingabe des Antragsgegners vom 21. 11. 2013 sowohl als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als auch als Rekurs gegen die Zurückweisung seines Antrags gemäß § 40 Abs 1 MRG und gab den dagegen erhobenen Rechtsmitteln nicht Folge. Ein Versäumen einer Prozesshandlung liege nicht vor, weswegen es an einer Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung mangle. Die Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrags anstelle einer Zurückweisung beschwere den Antragsgegner nicht. Was die Zurückweisung seines Antrags nach § 40 Abs 1 MRG anlange, treffe es zwar zu, dass entgegen der Ansicht des Erstgerichts die aufgetragene Verbesserung zwar rechtzeitig erfolgt sei, es liege jedoch keine inhaltliche Verbesserung vor. Als einschreitende Bevollmächtigte sei hinsichtlich des Antrags auf Entscheidung durch das Gericht eine I***** GmbH eingeschritten, demgegenüber laute die nachgereichte Vollmacht auf eine G***** KEG. Aufgrund des Firmenbuchauszugs und des im offenen Firmenbuch erliegenden Gesellschafts- und Einbringungsvertrags vom 25. 1. 2006 könne festgestellt werden, dass die GmbH am Tage des Notariatsakts errichtet worden sei und in Anrechnung auf ihre Stammeinlagen von den Gesellschaftern der seit mehr als 5 Jahren bestehende Betrieb der G***** KEG auf Grundlage der angeschlossenen Einbringungsbilanz zum Stichtag 31. 10. 2005 eingebracht worden sei, wobei dieser Betrieb bisher zu 70 % bzw zu 30 % im Eigentum der nunmehrigen Gesellschafter gestanden sei und diese für ihre Sacheinlagen eine Gegenleistung in Höhe der jeweils übernommenen Gesellschaftsanteile an der GmbH erhalten hätten. In der Folge sei der Firmenwortlaut der GmbH in I***** GmbH abgeändert worden. Ausgehend davon gelangte das Rekursgericht zur Auffassung, dass lediglich eine Einzelrechtsnachfolge der Einschreiterin gegenüber der ursprünglich bevollmächtigten G***** KEG vorliege.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Begehren, die Entscheidung im Ergebnis dahin abzuändern, dass dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde.
Die Antragstellerin beantragt in der ihr durch den Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekurs-beantwortung, dem Rechtsmittel des Antragsgegners nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, soweit er sich gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Antrags gemäß § 40 Abs 1 MRG richtet, weil dem Rekursgericht insoweit eine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist; er ist in diesem Umfang auch berechtigt. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Antragsgegners nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Im außerstreitigen Verfahren nach § 37
MRG sind wegen der mangelnden Formstrenge an die
Formulierung des Rechtsschutzantrags generell keine besonderen Anforderungen zu stellen (5 Ob 2135/96y; vgl auch 5 Ob 21/04f). Das gilt auch für die Formulierung des Rechtsmittelantrags (T. Klicka in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 37 MRG Rz 110). Es genügt, wenn der Rechtsmittelwerber klar zum Ausdruck bringt, wodurch er sich beschwert erachtet und welches Ziel er mit seinem Rechtsmittel anstrebt (5 Ob 12/96 wobl 1997, 43/5 [Vonkilch] = MietSlg 48.414/8).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Rekursgericht die Eingabe des Antragsgegners vom 21. 11. 2013 zutreffend als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und (rechtzeitigen) Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 5. 11. 2013, GZ 49 MSch 18/13p‑4, gewertet, mit dem dessen Antrag nach § 40 Abs 1 MRG zurückgewiesen wurde, und diesen Rekurs inhaltlich behandelt.
Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags durch das Erstgericht:
Die Anfechtung der Bestätigung der Ab‑ oder Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags (§ 21 AußStrG) ist im Außerstreitverfahren zwar nicht jedenfalls ausgeschlossen, sie ist aber nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegen (RIS‑Justiz RS0121841). Rechtsfragen von der in dieser Bestimmung angesprochenen Qualität macht der Antragsgegner in seinem Rechtsmittel nicht geltend, sodass es in diesem Umfang zurückzuweisen ist.
Einer weiteren Begründung bedarf es insoweit nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Zur Zurückweisung der Anrufung des Gerichts:
1. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts gelangte das Rekursgericht zur Überzeugung, dass der Antragsgegner dem Verbesserungsauftrag rechtzeitig Folge leistete. Dieser Auffassung kann der Oberste Gerichtshof nach der Aktenlage nicht entgegen treten. Die Beurteilung, dass mit der Vorlage der auf die G***** KEG lautenden Vollmacht dem Verbesserungsauftrag inhaltlich nicht entsprochen worden wäre, kann auf Basis der vom Rekursgericht ergänzten Feststellungen nicht gefolgt werden.
2. Zutreffend verweist das Rekursgericht darauf, dass die Einbringung eines Betriebs in eine GmbH grundsätzlich zur Einzelrechtsnachfolge und nicht zu einer Universalsukzession führt; die einzelnen Vermögensgegenstände und Rechte der Personengesellschaft gehen in einem solchen Fall durch Einzelübertragung auf die Kapitalgesellschaft über (vgl RIS‑Justiz RS0108514; RS0049501; 3 Ob 217/06t; 6 Ob 160/13t; Dellinger in Zib/Dellinger, UGB § 38 Rz 25; Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 10 Rz 14; Koppensteiner/Auer in Straube, UGB I4 § 142 Rz 8). Bei Einzelübertragung der Vermögenswerte auf die neue Gesellschaft geht die Gesellschaft, deren Vermögen übertragen wird, nicht unter. Es bedarf dazu einer separaten Auflösung und daran anschließenden Liquidation (6 Ob 160/13t).
3. Der Oberste Gerichtshof hat zu 2 Ob 54/00f (RdW 2000/382, 417 [P. Burgstaller] = GesRZ 2000, 167 = ecolex 2000/209, 513 [Fantur] = EvBl 2000/154, 680 = SZ 73/50 = wbl 2000/257, 379) ‑ zusammengefasst - ausgesprochen, dass es dann, wenn sämtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft alle ihre Anteile einer Kapitalgesellschaft übertragen (Einbringung aller Mitunternehmeranteile), zu einem Anwachsen nach § 142 HGB (nunmehr § 142 UGB) und damit auch zu einer Universalsukzession der Kapitalgesellschaft kommt. Nach der Entscheidung 4 Ob 78/01a (SZ 74/122 = MietSlg 53.397/25) findet § 142 HGB (§ 142 UGB) auch dann Anwendung, wenn das Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft und der Eintritt desjenigen, auf den das Unternehmen der Personenhandelsgesellschaft zum Zwecke der Fortführung als Einzelunternehmen vereinbarungsgemäß übergehen soll, gleichzeitig erfolgen.
4. Zwar ist die Bestimmung des § 142 UGB nicht zwingend, sodass der Gesellschaftsvertrag davon abweichende Regelungen enthalten und etwa das Übernahmerecht überhaupt ausgeschlossen sein kann (vgl RIS‑Justiz RS0061940); es können im Gesellschaftsvertrag auch zusätzlich zur gesetzlichen Regelung oder neben dieser für bestimmte Fälle Aufgriffsrechte aller oder nur einzelner Gesellschafter unabhängig von den Voraussetzungen des § 142 UGB vereinbart werden (zu § 142 HGB: 6 Ob 1549/90 mwN). Andererseits kann das in § 142 Abs 1 UGB geregelte Übernahmerecht nach Lehre und Rechtsprechung im Gesellschaftsvertrag aber auch auf sonstige Fälle der Auflösung einer Zweipersonengesellschaft erstreckt werden (5 Ob 204/06w = immolex 2006/36, 82 [Oppolzer] = wobl 2006/33, 103 [Bittner/Call] = NZ 2006, 121 [Hoyer, NZ 2006, 127]; 5 Ob 179/07w; RIS‑Justiz RS0062054).
5. Bei der Frage, ob eine „Betriebsübernahme“ oder eine Anteilsübertragung zur Unternehmensfortsetzung vorliegt, handelt es sich letztlich um eine Auslegung des Gesellschafts‑ und Einbringungsvertrags vom 25. 1. 2006, den das Rekursgericht seinen ergänzten Feststellungen zugrunde legte. Berücksichtigt man dabei, dass die Errichtung der GmbH nach dessen Punkt 1. ausschließlich zum Zweck der Fortführung der seit mehr als fünf Jahren bestehenden Kommandit‑Erwerbsgesellschaft erfolgte und nach Punkt 5. die beiden Gesellschafter der G***** KEG ihren Anteil jeweils zur Gänze als Sacheinlage der GmbH übertragen haben, kann nicht mehr zweifelhaft sein, dass der in diesem Vertragspunkt verwendete Begriff „Betrieb“ hier als Synonym für den jeweiligen Anteil der Personengesellschafter verstanden werden muss.
6. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts haben hier die beiden Gesellschafter der KEG eine GmbH unter Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile an der KEG gegründet, wodurch die GmbH alle Anteile an der Personengesellschaft erworben hat und die Personengesellschaft infolge Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand erloschen ist. Damit ist das Vermögen der KEG analog § 142 HGB (nunmehr § 142 UGB) der GmbH angewachsen und deren Universalsukzession eingetreten (vgl 2 Ob 54/00f; 5 Ob 179/07w).
7. § 1023 ABGB sieht bei Erlöschen, also bei Vollbeendigung einer juristischen Person für Auftrag und Vollmacht grundsätzlich dieselben Folgen wie § 1022 ABGB für den Tod natürlicher Personen vor (P. Bydlinski in KBB4 § 1023 ABGB Rz 1). Danach führt der Tod der beauftragten natürlichen Person nur dann zur Auflösung des Auftrags‑ bzw Vollmachtsverhältnisses, wenn für die Auftragsausführung eine höchstpersönliche Leistung durch den Beauftragten bedeutsam ist. Hingegen geht der Auftrag auf den Erben des Beauftragten über, wenn es für die Auftragsausführung nicht auf dessen persönliche Tätigkeit, sondern auf den Einsatz der Ressourcen seines Unternehmens ankommt (Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 § 1022 Rz 27; Zollner, Zur Höchstpersönlichkeit der Stiftungsprüfung, PSR 2012/45; RIS‑Justiz RS0019921). Handelt es sich daher bei der vom Gewalthaber zu erbringenden Leistung nicht um eine höchstpersönliche, wie dies bei berufsmäßigen Hausverwaltern regelmäßig der Fall ist (vgl 3 Ob 573/84), ist davon auszugehen, dass das Auftrags‑ bzw Vollmachtsverhältnis bei Gesamtrechtsnachfolge und dem damit verbundenen Erlöschen ‑ hier der Personengesellschaft ‑ nicht automatisch aufgelöst wurde, sondern fortbesteht. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist die GmbH dem Auftrag zum Nachweis der Berechtigung ihres Einschreitens namens des Antragsgegners auch inhaltlich nachgekommen.
Dem Revisionsrekurs, soweit er sich gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Antrags gemäß § 40 Abs 1 MRG durch das Rekursgericht richtet, ist daher Folge zu geben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über die Anrufung des Gerichts durch den Antragsgegner aufzutragen.
Da die Antragstellerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gemäß Punkt 1. nicht hingewiesen hat, hat sie die darauf entfallenden Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen (vgl RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962). Im Übrigen war wegen der Aufhebung ein Kostenvorbehalt auszusprechen (RIS‑Justiz RS0123011).
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