European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00030.25K.0402.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Unter Vorlage eines Schenkungsvertrags vom 14. 7. 2021, abgeschlossen zwischen ihm und der damaligen Liegenschaftseigentümerin, deren Sterbeurkunde vom 28. 12. 2023, zweier Bestätigungen nach dem Tiroler GVG sowie weiterer Personaldokumente beantragte (nur) der Antragsteller die Einverleibung seines Eigentumsrechts ob der der Liegenschaft(‑santeile) der zwischenzeitig verstorbenen Eigentümerin.
[2] Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung und stellte den Beschluss antragsgemäß dem Vertreter des Antragstellers, dem Finanzamt K*, dem Stadtamt K* und dem Bezirksgericht Salzburg zum dort zur AZ 3 A 226/23i behängenden Verlassenschaftsverfahren nach der Liegenschaftseigentümerin zu. Diese Zustellung erfolgt am 5. bzw 9. 2. 2024. Eine Zustellung an einen Vertreter der Verlassenschaft wurde weder beantragt noch in die Zustellverfügung aufgenommen.
[3] Tatsächlich hatte der Antragsteller – was für das Grundbuchsgericht nicht aktenkundig war – im Verlassenschaftsverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits die unbedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass der verstorbenen Liegenschaftseigentümerin aufgrund eines Testaments vom 9. 3. 2022 abgegeben. Aufgrund einer mit Schreiben vom 20. 2. 2024 auf Basis eines früheren Testaments abgegebenen widerstreitenden Erbantrittserklärung bestellte das Verlassenschaftsgericht mit Beschluss vom 7. 5. 2024 einen Rechtsanwalt zum Verlassenschaftskurator und beauftragte diesen mit der rechtlichen Prüfung und Vertretung des Nachlasses im Zusammenhang mit der Erhebung einer Löschungsklage nach § 62 GBG hinsichtlich der mit Schenkungsvertrag vom 14. 7. 2021 an den Antragsteller geschenkten Liegenschaft(‑santeile) wegen Nichtigkeit dieser Schenkungen mangels Geschäftsfähigkeit der Geschenkgeberin. Mit Beschluss des Abhandlungsgerichts vom 6. 6. 2024 wurde dessen Wirkungskreis um die Vertretung der Verlassenschaft im Zusammenhang mit der Verbücherung hinsichtlich der Liegenschaft(‑santeile) insbesondere durch Stellung eines Antrags beim Grundbuchsgericht auf Zustellung des Grundbuchsbeschlusses, Entgegennahme desselben und Erhebung eines Rekurses gegen die Einverleibung eines Eigentumsrechts für den Geschenknehmer, hilfsweise Erhebung einer Löschungsklage nach § 62 GBG infolge Nichtigkeit der Schenkung mangels Geschäftsfähigkeit der Geschenkgeberin, erweitert.
[4] Auf Basis dieses Beschlusses beantragte der Verlassenschaftskurator am 13. 6. 2024 die Zustellung des Bewilligungsbeschlusses des Erstgerichts, die am 18. 6. 2024 erfolgte.
[5] Dem gegen diesen Beschluss vom Verlassenschaftskurator namens der Verlassenschaft am 1. 7. 2024 eingebrachten Rekurs gab das Rekursgericht Folge und wies das Einverleibungsbegehren ab. Es ging von der Rechtzeitigkeit des Rekurses aus. Eine wirksame Zustellung an die Verlassenschaft (durch tatsächliche Empfangnahme des Beschlusses seitens des Antragstellers als erbantrittserklärten Erben) sei nicht erfolgt, weil eine Kollision im formellen und materiellen Sinn vorgelegen sei. Der Antragsteller könne nicht einerseits als gesetzlicher Vertreter der Verlassenschaft deren Interessen als ihr Eigentum aufgebende und andererseits Eigeninteressen als dieses Eigentum erwerbende Partei vertreten. Inhaltlich ging das Rekursgericht davon aus, aufgrund des zeitlichen Konnexes zwischen dem bereits im März 2021 eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters und dem Schenkungsvertrag vom 14. 7. 2021 bestünden Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG gegen die persönliche Fähigkeit der einverleibten Liegenschaftseigentümerin.
[6] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 30.000 EUR übersteigend. Den Revisionsrekurs ließ es mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[8] 1. Der Revisionsrekurswerber vermisst höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Rechtswirksamkeit gerichtlicher Zustellungen an den gemäß § 810 Abs 1 ABGB die Verlassenschaft vertretenden erbantrittserklärten Erben vor Abgabe widerstreitender Erbantrittserklärungen und wirft dem Rekursgericht vor, hinsichtlich der Annahme einer Kollision von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgegangen zu sein. Erhebliche Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG zeigt er damit im Ergebnis aber nicht auf.
[9] 2. Gemäß § 119 Abs 1 Z 1 GBG war von der Erledigung des (stattgebenden) Grundbuchsgesuchs neben dem Antragsteller auch derjenige zu verständigen, auf dessen Eigentum ein bücherliches Recht erworben wird oder dessen bücherliche Rechte abgetreten, belastet, beschränkt oder aufgehoben werden, oder gegen den eine grundbücherliche Anmerkung erfolgt. Zwar lässt sich aus § 119 GBG grundsätzlich kein Rückschluss auf die Parteistellung an sich ziehen (Kodek in Kodek Grundbuchsrecht2 § 119 GBG Rz 3). Allerdings sind im Grundbuchsverfahren nach ständiger Rechtsprechung (RS0006710) jedenfalls die Personen Partei, die in ihren grundbücherlichen Rechten durch eine Entscheidung des Grundbuchsgerichts beeinträchtigt werden können. Unabhängig von der im § 119 Abs 1 Z 1 GBG normierten Verständigungspflicht kam hier der Verlassenschaft nach der verstorbenen Liegenschaftseigentümerin jedenfalls Parteistellung im Grundbuchsverfahren über eine Einverleibung in Bezug auf ihre Liegenschaft(‑santeile) zu, sodass ihr jedenfalls zuzustellen gewesen wäre.
[10] 3. Diese gebotene Zustellung an die Verlassenschaft (bzw ihren gesetzlichen Vertreter) wurde weder beantragt noch in der Zustellverfügung verfügt. Dass das Grundbuchsgericht – dem Antrag folgend – eine Zustellung zum Verlassenschaftsakt des Bezirksgerichts Salzburg veranlasste, diente offensichtlich nur Informationszwecken, zumal das Bezirksgericht Salzburg nicht Vertreter der Verlassenschaft sein kann. Abgesehen davon, dass die Abgabe der Erbantrittserklärung durch den Antragsteller im Verlassenschaftsverfahren für das Grundbuchsgericht damals nicht aktenkundig war, fehlte es auch an einer Verfügung der Zustellung des Beschlusses an ihn in seiner Funktion als erbantrittserklärten Erben.
[11] 4. Dass der Vertreter des Antragstellers im Grundbuchsverfahren nicht nur in dieser Funktion einschreiten hätte wollen, sondern auch von der Verlassenschaft bevollmächtigt gewesen wäre, ergibt sich weder aus dem Antrag noch aus der Aktenlage.
[12] 5. Abgesehen davon, dass im Grundbuchsverfahren selbst gerichtskundige Tatsachen nur in sehr eingeschränktem Umfang zu berücksichtigen wären (RS0040040 [T3]), sodass es nicht einmal ausreicht, wenn Tatsachen ohne Weiteres aus den Akten desselben Gerichts zu ersehen sind, wurden das Verlassenschafts‑und das Erwachsenenschutzverfahren hier gar nicht beim Erstgericht geführt. Dafür, dass das Grundbuchsgericht mit der beantragten und von ihm verfügten Zustellung an den Antragstellervertreter diesem auch in der Funktion als Machthaber aufgrund einer Vollmacht der Verlassenschaft (vertreten durch die Antragsteller) zustellen hätte wollen (vgl RS0060571), fehlt somit jede Grundlage im Akteninhalt. Auszugehen ist vielmehr davon, dass eine Zustellung an die Verlassenschaft tatsächlich nicht verfügt wurde und daher zunächst auch nicht erfolgte.
[13] 6. Im Grundbuchsverfahren ist der „Verteiler“, also die gerichtliche Anordnung, an wen die Entscheidung zuzustellen ist, Teil des Beschlusses (§ 118 GBG; Rassi, Grundbuchsrecht2 Rz 406). Die Zustellung ist ein rechtlich geregeltes Verfahren, das aus zwei rechtlich zu unterscheidenden Akten, der Zustellverfügung und dem eigentlichen Zustellvorgang, besteht. Die Zustellverfügung ist von der Behörde zu treffen und hat den Empfänger zu nennen (RS0083644). Für die Wirksamkeit einer Zustellung ist es erforderlich, dass sowohl in der Zustellverfügung der Behörde als auch auf dem Zustellstück selbst der nach dem jeweils anzuwendenden Verfahrensrecht richtige Empfänger genannt ist (RS0083644 [T1]). Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann nicht heilen (RS0121448; 5 Ob 149/15w). Empfänger iSd § 7 ZustG ist nämlich nicht die Person, für die das Dokument „bestimmt“ ist, sondern jene Person, an die es die Behörde gerichtet hat, die somit in der Zustellverfügung von ihr als Empfänger angegeben worden ist.
[14] 7. Formeller Empfänger des einer nicht prozessfähigen Person zuzustellenden Schriftstücks ist der gesetzliche Vertreter; wird irrtümlich der Vertreter nur als Empfänger bezeichnet, wäre eine Zustellung an diesen nicht wirksam (RS0121448 [T2]). Einer Erörterung der Anwendbarkeit der Heilungsregel des § 9 Abs 3 Satz 2 ZustG (idF BGBl I 2008/5), die danngelten würde, wenn in der Zustellverfügung nicht der Zustellungsbevollmächtigte, sondern der Vertretene selbst bezeichnet wird, und vorsieht, dass die Zustellung des Schriftstücks in jenem Zeitpunkt als bewirkt gilt, in dem es dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist, und die auch auf gesetzliche Vertreter angewendet wird (vgl 5 Ob 179/17k), ist hier entbehrlich, weil auch die Vertretene selbst (also die Verlassenschaft) nicht in der Zustellverfügung genannt wurde.
[15] 8. Hierfehlte es somit an einer Zustellverfügung an die Verlassenschaft zu Handen ihres Vertreters im erstinstanzlichen Grundbuchsbeschluss. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (RS0083711) setzt aber jede Heilung eines Zustellmangels iSd § 7 ZustG (von der die Argumentation des Revisionsrekurses offenbar ausgeht) voraus, dass derjenige, dem die Sendung schließlichtatsächlich zugekommen ist, in der gerichtlichen Zustellverfügung ausdrücklich als Empfänger benannt war (5 Ob 149/15w). Dass die Nennung des Verlassenschaftsgerichts dafür ebensowenig ausreicht wie die des Antragstellervertreters, wurde bereits erörtert. Eine Heilung des Zustellmangels durch tatsächliches Zukommen des Grundbuchsbeschlusses an den Antragsteller in seiner Funktion als erbantrittserklärten Erben nach der vormaligen Liegenschaftseigentümerin konnte daher schon mangels einer entsprechenden Zustellverfügung nicht eintreten. Der Rekurs des Kurators war damit jedenfalls rechtzeitig.
[16] 9. Auf die Frage, ob zu dem Zeitpunkt, als die widerstreitende Erbantrittserklärung noch nicht abgegeben war, im Sinn der Beurteilung des Rekursgerichts von einer Kollision im materiellen und formellen Sinn auszugehen und demgemäß ein Kurator zu bestellen gewesen wäre, kommt es daher nicht mehr an. Auch die behauptete Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung in Bezug auf die Vertretungsbefugnis des alleinigen erbantrittserklärten Erben ist aus diesem Grund nicht näher zu erörtern.
[17] 10. Die inhaltliche Beurteilung des Rekursgerichts in Bezug auf die hier vorliegenden Zweifel an der ausreichenden Entscheidungsfähigkeit der Geschenkgeberin iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG stellt der Revisionsrekurs nicht mehr in Frage.
[18] 11. Damit ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne, dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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