European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00092.19M.0613.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Klägerin ließ ein mehrgeschoßiges Wohnhaus mit Tiefgarage errichten. Die Beklagte fungierte als Bauträgerin und Generalplanerin. In der Folge kam es zu Wassereintritten in der Tiefgarage.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz und Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden aus der mangelhaften Bauführung.
Die Beklagte wendet unter anderem die Verjährung der Klagsansprüche ein.
Das Erstgericht fällte ein Zwischenurteil nach § 393a ZPO, mit dem es den Verjährungseinwand der Beklagten verwarf. Für die Klägerin habe sich ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und einem bestimmten Verhalten der Beklagten erst aus dem Gutachten vom Oktober 2013 ergeben, sodass die im November 2014 eingebrachte Klage vor dem Ablauf der Verjährungsfrist datiere.
Das Berufungsgericht wies die Klage mit Endurteil ab. Der Kausalzusammenhang zwischen dem Planungs- und Ausführungsmangel (keine Abdichtung der Bodenplatte und der Decke zwischen den beiden Garagengeschoßen) und den Wassereintritten wäre für die Klägerin bereits aufgrund der im Juni 2011 aufgetretenen Schäden erkennbar gewesen. Die Klägerin habe ihre diesbezügliche Erkundigungspflicht verletzt. Das Gutachten vom Oktober 2013 sei bloß als bestätigende Information des schon zuvor erkennbaren Kausalzusammenhangs zu werten.
Die Klägerin zielt mit ihrer außerordentlichen Revision auf die Verneinung der Verjährung und Stattgebung der Klage ab. In ihrem Rechtsmittel zeigt sie jedoch keine erheblichen Rechtsfragen auf.
Rechtliche Beurteilung
1.1. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen. Der Ersatzpflichtige muss sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennen, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RIS‑Justiz RS0034524). Der den Anspruch begründende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch so weit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (RS0034366). Um mit Erfolg Klage erheben zu können, benötigt der Geschädigte sohin bei der Verschuldenshaftung Kenntnis von der Schadensursache (RS0034951), dem maßgeblichen Kausalzusammenhang (RS0034366) und dem Verschulden des Schädigers (RS0034322). Bloße Mutmaßungen über die Möglichkeit der angeführten Umstände reichen nicht aus. Dementsprechend beginnt die Verjährungszeit nicht zu laufen, wenn der Geschädigte als fachunkundiger Laie keinen Einblick in diese Umstände hat (RS0034603).
1.2. Der Geschädigte darf sich allerdings nicht einfach passiv verhalten (RS0065360 [T7, T8]), wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann (RS0034335); andernfalls ist jener Zeitpunkt für die Kenntnisnahme (und sohin die Verjährungszeit) maßgeblich, in welchem dem Geschädigten die Voraussetzungen bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wären (RS0034327).
1.3. Die Erkundigungsobliegenheit darf nicht überspannt werden. Ausnahmsweise kann aber, sofern eine Verbesserung des Wissensstands nur so möglich und dem Geschädigten das Kostenrisiko zumutbar ist, auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens als Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten angesehen werden (RS0113916 [T4]; 3 Ob 65/17f; 7 Ob 26/18a). An fachkundige Personen ist dabei ein strengerer Maßstab anzulegen (RS0034327 [T41]; RS0034603 [T29]). Letztlich kommt es bei der Frage des Ausmaßes der Erkundigungspflicht des Geschädigten über den die Verjährungsfrist auslösenden Sachverhalt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, sodass in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage in der Qualität des § 502 ZPO vorliegt (RS0113916).
2.1. Das Berufungsgericht hielt die Einholung eines Sachverständigengutachtens bereits zum Zeitpunkt der ersten Wasserschäden im Juni 2011 für geboten. Dabei berücksichtigte es, dass die Klägerin als gewerbliche Bauherrin nicht als fachunkundiger Laie angesehen werden könne, sie bereits 2009 ausdrücklich auf das Fehlen einer Abdichtung und die damit verbundene Möglichkeit des später verwirklichten Schadensbildes hingewiesen wurde und die von der 2. Nebenintervenientin durchgeführten Verpressungen der Risse erkennbar nur die Mangelfolgeschäden behoben, nicht jedoch deren Ursache. Dass diese Beurteilung „völlig lebensfremd“ sei, wird in der Revision zwar behauptet, aber nicht schlüssig begründet. Eine grobe Fehlbeurteilung – und nur eine solche wäre im Rahmen einer außerordentlichen Revision aufzugreifen – liegt jedenfalls nicht vor und wird auch durch die weiteren Argumente der Revision nicht aufgezeigt:
2.2. Das von der Klägerin als „unzulässige Rosinenpickerei“ bezeichnete Zitat aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen erfolgte erkennbar bloß zur Illustration. Da es sich beim Ausmaß der Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten um eine Rechtsfrage handelt, die nicht vom Sachverständigen zu beantworten ist, kommt es darauf ohnehin nicht weiter an.
2.3. Auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe zwei verschiedene Schäden bzw Kausalketten verwechselt, ist nicht schlüssig. Die Klägerin missversteht die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts. Dass der Klägerin aufgrund der Lackschäden an geparkten Autos die Sanierungsbedürftigkeit der Garage erkennbar gewesen sei, hat das Berufungsgericht nicht vertreten. Es hat vielmehr ausgeführt, aufgrund der Wassereintritte, welche zu den Lackschäden führten, und der Auskunft der 2. Nebenintervenientin wäre die Klägerin zur weiteren Ursachenforschung verpflichtet gewesen.
2.4. Insgesamt entspricht die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Klägerin im Juni 2011 ausreichende Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen hatte, die ihr noch vor dem November 2011 genügend Klarheit für eine Klagseinbringung verschafft hätten, den oben skizzierten Grundsätzen der Rechtsprechung zur Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten.
3. Relevante Verfahrensmängel konnte die Revision ebenfalls nicht schlüssig aufzeigen.
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen zurückzuweisen.
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