OGH 5Ob212/15k

OGH5Ob212/15k30.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Prof. P* T* und 2. I* C* B*, beide *, beide vertreten durch Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegner 1. C* P*, 2. H* B*, 3. Dr. U* H*, 4. Mag. W* P*, 5. W* E*, 6. Ing. H* P*, 7. H* Gemeinnützige Wohnungs‑ und Siedlungs GmbH, *, 8. Dr. S* Z*, vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in Salzburg, 9. Dr. B* A* und 10. I* A*, beide unbekannte Anschrift, 11. A* K*, 12. E* B*, 13. A* M* B*, wegen §§ 16 Abs 2, 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 2. September 2015, GZ 22 R 240/15w‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E113003

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Antragsteller meinen, die von ihnen angestrebte Baumaßnahme (Errichtung eines „Balkonturmanbaus“) führe zu keiner Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer iSd § 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002. Die Frage, ob eine solche Beeinträchtigung vorliegt, hat aber das Rekursgericht ohnehin nicht bejaht, sondern ausdrücklich offen gelassen, sodass sich insoweit keine erhebliche Rechtsfrage stellt.

2. Ob die Verglasung einer Loggia oder eines Balkons (generell) als verkehrsüblich anzusehen ist, wie dies die Antragsteller vertreten, kann dahin stehen, weil die Antragsteller keine solche Baumaßnahme, sondern einen damit nicht vergleichbaren „Balkonturmanbau“ anstreben, mit dem erst die bisher bestehende Außenhaut des Gebäudes durchbrochen und besagter Anbau angebracht werden soll.

3. Am Gebäude besteht zwar bereits ein Balkonanbau, von dem allerdings nicht bekannt ist, ob der errichtende Wohnungseigentümer dafür die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder die gerichtliche Genehmigung erlangt hat. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen keine Verkehrsüblichkeit einer solchen Baumaßnahme angenommen hat, dann ist diese Beurteilung weder unvertretbar noch steht sie in Widerspruch zu höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl 5 Ob 98/11i).

4.1. Zum „wichtigen Interesse“ des Wohnungseigentümers an einer Änderung seines Objekts iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 (§ 13 Abs 2 Z 2 WEG 1975) liegt bereits eine umfangreiche Judikatur des erkennenden Senats vor (vgl RIS‑Justiz RS0083240; RS0083378; RS0083341; RS0083345; RS0083356; RS0083233; RS0106050; RS0108579; RS0110977). Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 kommt es demnach besonders darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen (vgl etwa 5 Ob 150/14s; 5 Ob 70/11x; RIS‑Justiz RS0083341 [T18]; RS0083345 [T16]).

4.2. Dass die Wohnung der Antragsteller ohne die angestrebte Baumaßnahme ein mit heutigen Standards nicht (mehr) vereinbares Belüftungsdefizit aufweise, kann selbst den Ausführungen im Revisionsrekurs nicht konkret entnommen werden.

4.3. Wenn das Rekursgericht im Ergebnis davon ausgegangen ist, dass eine Wohnung mit einer Wohnfläche von ca 110 m² für eine dreiköpfige Familie mit dem Wunsch nach „Familienerweiterung“ auch ohne Balkonanbau eine heutigen Standards entsprechende Nutzung erlaubt, ist das ebenfalls keine als unvertretbar aufzugreifende Rechtsansicht.

5. Insgesamt lässt sich die Zulässigkeit einer Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG jedenfalls nicht grundsätzlich bejahen oder verneinen. Es kommt dabei auf die Umstände des Einzelfalls an, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind (RIS‑Justiz RS0083309; vgl RS0109643). Dabei ist den Vorinstanzen ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt (vgl 5 Ob 63/08p mwN; 5 Ob 39/15v). Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich daher insgesamt nicht. Der Revisionsrekurs ist somit unzulässig und zurückzuweisen.

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