Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.680,84 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 280,14 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagte Bank gewährte der späteren Gemeinschuldnerin (Konkurseröffnung am 23. Oktober 2007) am 27. November 2006 einen Kredit von 220.000 EUR, zu dessen Besicherung die Einverleibung einer Höchstbetragshypothek über 286.000 EUR auf der von der Gemeinschuldnerin gekauften Liegenschaft vereinbart war. Das auf einem Teil der Liegenschaft errichtete Haus sollte von der Gemeinschuldnerin renoviert und anschließend weiter veräußert werden. Die Abwicklung erfolgte über einen Rechtsanwalt als Treuhänder.
Am 13. März 2007 vereinbarte die Gemeinschuldnerin mit der Beklagten eine Kreditaufstockung um 100.000 EUR, für die eine weitere Höchstbetragshypothek von 130.000 EUR zugunsten der Beklagten einverleibt werden sollte. Der schon vorher bestellte Treuhänder sollte auch die Verbücherung der weiteren Höchstbetragshypothek vornehmen.
Am 16. April 2007 vereinbarten die Gemeinschuldnerin und die Beklagte eine weitere Kreditaufstockung um 30.000 EUR; die bislang vereinbarten Hypotheken sollten zur Sicherung auch dieser zweiten Aufstockung dienen. Beide erwähnten Höchstbetragshypotheken waren Gegenstand unterfertigter Pfandbestellungsurkunden; der Treuhänder stellte auch darauf bezugnehmende Treuhanderklärungen aus. Den ersten Teilbetrag des Kredits (220.000 EUR) überwies die Beklagte an den Treuhänder, die weiteren Auszahlungen, die letzte am 25. Mai 2007 in Höhe von 29.440 EUR, erfolgten direkt an die spätere Gemeinschuldnerin. Am 28. September 2007 verkaufte die Gemeinschuldnerin die Liegenschaft nach Renovierung des darauf befindlichen Hauses. Die Käufer bestellten einen weiteren Rechtsanwalt als Treuhänder für die Abwicklung des Kaufvertrags, der es übernahm, den (größten Teil, 358.000 EUR, des) Kaufpreis(es) nach Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten der Käufer auf das Kreditkonto der späteren Gemeinschuldnerin bei der Beklagten zu überweisen. Zu einer Einverleibung des Eigentumsrechts der Gemeinschuldnerin und der beiden Höchstbetragshypotheken kam es wegen der Weiterveräußerung der Liegenschaft nicht. Am 5. November 2007, 13 Tage nach Konkurseröffnung, überwies der zweite Treuhänder 357.035,88 EUR (vereinbarter Kaufpreis) auf das Kreditkonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten. Damit war die Kreditschuld der Gemeinschuldnerin abgedeckt.
Der Kläger begehrte die Zahlung von 31.000 EUR sA. Die Beklagte sei in diesem Umfang ungerechtfertigt bereichert. Für das im Rahmen der zweiten Kreditaufstockung gewährte Darlehen sei keine hypothekarische Sicherstellung und auch keine treuhändige Abwicklung vereinbart worden. Die Beklagte habe somit 29.440 EUR erhalten, ohne dass dafür eine Sicherstellung vor Konkurseröffnung vorgesehen gewesen sei. Einen Aussonderungsanspruch habe sie nicht geltend gemacht. Mangels Eintragung ins Grundbuch habe die Beklagte auch kein Pfandrecht erworben. Sollte ihr ein Absonderungsanspruch zukommen, habe sie diesen im Konkursverfahren anzumelden und den Klagebetrag herauszugeben. 1.560 EUR seien anteilig abgereifte Zinsen. Der Kläger fechte auch das „durch Zuzählung am 25. Mai 2007“ zustandegekommene Geschäft über 30.000 EUR an. Dieser Vertrag sei ein für die übrigen Konkursgläubiger nachteiliges Rechtsgeschäft gewesen, bei dem der Beklagten die damals bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung bekannt gewesen sei oder bekannt habe sein müssen. Hätte die Beklagte das Darlehen nicht gewährt, wäre das Konkursverfahren früher eröffnet worden und hätten die übrigen Konkursgläubiger einen entsprechend geringeren Ausfall erlitten. Eine allfällige Sicherstellungs- oder Zahlungsvereinbarung sei von der Gemeinschuldnerin in der Absicht vorgenommen worden, die Beklagte vor den anderen Gläubigern zu befriedigen, was der Beklagten zumindest hätte bekannt sein müssen. Der Gemeinschuldnerin sei im Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrags mit den späteren Käufern bereits ein Konkursantrag bekannt gewesen. Die Sicherstellung oder Befriedigung der Beklagten sei überdies inkongruent.
Die Beklagte wendete ein, sämtliche Sicherheiten seien zugunsten der gesamten, auch künftig aushaftenden Kreditsumme vereinbart worden. Wie in der Praxis üblich, sei die Weiterveräußerung der Liegenschaft nach Renovierung ohne Vollzug der bücherlichen Eintragungen, allerdings unter Aufrechterhaltung der Treuhandabrede erfolgt. Der für die Einverleibung des Eigentumsrechts und der genannten Pfandrechte persönlich haftende Treuhänder sei stets im Besitz der zur Verbücherung notwendigen Originalurkunden und aufgrund des mehrseitigen Treuhandverhältnisses verpflichtet gewesen, über diese nur entsprechend dem auf Verbücherung des Eigentumsrechts und der Pfandurkunden gerichteten Treuhandauftrag zu verfügen. Für den Fall des Unterbleibens dieser Maßnahmen habe der Treuhänder dafür sorgen müssen, dass im Fall der Veräußerung der Liegenschaft der Kaufpreis zur Lastenfreistellung und Abdeckung der aushaftenden Forderungen der Beklagten verwendet werde. Der erste Treuhänder habe die Originalurkunden niemals aus der Hand gegeben, den Kaufpreis nach Erhalt vom Vertragserrichter (zweiter Treuhänder) an die Beklagte überwiesen und die Originalpfandbestellungsurkunden zurückgestellt. Auch der Kläger müsse das mehrseitige Treuhandverhältnis, aufgrund dessen die Auszahlung des Kaufpreises erfolgt sei, gegen sich gelten lassen. Dieses wäre der Einverleibung lastenfreien Eigentums zugunsten der Gemeinschuldnerin entgegengestanden. Die Beklagte wäre in diesem Fall zur Lastenfreistellung nur Zug-um-Zug gegen Abdeckung der bei ihr begründeten Verbindlichkeiten verpflichtet gewesen. Die gewählte Abwicklungsform sei daher konkursfest und anfechtungsrechtlich unbedenklich. Der Befriedigungsfonds für die Gläubiger habe sich durch die Kreditgewährung gegen Einräumung von Sicherheiten nicht verringert. Die Kreditierung sei auf Basis eines Zug-um-Zug-Geschäfts und im Übrigen außerhalb der 6-Monatsfrist des § 31 Abs 4 KO erfolgt. Die Aufstockungsvereinbarung sei nicht erst durch die Zuzählung des Darlehensbetrags, sondern mit ihrer Unterfertigung zustandegekommen. Die Anfechtung der Befriedigung aus dem Kaufpreiserlös sei nicht befriedigungstauglich, weil die Beklagte damit ihr Zurückbehaltungsrecht an den Originalurkunden aufgegeben und es damit der Gemeinschuldnerin ermöglicht habe, über das Kaufobjekt zu verfügen. Wäre die Weiterveräußerung des Grundstücks vor Konkurseröffnung unterblieben, hätte der erste Treuhänder auch nach Konkurseröffnung in Erfüllung seiner mehrseitigen Treuhandverpflichtung das Eigentumsrecht für die Gemeinschuldnerin samt Hypotheken einverleiben können und müssen. Daraus wäre aber für die Konkursmasse nichts zu gewinnen. Da der Aufstockungsbetrag zur Fertigstellung der Renovierungsarbeiten gewährt worden sei, liege kein nachteiliges Rechtsgeschäft vor. Eine bevorstehende Insolvenzsituation hätte die Beklagte weder erkennen können noch müssen, weil sie eine rein projektbezogene Finanzierung durchgeführt habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 29.440 EUR statt. Bei der zweiten Aufstockungsvereinbarung seien zwar als Sicherheit auch die zwei Höchstbetragshypotheken vereinbart worden, eine Eintragung im Grundbuch sei aber nicht erfolgt. Da bei der zweiten Aufstockungsvereinbarung auch keine Treuhandabwicklung vereinbart worden sei, sei diese Auszahlung nicht konkursfest. Die Beklagte habe daher die nach Konkurseröffnung eingegangenen 29.440 EUR sA herauszugeben, sie könne diesen Betrag nur als Konkursforderung anmelden.
Das Berufungsgericht wies über Berufung der Beklagten die Klage zur Gänze ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es sich bei der hier zu beurteilenden Finanzierungs- und Treuhandkonstruktion um eine häufige Praxis handle, deren Konkurs- und Anfechtungsfestigkeit der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht zu beurteilen gehabt habe. Die Beklagte habe den strittigen Betrag nicht für eine ungesicherte Konkursforderung erhalten, es stehe vielmehr fest, dass der gesamte der Gemeinschuldnerin von der Beklagten eingeräumte Kredit, daher auch die streitgegenständliche Kreditaufstockung, (unter anderem) durch zwei Höchstbetragshypotheken bis zum Gesamtbetrag von 416.000 EUR gesichert werden sollte, die Gemeinschuldnerin zwei sich darauf beziehende Pfandurkunden unterfertigt habe und der Treuhänder die persönliche Haftung für die Einverleibung dieser Höchstbetragshypotheken gegenüber der Beklagten übernommen habe. Die Gemeinschuldnerin habe durch die unwiderrufliche Einschaltung des Treuhänders keine Möglichkeit mehr gehabt, ohne gleichzeitige Belastung mit der Höchstbetragshypothek Eigentümerin der Liegenschaft zu werden. Die Überweisung des Kaufpreises sei nicht als Rechtshandlung der Gemeinschuldnerin anzusehen, weil mit der Konkurseröffnung jede von der Gemeinschuldnerin erteilte Vollmacht erloschen sei. Eine Anfechtung der Überweisung und Darlehenstilgung nach §§ 28 ff KO scheide aus, weil diese nach Konkurseröffnung vorgenommen worden seien. Die Anfechtung der zweiten Aufstockungsvereinbarung scheitere an der fehlenden Gläubigerbenachteiligung. Die Masse hätte niemals lastenfreies Eigentum erwerben können. Die pauschale Behauptung, das Konkursverfahren wäre bei Unterbleiben der Kreditaufstockung früher eröffnet worden, der Gläubigerausfall wäre entsprechend geringer gewesen, habe der Kläger nicht ausreichend substantiiert. Mit seinem Vorbringen zu einem denkbaren lastenfreien Erwerb verstoße der Kläger überdies gegen das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers, mit der er die Klagestattgebung anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Der Umstand alleine, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042816). Dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, bedeutet keineswegs, dass die Entscheidung von der Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Besonderheiten der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs sogar eher aus (RIS-Justiz RS0102181).
Der Revisionswerber steht auf dem Standpunkt, mangels Eintragung der Pfandrechte hätte die Zahlung des Kaufpreises nach Konkurseröffnung nur an ihn als Masseverwalter erfolgen dürfen (§ 3 Abs 2 KO). Die Treuhandabwicklung wäre keine Sicherheit; die Treuhandabreden seien infolge Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin erloschen.
Gemäß § 1024 ABGB und § 26 Abs 1 KO/IO erlöschen Treuhandaufträge ebenso wie vom späteren Gemeinschuldner erteilte Anweisungen durch die Konkurseröffnung (RIS-Justiz RS0019970). Dies gilt nach der Rechtsprechung aber nur im zweipersonalen Verhältnis, hingegen hat die Eröffnung des Konkurses über einen Treugeber einer mehrseitigen Treuhand auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses keinen Einfluss (3 Ob 520/94 = SZ 67/48 ua; RIS-Justiz RS0016151). Der Masseverwalter ist im Konkurs einer der beiden Vertragsparteien an den Treuhandabwicklungsmodus dann gebunden, wenn entweder - wie in diesem Fall - infolge beiderseitiger Erfüllung (des Liegenschaftsverkaufs der Gemeinschuldnerin) kein Rücktrittsrecht gemäß § 21 KO mehr besteht oder sich der Masseverwalter für die Vertragserfüllung entscheidet (4 Ob 2119/96p = SZ 69/117 ua; RIS-Justiz RS0102659). Die gesamte Abwicklung (keine Verbücherung des Eigentums der späteren Gemeinschuldnerin und der Hypotheken zugunsten der Beklagten) erfolgte in allseitigem Einverständnis (Gemeinschuldnerin, Beklagter, Treuhänder und Käufer) in einem (so abgeänderten) Treuhandverhältnis, welches die der bücherlichen Hypothekenbegründung gleichwertige Sicherheit der Zug-um-Zugabwicklung herstellte. Der Zweck von § 26 KO und § 1024 ABGB liegt nur darin, eine Tätigkeit des Beauftragten (Treuhänders) zu verhindern, die zu neuen Ansprüchen gegen die Masse führt; das ist bei bloßer Durchführung eines schon vorher geschlossenen Vertrags nicht der Fall (4 Ob 163/06h mwN).
Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies, hat ihr der Kläger gemäß §§ 41 und 50 ZPO die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)