European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118968
Spruch:
Beide Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten rechtskräftig geschieden.
Mit dem vom Berufungsgericht unter Vorbehalt der Kostenentscheidung bestätigten Urteil des Erstgerichts wurde der Beklagte zur Zahlung von rückständigem und laufendem Unterhalt an die Klägerin verurteilt.
Das Berufungsgericht hat im nunmehr angefochtenen Urteil die ordentliche Revision nicht zugelassen.
Der Beklagte beantragt in seiner außerordentlichen Revision die Abweisung der Klage, die Klägerin erhob „Zulassungsvorstellung“ und ordentliche Revision – die vom Beklagten beantwortet wurde – mit dem Antrag auf Zuspruch eines Mehrbegehrens.
Das Berufungsgericht ließ daraufhin die Revision nachträglich zur Klarstellung der Frage der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Klägerin zu.
I. Zur „ordentlichen Revision“ der Klägerin
Rechtliche Beurteilung
1. Der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht zu entscheiden hatte, betrug 62.676 EUR (1.741 x 36). Hat das Berufungsgericht in einem solchen Fall die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt, kommt nur das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision in Betracht. Der von der Klägerin fälschlicherweise gestellte Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der Revision, verbunden mit der ordentlichen Revision, wäre daher richtigerweise in eine außerordentliche Revision nach § 505 Abs 4 ZPO umzudeuten (vgl RIS‑Justiz RS0123405) und unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen. Der dennoch gefasste Zulassungsbeschluss des Berufungsgerichts ist wirkungslos (vgl RIS‑Justiz RS0110049 [T17]).
2. Die Klägerin behauptet zusammengefasst, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Berechnung von Privatentnahmen bei einem Konto, das sowohl als Unternehmens- als auch als Privatkonto genutzt werde. Sie begründet anhand verschiedener Kontobewegungen, dass sie von ihrem Geschäftskonto tatsächlich deutlich geringere Privatentnahmen als von den Vorinstanzen angenommen getätigt habe. Der Verwendungszweck einzelner Behebungen von einem Konto ist jedoch eine Tatfrage. Das Erstgericht hat dazu ein Sachverständigengutachten eingeholt und auf dessen Basis ausdrückliche Feststellungen zur Höhe der Privatentnahmen beider Parteien getroffen. Diese Feststellungen sind in dritter Instanz nicht bekämpfbar (vgl RIS‑Justiz RS0043371).
3. Auch mit ihrer Rüge der Berechnungsmethode des Sachverständigen zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil die Auswahl der Methode dem Sachverständigen obliegt (vgl RIS‑Justiz RS0119439). Besteht keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, so unterliegt das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis eines Gutachtens grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, weil es um eine Tatfrage geht (RIS‑Justiz RS0118604; RS0043122). Die Berechnungsmethode des Sachverständigen ist vom Obersten Gerichtshof nur auf ihre generelle Eignung zu überprüfen, wenn gegen zwingende Denkgesetze verstoßen wurde oder die gewählte Methode auf abstrakten Überlegungen ohne entsprechende Datenermittlungen basiert (4 Ob 93/12y), nicht aber das Ergebnis der Anwendung einer an sich geeigneten Methode (RIS‑Justiz RS0118604 [T5]; RS0127336). Der Klägerin ist es nicht gelungen, gegen die generelle Eignung der Methode des Sachverständigen Bedenken zu erwecken. Dieser hat nachvollziehbar ausgeführt, weshalb bei seiner Berechnungsmethode dem privaten Bereich zuzuordnende Einnahmen – darunter die von der Klägerin konkret genannte Unterhaltsnachzahlung – das Ergebnis als neutrale Durchlaufposten nicht verändern konnten.
4. Im Hinblick auf die Revisionsbeantwortung des Beklagten gründet sich der Kostenvorbehalt auf § 52 Abs 3 ZPO.
II. Zur außerordentlichen Revision des Beklagten
Der Beklagte rügt ausschließlich, das Erstgericht habe bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage unrichtig keinen dreijährigen Beurteilungszeitraum herangezogen, um die gemittelten Privatentnahmen dem gemittelten Einkommen (vgl RIS‑Justiz RS0047382) gegenüberzustellen. Dies ist hinsichtlich des Zuspruchs für zukünftigen Unterhalt aktenwidrig (Ersturteil, S 15, unten), hinsichtlich des Unterhalts für vergangene Zeiträume zwar richtig, steht jedoch insofern in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (9 Ob 68/01t; 1 Ob 156/06g; 7 Ob 186/16b) zu dieser Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0047509 [T10]), wonach der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit das tatsächliche Einkommen der jeweiligen Zeitabschnitte zugrundezulegen ist. Die vom Beklagten zitierte Entscheidung 5 Ob 38/99w besagt nichts Gegenteiliges, waren dort doch (nur noch) zukünftige Unterhaltsleistungen strittig. Auch die Entscheidung 2 Ob 91/01y nimmt nicht ausdrücklich zu vergangenen Zeiträumen Stellung, sondern betraf den – hier nicht vorliegenden – Sonderfall der Berücksichtigung „fiktiver“ Einkommensteuer.
III. Zusammengefasst zeigt keine der beiden Revisionen eine iSv § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf; sie sind daher als unzulässig zurückzuweisen.
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