OGH 5Ob144/23x

OGH5Ob144/23x28.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*, vertreten durch die Linsinger & Partner Rechtsanwälte OG in St. Johann im Pongau, gegen die beklagte Partei N*, vertreten durch Dr. Josef Dengg, Dr. Milan Vavrousek, Mag. Thomas Hölber, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, wegen Aufhebung eines Vertrags, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 19. Juli 2023, GZ 22 R 164/23f‑16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 31. Mai 2023, GZ 5 C 43/23s‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00144.23X.0928.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 502,70 EUR (darin 83,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Gegenstand der Entscheidung des Rekursgerichts ist die (von beiden Vorinstanzen mit Hinweis auf Art 7 Nr 1 EuGVVO verneinte) Frage der internationalen Zuständigkeit für das Begehren des Klägers auf „Aufhebung“ eines mit dem Beklagten laut Vorbringen durch Trickanrufe „arglistig abgeschlossenen“ Vertrags. Der Kläger bewertete sein Begehren mit 1.880,20 EUR. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

[2] Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichts unzulässig, wenn das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, der an Geld oder Geldeswert 2.700 EUR nicht übersteigt. In einem solchen Fall ist das Berufungsgericht grundsätzlich an den vom Kläger als Wert des Streitgegenstands angegebenen Betrag gebunden und es steht ihm nicht frei, abweichend von der Bewertung des Klägers auszusprechen, dass die in § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO genannte Wertgrenze überschritten wurde. Anderes gilt nur im Fall einer offensichtlichen Unterbewertung (RS0042584 [T1]; RS0042469 [T6]; RS0117339 [T1]). Von dieser Ausnahme abgesehen bindet daher ein höherer Bewertungsausspruch durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht (RS0042469).

[3] Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind auch im Rekursverfahren nach Klagezurückweisung anzuwenden, deren Anfechtung den gleichen Beschränkungen unterliegen muss wie die Anfechtung der Sachentscheidung gemäß § 501 ZPO (Sloboda in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 517 Rz 1). Formalentscheidungen des Gerichts zweiter Instanz sind überdies nicht mehr anfechtbar, soweit der jeweilige Streitfall in der Sache selbst einer Kognition durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist (RS0044496 [T2]).

[4] Für eine offensichtliche Unterbewertung durch den Kläger, die das Rekursgericht hätte aufgreifen dürfen, liegen keine Anhaltspunkte vor. In seiner Begründung dazu verwies das Rekursgericht auf denkbare weitere Forderungen des Beklagten gegen den Kläger, etwa für Rechtsanwalts- oder Inkassokosten. Der Kläger schilderte allerdings nur, dass der Beklagte bei seiner Vorgangsweise (Trickanrufe, um dann Vertragsabschlüsse zu behaupten) nicht davor zurückschrecke, Inkassounternehmen oder Rechtsanwälte zur Durchsetzung derartiger Verträge zu beauftragen. Dass auch dem Kläger solche Kosten drohten, lässt sich dem Vorbringen nicht entnehmen und es wird auch nicht vorgebracht, dass der Kläger in der Höhe der Zahlungsaufforderung des Beklagten (mit der er sein Begehren bewertete) bereits Kosten getragen hätte. Das Rekursgericht hat daher das ihm für die Beurteilung des Werts des Entscheidungsgegenstands eingeräumte Ermessen (vgl RS0042515 [T21, T22, T23]; RS0042410) überschritten, worauf der Beklagte in seiner Revisionsrekursbeantwortung zutreffend hinweist. Dieser höhere Bewertungsausspruch bindet den Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses daher nicht (vgl RS0042469 [T2, T4]; RS0117339; vgl RS0118748).

[5] Der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

[6] Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen und daher Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung (vgl RS0112296). Bemessungsgrundlage ist allerdings der – auch vom Beklagten selbst für maßgeblich erachtete – Streitwert.

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