OGH 4Ob23/06w

OGH4Ob23/06w23.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GesmbH & Co KG, *****, vertreten durch Muhri & Werschitz, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Graz, gegen die beklagte Partei B***** Gesellschaft m. b.H., *****, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Veröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 36.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 15. Dezember 2005,GZ 3 R 176/05g-8, mit welchem dem Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18. August 2005, GZ 10 Cg 98/05z-3, nicht Folge gegeben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreites aufgetragen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, das Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum G***** mit der Arzneimittelspezialität F-18-FDG zu beliefern, wenn der Auftrag in den Oberschwellenbereich fällt und sie nicht in einem für diesen Bereich vorgeschriebenen Vergabeverfahren einen rechtswirksamen Zuschlag zu derartigen Lieferungen erhalten hat.

Der Antrag der Beklagten, den Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wird abgewiesen."

Die Klägerin hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die Beklagte hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Parteien stehen im Wettbewerb beim Vertrieb von Arzneimitteln mit einem bestimmten Wirkstoff („FDG"). Das LKH-Universitätsklinikum Graz war damit zunächst von der Beklagten, dann von der Klägerin und zuletzt wieder von der Beklagen beliefert worden. Das vorliegende Verfahren betrifft die Umstände der letzten Auftragsvergabe. Auftraggeber war dabei die S*****gesellschaft mbH (K*****), deren einziger Gesellschafter das Land ***** ist.

Mit Schreiben vom 12. 5. 2005 teilte die K***** der Klägerin mit, dass ab 1. 6. 2005 ein auf 12 Monate befristeter Vertrag zur Belieferung des LKH-Universitätsklinikums G***** mit diesen Arzneimitteln vergeben werde. Angebote könnten dafür gelegt werden. Die Klägerin legte ein solches Angebot. In weiterer Folge erfuhr sie aber von der K*****, dass der Auftrag an die Beklagte vergeben worden sei. Der Lieferauftrag hatte ein Volumen von zumindest 500.000 EUR. Im Revisionsrekursverfahren ist unstrittig, dass eine Direktvergabe erfolgte.

Der Beklagten war von der Betriebsdirektion des LKH-Universitätsklinikums G***** mitgeteilt worden, dass eine Ausschreibung unterbleiben könne, wenn nicht mindestens zwei identische Präparate auf dem Markt zugelassen und verfügbar seien. Die Präparate der Parteien sind nicht völlig identisch, es gibt Unterschiede bei den Hilfsstoffen und den zugelassenen Indikationen. Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragt die Klägerin, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das LKH-Universitätsklinikum G***** mit ihrem näher bezeichneten Arzneimittel zu beliefern, sofern sie nicht „im Sinne des Bundesvergabegesetzes 2002 in einem für den Oberschwellenbereich vorgeschriebenen Vergabeverfahren von der S*****gesellschaft mbH, *****, einen rechtswirksamen Zuschlag zu derartigen Lieferungen erhalten" habe. Wegen Überschreitung des Schwellenwertes hätte die Auftraggeberin ein förmliches Vergabeverfahren nach § 23 BVergG durchführen müssen. Das sei in offenkundig gesetzwidriger Weise nicht geschehen. Die Beklagte habe das nicht nach § 81 Abs 5 BVergG gerügt. Nach § 21 BVergG dürften Aufträge nur nach den Grundsätzen des lauteren Wettbewerbs vergeben werden, was auch zu Pflichten für die Bieter führe. Die unterbliebene Rüge, die Abgabe des Angebots, die Annahme des Auftrags und auch dessen Erfüllung seien daher sittenwidrig iSv § 1 UWG. Die Ausführung eines sittenwidrig geschlossenen Vertrages könne auch dann verboten werden, wenn der Vertragspartner des sittenwidrig Handelnden gutgläubig sei. Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassen der Lieferungen, weil sie auf einem offenkundig gesetzwidrigen „Vergabeverfahren" beruhten.

Die Beklagte bestritt den Wettbewerbsverstoß. Die Vergabe sei rechtens gewesen. § 81 Abs 5 BVergG betreffe nur materielle Fragen der Ausschreibung, nicht aber formelle Bestimmungen. § 21 BVergG richte sich nur an den Auftraggeber. Der Beklagten sei von einem Bediensteten des LKH-Universitätsklinikums G***** mitgeteilt worden, dass eine Ausschreibung nicht erforderlich sei, wenn nicht zwei oder mehr idente Präparate zugelassen und verfügbar seien. Das sei nicht der Fall, weil sich die Arzneimittel der Beklagten bei den Hilfsstoffen und den zugelassenen Indikationen unterschieden. Dennoch sei die Klägerin zur Angebotslegung eingeladen worden. Die Beklagte habe darauf vertrauen können, dass das LKH-Universitätsklinikum „als Auftraggeberin" die Vergabebestimmungen entsprechend beachte. Bloße Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens verpflichteten einen Bieter noch nicht zur Selbstbeschränkung. Die Beklagte habe die Auftraggeberin nicht zu einer Rechtswidrigkeit verleitet. Die Klägerin mache den Anspruch rechtsmissbräuchlich geltend, weil sie selbst am strittigen und auch an anderen vergleichbaren Vergabeverfahren teilgenommen habe, ohne die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit zu rügen. Insbesondere habe die Klägerin das Universitätsklinikum von September 2004 bis Mitte 2005 (ebenfalls) aufgrund einer freihändigen Vergabe beliefert. Die Beklagte habe durch die Teilnahme am "Vergabeverfahren" nur eine zulässige Abwehrmaßnahme gesetzt. Der auf Unterlassung der Belieferung gerichtete Anspruch sei jedenfalls überschießend, weil nicht in die Rechtsbeziehungen der Beklagten mit einer Dritten eingegriffen werden dürfe. Der Beklagten könne allenfalls verboten werden, an rechtswidrigen Vergabeverfahren teilzunehmen. Zudem würde das Verbot auch solche Belieferungen erfassen, die - etwa im Unterschwellenbereich - aufgrund einer zulässigen Vergabe erfolgten. Die einstweilige Verfügung müsse jedenfalls vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren ab. Die Beklagte habe auf die Auskunft der Betriebsdirektion des LKH-Universitätsklinikums vertrauen dürfen. Die Rechtwidrigkeit der Vergabe sei jedenfalls nicht offenkundig gewesen. Zudem setze die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruches voraus, dass sie nicht im Widerspruch zum eigenen Verhalten stehe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da es keine Vorschrift gebe, wonach Angebote unzulässig seien, wenn sie Verfahrensvorschriften widersprechen, habe die Beklagte nicht gegen das Vergaberecht verstoßen. § 81 Abs 5 BVergG sei nicht anzuwenden, da er eine Rügepflicht nur in einem (ordnungsgemäß eingeleiteten) Vergabeverfahren vorsehe. Jedenfalls sei ein Gesetzesverstoß nicht offenkundig gewesen, die Beklagte habe auf die ihr erteilte Auskunft vertrauen dürfen. Das Unterlassungsgebot sei zu weit gefasst, da nicht in Rechtsbeziehungen zu Dritten eingegriffen werden dürfe.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil die wettbewerbsrechtlichen Folgen von Verstößen gegen das Vergaberecht einer weiteren Klärung bedürfen. Er ist auch teilweise berechtigt.

1. Zum anwendbaren Recht (BVergG 2002 oder BVergG 2006)

Die Klägerin stützt ihren wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf einen Verstoß (auch) der Beklagten gegen das BVergG 2002. Dieses Gesetz wurde inzwischen durch das davon in mehreren Punkten abweichende BVergG 2006, BGBl I 2006/17, ersetzt. Das BVergG 2006 ist nach seinem § 245 Abs 1 mit 1. Februar 2006 in Kraft getreten. Diese Änderung der Rechtslage hat aber keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren.

1.1. Nach § 245 Abs 2 BVergG 2006 gilt das neue materielle Vergaberecht (dh die Teile 1 bis 3 des BVergG 2006) nicht für "bereits eingeleitete Verfahren"; diese sind nach der bisherigen Rechtslage "zu Ende zu führen". Um so mehr müssen bereits abgeschlossene Vergabeverfahren nach dem bei ihrer Durchführung anwendbaren Recht beurteilt werden. Das ist im konkreten Fall das BVergG 2002. 1.2. Verfahrensrechtlich bringt das neue Recht mit § 341 Abs 2 BVergG 2006 eine Erweiterung der bisher in § 184 Abs 2 BVergG 2002 enthaltenen Verpflichtung, vor der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche eine vergabebehördliche Feststellung der Rechtswidrigkeit zu erwirken.

Nach § 341 Abs 2 BVergG 2006 ist eine zivilrechtliche Schadenersatzklage (wie grundsätzlich schon bisher) nur zulässig, wenn die zuständige Vergabekontrollbehörde bestimmte Rechtswidrigkeiten des Vergabeverfahrens festgestellt hat. Darunter fällt nun auch der Umstand (Z 2), dass "die Wahl der Direktvergabe oder eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung nicht zu Recht erfolgte." Darüber hinaus ist eine solche Feststellung nach § 341 Abs 2 Z 2, letzter Satz, BVergG 2006 nun auch für die Geltendmachung von "Ansprüche[n] aus unlauterem Wettbewerb" erforderlich.

Die Zuständigkeit für eine solche Feststellung liegt im konkreten Fall nach Art 14b Abs 1 und 5 B-VG iVm § 2 des Steiermärkischen Vergabe-Nachprüfungsgesetzes (LGBl 2003/43, idF: stmk Verg-NPG) beim Unabhängigen Verwaltungssenat für das Bundesland Steiermark. Ohne eine solche Feststellung ist der Rechtsweg für eine vorbeugende Unterlassungsklage nach neuem Recht unzulässig (so ausdrücklich die EB zur RV, 1171 BlgNR 22. GP 146; aA Fink, Änderungen im Vergaberechtsschutz, ecolex 2006, 100, 103, dessen Argumentation allerdings zumindest für Fälle eines Vertragserfüllungsverbots nicht überzeugt.

Eine vergleichbare Bestimmung gab es im BVergG 2002 nicht. Nach altem Recht hing die Zulässigkeit des Rechtswegs daher nicht von der vorherigen Befassung der Vergabekontrollbehörde ab. Verfahrensgesetze sind in der Regel nach ihrem letzten Stand anzuwenden; anderes gilt nur bei einer von diesem Grundsatz abweichenden Übergangsvorschrift (RIS-Justiz RS0008733; zuletzt etwa 4 Ob 12/06b). Eine solche Übergangsvorschrift gibt es im BVergG 2006 für gerichtliche Verfahren nicht.

Nach § 345 Abs 4 BVergG 2006 sind zwar beim Bundesvergabeamt anhängige Verfahren nach altem Recht zu Ende zu führen; eine vergleichbare Regelung für gerichtliche Verfahren wurde in diese Bestimmung aber nicht aufgenommen. Daraus könnte bei formaler Betrachtungsweise abgeleitet werden, dass der Rechtsweg für das hier zu beurteilende Unterlassungsbegehren mit Inkrafttreten des BVergG 2006 unzulässig geworden ist. Das müsste zur Nichtigerklärung des Provisorialverfahrens und zur Zurückweisung des Sicherungsantrags führen (vgl 2 Ob 140/89 = SZ 63/11).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist allerdings das Fehlen einer besonderen Übergangsvorschrift (zumindest) für wettbewerbsrechtliche Verfahren eine planwidrige Lücke des Gesetzes, die durch eine Analogie zu § 345 Abs 4 BVergG zu füllen ist. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1171 BlgNR 22. GP 147) enthalten keine Rechtfertigung für eine Differenzierung. Dort heißt es vielmehr ganz allgemein, dass ein bereits anhängiges "Rechtsschutzverfahren" nach altem Recht zu Ende zu führen sei. Gemeint sind damit zwar offenkundig Verfahren vor dem Bundesvergabeamt. Aber auch die Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen vor den Zivilgerichten ist ein vom BVergG 2006 erfasstes "Rechtsschutzverfahren". Dieses Verfahren wird zwar im Gesetz nicht umfassend geregelt. Allerdings hängt seine Zulässigkeit nun ebenfalls von der Feststellung der Rechtswidrigkeit durch die Vergabekontrollbehörde ab. Das BVergG 2006 ändert somit auch hier die Regeln für die Anspruchsdurchsetzung. Es ist nicht erkennbar, warum für das Inkrafttreten des BVergG 2006 bei anhängigen Gerichtsverfahren etwas anderes gelten soll als bei Verfahren vor dem Bundesvergabeamt.

Dazu kommt, dass die Neuregelung bei einer Anwendung auch auf laufende Verfahren massiv in einen nach altem Recht begründeten und zumindest bis zum Inkrafttreten des BVergG 2006 bestehenden Rechtsschutzanspruch eingriffe. Eine Feststellung der Rechtswidrigkeit wäre zwar auch schon im Jahr 2005 möglich gewesen (§ 3 Abs 3 Stmk Verg-NPG). Da sie aber damals nicht Voraussetzung für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch war, gab es für die Klägerin keinen Anlass, einen solchen Antrag zu stellen. Nunmehr ist die Frist für die Antragstellung jedenfalls abgelaufen (§ 10 Abs 2 Stmk Verg-NPG). Die Klägerin könnte aus diesem Grund eine nach neuem Recht angenommene Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht mehr sanieren. Wäre § 341 Abs 2 BVergG 2006 tatsächlich schon anzuwenden, könnte die Klägerin daher ihren Unterlassungsanspruch aufgrund eines nachträglichen Eingriffs des Gesetzgebers nicht mehr gerichtlich durchsetzen. Eine sachliche Rechtfertigung für diesen Rechtsverlust ist nicht erkennbar. Dem Gesetzgeber kann eine solche Absicht daher nicht unterstellt werden.

Aus diesem Grund sind zumindest solche wettbewerbsrechtliche Verfahren, die bei Inkrafttreten des BVergG 2006 schon anhängig waren, aufgrund einer analogen Anwendung von § 345 Abs 4 BVergG 2006 auch aus verfahrensrechtlicher Sicht nach dem BVergG 2002 zu Ende zu führen. Die Zulässigkeit des Rechtswegs hängt daher nicht von der Feststellung der Rechtswidrigkeit durch die Vergabekontrollbehörde ab. Ob das auch dann gilt, wenn das Zivilverfahren zwar nach dem Inkrafttreten des BVergG 2006 eingeleitet wurde, die Fristen für einen Feststellungsantrag zu diesem Zeitpunkt aber bereits nach altem Recht abgelaufen waren, muss hier nicht beurteilt werden.

2. Zum Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Verstößen gegen das Vergaberecht auseinandergesetzt. Relevant ist für das vorliegende Verfahren nur das "horizontale" Verhältnis zwischen Mitbewerbern; Entscheidungen zu Unterlassungsansprüchen gegen den Auftraggeber (vgl 4 Ob 260/04w = ÖBl 2005/46 [Gamerith] - Baustellenwerbung I; 4 Ob 20/02y = ZVB 2002/72 [Schramm/Fössl] - SV-Chipcard II) können daher außer Betracht bleiben.

(i) Ausgangspunkt für die diesbezügliche Rechtsprechung waren Angebote, die wegen besonderer Umstände auf Seiten des beklagten Bieters als vergaberechtswidrig angesehen wurden. In der ersten einschlägigen Entscheidung (4 Ob 155/99v = ecolex 2000/126 [krit Casati] - Wasserwelt Amadé) hatte der Prokurist der Beklagten wesentliche Vorarbeiten für die Ausschreibung geleistet. Dennoch legte sie ein Angebot. Der Oberste Gerichtshof qualifizierte das als "Aufforderung" an die ausschreibende Stelle, sich über das Vergaberecht hinwegzusetzen und den Auftrag an die Beklagte zu erteilen, obwohl sie wegen der Mitwirkung an der Ausschreibung auszuscheiden gewesen wäre. Sie habe daher den fremden Rechtsbruch nicht bloß ausgenutzt, sondern aktiv dazu beigetragen. (ii) Auch im Verfahren 4 Ob 232/00x (= wbl 2001/96 - cook and chill) stützte sich die Klägerin auf die Mitarbeit einer der Beklagten bei der Vorbereitung der Ausschreibung. Der Oberste Gerichtshof hielt grundsätzlich an der in Wasserwelt Amadé vertretenen Auffassung fest. Bieter dürften allerdings grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Auftraggeber das Vergaberecht einhalte; bloße Zweifel an der Zulässigkeit des Angebotes verpflichteten daher noch nicht zur Selbstbeschränkung. Die Vergaberechtswidrigkeit eines Angebots müsse so offensichtlich sein, dass die Abgabe nicht mit guten Gründen vertreten werden könne. Das steht im Einklang mit der stRsp, wonach ein Gesetzesverstoß wettbewerbsrechtlich nicht relevant ist, wenn er auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruht (RIS-Justiz RS0077771;

zuletzt etwa 4 Ob 49/05t = MR 2005, 333 [Korn] -

Kurzberichterstattung II und 4 Ob 21/05z = wbl 2005/234 -

Filmausarbeitung).

Die Einschränkung auf offenkundige Vergaberechtsverletzungen wurde in

mehreren Folgeentscheidungen aufrecht erhalten (4 Ob 261/01p = ZVB

2002/72 [Schramm/Fössl] - SV-Chipcard I; 4 Ob 260/04w = ÖBl 2005/46

[Gamerith] - Baustellenwerbung I; 4 Ob 262/04i - Baustellenwerbung II). Die Offenkundigkeit wurde aufgrund der Umstände des Einzelfalls jeweils verneint.

(iii) Während die Vergaberechtswidrigkeit in den Verfahren 4 Ob 155/99v (Wasserwelt Amadé) und 4 Ob 232/00x (cook and chill) auf besondere Umstände in der Sphäre des beklagten Bieters zurückgeführt wurde, lagen zwei jüngeren Entscheidungen Sachverhalte zugrunde, in denen der angebliche Vergaberechtsverstoß in erster Linie dem Auftraggeber zuzurechnen war. In 4 Ob 261/01p = ZVB 2002/72 [Schramm/Fössl] - SV-Chipcard I) sah der Kläger das in eine Ausschreibung aufgenommene Verbot einer Subvergabe als vergaberechtswidrig an, in 4 Ob 262/04i (Baustellenwerbung II) die Nichtanwendung des BVergG auf die Vergabe eines von ihm als Dienstleistungskonzession gewerteten Auftrags. In beiden Fällen konnte den Beklagten nur vorgeworfen werden, dass sie das (möglicherweise) rechtswidrige Handeln des Auftraggebers zur Förderung ihres eigenen Wettbewerbs ausgenutzt hätten. Das wurde vom Obersten Gerichtshof allerdings nicht als problematisch angesehen. Vielmehr wurde der Antrag in beiden Fällen nur wegen fehlender Offenkundigkeit des Vergaberechtsverstoßes abgewiesen.

2.2. In der Lehre wurde die Anwendung von § 1 UWG auf Verstöße gegen das Vergaberecht bisher am umfassendsten von Rummel/Lux (in Koppensteiner [Hrsg], Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 8/3: Vergaberecht [2003] 110 ff) erörtert. Sie lehnen (auch) im horizontalen Verhältnis eine Spezialität des vergaberechtlichen Rechtsschutzes, die wettbewerbsrechtliche Ansprüche ausschlösse, ab (aaO 113 ff), und sie gestehen wettbewerbsrechtliche Ansprüche auch dem zu, der einen Vergaberechtsverstoß des Auftraggebers - wie hier - (nur) ausnutzt (aaO 132 ff). Das wettbewerbsrechtliche Erfordernis der Offensichtlichkeit des Vergaberechtsverstoßes sei ein besonderes Unrechtselement, das einen gegenüber dem Vergaberecht weiter reichenden Rechtsschutz rechtfertige (aaO 133 f). Auch Schramm/Fössl (ZVB 2002/72) sprechen sich nicht grundsätzlich gegen wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus, sondern wenden sich nur gegen das (allerdings auch hier angestrebte) Verbot der Erfüllung eines vergaberechtswidrig geschlossenen Vertrages (dazu unten 4.). Dezidiert anders äußert sich nur Casati in seiner Glosse zur Entscheidung Wasserwelt Amadé (4 Ob 155/99v = ecolex 2000/126). Nach seiner Auffassung könnten wettbewerbsrechtliche Ansprüche nur bestehen, wenn zur Angebotslegung besondere Umstände hinzutreten, die eine Verleitung zum Vergaberechtsverstoß begründen. Diesem Anliegen wurde in der darauf folgenden Rechtsprechung teilweise dadurch Rechnung getragen, dass nur offensichtliche Vergaberechtsverstöße als wettbewerbsrechtlich relevant angesehen wurden (vgl die Auseinandersetzung mit dieser Auffassung in 4 Ob 232/00x - cook and chill). Besondere Verleitungshandlungen wurden allerdings nicht gefordert.

2.3. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des BVergG 2006 wird ausgeführt, dass Verletzungen des Vergaberechts einen Verstoß gegen § 1 UWG begründen können (1171 BlgNr 22. GP 146). Damit wird die oben dargestellte Ergänzung der Vorschriften über zivilrechtliche Ansprüche begründet (§ 341 Abs 2 BVergG 2006). Auch der Gesetzgeber geht somit von einer grundsätzlichen Zweispurigkeit des Rechtsschutzes aus. Nur für die Zukunft wird zur Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen ein Vorrang des spezifisch vergaberechtlichen Rechtsschutzsystems angeordnet.

2.4. Der erkennende Senat sieht sich auf dieser Grundlage nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung abzugehen. Dabei ist klarzustellen, dass nicht nur solche Vergaberechtsverstöße einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch begründen, die in erster Linie der Sphäre des belangten Bieters zuzurechnen sind. Auch das Ausnutzen eines offenkundigen Vergaberechtsverstoßes des Auftraggebers reicht aus. Das Ausnutzen einer fremden Vertragsverletzung ist zwar nur bei Hinzutreten weiterer Elemente auch ein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG (RIS-Justiz RS0107766). Verträge binden grundsätzlich nur die daran Beteiligten; jede Wirkung gegenüber Dritten bedarf daher einer besonderen Begründung. Das gilt auch für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, die auf das Ausnutzen einer fremden Vertragsverletzung gegründet sind.

Fremder Rechtsbruch wiegt demgegenüber schwerer; hier wird nicht nur gegen die Interessen eines anderen Vertragspartners verstoßen, sondern auch gegen jene der Allgemeinheit, die sich im Gesetz manifestieren (4 Ob 225/05z - Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz). Daher muss in diesem Fall die Sittenwidrigkeit schon dann bejaht werden, wenn der fremde Rechtsbruch zur Förderung des eigenen Wettbewerbs ausgenutzt wird.

Es mag zwar zutreffen, dass sich das Vergaberecht in erster Linie an die Auftraggeber richtet (RIS-Justiz RS0112490). Eines seiner wesentlichen Ziele war und ist es jedoch, einen freien und lauteren Wettbewerb zu gewährleisten (§ 21 Abs 1 BVergG 2002; § 19 Abs 1 BVergG 2006). Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn die Teilnahme an einem offenkundig vergaberechtswidrigen Verfahren wettbewerbsrechtlich irrelevant wäre.

2.5. Es ist daher zu prüfen, ob die Direktvergabe dies Lieferauftrags im vorliegenden Fall offenkundig gegen das BVergG 2002 verstoßen hat. Das ist nach Auffassung des erkennenden Senates uneingeschränkt zu bejahen.

Eine Direktvergabe war nach § 27 Abs 1 BVergG 2002 "nur" in den in dieser Bestimmung genannten Fällen zulässig. Lieferaufträge durften danach nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von 20.000 EUR direkt vergeben werden. Im konkreten Fall war der Auftragswert mit zumindest 500.000 EUR um mehr als das Zwanzigfache höher. Die in der Revisionsrekursbeantwortung angesprochene Z 3 des § 27 Abs 1 BVergG 2002 betraf nur bestimmte im Anhang IV des Gesetzes angeführte "Dienstleistungen". Dass aber die Versorgung mit Medikamenten keine "Dienstleistung" iSv § 4 BVergG 2002, sondern eine "Lieferung" iSv § 2 BVergG 2002 war, musste selbst für einen vergaberechtlichen Laien evident sein; auch die Beklagte hat in erster Instanz ganz selbstverständlich von der "Belieferung" des Universitätsklinikums gesprochen.

Das "Schlupfloch Direktvergabe" (so der Titel der Abhandlung von Katary, in Bundesvergabeamt [Hrsg], Standpunkte zum Vergaberecht [2003] 59 ff) steht auch dort, wo diese Vorgangsweise ausnahmsweise zulässig ist, in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis mit dem Ziel des Vergaberechts, öffentliche Aufträge nur aufgrund eines transparenten Verfahrens und unter Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter zu vergeben. Die im Ergebnis freihändige, vergaberechtlich zumindest nach dem BVergG 2002 kaum angreifbare Direktvergabe (Katary aaO 65 ff; Chojnacka, Effektiver Rechtsschutz unter besonderer Berücksichtigung der Direktvergabe, in Schwerpunkte zum Bundesvergabegesetz 2006 [2005] 287, 291 ff) ist somit geradezu das Gegenteil dessen, was mit dem Vergaberecht angestrebt wird. Sie mag in bestimmten Ausnahmefällen gerechtfertigt sein. Eine unzulässige Direktvergabe verstößt aber offenkundig gegen ein Kernanliegen des Vergaberechts (Schramm/Öhler in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002, § 23 Rz 129).

Dieser Umstand ist nach Auffassung des Senats auch für einen durchschnittlichen Auftragnehmer ohne weiteres zu erkennen. So heißt es etwa in einer von der Wirtschaftskammer Österreich herausgegebenen Informationsbroschüre (Das Vergaberecht in Österreich2 [2003] 26), der Auftraggeber könne grundsätzlich frei zwischen dem offenen und dem nicht offenen Verfahren wählen; "die Wahl eines anderen Verfahrens ist nur in taxativ vom Vergabegesetz aufgezählten Fällen zulässig!" Die "formfreie" Direktvergabe sei ein Vergabeverfahren für "wertmäßig relativ geringfügige Leistungsvergaben" (aaO 28). Auf dieser Grundlage kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Vergaberechtsverstoß auch für die Beklagte offenkundig war. Das gilt ungeachtet der als bescheinigt angenommenen gegenteiligen Auskunft (nicht des Auftraggebers K*****, sondern) der Direktion des LKH-Universitätsklinikums G*****. Ob diese Auskunft ein- oder zweimal erteilt wurde, ist irrelevant. Die Auffassung, eine Ausschreibung könne unterbleiben, wenn keine „identen" Produkte auf dem Markt seien, verstößt nämlich auch für einen Laien offenkundig gegen tragende Grundsätze des Vergaberechts (Wettbewerbsprinzip, Gebot der neutralen Ausschreibung, vgl Korinek in Raschauer, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 Rz 725). Der Revisionsrekurs weist zu Recht darauf hin, dass das Vergaberecht mit einer solchen Auffassung ad absurdum geführt werden könnte. Es würde ausreichen, die Ausschreibung so eng zu formulieren, dass sie nur auf ein einziges Produkt passt. Genau das soll durch das Vergaberecht vermieden oder zumindest in einem transparenten Verfahren nachprüfbar gemacht werden. Aufgrund der Vorgeschichte (Belieferung durch beide Unternehmen) musste allen Beteiligten klar sein, dass die beiden Produkte wenn schon nicht völlig ident, so doch miteinander austauschbar waren. Das gesteht letztlich - "wenn auch eingeschränkt" - auch die Beklagte zu (ON 3, AS 19).

Der Senat kommt daher zu folgendem Ergebnis: Die Direktvergabe eines Lieferauftrags mit einem Auftragswert über der nach § 27 Abs 1 Z 2 BVergG 2002 (nunmehr § 41 Abs 2 Z 1 BVergG 2006) zulässigen Wertgrenze verstößt so offenkundig gegen das Vergaberecht, dass sich Bieter auch bei einer gegenteiligen Auskunft des Auftraggebers nicht auf eine vertretbare Rechtsansicht berufen können. Die Beteiligung an einem solchen Verfahren erfüllt daher den Tatbestand des § 1 UWG.

3. Zum Einwand des eigenen Rechtsverstoßes der Klägerin Dass sich die Klägerin am Verfahren beteiligt und damit selbst wettbewerbswidrig gehandelt hatte, schadet ihr nicht (stRsp RIS-Justiz RS0014242, RS0077867, RS0077853). Auch die von der Beklagten erwähnte „unclean hands" - Rechtsprechung der deutschen Gerichte erfasst nicht Fälle, in denen durch den Verstoß auch Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt werden (Köhler in Baumbach/Hefermehl23 § 11 dUWG Rz 2.39). Das ist hier der Fall. Die Durchführung eines korrekten Ausschreibungsverfahrens dient nämlich nicht nur der Gleichbehandlung der Bieter, sonder auch der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel.

Die Teilnahme am Vergabeverfahren ist auch keine zulässige Abwehrhandlung. Unlauterer Wettbewerb des anderen erlaubt nur die angemessene Information von Mitbewerbern, nicht eigene Wettbewerbsverstöße (RIS-Justiz RS0077838). Die Beklagte hätte Abhilfe im Vergabeverfahren suchen müssen.

4. Zum Inhalt des Anspruchs

4.1. Nach dem Antrag der Klägerin soll der Beklagten die Belieferung des Auftraggebers verboten werden. Die Beklagte wendet dagegen im Wesentlichen ein, dass der aufgrund der Ausschreibung geschlossene Vertrag aufrecht sei und das Verbot daher nicht erlassen werden dürfe. Insbesondere in der Revisionsrekursbeantwortung erstattet sie ein umfangreiches Vorbringen zur von ihr verneinten Nichtigkeit des Vertrages.

Im vorliegenden Verfahren ist allerdings nicht (auch nicht vorfrageweise) darüber zu entscheiden, ob ein auf der Grundlage einer offenkundig rechtswidrigen Direktvergabe geschlossener Vertrag nichtig oder anfechtbar ist (vgl dazu nun § 132 Abs 3 BVergG 2006). Diese Frage betrifft nur das Verhältnis zwischen den Parteien dieses Vertrages. Ob eine dieser Parteien (hier die Beklagte) gegenüber einem Dritten (hier der Klägerin) zur Unterlassung der Erfüllung dieses Vertrages verpflichtet ist, hängt nicht davon ab.

4.2. Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass nach dem UWG auch die Erfüllung eines Vertrages mit einem Dritten verboten werden kann (zB RIS-Justiz RS0078475: Beschäftigung abgeworbener Arbeitnehmer; 4 Ob 328/71 = ÖBl 1971, 122 - Klimaschränke: Belieferung sittenwidrig abgeworbener Kunden; 4 Ob

112/99w = wbl 199/305 - Treuebonus: Gewährung von vereinbarten

Preisnachlässen; 4 Ob 170/99z = ÖBl 2000, 115 - EKZ "U":

Zurverfügungstellen von Geschäftsräumlichkeiten; zuletzt etwa [ohne nähere Auseinandersetzung mit dem Problem] 4 Ob 225/05z - Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz: Abnahme von Müll). Auch im vergaberechtlichen Zusammenhang wurde ein wettbewerbsrechtliches Verbot der Vertragserfüllung für möglich gehalten (4 Ob 261/01p = ZVB 2002/72 [Schramm/Fössl] - SV-Chipcard I). Das Verbot richtet sich nämlich nur an den jeweiligen Beklagten. Wird ihm beispielsweise das Zurverfügungstellen von Geschäftsflächen verboten, so muss er sich darum bemühen, die Bestandnehmer - etwa durch Abstandszahlungen - zum Unterlassen der Nutzung zu bewegen; in deren Rechte wird daher nicht (unmittelbar) eingegriffen (4 Ob 170/99z - EKZ "U"). Der Beklagte selbst kann sich nicht auf rechtliche Verpflichtungen gegenüber einem Dritten "ausreden", da es ihm ja freigestanden wäre, solche Verpflichtungen nicht zu übernehmen (4 Ob 328/71- Klimaschränke). Dieser Rechtsprechung wird im vergaberechtlichen Zusammenhang ausdrücklich von Rummel/Lux (aaO 136 f) zugestimmt. An ihr ist trotz der Kritik von Schramm/Fössl (ZVB 2002/72) festzuhalten: Diese Autoren verkennen, dass mit dem Verbot der Belieferung eben nicht unmittelbar in Rechte eines Dritten eingegriffen wird. Weder wird der Vertrag für nichtig erklärt, noch wird dem Dritten verboten, die Leistung entgegenzunehmen. Sollte der Vertrag trotz des offenkundigen Vergaberechtsverstoßes wirksam sein (zur Diskussion darüber Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002, § 162 Rz 122 ff, und Rummel/Lux, aaO 50 ff, beide mwN), könnte der Auftraggeber auf Erfüllung und/oder Schadenersatz bestehen. Das mag für die Beklagte unangenehm sein, ist aber eine Folge der Relativität schuldrechtlicher Beziehungen: Die Beklagte hat sich in eine Situation begeben, in der sie (möglicherweise) zwei einander widersprechenden Pflichten gegenübersteht. Die Lösung dieses Konflikts ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

4.3. Der Beklagten soll nach dem Antrag die Belieferung des LKH-Universitätsklinikums Graz verboten werden, "sofern sie nicht im Sinne des Bundesvergabegesetzes 2002 in einem für den Oberschwellenbereich vorgeschriebenen Vergabeverfahren von der S*****gesellschaft mbH, *****, einen rechtswirksamen Zuschlag zu derartigen Lieferungen erhalten hat."

Damit wären - zumindest dem Wortlaut nach - die für den Oberschwellenbereich vorgesehenen Verfahren auch dann verpflichtend, wenn die Vergabe eines Lieferauftrags im Unterschwellenbereich nach § 9 Abs 1 BVergG 2002 (§ 12 Abs 1 BVergG 2006) oder im für Direktvergaben zulässigen Bagatellbereich nach § 27 Abs 1 Z 2 BVergG 2002 (§ 41 Abs 2 Z 1 BVergG 2006) erfolgt. Der Beklagten würde daher auch ein rechtmäßiges Verhalten verboten.

Bei Unterlassungsansprüchen ist zwar eine etwas allgemeinere Fassung

des Begehrens idR schon deshalb erforderlich, um die Umgehung des

Verbotes nicht allzu leicht zu machen (RIS-Justiz RS0037607). Die

Beklagte kann aber selbstverständlich nicht zu einer Unterlassung

verhalten werden, zu der sie nach materiellem Recht gar nicht

verpflichtet ist (4 Ob 22/91 = wbl 1991, 264 - brennendes Zündholz; 4

Ob 66/92 = MR 1992, 252 - Mercedes Teyrowsky). Vielmehr hat sich der

Unterlassungsanspruch am konkreten Verstoß zu orientieren (RIS-Justiz RS0037645).

Im vorliegenden Fall kann daher die Belieferung nur für den Fall verboten werden, dass der Auftrag in den Oberschwellenbereich fällt und der Zuschlag nicht in einem dafür vorgesehenen Verfahren erteilt wurde. Dabei handelt es sich um eine bloße Klarstellung. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nämlich, dass ohnehin nur dieser Fall vom Begehren erfasst werden sollte.

Im Spruch der Verfügung hatte die Bezugnahme auf das BVergG 2002 zu entfallen. Dem Antragsvorbringen kann nämlich mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass es der Klägerin um die Vergaberechtswidrigkeit als solche geht, nicht um den Verstoß gegen das im Zeitpunkt der Klagseinbringung konkret geltende Gesetz. Auch diese Umformulierung hat nur klarstellenden Charakter.

5. Zum Antrag der Beklagten auf Auferlegung einer Sicherheitsleistung

Die Beklagte beantragt, den Vollzug der Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Das ist nach § 390 Abs 2 EO anzuordnen, wenn wegen der Größe des Eingriffs in die Interessen des Antragsgegners Bedenken gegen die Erlassung der Verfügung bestehen. Durch die Sicherheitsleistung wird die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (4 Ob 333/73 = ÖBl 1974, 63; RIS-Justiz RS0005711; zuletzt etwa 4 Ob 200/05y - Salatdressing).

Im konkreten Fall ist eine Sicherheitsleitung nicht erforderlich. Der Lieferauftrag läuft ohnehin Ende Mai 2006 ab. Das Verbot wird sich daher nicht mehr spürbar auf die Erfüllung des Vertrags auswirken. Ein Folgeauftrag, der ebenfalls vom Verbot erfasst wäre, wurde nicht behauptet.

6. Zur Kostenentscheidung

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 41, 50 ZPO.

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