Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.935.- (darin S 2.822,50 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 23.150.- (darin S 1.650.- USt und S 13.250.- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin beauftragte 1995 in laufender Geschäftsbeziehung die Spedition L***** GmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am 11. 12. 1995 das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Waren per Nachnahme an ihre Kunden auszuliefern. Die Gemeinschuldnerin führte diese Auslieferungen teils selbst durch, teils beauftragte sie damit die Beklagte, mit der sie in ständiger Geschäftsbeziehung stand. In Erfüllung dieser Aufträge hob die Beklagte bei Kunden der Klägerin insgesamt S 94.768.- an Nachnahmegeldern ein; in fünf Geschäftsfällen gab die Beklagte die Aufträge zur Auslieferung an die Rudolf K***** Spedition GmbH & Co KG weiter, die von Kunden der Klägerin insgesamt S 92.616.- inkassierte und diesen Betrag mit der Beklagten kontokorrentmäßig abrechnete. Auch die Gemeinschuldnerin führte ihre Verrechnung mit der Beklagten in laufender Rechnung durch, in die regelmäßig nicht nur zu Lasten der Gemeinschuldnerin die von ihr zu entrichtenden Entgelte für Transportleistungen, sondern zu ihren Gunsten auch die von den Warenempfängern (der Beklagten bzw. der von der Beklagten beauftragten Rudolf K***** Spedition GmbH & Co KG) gezahlten Nachnahmegelder eingestellt wurden. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestand aus dieser Verrechnung ein den Klagebetrag übersteigender Saldo zugunsten der Beklagten.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von S 249.719.- s.A. mit dem Vorbringen in Anspruch, diese habe in Erfüllung der von der Gemeinschuldnerin an sie weitergegebenen Auslieferungsaufträge für die Klägerin Nachnahmebeträge in Höhe des Klagebetrages treuhändig kassiert, aber nicht an die Gemeinschuldnerin abgeführt. Die teilweise Weitergabe der Aufträge durch die Beklagte berühre den Anspruch der Klägerin nicht, weil die von den Subunternehmern der Beklagten inkassierten Beträge der Beklagten zuzurechnen seien. Die von der Beklagten durchgeführte Gegenverrechnung ihrer Verbindlichkeiten mit Forderungen, die ihr gegen die Gemeinschuldnerin aufgrund durchgeführter Transportleistungen zustanden, sei deshalb unzulässig, weil die inkassierten Nachnahmebeträge der Klägerin zustünden, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Die Beklagte hätte ihre Entgeltsforderungen gegenüber der Gemeinschuldnerin vielmehr im Konkurs anzumelden und einen teilweisen Forderungsausfall zu tragen gehabt, weshalb sie durch die Gegenverrechnung bereichert sei. Der Masseverwalter habe die Klägerin ermächtigt, die Klageforderung direkt gegen die Beklagte geltend zu machen.
Die Beklagte wendet ein, nie in einer Vertragsbeziehung zur Klägerin gestanden zu sein; die Klägerin sei mit ihren Ansprüchen an die Gemeinschuldnerin als ihre Vertragspartnerin zu verweisen. Die von der Beklagten für die Gemeinschuldnerin übernommenen Auslieferungen gegen Nachnahme seien - wie in der Speditionsbranche üblich - über Verrechnungskonten abgerechnet worden. Daß die Gemeinschuldnerin trotz Meldung der inkassierten Beträge durch die Beklagte diese nicht an die Klägerin weitergeleitet habe, begründe keinen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, die auch nicht bereichert sei, sondern vielmehr Forderungen in Millionenhöhe gegen die Gemeinschuldnerin besitze. Die gegenseitigen Forderungen von Gemeinschuldnerin und Beklagter seien einander schon vor Konkurseröffnung aufrechenbar gegenübergestanden, weshalb keine Bedenken gegen die konkursrechtliche Zulässigkeit der vorgenommenen Aufrechnung bestünden. Auslieferungsaufträge mit einem Inkassobetrag von insgesamt S 62.335.- seien von der Gemeinschuldnerin nicht an die Beklagte weitergegeben worden.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es fest, daß der Masseverwalter mit Schreiben vom 2. 1. 1997 dem Rechtsvertreter der Klägerin erklärt habe, gegen eine direkte Geltendmachung der Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte betreffend Nachnahmebeträge keinen Einwand zu erheben. Rechtlich folgerte es daraus, daß der Klägerin mit diesem Schreiben weder ein allfälliger Anspruch der Gemeinschuldnerin aus deren Vertragsverhältnis zur Beklagten zediert, noch eine Vollmacht erteilt worden sei, die Nachnahmebeträge namens der Gemeinschuldnerin gerichtlich geltend zu machen. Der Klageanspruch könne damit nicht auf das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin gestützt werden. Die Beklagte sei auch nicht ungerechtfertigt bereichert, weil einer Kompensation der inkassierten Gelder mit Forderungen auf Transportentgelte weder konkursrechtliche Vorschriften noch § 1440 Satz 2 ABGB entgegengestanden sei; Nachnahmegelder fielen nämlich auch bei extensiver Auslegung nicht unter die genannte Bestimmung.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren mit S 187.384.- s.A. statt, wies das Mehrbegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision mangels jüngerer höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Kompensation von Forderungen aus Transportleistungen des Unterfrachtführers mit Forderungen auf Herausgabe inkassierter Warennachnahmebeträge zulässig sei. Die Erklärung des Masseverwalters in seinem Schreiben vom 2. 1. 1997 sei dahin auszulegen, daß damit der Klägerin allfällige (der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten zustehende) vertragliche Herausgabeansprüche zum Inkasso abgetreten würden, was schon daraus erhelle, daß die Zustimmung zu dieser Zession daran geknüpft worden sei, daß die Klägerin ihre Forderungsanmeldung im Konkurs nach Maßgabe der erlangten Zahlungen einschränke. Auch hätte die Klägerin zur Geltendmachung außervertraglicher Ansprüche gegenüber der Beklagten keiner Einwilligung des Masseverwalters bedurft, dem die Abgabe einer inhaltsleeren und damit überflüssigen Erklärung nicht unterstellt werden dürfe. Die Gemeinschuldnerin sei berechtigt gewesen, die mit der Klägerin abgeschlossenen Frachtverträge ganz oder teilweise an Unterfrachtführer weiterzugeben. Auf die Nachnahmeanweisungen des Absenders, die als Inkassomandat zu beurteilen seien, komme Auftragsrecht zur Anwendung. Der Frachtführer werde ermächtigt, im Namen des Absenders beim Empfänger den Nachnahmebetrag einzuziehen, müsse ihn aber sodann nach Maßgabe des § 1009 ABGB dem Absender herausgeben. Werde der Nachnahmeauftrag in einer mehrgliedrigen Frachtführerkette an aufeinanderfolgende Unterfrachtführer weitergegeben, sei er innerhalb der Kette zwischen den vertraglich verbundenen Frachtführern abzuwickeln; bei Vorliegen besonderer Umstände erwerbe aber der erste Absender gegen den letzten Frachtführer einen unmittelbaren Herausgabeanspruch. Die Gemeinschuldnerin besitze demnach, soweit sie die Transport- und Nachnahmeaufträge an die Beklagte weitergegeben habe, einen im Namen der Klägerin auszuübenden Anspruch auf Herausgabe der von der Beklagten oder deren Subauftragnehmern vereinnahmten Nachnahmegelder. Dieser Anspruch sei auch nicht durch Aufrechnung erloschen, stehe doch der Nachnahmebetrag wirtschaftlich und auch rechtlich dem Absender der Ware und nicht dem Frachtführer zu; mangels Gegenseitigkeit sei es deshalb der Beklagten verwehrt gewesen, mit ihren Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin aufzurechnen. Darüber hinaus greife auch das Kompensationsverbot des § 1440 Satz 2 ABGB ein, das alle Sachen umfasse, die aufgrund von Verträgen, bei denen die Verwahrung eine vertragliche Nebenpflicht bilde, übernommen worden seien; auch die Nachnahmeabrede sei ein solcher Vertrag. Die Nachnahmeklausel schließe eine Barzahlungsabrede in sich, die nicht durch Aufrechnungseinrede des Empfängers umgangen werden könne; umso weniger dürfe der inkassobevollmächtigte Frachtführer, der den Nachnahmebetrag eingehoben habe, mit seinen Forderungen gegen den Absender der Ware aufrechnen. Wenngleich zwischen dem Absender und dem Unterfrachtführer keine Vertragsbeziehungen bestünden, sei hier der Absender nach der Lehre von den Schutzwirkungen, die Verträgen zugunsten Dritter entfalteten, derart in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen, daß ihm gegenüber der insoweit belastete Vertragsteil zu gleich sorgfältigem Verhalten verpflichtet sei wie gegenüber seinem Vertragspartner. Die Identität der Klägerin als Absenderin sei aufgrund der Warenrechnungen auch für die Beklagte festgestanden, die davon auszugehen gehabt habe, daß die einzuhebenden Kaufpreisforderungen der Klägerin zustünden. Die Nachnahmeanweisung des absendenden Verkäufers solle dem Insolvenzrisiko beim warenempfangenden Käufer vorbeugen; eine Billigung der von der Beklagten vorgenommenen Aufrechnung würde das nicht unbedeutende Risiko eines Forderungsausfalles bei Konkurs des Hauptfrachtführers unzulässigerweise auf den Absender der Ware überwälzen, besitze doch (bei Ablehnung einer Aufrechnungsmöglichkeit) der Absender als Treugeber ein Aussonderungsrecht am Treugut (hier: den Nachnahmebeträgen) im Konkurs des inkassierenden Frachtführers als Treuhänders.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des § 1440 Satz 2 ABGB auf den vorliegenden Sachverhalt unrichtig beurteilt hat; sie ist auch berechtigt.
Die Nachnahme ist eine in der Kaufvertragsebene geschlossene Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer. Sie ist Waren- oder Wertnachnahme, wenn sich der Käufer verpflichtet, bei Übergabe des Gutes durch den Frachtführer nach den getroffenen Absprachen (Kaufpreis-)Zahlung zu leisten; sie ist Kosten- oder Entgeltnachnahme (Frachtnachnahme), wenn der Verkäufer eine Nachnahme vorschreibt, wonach alle Frachtkosten (Entgelte und Nebenkosten) vom Käufer des Gutes zu tragen sind. Mit der Einziehung der Wert- und/oder Kostennachnahme beauftragt der Verkäufer/Absender den Frachtführer im Rahmen des Beförderungsvertrages (Fremuth/Seltmann in Thume, Kommentar zur CMR, Rz 36 zu Art 21). Diese vertragliche Verpflichtung zum Einzug der Nachnahme ist eine Nebenverpflichtung zum Beförderungsvertrag und als geschäftsbesorgende Tätigkeit des Frachtführers für den Absender zu beurteilen (Fremuth/Seltmann aaO Rz 23; Dubischar in HGB Münchner Kommentar Rz 80 zu § 425 mwN), auf die Auftragsrecht iS der §§ 1002ff ABGB sinngemäß anzuwenden ist ("Inkassomandat"; Strasser in Rummel, ABGB**2 Rz 21 zu § 1002; in diesem Sinne auch SZ 45/103 im Falle eines Luftfrachtvertrages). § 1009 ABGB verpflichtet den Geschäftsbesorger, das auf Grund der aufgetragenen Geschäftsbesorgung Erlangte (beim Inkassomandat: die eingehobenen Nachnahmebeträge) dem Geschäftsherrn herauszugeben. Wird der Nachnahmeauftrag in einer mehrgliedrigen Frachtführerkette durch entsprechende Anweisung an den jeweiligen Nachmann weitergegeben (vgl. dazu Schütz in Straube, HGB**2 Rz 34 zu § 407; SZ 61/10), ist er innerhalb der Kette zwischen den vertraglich verbundenen Frachtführern abzuwickeln (Fremuth/Seltmann aaO Rz 115), sodaß auch die Herausgabepflicht jeweils gegenüber dem Vormann besteht. Das im Auftrag des Versenders durch Erhebung der Nachnahme eingezogene Geld wird Eigentum des Spediteurs, der Auftraggeber hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines entsprechenden Betrages gegen den Spediteur. Dies folgt daraus, daß der Spediteur auch die Nachnahmeerhebung wie alle seine Verrichtungen im eigenen Namen vornimmt. Im einzelnen Fall kann jedoch vereinbart werden, daß der Spediteur insoweit in fremdem Namen handeln soll. Alsdann wird das eingezogene Geld Eigentum des Auftraggebers (Schlegelberger, HGB5 Rz 15a zu § 408). Eine derartige Vereinbarung wurde hier aber weder behauptet noch festgestellt.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, daß im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin einander die Forderung der Gemeinschuldnerin auf Herausgabe der von der Beklagten bzw. deren Nachmann (auf Rechnung der Klägerin) inkassierten Nachnahmebeträge und die Forderung der Beklagten auf Zahlung des Entgelts für auftragsgemäß durchgeführte Frachtleistungen gegenüberstanden, deren Aufrechnung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - nicht schon an mangelnder Gegenseitigkeit scheiterte, war doch die Gemeinschuldnerin (als unmittelbarer Vormann der Beklagten in der Frachtführerkette) zunächst selbst Gläubigerin des Herausgabeanspruchs; erst mit dessen allfälliger Erfüllung hätte sie die Rechtsposition einer Schuldnerin des inhaltsgleichen Anspruchs gegenüber der Klägerin erlangt. Die über die Berechtigung des Klagebegehrens entscheidende Frage, ob die Beklagte ihrer Verpflichtung zum Geldtransfer an die Gemeinschuldnerin entsprochen oder die sie treffende Übermittlungspflicht verletzt hat (in welchem Fall der nach dem Rechtsstandpunkt der Klägerin ihr abgetretene Herausgabeanspruch der Gemeinschuldnerin noch unbefriedigt wäre), hängt demnach allein davon ab, ob die Einstellung der Nachnahmebeträge in die laufende Rechnung zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin rechtswirksam war.
Ob Sachen, die im Rahmen eines Auftragsverhältnisses vom Beauftragten erlangt wurden, und Forderungen, die aus einem solchen entstanden sind, dem Verbot des § 1440 Satz 2 ABGB unterliegen, wird in Lehre und Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt. Während die ältere Rsp (SZ 11/150; SZ 18/156; SZ 34/13; SZ 55/112) dies im Hinblick auf § 1012 ABGB grundsätzlich verneinte, sofern nicht die Sache dem Beauftragten mit einem bestimmten Verwendungszweck übergeben worden ist, soll die Aufrechnung hingegen nach der neueren, von der Lehre kritisierten, Rsp (SZ 36/151; EvBl 1971/249; SZ 55/147 = ZAS 1983, 223 [Iro]) generell ausgeschlossen sein; ebenso uneinheitlich ist die Rsp zur Treuhand (zu alldem siehe Rummel in Rummel ABGB**2 Rz 15f zu § 1440 und Apathy in Schwimann ABGB**2 Rz 16 zu § 1012 und Rz 10 zu § 1440 jeweils mwN). Die eingehendste Untersuchung dieses Problems stammt von Jabornegg (Zurückbehaltungsrecht und Einrede des nicht erfüllten Vertrages, 235ff), der bei der Frage nach dem Normzweck des § 1440 ABGB drei Aspekte als besonders wesentlich herausstreicht:
Zunächst müsse das Rechtsverhältnis von solcher Art sein, daß der eine Teil von vornherein ein Recht an der Sache habe und deshalb eine besondere Rückgabeerwartung für sich in Anspruch nehmen dürfe; zweitens erscheine das Vertrauen auf sofortige Rückgabe umso schutzwürdiger, je überraschender die gegen den Rückgabeanspruch geltend gemachten Gegenansprüche seien; drittens sei das Interesse an der Sicherung des Gegenanspruches durch Zurückbehaltung umso weniger schutzwürdig, je größer das Wertgefälle zwischen Höhe der Gegenforderung und Wert des zurückbehaltenen Gegenstandes sei. Jabornegg vertritt in Anwendung dieser Wertungsgrundlagen die Ansicht, daß beim Bevollmächtigungsvertrag das Verwahrungselement normalerweise völlig in den Hintergrund trete und nur dann, wenn ausnahmsweise Gegenansprüche in Frage stünden, die für den Auftraggeber geradezu überraschend sein müßten, dessen Vertrauen auf unverzügliche Rückstellung der vom Beauftragten verwahrten Sache anzuerkennen sei; der Autor tritt darüber hinaus für eine völlige Gleichbehandlung von Treuhandverhältnissen und dem Mandat ein (aaO 240f). Iro knüpft in einer Entscheidungsbesprechung (ZAS 1983, 224ff) an diese Überlegungen an, hält sie aber für auf das Aufrechnungsverbot nur beschränkt übertragbar: Einerseits komme (wegen der Zulässigkeit einer auch nur teilweisen Aufrechnung) eine Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Wert der herausverlangten Sache und der Gegenforderung überhaupt nicht zum Tragen, andererseits sei es bei einer Aufrechnungslage (und insbesondere bei einer Geldforderung) eher der Ausnahmefall, daß dem Gläubiger ein Recht an dem Objekt seines Anspruches, gegen den der Schuldner aufrechnen wolle, zustehe, weil er meistens ein solches nie gehabt oder es durch Übergabe an den Schuldner oder nach § 371 ABGB verloren habe. Schließlich sei in Aufrechnungsfällen ein Vertrauen des Gläubigers, daß sein Anspruch nicht durch eine Gegenforderung des Schuldners ganz oder teilweise getilgt werde, nicht zu begründen, lasse doch das ABGB die Aufrechnung - im Gegensatz zum Zurückbehaltungsrecht - ganz allgemein zu. Daher müsse jeder Gläubiger einer auf Gattungssachen gerichteten Forderung immer damit rechnen, daß sein Anspruch durch Kompensation mit einer gleichartigen Forderung, die auch einem anderen Rechtsverhältnis entspringen könne, ganz oder teilweise zum Erlöschen gebracht werde. Das Aufrechnungsverbot sei daher für in Verwahrung genommene Gattungssachen, insbesondere Geld, nicht anzuwenden, weil in diesen Fällen ein schutzwürdiges Interesse des Hinterlegers, das gegen die Kompensation spreche, nicht zu ersehen sei. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob die Gegenforderung aus demselben Rechtsverhältnis entspringe oder nicht (aaO 225).
Der erkennende Senat hält diese (auf den maßgeblichen Wertungen des § 1440 ABGB aufbauende) Kritik der Lehre an der jüngeren Rechtsprechung, die eine Aufrechnung beim Mandats- und Treuhandvertrag grundsätzlich ablehnt, zumindest in jenen Fällen für überzeugend, in denen der Rückforderungsgläubiger typischerweise mit Gegenansprüchen des Beauftragten rechnen muß, sie also für ihn nicht überaschend kommen (Jabornegg aaO 235f; Iro aaO 226). Eine derartige Interessenlage, bei der die Erhebung von Gegenforderungen für den Auftraggeber typischerweise zu erwarten war, die Zulässigkeit einer Aufrechnung daher zu bejahen ist, liegt aber beim hier zu beurteilenden Sachverhalt vor: Die Klägerin hat die Beförderungsaufträge, zu deren Nebenpflichten auch Inkassoaufträge gehörten, einem zu ihr in laufender Geschäftsverbindung stehenden Speditionsunternehmen erteilt. Dieses war gem. § 432 Abs 1 HGB mangels anderslautender Vereinbarung berechtigt, den Transport ganz oder teilweise durch andere Frachtführer ausführen zu lassen. Die von Frachtführern ihren Geschäften regelmäßig zugrundegelegten Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen kennen darüber hinaus auch die grundsätzliche Möglichkeit einer Aufrechnung gegenseitiger (unstrittiger) Ansprüche auch ohne Einschränkung auf den jeweiligen einzelnen Geschäftsfall (vgl. § 32 AÖSp); eine Kenntnis der Klägerin von diesen allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Transportbranche muß nach der Art des von der Klägerin betriebenen Handelsgewerbes angenommen werden (SZ 63/92 mwN). Diese Vertragslage vermochte kein berücksichtigungswürdiges Vertrauen der Klägerin darin zu begründen, es würden ihre Ansprüche auf Ausfolgung der inkassierten Nachnahmebeträge jedenfalls unmittelbar von ihrer Vertragspartnerin und ohne Schmälerung infolge Geltendmachung allfälliger Gegenforderungen (auch aus anderen Geschäftsfällen) getilgt. Die Klägerin mußte vielmehr damit rechnen, daß ihr kombinierter Fracht- und Inkassoauftrag in einer für das Frachtgeschäft typischen Kette von aufeinanderfolgenden Vertragsbeziehungen weitergegeben werde, wobei sodann die Abrechnung der einzelnen Vertragsbeziehungen innerhalb der Kette ebenso typischerweise mittels laufender Rechnung erfolgen werde. Daß die inkassierten Nachnahmebeträge nicht in diese Form der Abrechnungen einbezogen würden, durfte die Klägerin - mangels anderslautender Vereinbarung - nicht erwarten. Dieser Form der Abrechnung stand auch die (in einer Nachnahmevereinbarung regelmäßig enthaltene) Barzahlungsabrede nicht entgegen, wird eine solche doch - was das Berufungsgericht übersieht - ausschließlich zwischen Absender und Empfänger der Nachnahmesendung abgeschlossen, weshalb sie im Rechtsverhältnis zwischen (Unter-)Frachtführern und deren Vormännern keine Wirkung entfalten kann. Auch dient - worauf die Revisionswerberin zutreffend hinweist - eine Nachnahmevereinbarung grundsätzlich dazu, dem Insolvenzrisiko beim warenempfangenden Käufer vorzubeugen; demgegenüber betrifft das Risiko eines Forderungsausfalles an inkassierten Nachnahmebeträgen infolge Zahlungsunfähigkeit des beauftragten Frachtführers, das sich hier verwirklicht hat, das gewöhnliche Transferrisiko bei Einschaltung von Zwischenpersonen in die Transferkette, und es ist sachgerecht, dieses Risiko dem Absender als unmittelbarem Vertragspartner des beauftragten Inkassanten zu belassen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten auf Ausfolgung der eingehobenen Nachnahmegelder ist demnach durch die vereinbarte und zulässige Aufrechnung der gegenseitigen Forderungen von Gemeinschuldnerin und Beklagter, die einander bereits vor Konkurseröffnung aufrechenbar gegenüberstanden (vgl. § 19 Abs 1 KO), erloschen. Besitzt aber die Gemeinschuldnerin keinen Anspruch gegenüber der Beklagten mehr, konnte auch dem von der Gemeinschuldnerin abgeleiteten Anspruch der Klägerin - unabhängig davon, wie die Erklärung des Masseverwalters in seinem Schreiben vom 2. 1. 1997 rechtlich zu beurteilen ist - kein Erfolg beschieden sein. Der Revision war deshalb im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)