Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, von den insgesamt mit 3.432,16 EUR (darin 572,03 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei dieser binnen 14 Tagen 2.711,41 EUR (darin 451,90 EUR an USt) zur ungeteilten Hand zu ersetzen, die erstbeklagte Partei ist darüber hinaus schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen weitere 720,75 EUR (darin 120,13 EUR an USt) zu ersetzen.
Begründung
Die klagende Partei schloss als Kreditgeberin mit dem Erstbeklagten als Kreditnehmer am 3. 5. 2007 einen Kreditvertrag ab und räumte diesem dabei einen zum 15. 6. 2022 endfälligen Yen‑Fremdwährungskredit im Gegenwert von maximal 370.000 EUR mit der Möglichkeit ein, zum Zeitpunkt jeder Tranchenfälligkeit in Schweizer Franken zu tauschen. Die Zinsen waren quartalsweise fällig.
Neben der Verpfändung von zwei Lebensversicherungen wurde zur Besicherung des Kredits vereinbart, dass der Erstbeklagte der klagenden Partei ein mit monatlich mindestens 1.200 EUR zu dotierendes Wertpapierdepot verpfändet, das wie die beiden Lebensversicherungen als Tilgungsträger fungieren sollte. Zur weiteren Sicherstellung des Kredits räumten die Zweit‑ und der Drittbeklagte auf zwei in ihrem Hälfteeigentum stehenden Liegenschaften der klagenden Partei ein Simultanpfandrecht bis zum Höchstbetrag von 369.000 EUR ein.
Im Kreditvertrag wurde auch eine sogenannte „Schwellenwertklausel“ mit folgendem Wortlaut vereinbart:
Sollte sich die jeweilige Aushaftung auf dem gegenständlichen Kreditkonto umgerechnet in Euro auf Grund von Wechselkursveränderungen um mehr als 10 % gegenüber der Kreditzuzählung erhöhen, sind Sie umgehend
verpflichtet, der Bank akzeptabel erscheinende Sicherheiten zumindest im Ausmaß der Veränderung beizubringen. Sollte diesbezüglich kein Einvernehmen erzielt werden, und kommen Sie diesen Verpflichtungen nicht nach, ist die Bank berechtigt, ohne Einhaltung einer Frist und ohne vorherige Rücksprache mit Ihnen, den Fremdwährungskredit gegen Euro abzurechnen und Ihrem Verrechnungskonto anzulasten, um ein weiteres Kursrisiko zu vermeiden.
Dem Vertragsverhältnis liegen zudem die AGB und die Allgemeinen Bedingungen für Verbraucherkredite der klagenden Partei zugrunde, die jeweils eine Kündigung aus wichtigem Grund vorsehen. Als Kündigungsgründe wurden unter anderem eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse, eine wesentliche Änderung in der Besicherung, die nicht vertragskonforme Zahlung auf vereinbarte Ansparprodukte und die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Bestellung oder Bestärkung von Sicherheiten vereinbart.
Nachdem der Erstbeklagte wegen des von ihm im Zuge der allgemeinen Finanzmarktkrise befürchteten Wertverfalls von Fondsprodukten die Zahlungen auf das Wertpapierdepot eigenmächtig eingestellt hatte, vereinbarte er mit der klagenden Partei (auch im Zusammenhang mit einer mangels ausreichenden Sicherungen bestehenden Deckungslücke von knapp 100.000 EUR) letztendlich, dass er stattdessen fünf Lebensversicherungen mit der auch ursprünglich zum Wertpapierdepot vereinbarten monatlichen Ansparleistung von 1.200 EUR aufnimmt. Weiters wurde die Fälligkeit des Kredits bis 2028 verlängert. In der Folge weigerte sich der Erstbeklagte, der klagenden Partei die von ihm neu aufgenommenen Lebensversicherungen zu verpfänden, solange die klagende Partei ihm nicht zusichert, den Kredit nicht zu konvertieren, wozu diese nicht bereit war. Nachdem die klagende Partei den Erstbeklagten mehrfach erfolglos gemahnt und zur Verpfändung aufgefordert hatte, stellte sie ihm den Kredit zum 14. 4. 2010 fällig. Mangels Zahlung konvertierte die klagende Partei den Kredit am 4. 6. 2010 in Euro, wobei der Kredit zu diesem Zeitpunkt umgerechnet mit 540.348,99 EUR aushaftete.
Die klagende Partei begehrte vom Erstbeklagten unter Berücksichtigung der von ihr verwerteten Sicherheiten 509.721,84 EUR als aus dem Kreditbetrag aushaftenden Betrag samt einem Debetsaldo auf dem Girokonto des Erstbeklagten und machte gegenüber der Zweibeklagten und dem Drittbeklagten deren Sachhaftung im Ausmaß von 369.000 EUR geltend. Der Erstbeklagte sei seinen Verpflichtungen auf Bestellung und Verstärkung von Sicherheiten trotz Aufforderung durch die klagende Partei nicht nachgekommen. Durch das vertragswidrige Verhalten des Erstbeklagten sei eine wesentliche Veränderung der Besicherung eingetreten. Dadurch, dass dieser die Verpfändung der fünf Lebensversicherungen verweigert habe, sei das Vertrauen der Klägerin erschüttert und ihr die Fortsetzung des Kreditverhältnisses nicht zumutbar gewesen, weil die Rückführung der Kreditvaluta gefährdet gewesen sei. Sie stütze die Kündigung (auch) auf die wirksam vereinbarten AGB und Allgemeinen Bedingungen für Verbraucherkredite. Die von ihr vorgenommene Konvertierung sei aufgrund der Schwellenwertklausel zu Recht erfolgt; die Kündigung werde aber nicht auf diese Klausel gestützt.
Die Beklagten wandten im Wesentlichen ein, dass der Erstbeklagte bei der Umstellung der Tilgungsträger nicht eigenmächtig vorgegangen sei. Er wäre zu einer Verpfändung bereit gewesen, die klagende Partei habe aber auf der Konvertierung des Fremdwährungskredits bestanden. Die Fälligstellung und die Konvertierung seien rechtswidrig erfolgt. Eine Vereinbarung der vorzeitigen Auflösung sei wegen Verstoßes der Allgemeinen (Geschäfts‑)Bedingungen der klagenden Partei gegen §§ 864a, 879 ABGB und § 6 KSchG nicht wirksam bzw nichtig.
Mit seinem Teilurteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagten im Umfang von 369.000 EUR (Sachhaftung) zur ungeteilten Hand und verurteilte den Erstbeklagten zur Zahlung von weiteren 98.169,66 EUR. Der Beklagte habe sich vertragswidrig geweigert, die neuen Sicherheiten zugunsten der klagenden Partei zu verpfänden. Das Erstgericht ging davon aus, dass die Nichtverpfändung der Polizzen als Sicherheit ein wichtiger Grund sei, der die klagende Partei zur außerordentlichen Kündigung berechtige, zumal dies zwischen den Vertragspartnern ausdrücklich und wirksam vereinbart worden sei. An der Berechtigung der Kündigung ändere auch die in dieser Form unzulässige Schwellenwertklausel nichts. Der klagenden Partei stehe der zum Konvertierungsstichtag fällige Yen‑Betrag in Euro abzüglich des Verwertungserlöses von Sicherheiten (jedenfalls) zu. Darüber hinaus (42.551,37 EUR und Zinsen) ordnete das Erstgericht die Wiedereröffnung der mündlichen Streitverhandlung an, weil unklar sei, wie sich der aushaftende Kredit danach entwickelt hätte.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und schloss sich der Rechtsansicht des Erstgerichts im Wesentlichen an. Die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs der klagenden Partei sei mangels hinreichend dotierter Tilgungsträger und ausreichender Sicherheiten unsicher geworden und habe die Rechtsstellung der klagenden Partei gefährdet. Das Verhalten des Erstbeklagten sei geeignet gewesen, die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten objektiv gefährdet erscheinen zu lassen und das Vertrauen der Klägerin in seine Vertragstreue zu erschüttern.
Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision für zulässig, weil die Bedeutung der Frage, ob die Abwehr der angedrohten Anwendung einer nichtigen Vertragsklausel im Verbraucherrecht eigenes vereinbarungswidriges Verhalten des Verbrauchers rechtfertigen könne, über den Einzelfall hinausgehe, ohne dass dazu höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
In ihrer Revision vertreten die Beklagten im Wesentlichen die Ansicht, dass die Kündigung des Kreditvertrags zu Unrecht erfolgt sei, weil die Erfüllung der Kreditverbindlichkeiten nicht gefährdet und der Erstbeklagte zur vorbehaltlosen Verpfändung nicht verpflichtet gewesen sei. Das Berufungsgericht sei von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen, wonach nur schwere, fortgesetzte Verstöße des Kreditnehmers gegen den Vertrag die Auflösung des Kreditvertrags wegen Vertrauensunwürdigkeit des Kreditnehmers rechtfertigen.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
2. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
3. Nach gesicherter Rechtsprechung können Dauerschuldverhältnisse aus wichtigen Gründen vor Ablauf der vereinbarten Zeit ohne Rücksicht auf Kündigungstermine und Kündigungsfristen aufgelöst werden (RIS-Justiz RS0018305; RS0027780; RS0018368). Danach kann auch ein Kreditvertrag aufgelöst werden, wenn einer Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses billigerweise nicht zumutbar ist (RIS-Justiz RS0019365), was nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0105348). Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist in aller Regel eine Frage des Einzelfalls, der keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 ZPO zukommt (RIS-Justiz RS0042834; RS0111817).
4.1 Die Vorinstanzen haben die zu den neuen Tilgungsträgern (= Lebensversicherungen) getroffenen Vereinbarungen dahin ausgelegt, dass sich der Erstbeklagte auch zu deren Verpfändung verpflichtet hat. Diese jedenfalls vertretbare Vertragsauslegung ist von den Umständen im Einzelfall abhängig, sodass ihr ‑ mangels krasser Fehlbeurteilung ‑ keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS‑Justiz RS0044298; RS0044358; RS0042776).
4.2 Nach der Rechtsprechung kann ein wichtiger Grund zur Auflösung auf eine unzureichende Besicherung oder vertragswidrige Nichterfüllung der bedungenen Sicherung gestützt werden (zB 1 Ob 276/67 = HS 6.474; 10 Ob 21/03s; vgl auch 1 Ob 230/12y und 3 Ob 251/13b [zur Nichtbesparung eines vereinbarten Tilgungsträgers]; siehe auch 8 Ob 70/07p), weil damit der Bank wegen des Vertrauensverlustes in den Kreditnehmer bzw wegen der aufgrund der Deckungslücke gefährdeten Kreditrückzahlung die Fortsetzung des Kreditverhältnisses unzumutbar wird (vgl auch 4 Ob 221/06p). Die Entscheidung des Berufungsgerichts, der zur umfassenden Beurteilung der Rechtssache diesbezüglich ausreichende Feststellungen zugrundeliegen, hält sich daher im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung und bedarf keiner höchstgerichtlichen Korrektur.
5.1 Ob die Geschäftsbedingungen der klagenden Partei hinsichtlich der Kündigungstatbestände gegen §§ 864a, 879 ABGB oder § 6 KSchG verstoßen, ist schon deshalb nicht zu prüfen, weil der diesbezüglich vom Erstgericht verneinte Einwand von den Beklagten in der Berufung nicht mehr aufrecht erhalten wurde. Hat die Rechtsrüge in zweiter Instanz nur einen bestimmten Aspekt aufgegriffen und das Ersturteil nicht aus dem nunmehr relevierten Grund bekämpft, dann kann die diesbezügliche rechtliche Beurteilung im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0043338 [T10, T11, T12, T13, T27]; RS0041570 [T8, T11]).
5.2 Davon abgesehen ist das Kündigungsrecht aus einem wichtigen Grund ein allgemeiner Grundsatz im Zivilrecht (RIS-Justiz RS0018305; RS0028609) und nicht davon abhängig, ob ein solcher Grund konkret zwischen den Parteien ausdrücklich und wirksam vereinbart wurde, zumal eine Kündigung unter Umständen auch bei vereinbarter Unkündbarkeit möglich ist (vgl RIS-Justiz RS0018294; RS0016630; RS0018368).
6.1 Auch die vom Berufungsgericht zur Zulässigkeit der Revision angeführte Rechtsfrage erfordert keine Sachentscheidung. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Beharren auf einer allenfalls nichtigen Vertragsklausel durch die klagende Partei ein vereinbarungswidriges Verhalten des Erstbeklagten im Zusammenhang mit der davon unabhängigen Frage der Verpfändung von neuen Sicherheiten nicht rechtfertigen kann.
6.2 Mit dieser von den Umständen des konkreten Einzelfalls geprägten Ansicht des Berufungsgerichts setzt sich die Revision nicht auseinander. Vielmehr versuchen die Beklagten auch noch im drittinstanzlichen Verfahren in ihren diesbezüglich weitwendigen Revisionsausführungen eine Pflicht des Erstbeklagten zur Verpfändung der neuen Sicherheiten und damit sein vereinbarungswidriges Verhalten zu widerlegen. Aus dem Rechtsmittel lässt sich aber gerade nicht ableiten, dass die drohende Anwendung der Schwellenwertklausel einen Bruch ausdrücklicher Vereinbarungen durch den Erstbeklagten rechtfertigen soll.
7. Unabhängig davon, ob das Gericht zweiter Instanz zu Recht ausgesprochen hat, dass die Revision zulässig sei, ist das Rechtsmittel trotz des Ausspruchs der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen, weil die Beklagten nur solche Gründe geltend machen, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS‑Justiz RS0048272 [insb T1]; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 502 ZPO Rz 11).
8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen ein Teilurteil findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222). Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihr die Beklagten die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen haben.
Haften die zum Kostenersatz verpflichteten Beklagten nur für einen Teil der Klagsforderung solidarisch, ist der Kostenbemessung der gesamte Streitwert zugrundezulegen (HG Wien WR 87; M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 46 ZPO Rz 5). Die Kosten sind dann verhältnismäßig aufzuteilen. Die Zweit‑ und der Drittbeklagte haften daher nur für 79 % der Kosten solidarisch, das ist der entsprechende Prozentsatz an der im Revisionsverfahren zu prüfenden Klagsforderung (467.169,66 EUR), für den sie solidarisch haften.
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