OGH 5Ob276/08m

OGH5Ob276/08m13.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leo S*****, vertreten durch o. Univ.-Prof. Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl und Mag. Klaus F. Lughofer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. Johann F*****, und 2. Johann F*****, beide vertreten durch Dr. Hans-Jörg Haftner, Dr. Peter Schobel, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 35.147,77 EUR und Feststellung (Gesamtstreitwert: 40.147,77 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2008, GZ 11 R 36/08g-17, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Klägers wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Welche Sicherungsmaßnahmen einem Gastwirt und einem Konzertveranstalter hinsichtlich eines nicht allgemein zugänglichen Gangs im „Backstagebereich" in den Morgenstunden nach einer Konzertveranstaltung obliegen bzw welche Vorkehrungen zumutbar sind, um zu verhindern, dass ein Mitarbeiter einer Konzerttruppe gegen 5:00 Uhr morgens bei ausgeschaltetem Licht im Gang nicht über ein Hindernis stürzt, ist eine typische Frage des Einzelfalls, weil konkrete Umstände von Zeit, Ort und handelnden Personen im Vordergrund stehen. Von einer erheblichen Fehlbeurteilung abgesehen liegt keine Frage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor, wenn das Berufungsgericht die Rechtsprechung zu Inhalt und Umfang von Verkehrssicherungspflichten, insbesondere zu deren Beschränkung bei Erkennbarkeit der Gefahr beachtet hat (vgl RIS-Justiz RS0114360; RS0023726; RS0023430; RS0023787). Die Erkennbarkeit der Gefahr bezieht sich im konkreten Fall nicht auf die Erkennbarkeit des Hindernisses, sondern auf den Umstand, dass der Gang unbeleuchtet war, was aber - den Feststellungen zufolge - der Erkennbarkeit des Fußbodens und allfälliger Hindernisse keinen Abbruch tat. Das Berufungsgericht hat auch in Betracht gezogen, dass sich eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht dann ergeben kann, wenn mit alkoholbedingter Beeinträchtigung von Verkehrsteilnehmern zu rechnen ist (vgl RIS-Justiz RS0103156; RS0023819). Abgesehen davon, dass der Kläger selbst seine Alkoholisierung im Unfallszeitpunkt verneint hat, rechtfertigen es die Feststellungen auch nicht, von einem auffällig hohen Alkoholkonsum des Klägers auszugehen.

Auf die geltend gemachte Verletzung der NÖ Bautechnik-Verordnung als Schutzgesetz kommt es nicht an, weil die dort geregelte Sicherheitsbeleuchtung nur für Bauwerke mit größeren Menschenansammlungen im Sinn des § 137 Abs 1 vorgeschrieben ist (§ 142 NÖ Bautechnik-Verordnung). Bei dem - wie den Feststellungen entnommen werden kann - nicht allgemein zugänglichen Gang im „Backstagebereich" steht nicht fest, dass es sich um ein solches Bauwerk handelte; es fehlt auch ein Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren, das die Geltung dieser Schutznorm annehmen ließe (vgl RIS-Justiz RS0112234; RS0027425 [T2]). Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Zu einem Vorgehen nach § 473a ZPO ist das Berufungsgericht nur verpflichtet, wenn sich die Rechtsrüge des Berufungswerbers auf eine „verborgene" Feststellung gründet. Wenn sich die Rechtsrüge ausdrücklich auf Feststellungen des Erstgerichts stützt, ist der Berufungsgegner auch so dazu verhalten, ihm nachteilige Feststellungen gemäß § 468 Abs 2 ZPO zu rügen (vgl RIS-Justiz RS0112020; RS0113473). Welche konkreten Feststellungen des Erstgerichts der Kläger darüber hinaus konkret hätte rügen wollen, ist nicht erkennbar.

Die Eignung der der außerordentlichen Revision kommentarlos angeschlossenen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Tulln/Fachgebiet Anlagerecht zur Dartuung eines nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßenden Umstands lässt sich nicht erkennen, sodass auf deren Inhalt nicht einzugehen ist.

Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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