OGH 5Ob179/21s

OGH5Ob179/21s16.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin C*, vertreten durch Mag. Friedrich Poppmeier, Rechtsanwalt in St. Paul, gegen den Antragsgegner R*, vertreten durch Neulinger Mitrofanova Čeović Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Benützungsregelung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Teilbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Juli 2021, GZ 39 R 145/21v‑87, mit dem der Teil‑ und Teilzwischenbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 26. November 2018, GZ 57 MSch 23/16v‑82, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00179.21S.1216.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

1. Aus Anlass des Revisionsrekurses werden die Entscheidungen der Vorinstanzen über den Punkt 1. des Hauptantrags (Spruchpunkte 1 und 2 des Erstgerichts) einschließlich des vorangegangenen Verfahrens ab der Entscheidung des Rekursgerichts im ersten Rechtsgang vom 10. 6. 2019 als nichtig aufgehoben. Der Sachantrag wird in diesem Umfang zurückgewiesen.

2. Aus Anlass des Revisionsrekurses wird auch der Eventualantrag zurückgewiesen.

3. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er den Antrag auf Zahlung eines vorläufigen Benutzungsentgelts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Benützungsregelung betrifft.

4. Die Kostenentscheidung bleibt bis zur rechtskräftigen Erledigung der Sache vorbehalten.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin ist aufgrund des Kaufvertrags vom 27. 6. 2013 Eigentümerin von 201/384 (BlNr 11) und von 61/128 (BlNr 12) Anteilen einer Liegenschaft und damit Alleineigentümerin. Ob dem Anteil BlNr 11 ist ein Fruchtgenussrecht für den Antragsgegner intabuliert. Dieses Fruchtgenussrecht wurde dem Antragsgegner von seiner Mutter – damals Miteigentümerin – im Jahr 1995 mit Schenkungsvertrag eingeräumt. Die zu BlNr 11 einverleibten ideellen 201/384 (mit dem Fruchtgenussrecht belasteten) Anteile entsprechen 52,35 %, die restlichen Anteile 47,65 %.

[2] Die Antragstellerin kaufte die Liegenschaft von der damaligen Alleineigentümerin. Ihr Eigentumsrecht wurde im September 2013 im Grundbuch einverleibt. Sie wusste beim Erwerb vom Fruchtgenussrecht, vom sanierungsbedürftigen Zustand des Kaufgegenstands und vom Leerstehen etlicher Wohnungen. Vermietet waren und sind die Wohnungen Nr 3, 6, 7, 8, 10 und 11 sowie das Magazin 2, was 907 m² der Gesamtnutzfläche von 1.497,40 m² (zumindest rund 60,5 %) entspricht. Die daraus resultierenden Mieteinnahmen kommen zu 52,35 % dem Antragsgegner und zu 47,65 % der Antragstellerin zu. Die Betriebskosten des gesamten Hauses werden ebenfalls in diesem Verhältnis von den Parteien getragen. Sämtliche Mietverhältnisse wurden zwischen 1951 und 1993 begründet.

[3] Unvermietet waren und sind die Wohnungen Nr 1, 2, 4, 5 und 9 mit einer Nutzfläche von insgesamt 558,40 m² (37,3 % der Gesamtnutzfläche).

[4] Die Antragstellerin möchte das gesamte Haus renovieren. Sie ist auch bereit, in die Renovierung zu investieren, um die Substanz des Hauses zu erhalten und zu verbessern. Der Antragsgegner sträubt sich gegen sämtliche Vorschläge und ist für die Antragstellerin nicht erreichbar. Ein Beschluss über eine Benützungsregelung oder über Sanierungsarbeiten konnte deshalb nicht gefasst werden und liegt bis dato nicht vor.

[5] Die Antragstellerin hat seit dem Jahr 2013 zahlreiche Versuche unternommen, den Antragsgegner zu erreichen. Der Antragsgegner wechselte seine Postadressen mehrfach, er reagierte auch auf E‑Mails der Antragstellerin nicht. Auch über die vom Antragsgegner bestellte Hausverwalterin konnte die Antragstellerin keinen Kontakt herstellen. Erst in der Gerichtsverhandlung am 23. 3. 2018 trafen der Geschäftsführer der Antragstellerin und der Antragsgegner einander. Vergleichsgespräche wurden geführt; die Vorschläge vom Antragsgegner jedoch abgelehnt. Zum darauffolgenden Termin am 7. 6. 2018 erschien der Antragsgegner nicht. Am 27. 1. 2020 wurden noch ein Mal Vergleichsgespräche geführt. Die Parteien kamen überein, dass die Antragstellerin einen schriftlichen Vergleichsvorschlag übermitteln werde, auf diesen reagierte der Antragsgegner nicht.

[6] Die Hausverwalterin hatte mit dem Antragsgegner vereinbart, dass sie auch zum Abschluss von Mietverträgen berechtigt ist, dies nach Absprache mit ihm. Ohne Zustimmung des Antragsgegners schließt die Hausverwalterin keine neuen Mietverträge ab. Auch wenn die Antragstellerin Mieter vorschlägt, schließt die Hausverwaltung ohne Zustimmung des Antragsgegner keinen Mietvertrag ab. Bisher war es nicht möglich, vom Antragsgegner eine solche Zustimmung zu bekommen. Der Antragstellerin war es daher nicht möglich, die leer stehenden Objekte zu vermieten. Die Hausverwalterin selbst hat nur sporadischen – teilweise nur ein oder zwei Mal jährlich – Kontakt mit dem Antragsgegner; ihr ist es auch nicht möglich, öfters Kontakt aufzunehmen.

[7] Mit ihrem zunächst als Klage eingebrachten Sachantrag begehrte die Antragstellerin die Einwilligung des Antragsgegners in eine Benützungsregelung, welche der Antragstellerin die unvermieteten Wohnungen Nr 1, 2, 4, 5 und 9 sowie das Magazin Nr 1 und den Dachboden zur alleinigen Nutzung und dem Recht zur alleinigen Verwaltung, die vermieteten Wohnungen Nr 3, 6, 7, 8, 10, 11 und das Magazin Nr 2 hingegen dem Fruchtnießer zur alleinigen Nutzung und Verwaltung sowie den Mietzinserlös aus der Vermietung dieser Objekte dem Fruchtnießer zur Gänze zuweisen sollte. Das Fruchtgenußrecht sollte sich nicht auf die der Antragstellerin zugewiesenen Objekte erstrecken.

[8] Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 23. 8. 2016 wurde ausgesprochen, dass die Rechtssache im außerstreitigen Verfahren zu behandeln ist.

[9] Die Antragstellerin brachte ergänzend vor, dass ihr durch die Nichtvermietung der Wohnungen ein Schaden entstehe, weil sie am Mieterlös nur mit ca 47 % teilnehme, gleichzeitig aber 47 % der Betriebskosten für die gesamte Liegenschaft bezahlen müsse. Sie modifizierte den Antrag auf Benützungsregelung dahin, dass ihr das Recht der Vermietung und Verwaltung aller Mietobjekte des Hauses allein zugewiesen werde und sich das Fruchtgenussrecht des Antragsgegners bloß auf den Mietzinserlös in Höhe von 52,35 % aus der Vermietung aller Mietobjekte erstrecke.

[10] Mit Beschluss vom 26. 11. 2019 (ON 59) gab das Erstgericht im ersten Rechtsgang diesem modifizierten Antrag statt.

[11] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners dahingehend Folge, dass es den modifizierten Hauptantrag mit Teilbeschluss abwies und dem Erstgericht auftrug, noch über das im Schriftsatz vom 19. 3. 2018 erhobene Eventualbegehren folgenden (wesentlichen) Inhalts zu entscheiden:

„4. Zur Verwaltung der Liegenschaft … wird gemäß § 836 ABGB die Antragstellerin bestellt. Der vom Antragsgegner bestellten Hausverwaltung kommt … ab Rechtskraft der Entscheidung kein Recht zur Verwaltung der Liegenschaft mehr zu.

5. Die Antragstellerin hat das alleinige Recht zur Vermietung der Mietobjekte des auf der Liegenschaft gelegenen Hauses …“

[12] Rechtlich begründete das Rekursgericht die Abweisung des Hauptantrags mit dessen rechtlicher Unmöglichkeit. Begehrt werde in Wahrheit die Enteignung im Sinn einer Entrechtung des Fruchtnießers. Dieser substituiere den Mehrheitseigentümer, weshalb ihm die ordentliche Verwaltung im Sinn des § 833 ABGB zustehe.

[13] Die Antragstellerin ließ die Abweisung ihres Hauptantrags unbekämpft. Sie stellte im zweiten Rechtsgang – bezeichnet als Einschränkung des Eventualbegehrens – nunmehr folgenden Antrag:

„1. Die Antragstellerin hat das alleinige Recht zur Vermietung der verfügbaren Mietobjekte, der Wohnungen Nr 1, 2, 4, 5 und 9, dem Antragsgegner gebührt ein anteiliges Benützungsentgelt von 52,35 % des lukrierten Mietzinses und der Betriebskosten.

2. Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin ab Oktober 2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegenständliche Benützungsregelung für die verfügbaren Mietobjekte ein monatliches Benützungsentgelt von 47,65 % zu zahlen.“

[14] Die Änderung auf das Recht zur Vermietung der verfügbaren Mietobjekte begründete sie damit, dass eine Benützungsregelung nur insoweit rechtlich zulässig sei.

[15] Als Eventualantrag begehrte sie auszusprechen, dass ihr die verfügbaren, seit 1995 vom Antragsgegner nicht vermieteten Mietobjekte zur alleinigen Vermietung und Nutzung zugewiesen werden und dem Antragsgegner ein monatliches Benützungsentgelt von 52,35 % gebührt.

[16] Mit (Zwischen‑)Beschluss wies das Erstgericht der Antragstellerin das ausschließliche Benützungsrecht, sohin das alleinige Recht zur Vermietung, der Wohnungen Nr 1, 2, 4, 5 und 9 zu (Spruchpunkt 1) und sprach aus, dass dem Antragsgegner der seinem Fruchtgenussrecht entsprechende Anteil der lukrierten Mieteinnahmen und Betriebskosten aus der Vermietung der in Spruchpunkt 1 genannten Wohnungen zukomme (Spruchpunkt 2) sowie dass das Begehren zur Verpflichtung des Antragsgegners, ab Oktober 2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegenständliche Benützungsregelung ein Benützungsentgelt für die in Spruchpunkt 1 genannten Wohnungen zu zahlen, seit dem 12. 10. 2019 dem Grunde nach zu Recht bestehe (Spruchpunkt 3).

[17] Seiner rechtlichen Beurteilung nach ist der außerstreitige Rechtsweg auch für die modifizierten Begehren zulässig. Die Antragstellerin sei berechtigt, gegenüber dem Fruchtnießer mangels Einigung eine gerichtliche Benützungsregelung durch Zuweisung bestimmter, verfügbarer Wohnungen zu begehren. Die Zuweisung der fünf von insgesamt dreizehn Bestandobjekten an die Antragstellerin sei gerechtfertigt, weil der Antragsgegner die von ihm bereits seit 1995 benutzten sechs Objekte zur alleinigen Benützung behält, damit rund 60,5 % der Gesamtnutzfläche für sich benutzt, obwohl sein Fruchtgenussrecht nur einem Anteil von 52,35 % der Liegenschaftsanteile entspreche. Die vom Antragsgegner begehrte Zuweisung von weiteren drei Wohnungen (ergebe in Summe rund 86 % der Gesamtnutzfläche) entspreche hingegen nicht der Billigkeit. Beide Parteien benützten die Wohnung nicht für sich selbst, sondern nutzten das Zinshaus als Einnahmequelle. Die Benützungsregelung verschlechtere die Einnahmen für den Antragsgegner nicht. Höhere, durch Vermietung erzielte Einnahmen kämen dem Fruchtgenussanteil entsprechend auch dem Antragsgegner zu Gute. Der Antragstellerin stehe ab dem Zeitpunkt, ab dem sie im Verfahren der übermäßigen Nutzung durch den Antragsgegner widersprochen habe und Benutzungsentgelt fordere, dem Grund nach ein Anspruch auf Benützungsentgelt zu.

[18] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge. Mit Teilbeschluss wies es die Anträge

1. das Gericht möge aussprechen, dass die Antragstellerin das alleinige Recht zur Vermietung der verfügbaren Mietobjekte …, der Wohnungen Nr 1, 2, 4, 5 und 9 habe, dem Antragsgegner gebühre ein anteiliges Benützungsentgelt von 52,35 % des frustrierten Mietzinses und der Betriebskosten, sowie 2. der Antragsgegner sei schuldig, der Antragstellerin ab Oktober 2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegenständliche Benützungsregelung ein Benützungsentgelt für die in Punkt 1. genannten Wohnungen (insgesamt 558,40 m² Nutzfläche) von 47,65 % von 1,71 EUR/m² zuzüglich Betriebskosten zu zahlen, ab.

[19] Rechtlich verneinte das Rekursgericht zunächst den vom Antragsgegner geltend gemachten Verstoß gegen die Rechtskraft des im ersten Rechtsgang ergangenen Teilbeschlusses. Auch die in Bezug auf das Benützungsentgelt vermutete Nichtigkeit liege nicht vor. Nur die Festsetzung eines Benützungsentgelts für vergangene Zeiträume sei im Außerstreitverfahren ausgeschlossen. Auf die geltend gemachten Verfahrensmängel sei nicht einzugehen, weil der Antrag aus rechtlichen Gründen ohnehin abzuweisen sei. Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts in seinem Beschluss vom 10. 6. 2019 hätte sich nicht nur auf die vermieteten Objekte des Hauses bezogen, sondern auf das gesamte Haus ohne Einschränkung auf vermietete oder unvermietete Bestandobjekte und sei auch für das modifizierte Begehren auf Erlassung einer Benützungsregelung relevant. Das Ziel der Antragstellerin, ihr das alleinige Recht zur Vermietung unvermieteter Bestandobjekte einzuräumen, könne nicht mit Hilfe der gerichtlichen Benützungsregelung erreicht werden. Auch als Alleineigentümerin komme ihr in Verwaltungsangelegenheiten lediglich die Position einer Minderheitseigentümerin zu. Sie beabsichtige im gegenständlichen Verfahren, der verwaltenden Mehrheit (dem diese substituierenden Fruchtnießer) die ordentliche Verwaltung zu entziehen. Da die Antragstellerin neuerlich ein Eventualbegehren erhoben habe, handle es sich bei der vom Rekursgericht abgeänderten Entscheidung wieder um einen Teilbeschluss.

[20] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs im Zusammenhang mit der grundlegenden Judikaturwende, auch Minderheitseigentümern gegen den Willen der Mehrheit einen Antrag auf Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund zuzubilligen, zu.

Rechtliche Beurteilung

[21] Aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragstellerin ist wahrzunehmen, dass – wie der Antragsgegner in seiner Revisionsrekursbeantwortung zum Teil berechtigt geltend macht – den Beschlüssen der Vorinstanzen die Rechtskraft des Teilbeschlusses des Rekursgerichts im ersten Rechtsgang teilweise entgegensteht (§ 66 Abs 1 Z 1 iVm § 56 AußStrG).

[22] 1.1 Das Fruchtgenussrecht an einem Anteil einer im Miteigentum stehenden Sache gibt dem Fruchtnießer das Recht auf Ausübung der dem Miteigentümer zustehenden Nutzungs‑ und Verwaltungsbefugnisse (RIS‑Justiz RS0011873). Auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Fruchtnießer eines Liegenschaftsanteils und den Eigentümern nicht belasteter Liegenschaftsanteile sind die Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft entsprechend anzuwenden (RS0011819). Die Regelung des Benützungsrechts zwischen dem Eigentümer eines nicht belasteten Anteils einer Liegenschaft und dem Fruchtnießer an einem anderen Liegenschaftsanteil hat im außerstreitigen Verfahren zu erfolgen (RS0005939).

[23] 1.2 Diese Grundsätze sollen nach der Judikatur auch für den Fall gelten, dass dem Fruchtgenussberechtigten an einem Anteil der Liegenschaft nach Erwerb sämtlicher (auch belasteter) Anteile nur mehr der Alleineigentümer der Liegenschaft gegenübersteht. Eine Unterscheidung zwischen Fruchtnießern an ideellen Liegenschaftsanteilen verschiedener Miteigentümer und Fruchtnießer an Anteilen einer im Alleineigentum stehenden Liegenschaft ist nach der Rechtsprechung weder für die Willensbildung innerhalb der Rechtsgemeinschaft noch für die Durchsetzung des Gemeinschaftswillens erheblich (RS0011819 [T3]).

[24] 2. Eine Benützungsvereinbarung liegt nur dann vor, wenn die Benützungsverhältnisse durch Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder körperlich begrenzter Teile dieser Sache zur ausschließlichen Benützung durch einen Teilhaber dauernd oder zumindest für eine bestimmte (längere) Zeit vertraglich geregelt werden. Sie ist ein obligatorisches Dauerrechtsverhältnis (RS0009664 [T1 und T2]). Sie berechtigt den Miteigentümer, über die ihm zur ausschließlichen Benützung überlassenen Teile als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung Bestandverträge als Vertreter der anderen Miteigentümer abzuschließen (RS0042537) und die Einnahmen zu behalten (RS0042537 [T2, T4 und T5]). Die Benützungsregelung setzt die Verfügbarkeit des betroffenen Objekts voraus, was nicht der Fall ist, wenn dieses vermietet ist (RS0013206).

[25] 3.1 Auch Beschlüssen im Verfahren Außerstreitsachen kommt materielle Rechtskraft zu (RS0007171), die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (RS0007477). Im Außerstreitverfahren ergangene Beschlüsse entfalten daher Einmaligkeits‑ und Bindungswirkung (§ 43 AußStrG; 4 Ob 28/21b; RS0007171 [T13]; RS0041572 [T3]). Eine formell rechtskräftig entschiedene Sache darf bei Identität des Anspruchs nicht neuerlich entschieden werden. Identität liegt dann vor, wenn sowohl der Entscheidungsantrag als auch die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen identisch sind (RS0041115 [T4]; 4 Ob 28/21b mwN). Diese Rechtskraftwirkung haben auch abweisende Beschlüsse des außerstreitigen Verfahrens (2 Ob 204/09b). Nachträglichen Sachverhaltsänderungen steht die materielle Rechtskraft nicht entgegen (RS0041582; 4 Ob 28/21b).

[26] 3.2 Die Antragstellerin begehrt mit ihrem im ersten Rechtsgang rechtskräftig abgewiesenen Hauptsachantrag die Zuweisung des Rechts zur Vermietung und Verwaltung aller Mietobjekte und den Ausspruch, dass sich das Fruchtgenussrecht des Antragsgegners auf den Mietzinserlös in Höhe von 52,35 % aus der Vermietung aller Mietobjekte bezieht. Die Nichtvermietung der Wohnungen schädige die Antragstellerin, weil sie an einem Mieterlös im Ausmaß des unbelasteten Miteigentumsanteils, somit mit ca 47 % partizipiere, gleichzeitig müsse sie ca 47 % der Betriebskosten für die gesamte Liegenschaft bezahlen. Es gehe darum, eine Regelung zu finden, die ihrem berechtigten Interesse auf Nutzung der unvermieteten Objekte zum Zweck des Eigenbedarfs oder zur Vermietung gerecht werde.

[27] 3.3 Das Rekursgericht wies im ersten Rechtsgang diesen Hauptsachantrag als rechtlich unmöglich ab, weil die Antragstellerin in Wahrheit die Enteignung im Sinn einer Entrechtung des Fruchtgenussberechtigten, dem nach § 833 ABGB die ordentliche Verwaltung zustehe, begehre. Das Rekursgericht bezog sich daher nicht darauf, dass eine Benutzungsregelung über die vermieteten Objekte deshalb unzulässig sei, weil diese nicht verfügbar seien. Ebensowenig erachtete es den Hauptsachantrag mit der Begründung als verfehlt, dass eine Benützungsregelung über die Zuweisung sämtlicher Bestandobjekte eine unbillige Lösung wäre.

[28] 3.4 Die Antragstellerin ließ diese Entscheidung unbekämpft. Sie reagierte auf die Abweisung ihres Hauptsachantrags mit der „Einschränkung“ ihres Eventualbegehrens, das sie zum Hauptsachantrag erhob. Sie begehrt nunmehr den Ausspruch, dass ihr das alleinige Recht zur Benützung und Vermietung der verfügbaren (der nicht vermieteten) Wohnungen und dem Antragsgegner ein anteiliges Benützungsentgelt von 52,35 % der Einnahmen aus der Vermietung dieser Wohnungen zustehen.

[29] 3.5 Dieser Teil ihres Sachantrags war bereits von dem rechtskräftig abgewiesenen Begehren als „Minus“ erfasst. Es handelt sich nicht um eine nach der Rechtsprechung zulässige (10 Ob 25/06h = RS0013206 [T16]) Änderung des Antrags auf Benützungsregelung nach allfälliger Bewirkung der Verfügbarkeit von Objekten, nachdem der Antrag wegen Fehlens der Verfügbarkeit ursprünglich abgewiesen worden war. Neue Tatsachen, die als Änderung der Verhältnisse die Einmaligkeitswirkung der rechtskräftigen Abweisung ausschließen könnten, legte die Antragstellerin ihrem modifizierten Hauptantrag auf Zuweisung der unvermieteten Objekte – unter finanzieller Beteiligung des Antragsgegners – nicht zugrunde.

[30] 3.6 Insoweit sind die Entscheidungen der Vorinstanzen wegen Verstoßes gegen die Rechtskraft als nichtig aufzuheben. Der geänderte Sachantrag ist in diesem Punkt zurückzuweisen.

[31] 3.7 Die jederzeit von Amts wegen wahrzunehmende Einmaligkeitswirkung steht auch der Geltendmachung des „neuen“ Eventualbegehrens entgegen. Dieses weicht in seiner Formulierung nur minimal vom Wortlaut des modifizierten Hauptantrags ab. Beantragt wird die Zuweisung der verfügbaren, nicht vermieteten Bestandobjekte zur alleinigen Vermietung und Nutzung sowie der Ausspruch, dass dem Antragsgegner ein Benutzungsentgelt von 52,35 % der Einnahmen zusteht. Damit wird dasselbe wie in Punkt 1. des Hauptantrags begehrt. Obwohl die Vorinstanzen nicht über das Eventualbegehren entschieden haben, ist es aus Anlass des Revisionsrekurses von Amts wegen zurückzuweisen.

[32] 4.1 Nicht von der Einmaligkeitswirkung erfasst ist der im zweiten Rechtsgang neu gestellte Sachantrag auf Zahlung eines Benutzungsentgelts für die unvermieteten Wohnungen ab Oktober 2019.

[33] 4.2 Der Miteigentümer kann für die übermäßige Nutzung der gemeinsamen Sache durch einen anderen Miteigentümer (rückwirkend) ab Zugang des ausdrücklichen oder schlüssigen Widerspruchs gegen die übermäßige Benützung ein anteiliges Benutzungsentgelt verlangen (RS0013617; 2 Ob 102/18s mwN). Solche Ansprüche sind zufolge § 838a ABGB ebenfalls im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen.

[34] 4.3 Im ersten Rechtsgang begehrte die Antragstellerin im Zusammenhang mit der gewünschten Benützungsregelung nur den Ausspruch, dass sich das Fruchtgenussrecht des Antragsgegners auf 52,35 % des Erlöses aus der Vermietung aller Mietobjekte erstrecke. Dieser Sachantrag ist mit dem neu gestellten Leistungsbegehren auf Zahlung eines vorläufigen Benutzungsentgelts für die verfügbaren Mietobjekte ab Oktober 2019 nicht identisch. Begehrt wird kein Benutzungsentgelt als Teil einer Benützungsregelung, in der als Ausgleich für die Zuweisung eines Teils der gemeinsamen Sache (hier Bestandobjekten) an einen Miteigentümer dieser ein Entgelt zahlen soll.

[35] 4.4 Das Rekursgericht wies den Antrag auch deshalb ab, weil es keine übermäßige Benützung leer stehender, nicht vermieteter Wohnungen erkennen konnte. Die Antragstellerin wirft dem Antragsgegner im Revisionsrekurs vor, sie durch die Unterlassung der Zustimmung zur Vermietung vom anteiligen Bezug von (möglichen) Mieteinnahmen auszuschließen. Damit beruft sie sich auf ein Fehlverhalten des ihrer Ansicht nach im Sinn des § 833 ABGB verwaltungsberechtigten Fruchtgenussberechtigten. Das klingt auch in ihrem erstinstanzlichen Vorbringen an, in dem sie – in diesem Zusammenhang – von einem ihr durch die Nichtvermietung entstehenden Schaden spricht.

[36] 4.5 Der Antragsgegner benutzt die leerstehenden Wohnungen weder für sich selbst noch stellt er sie anderen zur Verfügung. Die Antragstellerin legt in ihrem Revisionsrekurs nicht dar, worin eine übermäßige, ein Benützungsentgelt rechtfertigende Nutzung liegt. Schwerpunkt ihrer Argumentation ist der Vorwurf einer Schädigung durch den Entschluss des verwaltenden Fruchtnießers, Wohnungen leer stehen zu lassen. Diese Behauptung war Gegenstand des (früheren) Eventualbegehrens, das auf die Bestellung der Antragstellerin zur Verwalterin gerichtet war. Ein angebliches Fehlverhalten eines verwaltenden Mehrheitseigentümers (des diesen ersetzenden Fruchtnießers) ist für die Beurteilung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs auf Benützungsentgelt ohne Bedeutung.

[37] 4.6 Da die Antragstellerin in diesem Punkt keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, ist der Revisionsrekurs insoweit zurückzuweisen.

[38] 5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 zweiter Satz AußStrG. Das Erstgericht hat sich die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Sache vorbehalten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte