European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00208.17T.0322.000
Spruch:
A. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 958,58 EUR (darin enthalten 159,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
B. Der Revision der klagenden Parteien wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, wovon jenes des Erstgerichts hinsichtlich der Abweisung des Begehrens von 4 % Zinsen aus 3.540,44 EUR seit 3. 2. 2016 bereits in Rechtskraft erwachsen ist, werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr insgesamt zu lauten hat:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, jeder klagenden Partei 21.180,15 EUR samt 4 % Zinsen p.a. aus 20.000 EUR seit 3. 2. 2016 binnen 14 Tagen zu zahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, jeder klagenden Partei weitere 10.000 EUR samt 4 % Zinsen p.a. aus 21.180,15 EUR seit 3. 2. 2016 zu zahlen, wird abgewiesen.
3. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei den Klägern für alle zukünftigen Schäden haftet, die aus der Kindesvertauschung im Zeitraum zwischen 31. 10. 1990 und 1. 11. 1990 in dem von der beklagten Partei betriebenen LKH ***** resultieren.
4. Die Kostenentscheidung wird bis zur Rechtskraft der Entscheidung gemäß § 52 ZPO vorbehalten.“
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens betreffend die Revision der klagenden Parteien wird vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger und die Zweitklägerin sind miteinander verheiratet. Die während dieser Ehe geborene Drittklägerin ist, wie sich erst nach über 20 Jahren herausstellte, nicht ihr leibliches Kind.
Am 30. 10. 1990 wurde die Zweitklägerin– damals in der 35. Schwangerschaftswoche – über Überweisung ihres Gynäkologen wegen einer EPH-Gestose und eines über fünf Wochen verzögerten Wachstums ihres Fötus stationär im Landeskrankenhaus (LKH) ***** aufgenommen, dessen Rechtsträger die Beklagte ist. Am 31. 10. 1990 um 19:19 Uhr wurde sie dort in einem Operationssaal mittels Kaiserschnitt im Beisein zweier Ärzte und einer Hebamme von einem 1,8 kg schweren und 42 cm großen Mädchen mit der Blutgruppe A negativ entbunden. Zirka zwei Stunden nach der Geburt wurde der von der Vollnarkose noch sehr benommenen Zweitklägerin mitgeteilt, dass sie Mutter eines Mädchens geworden sei. Der Erstkläger war bei der Geburt nicht anwesend. Er sah „seine“ Tochter erstmals am 1. 11. 1990 auf der Frühgeburtenstation des LKH *****. Aus dieser Station bekam er am 1. 11. 1990 das Mädchen mit und brachte es zur Zweitklägerin ins Krankenzimmer, die bei dieser Gelegenheit „ihr“ Kind – es war ein sehr kleines Baby mit wenigen hellen Haaren und einer Nadel im Kopfbereich – ebenfalls zum ersten Mal sah. Nach rund einer Stunde brachte der Erstkläger das Neugeborene zurück in die Frühgeburtenstation. Bereits bei diesem Erstkontakt prägte sich der Erstkläger das Gesicht „seiner“ Tochter gut ein. Auch die Zweitklägerin erkannte an den folgenden Tagen dieses Kind, das sie beginnend mit 2. 11. 1990 bis zu ihrer eigenen Entlassung aus dem Krankenhaus am 9. 11. 1990 täglich auf der Frühgeburtenstation aufsuchte, eindeutig wieder. Hin und wieder nahm die Zweitklägerin das Kind noch in ihr Krankenzimmer mit, was von den Krankenschwestern nicht so gerne gesehen, aber entgegen der Anweisung, wonach Neugeborene ohne Abbefundung durch den Kinderarzt die Frühgeburtenstation nicht verlassen durften, toleriert wurde.
Nach dem 9. 11. 1990 bis zur Entlassung des Kindes aus dem Krankenhaus am 17. 11. 1990 besuchte es die Zweitklägerin jeden zweiten Tag auf der Frühgeburtenstation. Am 17. 11. 1990 nahmen der Erstkläger und die Zweitklägerin jenes Kind – die Drittklägerin – mit nach Hause, das sie am 1. 11. 1990 erstmals als ihr Baby gesehen hatten.
Die Vertauschung des Kindes fand nicht nach dem erstmaligen Kontakt der Drittklägerin zum Erstkläger und zur Zweitklägerin am 1. 11. 1990 statt.
Im Jahr 1990 gestalteten sich die Abläufe anlässlich einer Kaiserschnittentbindung im LKH ***** grundsätzlich so, dass die zuständige Hebamme das neugeborene Baby aus dem Operationssaal, in dem ihm noch Blut aus der Nabelschnur entnommen wurde, in das Erstversorgungszimmer des Kinderarztes brachte, wo es von einem Kinderarzt und einer Diplomkrankenschwester übernommen und erstversorgt wurde. Ein zu diesem Zeitpunkt mit dem Namen der Mutter und deren Geburtsdatum bereits vorbereitetes Namensband wurde mit Tag und Stunde der Geburt sowie Geschlecht des Kindes – Uhrzeit und Geschlecht wurden von der Hebamme bekanntgegeben – sowie dem Namen der Hebamme vervollständigt. Je nach Zustand des Neugeborenen und „Ok“ des Kinderarztes wurde dem Kind dieses Namensband noch von der Hebamme im Erstversorgungszimmer angelegt oder es wurde der Krankenschwester mitgegeben, um es dem Kind anzulegen, wenn dessen Zustand „so weit stabil“ war. Bei Kindern mit niedrigem Geburtsgewicht (wie zB 1,8 kg) konnten diese Namensbänder leicht vom Handgelenk rutschen oder auch abgenommen werden, weshalb seit den Jahren 2012/2013 den Kindern zwei Bänder umgelegt werden.
Frühgeborene wurden, vom Kinderarzt und der Krankenschwester begleitet, auf die Frühgeburtenstation– einen größeren Raum, in dem bis zu zehn Kinder Platz fanden – je nach ihrem Zustand getragen oder im Inkubator oder Kinderbett gebracht und dort in der Regel in ein Wärmebett gelegt, wobei üblicherweise jeder Säugling ein eigenes beschriftetes Bett hatte und auch immer in dasselbe Bett gelegt wurde.
Im Jahr 1990 sollten (abgesehen vom Krankenhauspersonal) ausschließlich Mütter und Väter der Neugeborenen Zutritt zur Frühgeburtenstation haben. Die Tür zur Frühgeburtenstation sollte nach Anweisung der Stationsleitung immer verschlossen sein und nur nach Anläuten von einer Krankenschwester geöffnet werden. Die Eltern hatten sich umzuziehen und konnten erst danach zu ihren Kindern. An diese Anweisung hielten sich die Mitarbeiter der Beklagten „zumindest nicht lückenlos“.
Ein Neugeborenes durfte die Frühgeburtenstation ohne Abbefundung durch den Kinderarzt nicht verlassen. Im vorliegenden Fall gab es keine Abbefundung durch den Kinderarzt, weshalb das Neugeborene auch nicht zur Zweitklägerin ins Krankenzimmer hätte gebracht werden dürfen. Das Kind hätte bis zur Endbefundung am 17. 11. 1990 – dem Tag der Entlassung der Drittklägerin – in der Frühgeburtenstation verbleiben müssen. Im konkreten Fall gab es jedenfalls keine „Verordnung“ (des Arztes), dass das Baby mit auf die Station gedurft hätte. Dass die Drittklägerin mehrfach ins Krankenzimmer der Zweitklägerin mitgenommen wurde, widersprach der Anweisung der Stationsleiterin.
Im Jahr 2012 wurde der Drittklägerin nach einer Blutspende ein Blutspenderausweis mit der Blutgruppe 0 positiv ausgestellt, obwohl im Mutter-Kind-Pass die Blutgruppe A negativ eingetragen war. Ein Mutterschaftstest bestätigte, dass die Zweitklägerin nicht die leibliche Mutter der Drittklägerin ist, womit für die beiden „eine Welt zusammenbrach“. Letztlich wurde auch der Erstkläger informiert. Nachfolgende Gentests bestätigten, dass zwischen den Klägern keine Blutsverwandtschaft besteht.
Für alle drei Kläger ist die Situation sehr belastend. Den Erstkläger und die Zweitklägerin bedrängt die Frage, was mit ihrem leiblichen Kind passiert ist. Die Drittklägerin möchte wissen, wer ihre leiblichen Eltern sind. So wie der Erstkläger und die Zweitklägerin regelmäßig darüber nachdenken, wie es ihrem leiblichen Kind ergangen ist und ergeht, beschäftigen die Drittklägerin, die rund um die Geburt ihres eigenen Sohnes massiv Sorge vor einer Kindesvertauschung hatte, regelmäßig derartige Gedanken in Bezug auf ihre leiblichen Eltern. Diese Gedanken gehen jeweils mit einer massiven psychischen Belastung einher. An der psychischen Belastung ändert auch die mittlerweile durchgeführte Adoption der Drittklägerin durch den Erstkläger und die Zweitklägerin nichts, ebenso wenig der Umstand, dass sich die Kläger trotz fehlender Blutsverwandtschaft als Familie fühlen. Das gesamte Familiengefüge ist „in gewisser Art und Weise verschoben“.
Die von den Klägern gemeinsam zu entrichtenden Adoptionskosten betragen gesamt 3.540,44 EUR.
Die Kläger begehrten von der Beklagten jeweils die Zahlung von 30.000 EUR an Schmerzengeld und 1.180,15 EUR an anteiligen Adoptionskosten sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle zukünftigen aus der Kindesvertauschung im LKH ***** resultierenden Schäden. Zwischen dem Erstkläger und der Zweitklägerin sowie der Beklagten sei es im Rahmen der Entbindung am 31. 10. 1990 zu einem Behandlungsvertrag gekommen, dessen Schutzwirkung sich auch auf die Drittklägerin erstrecke. Die Beklagte habe daher für ihre Mitarbeiter, die die Kindesvertauschung im Zeitraum zwischen 31. 10. und 1. 11. 1990 zu verantworten hätten, gemäß § 1313a ABGB einzustehen. Darüber hinaus hafte die Beklagte auch für das sie direkt treffende besonders grobe Organisationsverschulden. Die Beklagte hätte eine so sorgfältige Organisation zu gewährleisten gehabt, dass die Vertauschung von Neugeborenen ausgeschlossen ist. Da es im Verantwortungsbereich der Beklagten zur Vertauschung gekommen sei, sei augenscheinlich, dass einzuhaltende Sorgfaltsregeln gröblich missachtet worden seien; entweder sei zu wenig Personal vorhanden gewesen, oder dieses sei nicht ausreichend ausgebildet oder überwacht worden.
Die durch die Kindesvertauschung und die Nachricht hierüber verursachte erhebliche psychische (wenn auch nicht krankheitswertige) Belastung der Kläger habe die Beklagte nach den Richtlinien der Judikatur zum Trauerschmerzengeld abzugelten.
Das Feststellungsbegehren sei berechtigt, weil zu befürchten sei, dass die psychischen Beeinträchtigungen aus dem Vorfall nicht folgenlos abheilen würden und es zu einer posttraumatischen Belastungsreaktion komme.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die von den Klägern behauptete Verwechslung zwischen Geburt und Übergabe der Säuglinge im LKH ***** habe nicht stattgefunden. In welchem Krankenhaus die Drittklägerin zur Welt gekommen sei, sei der Beklagten unbekannt. Das Personal der Beklagten habe alle Regeln der Sorgfalt eingehalten. Das geltend gemachte Schmerzengeld sei unberechtigt und wesentlich überhöht. Mangels Todesfalls könne weder die Judikatur zum Trauerschmerzengeld herangezogen werden, noch liege grobe Fahrlässigkeit vor. Ein rechtliches Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung fehle.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Aus dem zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten abgeschlossenen Krankenhausaufnahmevertrag, dessen Schutzwirkung sich auf das Neugeborene und den Vater erstrecke, ergebe sich die Verpflichtung, neugeborene Kinder ihren leiblichen Eltern zu übergeben.
Gerade auf einer Geburtenstation sei es ureigenste Aufgabe der Krankenanstalt, eine Vertauschung von Neugeborenen zu verhindern. Hier seien auf der Frühgeburtenstation mehrfach und wiederholt Anordnungen der Stationsleitung missachtet worden, Kinder ohne Abbefundung durch den Arzt nicht aus der Station zu lassen. Sowohl dem Erstkläger als auch der Zweitklägerin sei es mehrfach möglich gewesen, das Kind ohne Abbefundung aus der Frühgeburtenstation mit ins Krankenzimmer zu nehmen. Diesem Umstand sei seitens des Krankenhauses nicht ausreichend Rechnung getragen worden, obwohl nicht davon auszugehen gewesen sei, dass es sich hierbei um einen Einzelfall gehandelt habe. Auch habe man im Wissen, dass Namensbänder bei Kindern insbesondere mit geringem Geburtsgewicht leicht vom Handgelenk rutschen könnten, keine weiteren Vorkehrungen getroffen. Erst 2012/2013 sei begonnen worden, den Neugeborenen zwei Namensbänder umzulegen. Dieses mehrfache Fehlverhalten der Mitarbeiter der Beklagten und deren diesbezügliche Tatenlosigkeit sei als grob fahrlässiges Organisationsverschulden zu qualifizieren, weil es objektiv geeignet sei, einen Sachverhalt wie den vorliegenden geradezu wahrscheinlich zu machen.
Ausgehend von grober Fahrlässigkeit stehe den Klägern Schmerzengeld für die erlittene massive psychische Belastung auch ohne Krankheitswert zu. Der begehrte Betrag von 30.000 EUR sei jedenfalls angemessen, um diese Beeinträchtigung „auszugleichen“, insbesondere wenn man bedenke, dass es einerseits für Kinder enorm wichtig sei, zu wissen, wer man ist und von wem man abstammt, und andererseits für Eltern die Ungewissheit darüber belastend sei, was mit dem leiblichen Kind geschehen ist.
Die Beklagte habe auch für die aufgrund der familienrechtlichen Situation erforderlichen Adoptionskosten unter Zugrundelegung der allgemeinen Schadenersatzregeln aufzukommen.
Da eine Mitkausalität bei einer später möglicherweise auftretenden psychischen Symptomatik nicht ausgeschlossen werden könne, sei das Feststellungsbegehren berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahingehend ab, dass es dem Leistungsbegehren der Kläger jeweils nur mit 1.180,15 EUR stattgab und das Schmerzengeldbegehren von je 30.000 EUR abwies. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil. Den Klägern sei durch das vertragswidrige Verhalten der Erfüllungsgehilfen der Beklagten, die nach der Geburt das Kind nicht an die leiblichen Eltern übergeben hätten, rechtswidrig und schuldhaft ein Schaden verursacht worden. Ob der Beklagten grob fahrlässiges Organisationsverschulden anzulasten sei, könne aber nach Ansicht des Berufungsgerichts dahingestellt bleiben. Da die Kläger keine Gesundheitsschädigung mit Krankheitswert erlitten hätten, komme ein Schmerzengeldzuspruch nur in Betracht, wenn ihr durch den Schaden verursachter Seelenschmerz jenem nahekomme, der typischerweise mit dem „Verlust“ (Tod, schwerste Verletzung) eines nahen Angehörigen aus der Kernfamilie verbunden sei, mit dem eine intensive Gefühlsgemeinschaft bestanden habe. Wenn man eine intensive affektive Beziehung zwischen den werdenden Eltern und ihrem noch ungeborenen Kind und eine innige Gefühlsgemeinschaft der sich auf den ersten Kontakt mit ihrem neugeborenen (leiblichen) Kind freuenden Eltern der Beurteilung dieses Falls zugrundelege, unterscheide er sich von jenem einer Totgeburt dadurch, dass der Seelenschmerz des Erstklägers und der Zweitklägerin nicht durch eine Todesnachricht, sondern durch die 22 Jahre nach der Geburt erhaltene Nachricht hervorgerufen worden sei, dass sie de facto seit der Geburt nicht mit ihrem leiblichen Kind, sondern mit der Drittklägerin eine intensive Gefühlsgemeinschaft gehabt hatten und haben, während ihnen das Schicksal ihres leiblichen Kindes verborgen bleibe. Die Drittklägerin habe Zeit ihres Lebens eine intensive Gefühlsgemeinschaft mit dem Erstkläger und der Zweitklägerin, aber nicht mit ihren leiblichen Eltern und sonstigen leiblichen Verwandten gehabt. Die damit verbundenen schmerzhaften Verlustgefühle – der Erstkläger und die Zweitklägerin wüssten nichts vom Schicksal ihres leiblichen Kindes; die Drittklägerin wisse nichts vom Schicksal ihrer leiblichen Eltern und sonstigen Blutsverwandten – seien nicht mit jener typischen Trauer vergleichbar, die die Zerstörung einer bestehenden intensiven Gefühlsgemeinschaft mit einem nahestehenden Menschen durch dessen Tod oder besonders schwere Verletzung hervorrufe. In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage sei den Klägern das begehrte Schmerzengeld daher nicht zuzuerkennen.
Die Zuerkennung des Ersatzes der zur rechtlichen Nachbildung einer Eltern-Kind-Beziehung der Kläger erforderlichen Adoptionskosten werde in der Rechtsrüge der Berufung nicht thematisiert, sodass das Berufungsgericht insoweit die rechtliche Beurteilung des Ersturteils mangels gesetzmäßiger Rechtsrüge nicht überprüfen dürfe.
Ausgehend davon, dass eine Mitkausalität der „Kindesvertauschung“ für später möglicherweise auftretende psychische Symptome der Kläger nicht ausgeschlossen werden könne, sei den Klägern ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung zuzubilligen.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zur Beurteilung der Frage zu, ob der Schaden der Kläger eine Körperverletzung im Sinn des § 1325 ABGB sei (für die Schmerzengeld zuerkannt werden könne) und ob den Klägern im Wege einer Rechtsanalogie als Ausgleich ihrer schmerzhaften Verlustgefühle ein nicht als Schmerzengeld zu beurteilender immaterieller Schadenersatz zuerkannt werden könne.
Gegen die Abweisung des von den Klägern je mit 30.000 EUR sA geltend gemachten Schmerzengeldes richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der Klage auch hinsichtlich dieser Begehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Gegen den Zuspruch von insgesamt 3.540,44 EUR an die Kläger und die Stattgebung des Feststellungsbegehrens richtet sich die Revision der Beklagten wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im zur Gänze klagsabweisenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben.
Die Revision der Beklagten ist unzulässig.
Die Revision der Kläger ist zulässig und teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
A. Zur Revision der Beklagten
1. Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hat, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0102059).
Zu den vom Berufungsgericht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichneten Rechtsfragen nimmt die Beklagte in ihrem Rechtsmittel nicht Stellung. Auch im Übrigen zeigt die Beklagte keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf:
1.1 Die Beklagte macht eine Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, weil sich das Berufungsgericht mit ihrer Beweisrüge inhaltlich gar nicht, zumindest nicht hinreichend auseinandergesetzt habe, es liege eine Scheinbegründung vor.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS‑Justiz RS0043150; RS0043371). Das ist hier der Fall. Eine bloß mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung– wie sie nach dem Dafürhalten der Beklagten hier gegeben sein soll – kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RIS‑Justiz RS0043371).
1.2 Die Überlegungen der Beklagten zur Beweislastverteilung setzen sich über die Feststellung hinweg, dass die Vertauschung des Kindes nicht nach dem erstmaligen Kontakt der Drittklägerin zum Erstkläger und zur Zweitklägerin am 1. 11. 1990 stattfand, womit feststeht, dass das leibliche Kind des Erstklägers und der Zweitklägerin mit der Drittklägerin vertauscht wurde, als es sich in der Obhut von Erfüllungsgehilfen der Beklagten befand.
Trifft das Gericht eine eindeutige (sei es positive oder negative) Feststellung, so ist für die Anwendung von Beweislastregeln kein Platz (RIS‑Justiz RS0039903 [T1]).
1.3 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Interesse an der Feststellung der Haftung des Schädigers für künftige Schäden des Geschädigten im Sinne des § 228 ZPO zu verneinen, wenn weitere Schäden aus dem im Feststellungsbegehren bezeichneten Ereignis ausgeschlossen werden können (RIS‑Justiz RS0038826), anderenfalls – also wenn die Möglichkeit offenbleibt, dass das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachenkönnte – ist es zu bejahen (RIS‑Justiz RS0038865; RS0039018 [T1]; RS0038976).
Nach den Feststellungen des Erstgerichts kann eine Mitkausalität der „Kindesvertauschung“ für eine später bei den Klägern möglicherweise auftretende psychische Symptomatik nicht ausgeschlossen werden. Damit setzt sich die Rechtsrüge der Beklagten, die releviert, den Klägern fehle ein Feststellungsinteresse, nicht auseinander.
2. Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung betreffend die Revision der Beklagten gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Dass das Berufungsgericht die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Satz 1 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten hat, hindert die Kostenentscheidung im Fall, dass eine Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen wird, nicht (vgl RIS‑Justiz RS0123222). Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Im Revisionsverfahren gebührt aber lediglich der einfache Einheitssatz (§ 23 Abs 3 und 5 RATG).
B. Zur Revision der Kläger
I. Die Verletzung des Krankenhaus-aufnahmevertrags als Anspruchsgrundlage
1.1 Wird ein Patient in ein Krankenhaus stationär aufgenommen und heilbehandelt, schließt er einen Krankenhausaufnahmevertrag mit dem Rechtsträger des Krankenhauses ab. Der (totale) Krankenhausaufnahmevertrag ist ein umfassender Vertrag und verpflichtet den Krankenhausträger nicht nur zur sachgemäßen Behandlung durch das ärztliche und pflegende Personal der Krankenanstalt, sondern auch zur Pflege, Verpflegung und Beherbergung des Patienten und zur Wahrung seiner körperlichen Sicherheit (Kletečka-Pulker in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch Medizinrecht Kap. I.1.7; Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 Kap III Rz 24 und 33; Neumayr in Neumayr/Resch/Wallner, Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht [2016] ABGB Rz 28). Dazu tritt in der Neonatologie und Pädiatrie die Betreuung und lückenlose Beaufsichtigung ins Krankenhaus aufgenommener (unbegleiteter) Kinder, die nicht für sich selbst zu sorgen imstande sind.
1.2 Der Behandlungsvertrag ist nach herrschender Ansicht ein freier Dienstvertrag, der als gemischter Vertrag Elemente des Dienstvertrags und des Werkvertrags in sich vereint (vgl RIS‑Justiz RS0021338; Kletečka-Pulker in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch Medizinrecht Kap I.1.2.1; Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 Kap III Rz 23; Kindel, Besonderheiten und Rechtsfolgen des ärztlichen Behandlungsvertrages [2009] 22). Im Regelfall wird aus dem Vertragsverhältnis kein Erfolg, insbesondere Heilung oder Gesundung geschuldet, sondern eine fachgerechte, dem objektiven Standard des besonderen Fachs entsprechende Behandlung (RIS‑Justiz RS0021335). Die Pflichten der Krankenanstalt im Rahmen eines Krankenhaus-aufnahmevertrags gehen aber – wie gezeigt wurde – über die fachgerechte medizinische Behandlung hinaus. Dieser Vertrag kann daher neben der Dienst- und Werkvertragskomponente auch Wesenszüge anderer Verträge, etwa eines Kaufvertrags (Verköstigung), aufweisen (Engljähringer, Ärztlicher Behandlungsvertrag, ÖJZ 1993, 488 [496]).
Eine Einordnung der jeweiligen Leistungen ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Ist eine Aufspaltung in Einzelleistungen nicht möglich, sind die einzelnen Leistungspflichten aus dem Vertrag nach der Kombinationstheorie zu beurteilen: Der gesetzlichen Vorschrift desjenigen Vertragstyps, dem die jeweilige Pflicht entstammt, wird die dort jeweils angeordnete Rechtsfolge entnommen (vgl Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 Kap III Rz 23; Neumayr in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch Medizinrecht Kap. II.5.1.2.4). Ob ein Erfolg oder ein sorgfältiges Bemühen geschuldet wird, bestimmt sich danach, ob das angestrebte Ergebnis von Faktoren abhängig ist, die trotz sachkundigen Einsatzes nicht beherrschbar sind (vgl Kindel, Besonderheiten und Rechtsfolgen des ärztlichen Behandlungsvertrages [2009] 22).
1.3 Nach dem erkennbaren bzw typischen Zweck eines im Rahmen der Geburtshilfe und Neonatologie geschlossenen Krankenhausaufnahmevertrags trifft die Krankenanstalt die Verpflichtung, ein Neugeborenes unmittelbar nach seiner Geburt in einer jeden Zweifel und jegliche künftige Verwechslung ausschließenden Weise seiner leiblichen Mutter zuzuordnen und nach Durchführung der erforderlichen Behandlungs- und Pflegemaßnahmen dieses Kind seinen Obsorgeberechtigten zu übergeben. Wenn die Mutter aufgrund einer Vollnarkose – wie hier – direkt nach der Entbindung noch keinen Kontakt zu ihrem Neugeborenen hatte, ist sie umso mehr darauf angewiesen, dass die Erfüllungsgehilfen der Krankenanstalt das richtige Kind als das ihre ausgeben.
1.4 Anders als die Heilung oder Gesundung sind die aus dem Krankenhausaufnahmevertrag nach einer Entbindung geschuldete eindeutige Identifikation des Neugeborenen sowie die nach der Behandlung auf der Neonatologie geschuldete Übergabe des richtigen Kindes an seine Obsorgeberechtigten nicht von unkalkulierbaren physischen, physiologischen oder psychischen Komponenten auf Patientenseite abhängig, sondern steuerbar. Der Krankenhausträger schuldet insoweit einen von der ärztlichen Tätigkeit als solche klar unterscheidbaren Erfolg (vgl Neumayr in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch Medizinrecht Kap. II.5.1.2.4).
2.1 Der Abschluss eines Behandlungs- und eines Krankenhausaufnahmevertrags unterliegt keinen gesetzlichen Formvorschriften und erfolgt in den meisten Fällen durch schlüssige Willenserklärungen (Kletečka-Pulker in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch MedizinrechtKap I.1.8.2; Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 Rz 44; vgl auch 4 Ob 210/07x).
2.2 Zu einem Auseinanderfallen von Vertragspartei und behandelter Person kann es insbesondere bei der Behandlung Minderjähriger kommen. Der auf die Behandlung/Krankenhausaufnahme eines Minderjährigen gerichtete Vertrag kann entweder vom Minderjährigen, vertreten durch einen gesetzlichen Vertreter, oder von einer voll geschäftsfähigen Person (regelmäßig dem gesetzlichen Vertreter) in eigenem Namen geschlossen werden; der Minderjährige wird im zweiten Fall begünstigter Dritter (Neumayr in Neumayr/Resch/Wallner, Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht [2016] ABGB Rz 19; Engljähringer, Ärztlicher Behandlungsvertrag, ÖJZ 1993, 488 [493]).
2.3 Aus dem Behandlungs- und Krankenhausaufnahmevertrag entstehen auch Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber bestimmten dritten Personen, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluss voraussehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist (RIS‑Justiz RS0021902 [T1]; RS0017195 [T9]). Diesen dritten Personen wird die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus dem fremden Vertrag zuerkannt (RIS‑Justiz RS0037785).
2.4 Auch wenn die Beklagte im Revisionsverfahren nicht mehr in Zweifel zieht, dass sie gegenüber allen drei Klägern aus Vertrag haftet, wovon bereits die Vorinstanzen übereinstimmend ausgegangen sind, sind folgende Klarstellungen geboten:
Zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten kam ein Krankenhausaufnahmevertrag mit dem oben beschriebenen, für den vorliegenden Sachverhalt wesentlichen Inhalt zustande. Für ihr Neugeborenes schloss die Zweitklägerin mit der Beklagten ebenfalls konkludent einen Krankenhausaufnahmevertrag. Ob dieser Vertragsschluss bereits anlässlich der Einwilligung der Zweitklägerin in die Kaiserschnittentbindung unter Vollnarkose aufschiebend bedingt durch die Lebendgeburt des Nasciturus erfolgte oder ob zu diesem Zeitpunkt nur ein Anbot der Zweitklägerin vorlag, das von der Krankenanstalt durch die Übernahme des – sodann rechtsfähigen – Neugeborenen in Obhut, Behandlung und Betreuung angenommen wurde, kann dahingestellt bleiben. Diese beiden Verträge entfalten Schutzwirkungen zugunsten des Erstklägers einerseits als Ehemann der Zweitklägerin und andererseits als Vater des Neugeborenen derart, dass er bei Vertauschung des Neugeborenen von der Krankenanstalt Schadenersatz wegen Verletzung vertraglicher Pflichten begehren kann.
Nach den Feststellungen ist davon auszugehen, dass für die Drittklägerin ein dem Krankenhausaufnahmevertrag des leiblichen Kindes des Erstklägers und der Zweitklägerin äquivalenter Krankenhausaufnahmevertrag geschlossen wurde, befand sich die Drittklägerin doch in Obhut, Behandlung und Betreuung der Beklagten auf der Frühgeburtenstation, als sie dort – mit einer „Nadel“ im Kopfbereich – das erste Mal fälschlicherweise dem Erstkläger als dessen Tochter übergeben wurde. Selbst wenn die Drittklägerin nicht im LKH ***** geboren worden wäre, hätte ihre leibliche Mutter (oder jemand für die Mutter) die als Frühgeburt behandlungs- und pflegebedürftige Drittklägerin der Obhut, Behandlung und Betreuung der Frühgeburtenstation überantwortet, die die Krankenanstalt – wie festgestellt – übernommen hat.
Nicht nur aus den mit den Müttern, sondern auch aus den zugunsten der Kinder geschlossenen Verträgen war die Beklagte zur Wahrung der Identität der Neugeborenen und zum Ausschluss einer Vertauschung verpflichtet.
3.1 Die Vertauschung des leiblichen Kindes des Erstklägers und der Zweitklägerin mit der Drittklägerin im LKH ***** zwischen 31. 10. 1990, 19:19 Uhr, und 1. 11. 1990 (nachmittags) und die irrige Überlassung der Drittklägerin an den Erstkläger sowie die Zweitklägerin als deren leibliches Kind ist als Verletzung einer aus den aufgezeigten Krankenhausaufnahmeverträgen resultierenden Erfolgs-verbindlichkeit zu qualifizieren, wobei der Zweck eines Krankenhausaufnahmevertrags im Zusammenhang mit der Geburtshilfe und der Behandlung eines Neugeborenen auf der Frühgeburtenstation gerade auch auf den hier nicht geleisteten Erfolg ausgerichtet ist.
3.2 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Verhalten der Beklagten ein Eingriff in das nach § 16 ABGB, Art 8 MRK absolut geschützte Recht auf Leben in und mit der Familie (vgl RIS‑Justiz RS0047754; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 16 Rz 9) und auf Kenntnis der biologischen Abstammung (vgl RIS‑Justiz RS0127252; Aicher aaO Rz 33; Meyer-Ladewig, EMRK4 Art 8 Rn 22) ist. Durch die Vertauschung wurde das vom Erstkläger und der Zweitklägerin intendierte Familienleben mit ihrem leiblichen Kind verhindert; der Drittklägerin wurde die Kenntnis ihrer biologischen Eltern und ihrer Herkunft unmöglich gemacht.
3.3 Da die Beklagte gegen vertragliche Pflichten verstoßen hat, hat sie den Klägern für alle Hilfspersonen einzustehen (Erfüllungsgehilfenhaftung, § 1313a ABGB), und es greift die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB. Als Sorgfaltsmaßstab gilt § 1299 ABGB.
II. Zur Ersatzfähigkeit des geltend gemachten ideellen Schadens
1.1 „Verletzung an der Gesundheit“ ist eine Störung der inneren Lebensvorgänge. Hierbei muss es sich aber zum Beispiel um massive Einwirkung in die psychische Sphäre (zum Beispiel einen Schock) handeln; eine psychische Einwirkung, die bloß das seelische Wohlbefinden beeinträchtigt, ist keine Gesundheitsverletzung. Von einer ersatzfähigen Gesundheitsschädigung ist dann auszugehen, wenn körperliche Symptome vorliegen, die als Krankheit anzusehen sind. Entscheidend ist daher, ob die psychische Beeinträchtigung behandlungsbedürftig oder wenigstens ärztlich diagnostizierbar und damit medizinisch fassbar ist (RIS‑Justiz RS0030778).
1.2 Gemäß § 1325 ABGB können psychische Beeinträchtigungen von Krankheitswert, die nahe Angehörige eines Getöteten erleiden (sogenannte Schockschäden), bereits bei leichter Fahrlässigkeit zu deliktischen oder – etwa im Fall eines für den Tod kausalen ärztlichen Kunstfehlers (9 Ob 83/09k) – vertraglichen Ansprüchen gegen den Schädiger führen (Danzl in KBB5 § 1325 ABGB Rz 29). Die Ersatzfähigkeit setzt voraus, dass der psychisch Beeinträchtigte ein naher Angehöriger des Getöteten oder Schwerstverletzten ist. Dabei wird darauf abgestellt, dass die Verletzungshandlung (das Schockerlebnis) typischerweise in hohem Maß geeignet erscheint, eine Folge wie die ausgelöste herbeizuführen (vgl RIS‑Justiz RS0117794). Schockschäden kommen freilich auch dann in Betracht, wenn der Schädiger dem Geschädigten eine unmittelbare psychische Schädigung zufügt (2 Ob 120/02i; 2 Ob 39/09p).
1.3 In Anlehnung an die zu Schockschäden entwickelte Judikatur bejahte der Oberste Gerichtshof zu 4 Ob 8/11x den Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer schuldhaften Verletzung des Wohlverhaltensgebots des § 145b ABGB (nunmehr § 159 ABGB) durch einen Elternteil und einer dadurch verursachten psychischen Beeinträchtigung mit Krankheitswert des anderen Elternteils und einen daraus resultierenden Schadenersatzanspruch des Geschädigten.
1.4 Die festgestellten intensiven Gefühle der Kläger als Reaktion auf die Aufdeckung der Kindesvertauschung haben in diesem Fall allerdings unstrittig (bislang) zu keinen nach § 1325 ABGB ersatzfähigen krankheitswertigen Gesundheitsschäden geführt. Die Kläger begehren die Abgeltung rein ideeller Schäden.
2.1 Gegen die Ersatzfähigkeit von bloßem Seelenschmerz wird eingewandt, dass dieser einerseits allgemeines Lebensrisiko und andererseits nicht objektivierbar sei (vgl Wagner in Schwimann/Kodek 4 § 1293 ABGB Rz 49c).
Lange Zeit wurde von der Rechtsprechung daher der Ersatz ideellen Schadens im Allgemeinen nur in den vom Gesetz angeführten Fällen zugesprochen (GlUNF 4185; 6 Ob 9/88; Danzl in KBB5 § 1293 ABGB Rz 2; Reischauer in Rummel 3 § 1324 ABGB Rz 11). Ein Teil der Lehre (F. Bydlinski, Der Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl 1965, 247; Karner/Koziol, Ideeller Schaden 17 ff) vertrat demgegenüber die Auffassung, die Worte „Tilgung der angemessenen Beleidigung“ in § 1323 ABGB ordneten einen Ersatz ideellen Schadens an, der – bei Fehlen von Sondervorschriften, die den Ersatz ideeller Nachteile erweiterten (§ 1325 ABGB), einschränkten (§ 1331 ABGB) und ausschlössen (§ 1330 ABGB) – bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zu erfolgen habe. Für den Ersatz sei aber stets die Verletzung eines Persönlichkeitsrechts erforderlich, während reine Gefühlsschäden nicht ersatzfähig seien (F. Bydlinski, Der Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl 1965, 243 f; Karner, ZVR 2001, 287). Ein anderer Teil der Lehre wiederum will aufgrund einer umfassenden Rechtsanalogie zu neueren, den ideellen Schadenersatz regelnden, Bestimmungen bereits leichte Fahrlässigkeit für den Ersatz genügen lassen (Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03 § 1324 Rz 3), und zwar insbesondere dort, wo aufgrund der Drittwirkung der Grundrechte Ersatz zu leisten sei (Reischauer in Rummel 3 § 1324 ABGB Rz 10).
2.2 Erstmals in der Entscheidung 2 Ob 84/01v anerkannte der Oberste Gerichtshof den Anspruch naher Angehöriger auf Ersatz des reinen Trauerschadens bei Tötung eines Angehörigen, womit „eine echte Ausdehnung des Anspruchs auf immateriellen Schadenersatz erfolgte“ ( Hinteregger , Trauerschmerzengeld und der Anspruch auf immateriellen Schadenersatz im österreichischen Recht; FS Danzl [2017] 74). Der Oberste Gerichtshof führte begründend aus, dass es besonders befremdlich ist, wenn das Gesetz bei Beschädigung einer Sache unter bestimmten Voraussetzungen Gefühlsschäden ausdrücklich berücksichtigt (§ 1331 ABGB), bei Tötung eines geliebten Menschens hingegen nicht. Es ist daher eine Gesetzeslücke anzunehmen, die im Wege der Analogie zu schließen ist. Aus § 1331 (Affektionsinteresse), § 1328 (idF BGBl 1996/759; geschlechtlicher Missbrauch), § 1329 ABGB (Freiheitsentziehung) und § 213a ASVG (Integritätsabgeltung) lässt sich der Grundgedanke ableiten, dass es für die Ersatzfähigkeit vergleichbarer ideeller Schäden – ohne Vorliegen einer Körperverletzung (§ 1325 ABGB) – eines qualifizierten Verschuldens bedürfe, möge im Einzelnen der genaue Verschuldensgrad auch strittig sein (vgl RIS‑Justiz RS0115190).
Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung kommt ein Ersatz des Seelenschmerzes über den Verlust naher Angehöriger, der zu keiner eigenen Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1325 ABGB geführt hat, nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Schädigers in Betracht. Bei leichter Fahrlässigkeit oder im Fall bloßer Gefährdungshaftung fehlt es hingegen an der erforderlichen Schwere des Zurechnungsgrundes (RIS‑Justiz RS0115189).
In der letzten Zeit wird in der Lehre – teilweise unter Hinweis auf jüngere gesetzliche Bestimmungen, die ideellen Schadenersatz auch bei leichter Fahrlässigkeit vorsehen (§§ 1328, 1328a ABGB; § 31e KSchG) – vermehrt die Ansicht vertreten, Trauerschmerzengeld gebühre auch schon bei leichter Fahrlässigkeit des Schädigers (Ch. Huber in Schwimann, ABGB-TaKomm3 [2015], § 1325 Rz 141; Hinteregger, Trauerschmerzengeld und der Anspruch auf immateriellen Schadenersatz im österreichischen Recht,FS Danzl [2017] 71 mwN; vgl auch Karner, Zur Ersatzfähigkeit von Schock- und Trauerschäden – eine Bilanz, FS Danzl [2017] 87 [98] mwN, der diese Ansicht als zumindest überlegenswert bezeichnet). Dem erteilte der Oberste Gerichtshof allerdings bereits wiederholt eine Absage (2 Ob 163/06v; zuletzt 2 Ob 189/16g).
2.3 Auch im Zusammenhang mit schuldhaften Vereitelungen des Kontaktrechts eines Elternteils zum Kind durch den anderen Elternteil – also im Rahmen einer bestehenden Sonderverbindung – lehnte der Oberste Gerichtshof den Ersatz seelischer Schmerzen ohne Krankheitswert jedenfalls bei bloß leichter Fahrlässigkeit ab (9 Ob 28/14d; Kathrein, Kein Schmerzengeld für den bloßen Trennungsschmerz bei Unterbrechung des Kontakts zum Kind, ZVR 2015/59).
2.4 Schließlich verlangte der Oberste Gerichtshof jüngst in der Entscheidung 1 Ob 114/16w auch im Rahmen eines Vertragsverhältnisses grobe Fahrlässigkeit des Schädigers für den Zuspruch von Trauerschmerzengeld, und zwar bei einer durch grob fahrlässige Fehlbehandlung im Zuge eines Krankenhausaufnahmevertrags verursachten Totgeburt (Karner, Trauerschmerzengeld nach grob schuldhaft verursachter Totgeburt, RdM 2017/63; Ch. Huber, Zuspruch von Trauerschmerzengeld an beide Elternteile im Fall einer Totgeburt – Bestandsaufnahme und weitergehende Überlegungen, ÖJZ 2017/52).
3.1 Im Anlassfall liegt eine massivste Beeinträchtigung der Kläger vor, die entgegen der Meinung des Berufungsgerichts der Tötung oder „schwersten“ Verletzung eines nahen Angehörigen vergleichbar ist: Der Erstkläger und die Zweitklägerin werden aufgrund der Kindesvertauschung aller Voraussicht nach nie erfahren, was mit ihrem leiblichen Kind passiert ist, wie es ihm ergangen ist, ob es überhaupt noch lebt, ob es die Liebe bekommen hat, die ihm seine wahren Eltern hätten schenken wollen. Die Drittklägerin hat über 20 Jahre in dem Glauben gelebt, bei ihren leiblichen Eltern aufzuwachsen, um dann zu erfahren, dass ihre Identität auf einem Irrtum beruht. Ihre biologische Herkunft wird ihr voraussichtlich immer verborgen bleiben. Die leiblichen Eltern der Drittklägerin sowie das leibliche Kind des Erstklägers und der Zweitklägerin sind zwar möglicherweise noch am Leben, die Kläger werden daran aber nie teilnehmen.
Den Klägern ist daher in Übereinstimmung mit den zum Trauerschmerzengeld entwickelten Grundsätzen Ersatz für den erlittenen Seelenschmerz zu gewähren. Dass der Seelenschmerz den Klägern vom Schädiger in diesem Fall unmittelbar zugefügt wurde (und nicht mittelbar durch Schädigung eines nahen Angehörigen; vgl die obigen Ausführungen zum Schockschaden), ist insofern von Bedeutung, als nicht auf die intensive Gefühlsgemeinschaft zwischen dem mittelbar und unmittelbar Geschädigten abgestellt werden muss, um den ersatzberechtigten Angehörigenkreis einzugrenzen. Dass die Vertauschung und– damit verbunden – das Verschwinden des leiblichen Kindes typischerweise in hohem Maß geeignet ist, zu einer Trauerreaktion bei den Eltern zu führen, und dies ein maßstabgerechter Mensch ex ante erkennen kann, bedarf keiner näheren Erörterung. Gleiches gilt für die durch die Vertauschung ausgelöste Identitätskrise bei dem betroffenen Kind.
III. Zum Grad des Verschuldens
1.1 Eine nähere Erörterung, ob der geltend gemachte Ersatz ideeller Schäden stets grobes Verschulden voraussetzt oder ob – insbesondere angesichts neuerer gesetzlicher Regelungen wie vor allem § 1328a ABGB – ein Zuspruch unter bestimmten Voraussetzungen bereits bei leichter Fahrlässigkeit in Betracht kommt, kann hier schon deshalb unterbleiben, weil der Beklagten aus folgenden Erwägungen grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist:
1.2 Grob fahrlässiges Organisationsverschulden erfordert einen objektiv und auch subjektiv schweren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss also in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt werden. Dasjenige muss unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall eigentlich jedem hätte einleuchten müssen. Voraussetzung dafür ist in der Regel das Bewusstsein der Gefährlichkeit des eigenen Verhaltens (RIS‑Justiz RS0110748). Eine Vielzahl von Nachlässigkeiten und Unvorsichtigkeiten, von denen jede für sich die Gefahr eines Schadens erhöht, kann zur Haftung wegen grober Fahrlässigkeit führen (RIS‑Justiz RS0129403).
2.1 Die Sorgfaltsanforderungen an die Beklagte sind in einem Fall wie dem vorliegenden ganz besonders hoch. Einerseits sind die durch die Vertragserfüllung berührten Persönlichkeitsrechte (Familie, Identität, biologische Abstammung) von besonderer Wertigkeit, andererseits ist die Schutzbedürftigkeit sowohl der Mütter und Väter als auch der Frühgeborenen hoch und die Gefahr groß, dass eine Verwechslung von Neugeborenen nie oder viel zu spät aufgeklärt wird. Allein das Vertrauen, das einerseits eine werdende Mutter den Abläufen im Kreißsaal – bei einer Kaiserschnittentbindung unter Vollnarkose ist sie „blind“ auf ein korrektes Vorgehen der Mitarbeiter der Krankenanstalt angewiesen –, anderseits Eltern eines Frühgeborenen einer geordneten Organisation auf der Neonatologie entgegenbringen müssen, gebietet es, die Verpflichtung der Krankenanstalt, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Vertauschungen auszuschließen, äußerst streng zu sehen.
2.2 Fest steht, dass die Drittklägerin zwischen 31. 10. 1990, 19:19 Uhr, und 1. 11. 1990 (nachmittags) vertauscht wurde, also innerhalb von nicht einmal 24 Stunden.
Die Hintergründe dieser Verwechslung stehen zwar nicht fest, allerdings wurde die Drittklägerin dem Erstkläger von der Frühgeburtenstation als Tochter präsentiert.
Das bedeutet, dass die Drittklägerin zu diesem Zeitpunkt entweder a) gar kein oder aber b) das Namensband der leiblichen Tochter des Erstklägers und der Zweitklägerin trug (Der Fall, dass die Drittklägerin zwar ihr richtiges Namensband trug, aber dennoch am 1. 11. 1990 an den Erstkläger als dessen vermeintlich leibliches Kind herausgegeben wurde und die Verwechslung anschließend bis zur Entlassung der Drittklägerin aus der Krankenhausbetreuung niemandem auffiel, liegt hingegen außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, wäre aber – da dann die Mitarbeiter des Krankenhauses das Namensband zwischen 31. 10. und 17. 11. 1990 zu keinem Zeitpunkt kontrolliert und beachtet hätten, insbesondere nicht beim Erstkontakt zwischen der Drittklägerin und dem Erstkläger am 1. 11. – eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten).
Im ersten Fall a) läge ein krasser Verstoß gegen die üblichen Abläufe vor, war doch das Namensband dem Frühgeborenen entweder unmittelbar nach der Geburt umzulegen oder sobald es sein Zustand erlaubte. Da die Drittklägerin dem Erstkläger ins Krankenzimmer der Zweitklägerin mitgegeben wurde, war ihr Zustand jedenfalls so weit stabil, dass auch ein Namensband hätte angelegt werden können und müssen. Sollte die Drittklägerin ohne Namensband dem Erstkläger mitgegeben worden sein, wäre der Beklagten überdies zur Last zu legen, dass hier – obwohl dies Voraussetzung für das Verlassen der Frühgeburtenstation durch den Säugling gewesen wäre – keine Abbefundung durch den Kinderarzt stattgefunden hatte, bei der wohl das Fehlen des (für die Identifikation essentiellen) Namensbands aufgefallen wäre, was zu einer Überprüfung der unklaren Identität des Neugeborenen geführt hätte. Es läge daher insgesamt eine grobe Sorgfaltswidrigkeit der Mitarbeiter der Frühgeburtenstation vor.
Im zweiten Fall b) allerdings wäre der Drittklägerin das für die leibliche Tochter des Erstklägers und der Zweitklägerin vorgesehene oder gehörige Namensband entweder bereits ursprünglich falsch angelegt worden, oder aber die Namensbänder (und damit die Mädchen) wären irgendwann innerhalb von nicht einmal 24 Stunden vertauscht worden.
Hier sind zwei Subvarianten denkbar: Die erste Subvariante setzt voraus, dass zwei frühgeborene, sehr kleine und leichte Mädchen beide (noch) kein Namensband trugen und auch nicht in ihrem jeweils mit ihrem Namen beschrifteten Bett lagen, etwa weil sie zeitgleich außerhalb ihrer Betten versorgt wurden, ohne dass auf die fehlenden Identifikationsmerkmale (insbesondere Namensbänder) geachtet worden wäre, was wegen der damit verbundenen massiven Verwechslungsgefahr ebenfalls als grob sorgfaltswidrig zu beurteilen wäre, sodass das eine Mädchen schlussendlich das Namensband des anderen erhielt und umgekehrt. Das bedeutet aber, dass – auffallend sorglos – bei beiden involvierten Kindern die Namensbänder nicht gleich bei der ersten Gelegenheit richtig angelegt und/oder nicht ständig an deren Handgelenk belassen worden wären. Die zweite Subvariante ist, dass ein Dritter die beiden Mädchen vertauschte, indem er ihre Namensbänder auswechselte und sie in das jeweils andere Bett legte. Wäre jedoch einem Dritten eine derartige Manipulation unbemerkt möglich gewesen, hätten die Mitarbeiter der Frühgeburtenstation ihre Aufsichtspflichten in einem besonders sensiblen Bereich krass verletzt und hätte der Verstoß der Mitarbeiter der Beklagten gegen die Anweisung, die Tür zur Frühgeburtenstation ständig verschlossen zu halten und nur Eltern der Frühgeborenen nach Anläuten Zutritt zu gewähren, den Schadenseintritt erheblich begünstigt. In beiden Subvarianten wäre die Gefahr einer Vertauschung überdies dadurch beträchtlich erhöht worden, dass die Namensbänder bei Neugeborenen mit geringem Gewicht leicht vom Handgelenk rutschen und auch abgenommen werden konnten.
Letztlich hätte die Beklagte auch für ein vorsätzliches Verhalten eines ihrer Mitarbeiter im Kreißsaal und auf der Frühgeburtenstation einzustehen, weil die schädigende Handlung des Gehilfen mit der Erfüllung (Identifikation und Übergabe des richtigen Kindes) in einem inneren Sachzusammenhang gestanden wäre, hatte die Beklagte ihre Mitarbeiter ja gerade mit der Obhut für die Neugeborenen betraut (vgl RIS‑Justiz RS0028626).
Jede dieser denkbaren Varianten – die Beklagte selbst vermochte keine Erklärung zu geben, wie es in ihrem Verantwortungsbereich zur Verwechslung gekommen sein könnte – fällt der beklagten Krankenanstalt daher als grobes Verschulden zur Last, wobei die – leicht vermeidbaren – festgestellten Organisationsmängel die Gefahr des Schadenseintritts hier erheblich erhöhten.
Der Ersatzanspruch der Kläger ist daher in Entsprechung der bisherigen zum Trauerschmerzengeld ergangenen Judikatur zu bejahen.
IV. Zur Höhe des Ersatzes
Auch Schmerzengeld wegen seelischer Schmerzen ist global zu bemessen (jüngst etwa 1 Ob 114/16 mwN). Das höchste bislang zuerkannte Trauerschmerzengeld betrug 20.000 EUR (für die Eltern eines durch den Unfall getöteten sechsjährigen Kindes: 2 Ob 263/06z; für die Eltern einer haushaltszugehörigen 19‑jährigen Tochter: 2 Ob 55/08i), wobei diese Entscheidungen bereits länger zurückdatieren.
In Anbetracht der Schwierigkeiten einer monetären Bewertung seelischer Schmerzen ist eine einheitliche Spruchpraxis von besonderer Bedeutung (Koziol, Grundfragen des Schadenersatzrechts [2010] 5/12). Es ist daher eine Orientierung an den bislang zugesprochenen Beträgen geboten, die eine seither eingetretene Geldentwertung berücksichtigt, sodass für die hier vorliegende quälende Ungewissheit und „Verschiebung“ des Familiengefüges jedem Kläger ein Ersatzbetrag von 20.000 EUR zugesprochen werden kann.
Der Revision der Kläger war daher teilweise Folge zu geben.
V. Der Kostenvorbehalt betreffend die Revision der Kläger gründet sich auf § 52 Abs 3 Satz 1 ZPO. Da das Berufungsgericht die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 1 bzw Abs 3 Satz 1 ZPO vorbehalten hat, ist auch vom Obersten Gerichtshof keine Kostenentscheidung zu treffen (Fucik in Rechberger, ZPO4 § 52 Rz 2).
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