OGH 5Ob39/15v

OGH5Ob39/15v24.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. DI Theodor D*, 2. Eva‑Maria K*, 3. Dr. Sabina K*, 4. Harald T*, 5. Helene B*, alle vertreten durch Hawel‑Eypteltauer‑Gigleitner & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * GB * als Antragsgegner, darunter 12. Renate Z*, 14. Erwin F*, 15. Victoria F*, alle * und vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen § 16 Abs 2, § 52 Abs 1 Z 2 WEG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 20. August 2014, GZ 14 R 25/14s‑12, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Urfahr vom 18. Oktober 2013, GZ 17 Msch 6/13w‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E111120

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller sind schuldig, den Zwölft‑, Vierzehnt‑ und Fünfzehntantragsgegnern binnen 14 Tagen die mit 501,55 EUR (darin enthalten 83,59 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist entgegen dem nach § 71 Abs 1 AußStrG iVm § 52 Abs 2 WEG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

2. Zu den in § 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002 geforderten negativen Voraussetzungen für die geplante Maßnahme müssen kumulativ auch die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 erfüllt sein: Die geplante Maßnahme muss entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (RIS‑Justiz RS0083233). Die Zulässigkeit einer Änderung eines Wohnungs-eigentumsobjekts iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 lässt sich nicht grundsätzlich bejahen oder verneinen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind (RIS‑Justiz RS0083309; vgl RS0109643). Dabei ist dem Rechtsanwender ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt (5 Ob 63/08p mwN). Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3. Umstritten ist die Entfernung der Balkonbrüstungen bei mehreren Wohnungseigentumsobjekten, die im Erdgeschoß liegen. Der Wunsch der betroffenen Wohnungseigentümer, dadurch den Lichteinfall zu erhöhen und den Zugang zu einer allgemeinen Grünfläche sowie die nutzbare Freifläche zu verbreitern, ist durchaus verständlich. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reichen aber bloße Zweckmäßigkeitserwägungen und eine Steigerung des Wohnwerts einer Wohnung für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht aus (5 Ob 98/11i [Dachterrasse] mwN). Entscheidend ist, ob ein Wohnungseigentümer ohne Änderung sein Objekt nicht mehr dem heute üblichen Standard entsprechend nutzen kann (RIS‑Justiz RS0083341 [T18]; RS0083345 [T16]). In einer Ausstattung mit (sichtschutz‑)verglasten Balkonbrüstungen, die über eine Tür ohnehin bereits den Zugang zur Grünfläche ermöglichten, ist (im Vergleich zum gewünschten Zustand) keine wesentliche Beeinträchtigung der Nutzung von Erdgeschoßwohnungen zu erkennen. Für die Verkehrsüblichkeit der Änderung kommt es nicht auf eine ganz allgemeine, generalisierende Betrachtung einer vom Standort abstrahierenden Baupraxis an. Die Änderung ist insbesondere an der Beschaffenheit des Hauses und dessen Umfeld zu messen (vgl 5 Ob 137/12a mwN). Dass in der betroffenen Wohnanlage selbst sowie bei vergleichbaren Objekten in nächster Umgebung sämtliche Erdgeschoßwohnungen standardmäßig nicht mit Balkonbrüstungen ausgestattet sind, behaupten nicht einmal die Revisionsrekurswerber.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG 2002. Die Antragsgegner haben in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS‑Justiz RS0122294 [T1]). Die Bemessungsgrundlage beträgt nach § 10 Z 3 lit b sub lit bb RATG 2.500 EUR. Überdies sind nur 60 % Einheitssatz (vgl § 23 Abs 9 RATG) zuzusprechen.

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