OGH 4Ob91/93

OGH4Ob91/9327.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J.E.H***** GmbH & Co, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien wider die beklagten Parteien 1. Eduard W***** Gesellschaft mbH & Co KG, 2. T***** Gesellschaft mbH, 3. Eduard W*****, und 4. Christian W*****, sämtliche vertreten durch Dr.Heinz Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 500.000), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 7.April 1993, GZ 2 R 18/93-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 19.November 1992, GZ 3 Cg 295/91-23, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der Beklagten wird nicht Folge gegeben.

2. den

Beschluß

gefaßt:

Der Revision der klagenden Partei wird hingegen Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, welches in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren als Teilurteil bestätigt wird, wird in seinem Punkt 2 (Ausspruch über die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung) und in seinem Kostenausspruch aufgehoben; in diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Entscheidungsgründe:

Sowohl die Klägerin als auch die Erstbeklagte erzeugen Schmuckstücke, insbesondere Ringe. Die Zweitbeklagte ist die Komplementärin der Erstbeklagten; der Dritt- und der Viertbeklagte sind die Geschäftsführer der Zweitbeklagten.

Die Klägerin erzeugt ua den Ring mit der Artikel- Nr. 81692-5, welcher folgendes Aussehen hat:

Karl Heinz A***** ist als Angestellter der Erstbeklagten mit dem Entwerfen von Ringen beschäftigt. Auf einer Messe in Italien sah er einen Ring, welcher demjenigen der Klägerin mit der Artikel-Nr. 81692-5 zumindest ähnlich war, und skizzierte ihn. Zu dieser Zeit kam zufällig in seine Privatwohnung ein von der Firma R***** versandter Prospekt, in welchem der Ring der Klägerin fotografisch abgebildet war. An Hand dieses Lichtbildes stellte A***** seinen Entwurf fertig; die Erstbeklagte erzeugte dann diesen Ring. Ein Abkupfern des Ringes der Klägerin fand nicht statt. Unter "Abkupfern" wird in der Schmuckbranche verstanden, daß man von einer Vorlage einen Abdruck macht und diesen Abdruck ohne weitere Bearbeitung, allenfalls nach Oberflächenpolitur, übernimmt. Branchenüblich ist es hingegen, daß Ringe von Konkurrenten erst mit einem Abdruck kopiert werden. Dann wird von diesem Abdruck eine Gußform hergestellt und selbst bearbeitet. Von diesem Modell wird eine zweite Gußform angefertigt und dann erfolgt die Produktion. Ein solcher Vorgang wird branchenüblich nicht mehr als "Abkupfern" oder Kopieren verstanden.

Die Ringe der Parteien unterscheiden sich durch folgende auf eine Bearbeitung durch A***** zurückzuführende Merkmale:

1. Der von A***** entworfene Ring hat ein Korn mehr als jener der Klägerin (5 : 4);

2. beim Modell A***** ist der Zwischenabstand geschlossen, bei der Klägerin offen;

3. das Modell A***** faßt die Steine mit einer anderen Fassungstechnik als mit jener, die am Ring der Klägerin verwendet wird;

4. das Gewicht der Ringe ist auffällig unterschiedlich (der Ring der Klägerin ist qualitativ höherwertig und schwerer).

Auszuschließen ist, daß die Abweichungen beim Modell der Klägerin nur durch unsorgfältiges Abkupfern entstanden sind. Für die Letztverbraucher sind die Namen der Erzeuger "H*****" und "R*****" unbekannt, sind doch diese Unternehmen ausschließlich Großhändler, die ihre Waren nicht an Letztverbraucher vertreiben. Der Kunde kann nicht erkennen, ob der Ring von einem Großhändler stammt oder vom Juwelier selbst erzeugt worden ist.

Mit der Behauptung, daß die Beklagten den Damenring der Klägerin Artikel-Nr. 81692-5 in Gold, mit zwei Diamanten und je einem Rubin, Saphir und Smaragd in einer zur Verwechslung geeigneten Weise nachgemacht, das mit schlechteren Steinen ausgestattete und leichtere Imitationsmodell verkauft und damit gegen §§ 1 und 2 UWG verstoßen hätten, begehrt die Klägerin,

1. die Beklagten schuldig zu erkennen, es sofort zu unterlassen, Imitationen des in Beilage ./A rot gekennzeichneten Damenringes in geschäftlichen Verkehr zu bringen;

2. der Klägerin die Befugnis zuzusprechen, das stattgebende Urteil auf Kosten der Beklagten, welche hiefür zur ungeteilten Hand haften, in der "Neuen Kronen-Zeitung", und zwar auch in sämtlichen Bundesländerausgaben, auf Seite 5 einer Samstag-Nummer, und zwar unter bildlicher Darstellung des Damenringes gemäß Beilage ./A, zu veröffentlichen, und zwar binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils, falls jedoch ein Beschluß gemäß § 25 Abs 5 UWG ergehen sollte, dann innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Beschlusses.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte habe den beanstandeten Ring auf Grund des Prospektes der Firma R***** mit gewissen Abweichungen von der dortigen Abbildung erzeugt. Den Beklagten sei damals noch nicht bekannt gewesen, daß der Ring ein Originalentwurf der Klägerin war; ein bewußtes Nachahmen liege daher nicht vor. Der Ring der Beklagten weise auch eigenständige Züge auf. Die Zweitbeklagte beliefere durch drei Außenvertreter den gesamten österreichischen Fachhandel. Die Beklagten hätten nur 50 Stück des beanstandeten Ringes erzeugt, so daß eine Aufklärung der Öffentlichkeit durch Veröffentlichung des Urteils nicht erforderlich sei.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Die Ringe der Parteien seien einander zwar sehr ähnlich; bei näherer Betrachtung falle jedoch sofort das höhere Gewicht des Ringes der Klägerin auf. Die Klägerin habe auch selbst zugestanden, daß ihr Ring erheblich teurer war, was für einen Laien höchsten Auffälligkeitswert habe. Dem Ring der Klägerin fehle der Sonderrechtsschutz. Das Nachahmen eines Ringes wäre dann sittenwidrig, wenn es sich um reines Abkupfern handelte. Werde aber eine eigene Bearbeitungsmethode angewendet und lägen unterschiedliche Merkmale bei der Ausführung des Produktes vor, dann könne von einem bloßen Abkupfern keine Rede sein. Auch fehle es an der Verkehrsgeltung und an der wettbewerblichen Eigenart des Modells der Klägerin. Bei diesem Ring handle es sich um ein klassisches Modell, das es bereits seit Jahren auf dem Markt gebe und das von verschiedenen Herstellern in verschiedensten Variationen auf den Markt gebracht werde. Im übrigen habe der Letztverbraucher keine Möglichkeit zu erkennen, daß der Ring ein Produkt der Klägerin ist.

Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt (Punkt 1.) und ermächtigte die Klägerin, den Urteilsspruch zu Punkt 1. binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils auf Kosten der Beklagten, welche hiefür zur ungeteilten Hand hafteten, in einer Ausgabe der Wochenzeitung "Welser Rundschau" im Anzeigenteil mit Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien sowie unter Abbildung des Ringes gemäß Beilage ./A zu veröffentlichen; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Ob der beanstandete Ring von A***** "abgekupfert" wurde oder nicht, könne offen bleiben. Feststehe, daß Karl Heinz A***** (mit Wissen und Willen der Beklagten) den Ring auf Grund einer Fotografie bewußt auf eine Weise nachgemacht habe, daß die beiden Ringe einander "auf den ersten Blick" sehr ähnlich seien. Die festgestellten Unterschiede fielen in keiner Weise ins Auge; sie seien von einem Laien selbst bei genauerer Betrachtung kaum erkennbar. Die Gewichtsdifferenz und der Preisunterschied könnten die Gefahr von Verwechslungen der beiden Ringe nicht ausschließen, sei doch zu berücksichtigen, daß der Durchschnittskäufer Vorbild und Nachahmung praktisch nie gleichzeitig sieht, sondern in der Regel ein Wahrnehmungsbild mit einem Erinnerungsbild vergleicht; dabei könnten an die Aufmerksamkeit und Urteilsfähigkeit des Publikums in der Eile des Geschäftsverkehrs regelmäßig nur geringe Anforderungen gestellt werden. Auch könne keine Rede davon sein, daß den Beklagten keine andere Gestaltungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden oder zumutbar gewesen wäre. Die - vom Erstgericht im Zuge seiner rechtlichen Beurteilung nachgetragene - Feststellung, daß der Ring der Klägerin ein "klassisches Modell" sei, das es bereits seit Jahren auf dem Markt gibt, sei dahin auszulegen, daß dem Ring der Klägerin Verkehrsbekanntheit zukomme; diese reiche aber aus. Der Unterlassungsanspruch sei daher berechtigt.

Auf Urteilsveröffentlichung sei in der Regel zu erkennen, wenn die Rechtsverletzung einem größeren Kreis von Personen bekannt geworden ist. Im vorliegenden Fall sei der Personenkreis, dem der betreffende Ring der Klägerin bekannt ist und der mit den Imitationsringen der Beklagten konfrontiert und daher möglicherweise irregeführt wurde, sehr schwer abzuschätzen. Schon im Hinblick auf die von den Beklagten

selbst mit 50 angegebene Stückzahl der von ihr vertriebenen Ringe sei allerdings anzunehmen, daß es sich dabei doch um eine größere Anzahl handelt, wobei auch die "Mundpropaganda" eine nicht zu vernachlässigende Größe bilde. Der erhebliche Preisunterschied lasse an eine besonders günstige Gelegenheit denken, was den einen oder anderen veranlaßt haben könnte, Freunde oder Bekannte zu unterrichten.

Zu untersuchen bleibe, in welcher Form und in welchem Umfang die Urteilsveröffentlichung zu geschehen hat. Das Gesetz überlasse die Art der Veröffentlichung dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes, welches von Amts wegen und ohne Parteienantrag im Einzelfall dasjenige Medium zu bezeichnen habe, das für die Urteilsveröffentlichung am besten geeignet ist. Bei Beachtung dieser Grundsätze gehe die von der Klägerin begehrte österreichweite Veröffentlichung in der auflagenstärksten inländischen Tageszeitung viel zu weit. Alle Beklagten hätten ihren (Wohn-)Sitz in Wels; Umstände, wonach die Bedeutung des erst- und zweitbeklagten Unternehmens über lokale Grenzen hinausginge, seien nicht geltend gemacht worden. Es könne daher unterstellt werden, daß sich der aufzuklärende Personenkreis auf den Raum Wels beschränkt und demnach die Veröffentlichung des Urteils in einem nur in diesem Raum erscheinenden oder vertriebenen Printmedium notwendig bzw am besten geeignet ist. Das Berufungsgericht halte demnach die Veröffentlichung in der nur im Raum Wels erscheinenden, dort aber weit verbreiteten Wochenzeitung "Welser Rundschau" für am besten geeignet, das Ziel und den Zweck der Urteilsveröffentlichung zu erreichen. Dabei genüge bei einer entsprechenden, die Aufmerksamkeit der Leser erregenden Aufmachung auch eine Veröffentlichung im Anzeigenteil. Auch reiche es aus, nur Punkt 1. des Urteilsspruches samt dem Urteilskopf zu veröffentlichen, weil eine Veröffentlichung der Veröffentlichungsermächtigung höchstens zu Verwirrung der Leser beitrage und eine Veröffentlichung anderer Urteilspunkte (Kosten etc.) gänzlich überflüssig sei.

Gegen den gesamten stattgebenden Teil dieses Urteils wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehrens abgewiesen wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Den im angefochtenen Urteil enthaltenen bestätigenden Teil - auf Abweisung des Veröffentlichungsmehrbegehrens - bekämpft die Klägerin mit Revision wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, "daß die Urteilsveröffentlichung antragsgemäß im 'Kurier', in eventu im Textteil der 'Oberösterreichischen Nachrichten', zu erfolgen hat".

Beide Parteien beantragen, die Revision der Gegenseite als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

I. Zur Revision der Beklagten:

Vorausgeschickt sei, daß im Hinblick auf den Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO, wonach die ordentliche Revision zulässig sei, das gesamte Rechtsmittel als ordentliche Revision zu behandeln ist. Daß die Beklagten ihre Ausführungen zum Unterlassungsgebot als "außerordentliche" Revision bezeichnet haben, schadet indes nicht (§ 84 Abs 2, letzter Satz, ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei seinem Ausspruch über das Veröffentlichungsbegehren von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist aber nicht berechtigt.

Soweit sich die Beklagten gegen das Unterlassungsgebot (Punkt 1. des angefochtenen Urteils) wenden, kann ihnen nicht gefolgt werden.

Weder das Berufungsgericht noch die Klägerin sind davon ausgegangen, daß der Ring der Klägerin Artikel- Nr. 81692-5 einen Sonderschutz genießt. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz - etwa nach dem MSchG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen - genießt, an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen § 1 UWG ist nur dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt. Das trifft insbesondere dort zu, wo der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen - vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht - angemessenen Abstand halten. Sittenwidrige Nachahmung setzt also nicht in jedem Fall eine - bis an die Grenzen unmittelbarer Leistungsübernahme reichende - Nachahmung in allen Einzelheiten (also eine sog. "sklavische Nachahmung") voraus: Weder ist jede sklavische Nachahmung von vornherein unzulässig, noch bedarf es einer sklavischen Nachahmung, um einen Verstoß gegen § 1 UWG annehmen zu können. Entscheidend ist vielmehr, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, daß damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und daß schließlich eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1988, 41; ÖBl 1989, 39; ÖBl 1991, 213 uva). Wer ein fremdes Erzeugnis unter Übernahme von Merkmalen, mit denen der Verkehr eine Herkunftsvorstellung verbindet, nachahmt und sein Produkt in den Verkehr bringt, handelt somit wettbewerbswidrig, wenn er nicht im Rahmen des Zumutbaren alles Notwendige getan hat, um eine Irreführung

des Verkehrs nach Möglichkeit auszuschließen (ÖBl 1988, 41; ÖBl 1991, 213 ua). Eine solche Irreführung ist insbesondere dann zu befürchten, wenn der Gegenstand der Nachahmung auf Grund seiner wettbewerblichen, zur Auslösung von Herkunftsvorstellungen geeigneten Art im Verkehr so bekannt worden ist, daß sich beim Auftreten von Nachahmungen Verwechslungen über die betriebliche Herkunft ergeben können (ÖBl 1988, 41; ÖBl 1991, 213 ua). "Wettbewerblich eigenartig" ist ein Erzeugnis dann, wenn es bestimmte Merkmale oder Gestaltungsformen aufweist, die dem Geschäftsverkehr seine Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft ermöglichen. Das Produkt muß darüber hinaus bereits in Verkehr gesetzt und auf diese Weise dem Publikum bekannt geworden sein, ohne daß aber Verkehrsgeltung im Sinne des § 9 Abs 3 UWG erforderlich wäre; die notwendige "Verkehrsbekanntheit" ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn das Publikum das Erzeugnis (noch) nicht einem bestimmten Unternehmen zuordnet (ÖBl 1989, 39; ÖBl 1991, 213). Die Sittenwidrigkeit der sklavischen Nachahmung liegt eben gerade darin, daß der Nachahmende ein im Verkehr bekanntes Produkt - mag es vom Publikum auch keinem bestimmten Erzeuger zugeordnet werden - auf eine solche Weise nachmacht, daß der Kaufinteressent annehmen kann, es handle sich bei diesem neuen Produkt um das ihm bereits bekannte, seinen besonderen Wünschen und Vorstellungen entsprechende Erzeugnis (ÖBl 1989, 39; ÖBl 1991, 213 ua). Bei der Beurteilung der Gefahr von Verwechslungen ist auf den Gesamteindruck abzustellen und auch zu berücksichtigen, daß der Durchschnittskäufer Vorbild und Nachahmung fast nie gleichzeitig sieht, sondern in der Regel ein Wahrnehmungsbild mit einem Erinnerungsbild vergleicht, wobei an die Aufmerksamkeit und Urteilsfähigkeit des Publikums in der Eile des Geschäftsverkehrs regelmäßig nur geringe Anforderungen gestellt werden können (ÖBl 1981, 154; ÖBl 1991, 213 ua).

Entgegen den Revisionsausführungen der Beklagten kann kein Zweifel daran bestehen, daß den Beklagten eine solche "vermeidbare Herkunftstäuschung" (Schönherr in ÖBl 1980, 70; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 563 ff Rz 450 zu § 1 dUWG) zur Last fällt:

Die Erstbeklagte hat nach den Feststellungen (durch ihren Angestellten Karl Heinz A*****) den in einem Prospekt der Firma R***** gezeigten Ring der Klägerin Artikel Nr. 81692-5 als Vorlage für die Schaffung ihres Ringes benützt; sie hat diesen Ring also gekannt und bewußt nachgemacht. Ein "Abkupfern" ist zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht erforderlich. Auch die Verkehrsbekanntheit des Ringes der Klägerin muß gerade deshalb bejaht werden, weil es sich dabei festgestelltermaßen um ein "klassisches Modell" handelt, das es seit Jahren auf dem Markt gibt. Ob das Publikum dieses Modell einem bestimmten Erzeuger zuordnet, ist nach dem Gesagten rechtlich unerheblich (ÖBl 1989, 39 ua).

Daß dem Ring der Klägerin jede wettbewerbliche Eigenart abgesprochen werden könnte, daß es sich dabei also um eine "Dutzendware" handelte, kann keinesfalls gesagt werden; vielmehr unterscheidet sich dieses Modell durch seine charakteristische Gestaltung sehr deutlich von anderen Ringen (vgl Beilage ./B). Daß den Beklagten eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre, ist angesichts der geradezu unbegrenzten Fülle anderer Gestaltungsmöglichkeiten offenkundig.

Die festgestellten Unterschiede zwischen den Ringen der Streitteile fallen zwar dem Fachmann bei genauer Untersuchung, nicht aber dem durchschnittlichen Kaufinteressenten auf, der - wie schon ausgeführt - die beiden Ringe nicht gleichzeitig wahrnimmt. Die Beklagten haben somit durch ihre Imitation des Ringes der Klägerin die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt.

Mit Recht hat daher das Berufungsgericht dem Unterlassungsbegehren der Klägerin stattgegeben.

Den Beklagten kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie die Auffassung vertreten, daß eine Urteilsveröffentlichung hier überhaupt nicht berechtigt wäre:

Die Urteilsveröffentlichung soll - wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - nach ständiger Rechtsprechung eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtigstellen und verhindern, daß diese weiter um sich greift; sie dient der Aufklärung des Publikums über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen läßt (ÖBl 1981, 159; ÖBl 1986, 68; ÖBl 1992, 21 ua). Die Befugnis zur Veröffentlichung ist daher in einem solchen Umfang zu erteilen, daß diejenigen Personen, die von dem Verstoß Kenntnis erlangt haben, jetzt auch über die Wettbewerbswidrigkeit des Handelns der Beklagten (und über den wahren Sachverhalt) aufgeklärt werden (ÖBl 1977, 109; ÖBl 1992, 21). Ob eine Urteilsveröffentlichung notwendig ist, ist nach dem Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz zu beurteilen (ÖBl 1981, 51; ÖBl 1986, 68 ua).

Im vorliegenden Fall kann entgegen der Meinung der Beklagten nicht gesagt werden, daß das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung deshalb zu verneinen wäre, weil der Verstoß schon lange zurückliegt. Ganz abgesehen davon, daß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (8.10.1992) kaum mehr als ein Jahr seit der Kenntnis der Klägerin von dem beanstandeten Verstoß verstrichen ist und der Ablauf dieser Zeit das Aufklärungsinteresse in aller Regel kaum beseitigen kann (vgl ÖBl 1979, 118; ÖBl 1980, 81; ÖBl 1980, 159), ist der Verstoß der Beklagten seiner Natur nach geeignet, insofern noch lange weiter zu wirken, als die Ringimitationen sicher noch getragen und daher wahrgenommen werden können, so daß immer neuerlich der unrichtige Eindruck entstehen könnte, es handle sich dabei um einen solchen Ring, wie ihn die Klägerin erzeugt. Aus diesem Grund ist es auch ohne Bedeutung, ob sich die Beklagten in Hinkunft an das Unterlassungsgebot tatsächlich immer halten werden.

Es trifft zwar zu, daß die Vorinstanzen keine Tatsachenfeststellungen darüber getroffen haben, wieviele Imitationsringe die Beklagten verkauft haben; allein daraus ist aber für die Beklagten nichts zu gewinnen, haben sie doch selbst in erster Instanz in diesem Zusammenhang vorgebracht, sie hätten nur 50 Stück erzeugt. Daß sie keinen oder nur ganz wenige dieser Ringe verkauft hätten, haben sie nicht einmal behauptet; für eine solche Annahme fehlen auch alle Anhaltspunkte, zumal der Viertbeklagte als Partei bekundet hat, es wären 25 bis 30 solcher Ringe in den Verkehr gebracht worden (S. 37). Auch eine solche Anzahl rechtfertigt aber durchaus die Urteilsveröffentlichung, zumal ja nicht nur die Eigentümer(innen), sondern auch deren Angehörige diese Ringe wahrgenommen haben. Da die Beklagten die Ringe wohl auch in ihren Geschäftslokalen ausgestellt haben, kommt noch ein weiterer unbestimmter Personenkreis dazu, der die Imitationsstücke gesehen hat und sie mit dem Erzeugnis der Klägerin verwechseln konnte.

Die Beklagten können sich daher durch den angefochtenen Veröffentlichungsausspruch nicht beschwert erachten. Ob die vom Berufungsgericht vorgesehene Veröffentlichung ausreicht, ist bei Behandlung der Revision der Klägerin zu untersuchen.

Der Revision der Beklagten mußte mithin ein Erfolg versagt bleiben.

II. Die Revision der Klägerin ist insofern berechtigt, als der Ausspruch über den Umfang der Urteilsveröffentlichung noch nicht spruchreif ist.

Zunächst ist allerdings darauf zu verweisen, daß die Klägerin in erster Instanz beantragt hat, sie zu ermächtigen, den Urteilsspruch auf Seite 5 einer Samstag-Nummer der "Neuen Kronen-Zeitung" zu veröffentlichen. Daß sie in der Revision in einem offenbaren Irrtum über ihr in erster Instanz gestelltes Begehren (vgl S. 229: "Bemerkt wird, daß wir ausdrücklich die Veröffentlichung auf Seite 5 des Kuriers.........beantragt haben") die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung im "Kurier", hilfsweise in den "Oberösterreichischen Nachrichten" beantragt, kann ihr nicht schaden, ist doch ihr Wille, die Veröffentlichung in dem in erster Instanz genannten Medium zu erlangen, deutlich zum Ausdruck gekommen.

Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß eine Grundlage für die rechtliche Beurteilung, wonach die beanstandeten Ringe nur im Raum von Wels vertrieben worden seien, fehlt. Es trifft zwar zu, daß - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - die Erst- und die Zweitbeklagte ihren Sitz in Wels haben, der Dritt- und der Viertbeklagte dort auch wohnen. Die Beklagten haben aber selbst vorgebracht, daß die Zweitbeklagte mit drei Außenvertretern den gesamten österreichischen Fachhandel beliefere (S. 12). Darauf hat sich auch die Klägerin berufen (S. 25), welche im übrigen schon in der Klage ein Interesse an der Aufklärung auch des Fachhandels geltend gemacht (S. 5) und damit zum Ausdruck gebracht hat, daß der Vertrieb der Ringe nicht nur durch die in Wels ansässigen Beklagten erfolgte. Nach dem Parteivorbringen kann also nicht gesagt werden, daß nur Verkäufe in Wels und Umgebung in Betracht kämen. Sofern aber die Ringe in ganz Österreich angeboten und verkauft worden sein sollten, wäre eine Veröffentlichung des Urteils in einer im ganzen Staatsgebiet vertriebenen Tageszeitung durchaus gerechtfertigt; die Veröffentlichung bloß in der "Welser Rundschau" könnte dann den erforderlichen Aufklärungszweck nicht erfüllen.

Da Feststellungen darüber, wo und in welchem Umfang die Imitationsringe ausgestellt, angeboten und verkauft wurden, fehlen, ist eine Ergänzung des Verfahrens erforderlich. Sollte sich dabei herausstellen, daß eine Aufklärung des Publikums in ganz Österreich erforderlich ist, und demgemäß die Veröffentlichung in einer österreichweit vertriebenen Tageszeitung angeordnet werden, dann ist die Veröffentlichung im Textteil gerechtfertigt, um die entsprechende Aufmerksamkeit beim Publikum zu erwecken.

Der Klägerin ist auch darin beizupflichten, daß zum Urteilsspruch, den die Veröffentlichung gemäß § 25 Abs 4 UWG umfaßt, auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gehört, bildet doch der Veröffentlichungsanspruch einen zum Unterlassungsanspruch gehörenden und von ihm abhängigen Nebenanspruch (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 577.2; ÖBl 1980, 47; ÖBl 1992, 172 ua). Diese Auffassung ist entgegen Kucsko ("Zum Umfang der Urteilsveröffentlichung", ÖBl 1984, 145 f) nicht allein aus dem Gesetzeswortlaut zu begründen; die Veröffentlichung der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung hat nämlich sehr wohl insofern auch einen entsprechenden Aufklärungswert, als damit klargestellt wird, daß das Gericht ein berechtigtes Interesse des Klägers zur Urteilsveröffentlichung bejaht hat und nicht etwa der Kläger aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten die Veröffentlichung vornimmt.

Die vom Obersten Gerichtshof in mehreren Entscheidungen vertretene Auffassung, auch die Kostenentscheidung sei, weil Bestandteil des Spruches, mitzuveröffentlichen (ÖBl 1984, 135; WBl 1987, 339), kann hingegen nicht aufrechterhalten werden. In diesem Belang ist Kucsko (aaO) darin Recht zu geben, daß damit das Publikum nicht über einen maßgeblichen Umstand aufgeklärt wird. Dazu kommt noch die Erwägung, daß sich die Kostenentscheidung dann, wenn gleichzeitig mit dem Unterlassungsbegehren noch andere Ansprüche - etwa auf Schadenersatz - erhoben werden, in aller Regel auf den gesamten Verfahrensaufwand bezieht und daher nicht allein dem Unterlassungsausspruch zugeordnet werden kann; nur dieser ist aber zu veröffentlichen. Der Kostenausspruch ist somit in die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung nicht einzubeziehen.

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung der Revision der Klägers mit einer Aufhebung des angefochtenen Urteils in seinem Ausspruch über die Urteilsveröffentlichung sowie die Kosten und einer Rückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Berufungsgericht vorzugehen, während der Ausspruch über das Unterlassungsbegehren mangels Rechtsmittelerfolges der Beklagten als Teilurteil zu bestätigen war. Im Hinblick darauf, daß kein allzu großer Verfahrensaufwand zu gewärtigen ist, muß angenommen werden, daß eine Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht im Vergleich zur Zurückverweisung in die Berufungsinstanz die Erledigung verzögern und einen Mehraufwand an Kosten verursachen würde (§ 496 Abs 3 ZPO).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

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