OGH 4Ob163/06h

OGH4Ob163/06h21.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Edmund R*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der ***** Wohnbau GmbH, vertreten durch Proksch & Partner OEG Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft ***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer und andere Rechtsanwälte in Wien, sowie die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. *****bank ***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, 2. ***** Bank AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof und Dr. Damian GmbH in Wien, wegen 130.061 EUR s.A., infolge der Rekurse des Klägers, der Beklagten und der Erstnebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2006, GZ 15 R 31/06y-24, mit welchem über Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. November 2005, GZ 4 Cg 169/04h-18, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Gemeinschuldnerin ist eine Wohnbaugesellschaft. Sie war im Jahr 2002 Eigentümerin von mehreren Liegenschaften in Niederösterreich, auf denen sie Wohnhäuser errichtet hatte, die sie in weiterer Folge vermietete. Die Baukosten hatte sie fremdfinanziert; dabei hatte sie auch Wohnbauförderungsmittel des Landes Niederösterreich verwendet. Die Hausverwaltung übte sie zunächst selbst aus.

Im Jahr 2002 traten Schwierigkeiten bei der Erstellung von Abrechnungen auf, sodass das Land Niederösterreich unter Beteiligung der finanzierenden Banken ein Gespräch initiierte, um einerseits einen Konkurs der späteren Gemeinschuldnerin zu vermeiden und andererseits eine ordnungsgemäße Endabrechnung der Bauvorhaben zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sollte der späteren Gemeinschuldnerin die Verfügungsmacht über die Objekte entzogen werden. Unter Beteiligung der Gläubigerbanken wurde Einigung darüber erzielt, dass die Beklagte mit der Verwaltung der Objekte sowie der Erstellung einer Endabrechnung und dem Verkauf von Wohneinheiten betraut werden sollte. Zu diesem Zweck hatte die Beklagte objektbezogene Konten bei den jeweiligen Gläubigerbanken zu errichten. Kontoinhaber sollte die Beklagte sein, und zwar mit der Auflage, nach dem Verkauf der entsprechenden Liegenschaften (bzw von Liegenschaftsanteilen) einen allfälligen Überschuss an die jeweils kontoführenden Banken zu überweisen. Zu diesem Zweck wurde am 25. November 2002 ein „Moratorium" abgeschlossen, dem auch die finanzierenden Banken beitraten; der Beklagten wurden zudem Spezialvollmachten zur Verwertung der Liegenschaften erteilt. Damit sollte ein Konkurs über das Vermögen der späteren Gemeinschuldnerin vermieden werden, weiters sollte den beteiligten Banken eine möglichst hohe Befriedigung ihrer jeweiligen Forderungen gesichert werden. Der Beklagten stand ein jährliches Hausverwalterhonorar und zusätzlich ein Honorar für die Endabrechnung zu.

Am 28. Juli 2004 wurde der Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Auf den zu den einzelnen Objekten eingerichteten Konten liegt ein Guthaben von insgesamt 130.061 EUR. Der Kläger begehrt die Zahlung dieses Betrages in die Masse. Er habe gemäß § 21 KO erklärt, in den von der Gemeinschuldnerin mit der Beklagten abgeschlossenen Verwaltungs- und Verwertungsvertrag nicht einzutreten, und die Beklagte aufgefordert, die von ihr als Verwalterin getätigten Einnahmen und Ausgaben zum Stichtag 28. 7. 2004 abzurechnen und den Überschuss in die Masse zu leisten. Die Beklagte habe zwar Abrechnungen erstellt, verweigere aber die Zahlung dieses Betrags. Die vom Moratorium erfassten Gläubigerbanken hätten ihre Ansprüche als Konkursforderungen angemeldet.

Die Beklagte wendet ein, das Moratorium habe nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien den Zweck verfolgt, der nunmehrigen Gemeinschuldnerin die Verfügungsmacht über die Objekte zu entziehen. Dadurch sollten öffentliche Förderungsmittel, die für die Errichtung der Gebäude eingesetzt worden seien, gesichert und die Nutzungsberechtigten vor einer möglichen Insolvenz geschützt werden. Die Beklagte habe daher für die von den Nutzungsberechtigten eingezahlten Beträge nicht nur eine Treuhandfunktion gegenüber der Gemeinschuldnerin übernommen. Sie habe auch gewährleisten müssen, dass diese Zahlungen nach der Endabrechnung zur Schuldtilgung an die Banken weitergeleitet würden. Aus diesem Grund seien für die Zahlungen der Nutzungsberechtigten bei der jeweils kreditgewährenden Bank Eigenkonten der Beklagten eingerichtet worden. Die von den Nutzungsberechtigten geleisteten Zahlungen seien Bestandteil des Vermögens der Beklagten geworden, jedoch mit der Einschränkung, dass Zahlungen, soweit sie auf Annuitäten entfallen, den kreditgewährenden Banken weiterzuleiten waren. Der Umstand, dass die Endabrechnung erst nach Eröffnung des Konkurses fertiggestellt habe werden können, ändere nichts an der materiellen Regelung, wonach die Annuitätenzahlungen nicht der Gemeinschuldnerin zustehen sollten. Die monatlichen Zahlungen der Nutzer würden zudem auch das Honorar für die Verwaltungstätigkeit der Beklagten umfassen. Sie sei daher auch berechtigt, das (laufende) Verwalterhonorar einzubehalten. Aus diesem Titel werde für die Jahre 2002 und 2004 eine Forderung von 25.944,46 EUR aufrechnungsweise eingewendet.

Die Nebenintervenienten schlossen sich dem Prozessstandpunkt der Beklagten an. Die Zweitnebenintervenientin brachte insbesondere vor, dass die Endabrechnungen bereits erfolgt seien.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Ziel der Vereinbarung vom 25. November 2002 sei es gewesen, der späteren Gemeinschuldnerin die Verfügungsberechtigung über die Bauvorhaben, insbesondere über die Zahlungen der Nutzer, zu entziehen. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung sei der Vertrag von der Gemeinschuldnerin vollständig erfüllt gewesen, sodass dem Masseverwalter kein Rücktrittsrecht nach § 21 KO mehr zustehe. Eine eventuelle Verpflichtung der Beklagten zur Rechnungslegung bestehe allenfalls gegenüber den Gläubigerbanken, nicht jedoch gegenüber der Gemeinschuldnerin.

Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Mit der strittigen Vereinbarung sei die Beklagte mit der Verwaltung und allfälligen Verwertung der Liegenschaften betraut worden. Dabei habe es sich um einen Bevollmächtigungsvertrag gehandelt, der nach § 1024 ABGB mit Konkurseröffnung ex nunc erloschen sei. Danach bleibe der Auftragnehmer zur Rechnungslegung verpflichtet; er habe den bestehenden Nutzen dem Auftraggeber (hier Masseverwalter) herauszugeben. Seinerseits habe er eine Konkursforderung auf Ersatz seines notwendigen oder nützlichen Aufwands. Die Aufrechnung sei nach Maßgabe von § 19 KO möglich. Die von der Beklagten ebenfalls übernommene Endabrechnung sei zwar eine tatsächliche Verrichtung gewesen, sodass insofern möglicherweise § 21 KO anwendbar sei. In diesem Fall sei aber jedenfalls die Rücktrittserklärung des Masseverwalters wirksam. Der Vertrag zwischen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin und der Beklagten sei daher zur Gänze erloschen. Dennoch sei die Sache noch nicht spruchreif. Die Beklagte sei nämlich Treuhänderin sowohl der späteren Gemeinschuldnerin als auch der Banken gewesen. Ein Treuhandauftrag erlösche zwar grundsätzlich mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Treugebers. Bei einer mehrseitigen Treuhand bestehe aber das Treuhandverhältnis zwischen dem Treuhänder und den anderen Treugebern fort. So bleibe der Masseverwalter bei einem Liegenschaftsverkauf an den vereinbarten Treuhandmodus gebunden, wenn bezogen auf das zu Grunde liegende Geschäft entweder kein Rücktrittsrecht gem § 21 KO mehr bestehe oder der Masseverwalter sich für die Vertragserfüllung entscheide. Im vorliegenden Fall hätten die Banken mit der Auszahlung der jeweiligen Kreditvaluta das (Kredit)Vertragsverhältnis auf ihrer Seite erfüllt. Der Masseverwalter könne daher nicht nach § 21 KO zurücktreten. Die weitere Abwicklung des Treuhandauftrags werde durch Konkurseröffnung nicht gehindert.

Das gelte auch für den vorliegenden Fall, wenn die Gemeinschuldnerin aus den jeweiligen Kreditverhältnissen zur Leistung von Annuitäten verpflichtet gewesen sei und die von der Beklagten auf den jeweiligen Konten angesammelten Beträge zur Tilgung von Annuitäten herangezogen werden sollten. Sollte der Vereinbarung vom 25. November 2002 ein Zahlungsaufschub der beteiligten Banken zu Grunde liegen, wofür schon die Bezeichnung als Moratorium (= Zahlungsaufschub) spreche, liege im Zweifel eine reine Stundung vor, die den Fälligkeitszeitpunkt nicht berühre. Lediglich die Auszahlung der Beträge durch die Beklagte als Treuhänderin sei aufschiebend bedingt gewesen, sodass die Banken ein Anwartschaftsrecht erworben hätten. Dieses Recht sei anfechtungsfest, da die Annuitäten nie der Masse zugekommen wären.

Sollten die bei der Beklagten treuhändig erliegenden Beträge die vor Konkurseröffnung fällig gewordenen Annuitäten übersteigen, träfen diese Überlegungen allerdings nicht mehr zu. Mit Konkurseröffnung würden zwar betagte Forderungen nach § 14 Abs 2 KO fällig. Die Gläubiger seien hier aber auf die Konkursquote verwiesen. Den dem Moratorium beigetretenen Gläubigerbanken durch den vereinbarten Treuhandabwicklungsmodus eine gegenüber den übrigen Gläubigern günstigere Position zuzuerkennen, widerspräche nicht nur dem dem Konkursrecht innewohnenden Ausgleichsgedanken, sondern würde auch zur Benachteiligung der Masse führen. Die Vereinbarung wäre insofern anfechtbar.

Das Erstgericht müsse daher prüfen, inwieweit die vom Kläger beanspruchten Guthaben der Beklagten zur Tilgung von vor Konkurseröffnung fällig gewordenen Forderungen der Gläubigerbanken dienen sollten. Dafür sei insbesondere zu klären, ob das „Moratorium", wie die Wortwahl nahe lege, nur eine einfache Stundung oder aber einen Aufschub der Fälligkeit bedeutet habe. Insbesondere seien daher Feststellungen zu den der Vereinbarung zugrunde liegenden Kreditverhältnissen erforderlich.

Zur Beurteilung der Gegenforderung bedürfe es noch Feststellungen darüber, wann die geltend gemachten Honorarforderungen entstanden seien. Nicht aufrechenbar seien jedenfalls solche Forderungen, die erst nach Konkurseröffnung entstanden seien. Gleiches gelte für Forderungen, die der Gläubiger in den letzten 6 Monaten vor Konkurseröffnung erworben habe, wenn er die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners kannte oder kennen musste.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, da es keine Rechtsprechung zur Frage gebe, ob eine mehrseitige Treuhand im Konkurs eines Treugebers auch dann aufrecht bleibe, wenn das Treugut der Tilgung eines Darlehens des späteren Gemeinschuldners dienen sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurse des Klägers, der Beklagten und der Erstnebenintervenientin sind zulässig, weil ein vergleichbarer Fall noch nicht entschieden wurde, sie sind aber nicht berechtigt.

1. Die Vereinbarung vom 25. November 2002 enthält, wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat, Elemente eines Treuhandverhältnisses. Die Beklagte sollte nicht nur die Liegenschaften der späteren Gemeinschuldnerin verwalten, die Endabrechnungen vornehmen und letztlich auch den Verkauf durchführen. Sie sollte auch die Erträge in ihrem eigenen Namen halten und dafür sorgen, dass Überschüsse der Verwaltung und Verwertung den jeweils finanzierenden Banken zukommen. Auch die Banken hatten ein Interesse an dieser Vorgangsweise, sicherte doch offenkundig nur sie den weiteren Fluss von zweckgebundenen Förderungsmitteln (Annuitätenzuschüssen). Die Banken hätten nach Maßgabe der Kreditverträge die sofortige Zahlung der Annuitäten verlangen können. Statt dessen stundeten sie ihre Forderungen, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Mietzinse zweckgebunden für die Endabrechung und die Schuldentilgung verwendet werden. Diese Zweckbindung konnte wegen der offenkundigen Vertrauensunwürdigkeit der späteren Gemeinschuldnerin - außer durch eine Treuhänderstellung der Banken selbst - nur durch Einschaltung eines dritten Verwalters (der Beklagten) gesichert werden. Die Beklagte wurde somit auch im Auftrag der Banken tätig.

2. Nach § 1024 ABGB erlöschen Auftrag und Vollmacht mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Machthabers. Gleiches gilt nach § 26 Abs 1 KO für vom Gemeinschuldner erteilte Aufträge. Aus diesen Vorschriften wird abgeleitet, dass grundsätzlich auch ein Treuhandauftrag, der sich auf die Masse bezieht, mit der Eröffnung des Konkurses über den Treugeber endet (8 ObA 116/03x = SZ 2004/107 mwN). Ziel dieser Vorschriften ist es, dem Masseverwalter eine möglichst umfassende Befugnis zur Verwaltung und Verwertung der Masse zu schaffen. Schon daraus folgt, dass das Erlöschen (nur) ex nunc eintritt (Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 § 26 KO Rz 7; Weber-Wilfert/ Widhalm-Budak in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 26 KO Rz 17 f, beide mwN). Denn ein rückwirkender Wegfall von Auftrag und Vollmacht ist idR nicht erforderlich, um die umfassende Verwaltung und Verwertung zu ermöglichen.

Nach Erlöschen des Auftrags hat der Beauftragte und damit auch ein Treuhänder den erlangten Nutzen (das Treugut) herauszugeben (Gamerith aaO § 26 KO Rz 7 mwN). Sein Aufwandersatzanspruch (§ 1014 ABGB) ist eine Konkursforderung, die er nach allgemeinen Grundsätzen gegen den Anspruch der Masse aufrechnen kann (Weber-Wilfert/Widhalm-Budak aaO § 26 KO Rz 20; Gamerith aaO § 26 Rz 13).

3. Bei einer mehrseitigen Treuhand hat allerdings die Eröffnung des Konkurses über einen Treugeber keinen Einfluss auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses (1 Ob 977/33 = SZ 16/20;

RIS-Justiz RS0016151; Gamerith aaO § 26 Rz 13;

Weber-Wilfert/Widhalm-Budak aaO § 26 KO Rz 27, beide mwN). Das gilt regelmäßig dann, wenn die Treuhand dazu dient, die Abwicklung eines anderen Vertrags abzusichern (8 ObA 116/03x = SZ 2004/107).

Diese Rechtsprechung hat sich in erster Linie zur treuhändigen

Abwicklung eines Liegenschaftskaufs entwickelt (4 Ob 2119/96p = SZ

69/117; 3 Ob 266/00i = JBl 2002, 661, 5 Ob 86/02m = ecolex 2002, 583;

8 Ob 109/03t = SZ 2003/141). Dort wird regelmäßig auf den

Zusammenhang zwischen dem Grundgeschäft und der Treuhandabwicklung abgestellt: Die Bindung an den Treuhandauftrag bleibt aufrecht, wenn entweder kein Rücktrittsrecht gemäß § 21 KO mehr besteht oder der Masseverwalter sich für die Erfüllung des zugrunde liegenden Vertrages entscheidet (RIS-Justiz RS0102659). Die umfangreiche Literatur zu dieser Problematik geht in erster Linie den Verästelungen der Frage nach, unter welchen Umständen dem Masseverwalter beim treuhändig abgewickelten Kaufvertrag (noch) ein Rücktrittsrecht zusteht (vgl in jüngerer Zeit etwa Schumacher, Konkurseröffnung, Treuhand und Liegenschaftsverkehr, NZ 1991, 1; Bollenberger, Treuhändiger Liegenschaftsverkehr und Konkurs einer Partei, ÖBA 1994, 825; König, Treuhand und Liegenschaftskauf im Konkurs, JBl 1995, 38; Bollenberger, Treuhand und Liegenschaftskauf im Konkurs. Wunschvorstellungen und geltende Rechtslage, JBl 1995, 398; Apathy, Glosse zu 4 Ob 2119/96, ÖBA 1996, 955; zuletzt etwa Bollenberger, Konkurs des Liegenschaftsverkäufers und ungenützter Ablauf der Rangordnung, ecolex 2004, 258). Die Begründung für die Bindung an den Abwicklungsmodus liegt bei aufrecht bleibendem (Grund-)Vertrag im Zweck der mehrseitigen Treuhand: Soll die Treuhand die Abwicklung des bereits vor Konkurseröffnung geschlossenen Vertrages zwischen den Parteien ersetzen, muss sie von der Konkurseröffnung unberührt bleiben (Bollenberger, JBl 1995, 400; ebenso Rechberger, Die Treuhandschaft bei Insolvenz und Exekution, in Apathy (Hrsg), Die Treuhandschaft (1995) 178, 187 f). Der Zweck von § 26 KO und § 1024 ABGB liegt nur darin, eine Tätigkeit des Beauftragten (Treuhänders) zu verhindern, die zu neuen Ansprüchen gegen die Masse führt; das ist bei bloßer Durchführung eines schon vorher geschlossenen Vertrages nicht der Fall (Bollenberger, ÖBA 1994, 831). Eine (fiktive) „Erneuerung" des Treuhandauftrages durch Eintreten des Masseverwalters in den zugrunde liegenden Vertrag (so die Konzeption bei König, JBl 1995, 40) ist bei dieser Sichtweise nicht erforderlich.

4. Im vorliegenden Fall dient die Vereinbarung nicht der Abwicklung eines Kaufvertrags, sondern (zwar nicht ausschließlich, aber auch) der Absicherung von Kreditrückzahlungen an die Banken. Die Kreditverträge sind von den Banken offenkundig vollständig erfüllt, sodass ein Rücktritt nach § 21 KO nicht mehr in Frage kommt. Schon das legt es nahe, die Rsp zur treuhändigen Abwicklung von Liegenschaftskaufverträgen zu übernehmen und nicht nur den Treuhänder, sondern auch den Masseverwalter - zumindest für die bis zur Konkurseröffnung erfolgte Abwicklung - an die Vereinbarung mit den Banken gebunden zu sehen (vgl dazu auch 3 Ob 530/94 = SZ 67/48, wo als Vorfrage in einem Anfechtungsprozess die Bindung des Masseverwalters an die treuhändige Sicherung des Anspruchs eines Dritten bejaht wurde).

Für diese Lösung spricht der Vergleich mit einer „unmittelbaren" Abwicklung des Geschäfts zwischen der späteren Gemeinschuldnerin und den einzelnen Banken. Wäre die Verwaltung und Verwertung nicht einem Treuhänder, sondern den jeweiligen Banken übertragen, also eine (auch) eigennützige Treuhand der Banken eingerichtet worden, so hätte zwar die Konkurseröffnung ex nunc zur Beendigung dieses Auftragsverhältnisses geführt. Gegen den dann bestehenden Herausgabeanspruch des Masseverwalters hätten die Banken aber (auch) mit ihrer Darlehensforderung aufrechnen können.

§ 1440 ABGB hätte diese Aufrechnung nicht gehindert. Denn diese Bestimmung ist damit begründet, dass in den darin genannten Fällen der Rückforderungsgläubiger (Verleiher, Bestand- oder Verwahrgeber) typischerweise nicht mit Gegenansprüchen rechnen muss (RIS-Justiz RS0116433). Sind solche Gegenforderungen aber abzusehen, wäre auch bei der fremdnützigen Treuhand eine Aufrechnung möglich (4 Ob 300/98s = JBl 1999, 659; 1 Ob 37/03b = SZ 2003/146). Um so mehr muss das bei einer (auch) eigennützigen Treuhand gelten. Wenn die Treuhand dazu dienen sollte, Ansprüche des Treuhänders abzusichern, ist eine Aufrechnung nicht nur zu erwarten, sondern entspricht auch dem hypothetischen Willen der Parteien.

Auch § 20 Abs 1 KO wäre dem nicht entgegengestanden. Zwar scheint sich aus der Entscheidung 6 Ob 16/02z (= ZIK 2002, 129) zu ergeben, dass der Rückforderungsanspruch der Masse gegen den Treuhänder erst mit dem Rücktritt des Masseverwalters vom Grundgeschäft (Liegenschaftskauf) entstehe und daher eine Aufrechnung nach § 20 Abs 1 KO unzulässig sei. Diese Ausführungen waren dort aber nicht entscheidungswesentlich. Denn die Entscheidung betraf nur Forderungen des Treuhänders, die in keinem Zusammenhang mit dem Treuhandauftrag standen; sein „Zurückbehaltungsrecht" an der treuhandbezogenen Honorarforderung war nicht mehr strittig. Die Unzulässigkeit der Aufrechnung mit weiteren Forderungen konnte daher, wie die Entscheidung zutreffend darlegt, schon aus der Zweckbindung des Treuhanderlags abgeleitet werden. Es ist zwar richtig, dass eine Aufrechnungsmöglichkeit den Treuhänder vor anderen Gläubigern bevorzugt hätte. Der Unterschied zum hier zu beurteilenden Fall liegt aber darin, dass eine solche Bevorzugung nicht dem hypothetischen Willen der Parteien entsprochen hätte: Die Treuhand hatte der Absicherung eines Liegenschaftskaufs gedient; der Treuhänder hätte bei vollständiger Abwicklung aus dem Treugut zwar sein diesbezügliches Honorar decken können (was ohnehin erfolgte), nicht aber andere Forderungen gegen den Treugeber (Käufer). Demgegenüber wäre die bevorzugte Befriedigung der Banken bei der hier erörterten Vorgangsweise („unmittelbare" Abwicklung des Geschäfts) geradezu angestrebt gewesen. Das hätte zwar unter Umständen andere Gläubiger benachteiligen und daher eine Anfechtung rechtfertigen können. Solange das aber nicht erfolgt, gibt es auch im Insolvenzfall keinen Grund, den auf Bevorzugung einzelner Gläubiger gerichteten Willen der Parteien nicht umzusetzen.

Abgesehen von einer möglichen Anfechtung hätten die Banken daher durch eine „unmittelbare" Abwicklung eine konkursfeste Sicherung ihrer Ansprüche erreichen können. Wenn sie statt einer solchen Lösung einen (weiteren) Treuhänder einschalteten, kann das nicht zu ihrem Nachteil ausschlagen.

5. Auf dieser Grundlage ist der Treuhandeinwand der Beklagten grundsätzlich berechtigt. Soweit sie den Banken weiterhin aus dem mehrseitigen Treuhandverhältnis zur Herausgabe eines Überschusses verpflichtet ist, kann sie das dem Herausgabeanspruch des Klägers entgegenhalten. Die Beklagte hat dazu behauptet, dass schon die bis zur Konkurseröffnung fällig gewordenen Annuitäten die Guthabensstände überstiegen. Dazu werden Feststellungen zu treffen sein. Abgesehen davon ist die vom Konkursgericht getroffene Unterscheidung zwischen bereits bei Konkurseröffnung fälligen und erst dadurch fällig werdenden Forderungen unbegründet. Denn Zweck der Treuhand war offenkundig eine umfassende (dh die gesamte Kreditforderung erfassende) Absicherung der Banken; die Differenzierung des Berufungsgerichts hat daher keine Grundlage im Parteiwillen. Aus dem Gesetz ergibt sie sich auch nicht: Wäre die Vereinbarung ohne zwischengeschalteten Treuhänder abgewickelt worden, so wäre die Aufrechnung auch mit der erst bei Konkurseröffnung fällig werdenden Forderung möglich gewesen. Denn diese Forderungen waren jedenfalls schon vor diesem Zeitpunkt entstanden; eine Bedingung oder Befristung schadet nach § 19 Abs 2 KO nicht. Es gibt keinen Grund, die von den Parteien gewählte Treuhandkonstruktion anders zu behandeln. Daher ist auch die vom Berufungsgericht erörterte Frage unerheblich, ob das „Moratorium" als „reine" Stundung anzusehen ist, die die Fälligkeit nicht aufhebt (vgl RIS-Justiz RS0033283), oder ob damit die Fälligkeit hinausgeschoben wurde. Jedenfalls mit Konkurseröffnung ist sie eingetreten.

Nach der Vereinbarung hatte die Beklagte die Banken erst nach Vornahme der jeweiligen „Endabrechnung" zu befriedigen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Parteien den Forderungen aus der Abwicklung der einzelnen Bauvorhaben Vorrang gegenüber der Forderung der jeweils finanzierenden Bank einräumen wollten. Auf diese Problematik ist hier aber nicht weiter einzugehen, da keine Seite behauptet hat, dass noch solche Forderungen offen seien. Letztlich träfe aber auch dieser Umstand nur das Verhältnis zwischen der Beklagten und der betroffenen Bank, die insofern zurückstehen müsste; der Zweck der Vereinbarung schlösse es jedenfalls aus, dass diese Beträge in die allgemeine Masse fließen.

6. Sowohl das Herbeiführen der Aufrechnungslage bei einer „unmittelbaren" Abwicklung als auch die hier gewählte mehrseitige Treuhand wären zwar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen anfechtbar (vgl zu einer ähnlichen Treuhandkonstruktion [Sicherung des Anspruchs eines Dritten] 3 Ob 530/94 = SZ 67/48). Im vorliegenden Fall wäre wegen des Ablaufs der Fristen der §§ 30 Abs 2 und 31 Abs 4 KO nur eine Absichtsanfechtung nach § 28 KO in Frage gekommen. Dazu hat der Kläger aber innerhalb der Jahresfrist des § 43 Abs 2 KO kein Vorbringen erstattet; sein Hinweis auf die „Nachteiligkeit" des Geschäfts (ON 5) blieb völlig unsubstantiiert. Von Amts wegen ist auf eine allfällige Anfechtbarkeit nicht Bedacht zu nehmen. Angesichts des durch die Vereinbarung ermöglichten Weiterflusses der Landesförderung ist auch keineswegs offenkundig, dass sich das Geschäft insgesamt zum Nachteil der Masse ausgewirkt hätte. Im fortgesetzten Verfahren ist daher jedenfalls vom aufrechten Bestand der Vereinbarung auszugehen.

7. Aus all dem ergibt sich, dass der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts im Ergebnis richtig ist. Den Rekursen ist daher nicht Folge zu geben. Allerdings wird im weiteren Verfahren nur zu prüfen sein, ob die Darlehensforderungen der Banken den Guthabensstand übersteigen. Nach dem Zweck der Vereinbarung sind dabei die einzelnen Bauvorhaben getrennt zu beurteilen: die Klagsforderung bestünde (nur) soweit zu Recht, als der jeweilige Guthabensstand höher ist als die Forderung der dieses Bauvorhaben finanzierenden Bank.

Soweit die Klagsforderung auf dieser Grundlage zu Recht besteht, wäre noch die Berechtigung der Gegenforderung zu prüfen. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist dabei festzuhalten, dass die Beklagte nur das Verwalterhonorar eingewendet hat, nicht das Honorar für die Endabrechnung. Diese Forderung ist mit der Vereinbarung und damit jedenfalls früher als sechs Monate vor der Eröffnung des Konkurses „entstanden" (vgl zum „Entstehen" eines Werklohnanspruchs 5 Ob 310/87 = JBl 1987, 582 mwN; RIS-Justiz RS0021867; Gamerith aaO § 20 Rz 13, 27 mwN), sodass die Erwägungen des Berufungsgerichts zum allfälligen Kennenmüssen der Zahlungsunfähigkeit (auch) hier gegenstandslos sind (§ 20 Abs 2 KO).

8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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