OGH 4Ob136/08s

OGH4Ob136/08s26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****-GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei S*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz (Gesamtstreitwert eingeschränkt 98.950,35 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 60.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 20. Mai 2008, GZ 3 R 199/07s-37, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben der Beklagten untersagt, ein zwischen den Parteien ergangenes Teilurteil zu veröffentlichen, wenn damit der unrichtige Eindruck erweckt werde, die Veröffentlichung sei durch eine Ermächtigung des Gerichts gedeckt. Dabei folgten sie der im Sicherungsverfahren zwischen denselben Parteien ergangenen Entscheidung 4 Ob 175/06y (= ecolex 2007, 264 [Tonninger]). Weiters hat das Berufungsgericht die Beklagte zum Ersatz der Kosten von Informationsschreiben verpflichtet, in denen ein Anwalt der Klägerin deren Kunden über das Fehlen der gerichtlichen Ermächtigung und die damit verbundene Selbsttragung der Veröffentlichungskosten durch die Beklagte informiert hatte.

Der in der Revision gerügte Widerspruch zur Entscheidung 4 Ob 91/93 (= SZ 66/91 - Ringe) liegt nicht vor. Dort hat der Senat zwar die Veröffentlichung der Veröffentlichungsermächtigung mit der damit verbundenen Information des Publikums über den „amtlichen" Charakter der Veröffentlichung begründet. Das schließt aber nicht aus, dass bei einem - wie hier - „amtlich" anmutenden Abdruck eines Urteils auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Veröffentlichungsermächtigung der unrichtige Eindruck einer gerichtlich angeordneten Veröffentlichung entstehen kann.

Entgegen der in der Zulassungsbeschwerde vertretenen Auffassung greift das Verbot auch nicht in das Grundrecht der Beklagten auf Freiheit der Meinungsäußerung ein. Denn sie hat sich nicht an einer im öffentlichen Interesse liegenden Debatte beteiligt, sondern eine rein kommerziell motivierte Äußerung abgegeben. Daher ist zur Umsetzung lauterkeitsrechtlicher Ziele auch nach Art 10 EMRK ein strengerer Beurteilungsmaßstab gerechtfertigt (4 Ob 98/07a = wbl 2007, 608 - VÖB mwN zur Rsp des EGMR). Zudem haben die Vorinstanzen die Veröffentlichung des Urteils ohnehin nicht generell untersagt, sondern nur die damit verbundene Irreführung über das Vorliegen einer Veröffentlichungsermächtigung. Eine „zeitnahe" Information über das Urteil wäre daher, anders als in der Revision behauptet, ohne weiteres möglich gewesen.

Soweit die Zulassungsbeschwerde ausführt, die Kosten der Informationsschreiben seien vom Einheitssatz gedeckt, übersieht sie, dass Gegenstand des Tarifs nach § 1 RATG nur die Vertretung in gerichtlichen oder schiedsrichterlichen Verfahren ist. Dazu gehören zwar, wie sich aus § 23 Abs 4 RATG ergibt, auch bestimmte vorprozessuale Kosten, die der Durchsetzung des Anspruchs dienen (3 Ob 127/05f = SZ 2005/153: „Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen"). Das hier strittige Tätigwerden des Klagsvertreters gegenüber Dritten diente aber nicht der Durchsetzung des gegen die Beklagte gerichteten Unterlassungsanspruchs, sondern der Abwendung eines Schadens durch das von der Beklagten gesetzte Verhalten. Das RATG ist daher schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht anzuwenden.

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