Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz wird aufgehoben.
Diesem wird die neuerliche Entscheidung über die Rekurse der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei aufgetragen.
Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.
Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Begründung
Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge nur noch Antragsteller genannt) sowie der Erstbeklagte und (in der Folge nur noch als solcher bezeichnete) Erstantragsgegner sind Brüder. Mit einer Schwester sind sie zu je einem Drittel Miteigentümer eines Hauses in Wien 2. Zwischen ihnen ist ein Teilungsverfahren anhängig. Der Antragsteller hatte seit mehr als sieben Jahren keinen direkten Kontakt (ohne Rechtsanwalt) mit seinen Geschwistern. Er wohnt im Haus, ist jedoch teilweise für mehrere Wochen ortsabwesend. Die Liegenschaft wird von der Zweitbeklagten und (in der Folge nur noch) Zweitantragsgegnerin, einer GmbH, verwaltet. Dieser erteilte der Antragsteller keine Vollmacht, sondern sprach ihr vielmehr sein Misstrauen aus. Mit dem selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der GmbH führt er keine Gespräche.
Im Haus befindet sich eine nicht in Betrieb stehende historische Liftanlage mit einer Jugendstil‑Liftkabine. Bereits bei Einbau der Liftanlage um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert handelte es sich um ein Unikat. In den Gängen des Hauses ist die ursprüngliche Vergitterung erhalten. In den unteren Bereichen befinden sich Gangfenster im historischen Zustand; eine Vergitterung um den Lift ist ebenfalls im historischen Zustand erhalten.
Der Neubau eines Liftes war bereits vor etlichen Jahren, als der Antragsteller noch direkten Kontakt zu seinen Geschwistern hatte, ein Thema. Bereits vor mehr als sieben Jahren stellte er klar, dass er die Erhaltung des gesamten Jugendstilensembles, wozu auch der historische Lift gehört, wünsche und ohne seine Einbindung keine Entscheidung über den Neueinbau eines Liftes getroffen werden dürfe. Vor etwa einem Jahr traf der Antragsteller im Haus einen Mitarbeiter einer „Aufzugfirma" an. Dieser teilte dem Antragsteller mit, dass die Hausverwaltung an die nicht konkret feststellbare „Firma" mit dem Ersuchen um Erstellung eines Kostenvoranschlags für den Einbau eines neuen Liftes herangetreten sei. Darauf hin verlangte der Antragsteller von der Zweitantragsgegnerin schriftlich entsprechende Informationen; diese reagierte jedoch nicht. Einige Zeit später traf der Antragsteller erneut einen Mitarbeiter einer anderen „Aufzugfirma" im Haus an. Auch dieser gab an, dass ein Kostenvoranschlag für einen Lifteinbau erstellt werden sollte. Die Zweitantragsgegnerin reagierte auch auf die neuerliche Aufforderung des Antragstellers, entsprechende Informationen zu übermitteln, nicht.
Am 8. Oktober 2007 teilte der Erstantragsgegner der Rechtsvertreterin des Antragstellers schriftlich mit, dass er sowie die gemeinsame Schwester beabsichtigten, nunmehr „den Lift im Haus ... zu errichten". Der Antragsteller wurde aufgefordert, seine Erklärung auf Zustimmung zu einer solchen Maßnahme ehestmöglich zu erklären. Auch mit Telefax vom 22. November 2007 an die Rechtsvertreterin des Antragstellers wurde neuerlich um Stellungnahme ersucht. Eine solche erfolgte nicht. Es steht nicht fest, ob der Antragsteller im Zeitraum Oktober bzw November 2007 in Wien aufhältig war. Eine Zustimmung zur Errichtung eines neuen Liftes bzw zur Adaptierung des bestehenden Liftes erteilte er jedenfalls nicht.
Zwischen Jahreswechsel und 10. Jänner 2008 war der Antragsteller auf Urlaub. Bei seiner Rückkehr an diesem Tag stellte er fest, dass die Liftkabine entfernt „wurde". Es „wurde" auch das Liftseil abmontiert. Die übrigen Teile der Liftanlage (etwa Liftgitter) „wurden" noch nicht entfernt.
Der Antragsteller war von den konkret getroffenen Maßnahmen (Abbau der Kabine und Entfernung des Liftseils) und dem Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht - weder mündlich noch schriftlich oder durch Aushang im Haus - informiert worden. Abgesehen von den schriftlichen Aufforderungen zur Stellungnahme an seine Rechtsvertreterin wurde der Antragsteller nicht aufgefordert, sich zur geplanten Maßnahme zu äußern. Es fand auch keine Abstimmung unter den Miteigentümern, weder mündlich noch schriftlich, statt. Dem Antragsteller wurde auch keine Gelegenheit eingeräumt, zu den eingeholten Angeboten Stellung zu nehmen. Er stimmte dem Liftaustausch/Liftumbau nicht zu. Lediglich zwischen den beiden übrigen Miteigentümern bestand Einigkeit über die entsprechenden Maßnahmen.
Auf seine Nachfrage bei der Zweitantragsgegnerin vom 10. Jänner 2008 erhielt der Antragsteller zunächst keine Auskunft über den Verbleib der Liftkabine. Schließlich teilte sie mit am 14. Jänner 2008 gesendetem Fax vom 11. Jänner 2008 mit, die nutzlose Liftkabine habe zum Zweck von Vermessungsarbeiten aus dem Weg geschafft werden müssen; weiters, dass die Mehrheit der Miteigentümer beschlossen habe, den nicht mehr funktionstüchtigen Aufzug zu ersetzen. Außerdem erfolge die der Eigentümergemeinschaft zum Vorteil gereichende Maßnahme nicht auf Kosten des Antragstellers. Wer die Jugendstilkabine entfernte und wo sich diese befindet, wurde dem Antragsteller nicht mitgeteilt. Erst nach eigenen Recherchen konnte er in Erfahrung bringen, dass die Drittantragsgegnerin mit der Errichtung eines neuen Lifthauses beauftragt worden war.
Diese hatte bereits am 7. September 2007 ein Angebot zur Errichtung einer neuen Liftanlage (Ersatzaufzugsanlage) erstellt. Bereits am 11. Juli 2007 war eine Ausschreibung des Projekts erfolgt. Als Bauherrin ist die „Hausinhabung" des Hauses ... genannt und als Projektleiterin die Zweitantragsgegnerin. Am 20. September 2007 fand eine Angebotsverhandlung mit der Drittantragsgegnerin statt, bei der die Zweitantragsgegnerin, vertreten durch deren Geschäftsführer und den Erstantragsgegner, als Auftraggeber auftrat. Es steht nicht fest, dass die Zweitantragsgegnerin lediglich als Beraterin des Bauherrn auftrat, ebenso wenig, dass sie sich „aus der Angelegenheit heraushielt". Vielmehr trat sie als Vertreterin der „Hausinhabung" auf. Am 8. Oktober 2007 übermittelte die Zweitantragsgegnerin der Drittantragsgegnerin ein vom Erstantragsgegner gefertigtes Angebot zur Errichtung eines neuen Aufzugs auf der Liegenschaft. Demnach soll ein triebwerksloser Lift errichtet werden. Die Arbeiten umfassen auch die Demontage der bestehenden Liftanlage. Im Begleitschreiben ergänzte die Drittantragsgegnerin [richtig offenbar: Zweitantragsgegnerin] im eigenen Namen die Auftragsbedingungen um einige Punkte (Ausstattung der Aufzugskabine, Farbe, Wartung etc).
Es steht nicht fest, dass lediglich Reparaturarbeiten am bestehenden Aufzug erfolgen sollten, auch nicht, dass das derzeit bestehende Jugendstilensemble im derzeitigen Zustand erhalten bleiben soll. Dem Auftrag wurde auch ein von der Drittantragsgegnerin erstellter Terminplan zugrunde gelegt. In diesem (offenbar von den Antragsgegnern gemeinsam erstellten) Terminplan scheint die „Hausinhabung" des Hauses ... als Auftraggeber auf. Darin wurde der Montagebeginn mit 28. Jänner 2008 festgelegt. Als Entgelt für die Demontage des alten und die Errichtung eines neuen Aufzugs wurden 150.000 EUR vereinbart. Dass der Antragsteller von der (anteiligen) Kostentragung tatsächlich befreit wäre, steht nicht fest.
Zusammen mit seiner auf Unterlassung der weiteren Demontage der bestehenden Liftanlage und der Errichtung eines neuen Liftes in einem näher bezeichneten Haus gerichteten Klage beantragt der Kläger und Antragsteller zur Sicherung dieses Unterlassungsbegehrens, den Antragsgegnern mit einstweiliger Verfügung (in der Folge nur noch: EV) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits die genannten Maßnahmen zu untersagen.
Über den teils in dem eingangs wiedergegebenen, vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hinaus brachte der Antragsteller im Wesentlichen vor:
Baujahr des Hauses mit Lift sei 1908. Der Lift sei ein wertvolles Unikat und bilde mit dem Stiegengeländer ein historisches Jugendstilensemble. Die Demontage der historischen Liftanlage und die Neuerrichtung eines Liftes führe unweigerlich zur Zerstörung der historischen Anlage und sei ein unwiederbringlicher Schaden. Der Antragsteller habe am 10. Jänner 2008 festgestellt, dass die Liftkabine samt Aufhängung entfernt und weggebracht worden sei. Er habe als Miteigentümer des Hauses keine Gelegenheit erhalten, zu den eingeholten Angeboten Stellung zu nehmen, er sei auch nicht zu einer - gar nicht abgehaltenen ‑ Abstimmung über die Maßnahmen eingeladen worden.
Der Erstantragsgegner sei nicht berechtigt, als Minderheitseigentümer derart in sein Miteigentumsrecht einzugreifen. Die Zerstörung der Jugendstilliftanlage und dadurch des ganzen Ensembles und Errichtung eines neuen Liftes sei eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung und bedürfe seiner - hier fehlenden - Zustimmung. Auch die Zweitantragsgegnerin habe sein Recht missachtet und ungeachtet wiederholter Aufforderung seine Rechte nicht objektiv gewahrt; sie habe auch als Auftraggeberin fungiert, ohne seine Zustimmung einzuholen oder ihn auch nur zu einer Abstimmung eingeladen zu haben. Auch die Drittantragsgegnerin habe in seine absolut geschützten Rechtspositionen eingegriffen.
Ohne Erlassung der EV sei zu besorgen, dass die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs vereitelt oder zumindest erheblich erschwert werde. Die weitere Demontage der historischen Liftanlage sei nicht mehr rückgängig zu machen. Auch die Bauführung sei nicht reversibel. Die EV sei auch zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens unbedingt notwendig. Ein etwaiger Geldersatz sei dem angerichteten Schaden nicht adäquat. Eine Einzelanfertigung aus 1908 ginge verloren.
Die Antragsgegner traten dem Antrag entgegen.
Der Erstantragsgegner wendete ein, er zahle die Erneuerung der Aufzugsanlage alleine. Sein Rechtsanwalt habe die Rechtsanwältin des Antragstellers mehrmals über die Aufzugserneuerung informiert; dieser habe aber dazu nie Stellung genommen; bei einer Gerichtsverhandlung am 18. Dezember 2007 habe der Antragsteller zugegeben, nichts gegen eine Lifterneuerung zu haben. Er selbst wohne im 5. Stockwerk und benötige den Lift aus gesundheitlichen Gründen. Die dritte Miteigentümerin habe der Aufzugserneuerung zugestimmt. Er wolle das Jugendstilensemble erhalten, die Instandsetzung sei aber nicht ohne jede technische Anpassung und den Austausch alter Teile möglich. Die Demontage sei bereits bis 10. Jänner 2008 durchgeführt worden. Am 28. Jänner 2008 werde der Bauschutt entfernt. Es werde nur der alte Lift repariert. Weil der Erstantragsgegner die Kosten trage, entstehe dem Antragsteller kein unwiederbringlicher Schaden. Das Gitter um den Lift werde engmaschiger, der Gitterrahmen bleibe erhalten.
Die Zweitantragsgegnerin bestritt ihre Passivlegitimation. Sie fungiere in dieser Angelegenheit nicht als Hausverwalterin, sondern nur als Beraterin des Erstantragsgegners. Mangels Einwands des ihres Wissens vom Plan verständigten Antragstellers könne der Erstantragsgegner iSd § 828 erster Satz ABGB über die Aufzugsanlage verfügen. Es solle die alte Umwehrung des Liftschachts vollständig erhalten bleiben und nur ein Glasschacht in diese hineingestellt werden. Die veraltete Liftkabine müsse durch eine dieser angepasste, neu aus Holz angefertigte ersetzt werden.
Die Drittantragsgegnerin machte geltend, es liege eine mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Maßnahme der ordentlichen Verwaltung vor. Ob der Antragsteller gehört worden sei, wisse sie nicht; das stehe nach älterer Rechtsprechung (entgegen der herrschenden Meinung) der Wirksamkeit des Beschlusses nicht entgegen. Ihr selbst gegenüber sei der mit Mehrheit gefasste Beschluss und damit auch der abgeschlossene Werkvertrag wirksam. Sie greife daher nicht in absolut geschützte Rechte ein. Die alte Liftanlage habe keinen nennenswerten Wert. Sie sei in keiner Weise erhaltenswert, gehöre nicht dem Jugendstil an; im Übrigen erfolge die Erneuerung unter Schonung der Substanz, soweit technisch und gesetzlich möglich.
Das Erstgericht erließ auf der Grundlage des von ihm als bescheinigt angenommenen Sachverhalts die beantragte EV. Der Unterlassungsanspruch sei bescheinigt, weil der Austausch einer historischen, wenngleich nicht funktionstüchtigen Liftanlage durch eine neue nicht nur eine bedeutende finanzielle Frage darstelle, sondern auch, insbesondere durch den Einbau eines Glasturms, die Jugendstil‑Gestaltung des Hauses verändere. Dass nur eine Reparatur stattfinden solle, sei nicht bescheinigt. Es liege daher eine außerordentliche Maßnahme iSd § 834 ABGB vor. Gegen den Willen eines Miteigentümers bzw ohne dessen Zustimmung durchgeführte wichtige Veränderungen seien diesem gegenüber unwirksam. Daher habe der Antragsteller gegen den Erstantragsgegner einen Anspruch auf Unterlassung. Gegen die Zweitantragsgegnerin könne sich jener auf § 523 ABGB stützen, egal, ob diese als mittelbarer (bei Vertretung der „Eigentümergemeinschaft") oder als unmittelbarer Störer (bei Auftreten im eigenen Namen) anzusehen sei. Da die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer wichtigen Veränderung auch gegen Dritte wirke, könne der Antragsteller auch als Miteigentümer gegen die Drittantragsgegnerin mit Eigentumsfreiheitsklage vorgehen. Da damit zu rechnen sei, dass die Demontagearbeiten weitergeführt würden und deren vollständiger Abschluss nicht bescheinigt sei, sei auch zu besorgen, dass ohne Erlassung der EV die Verfolgung der Unterlassungsansprüche vereitelt oder erheblich erschwert würde. Es sei höchst zweifelhaft, ob die historische Aufzugsanlage nach dem Abbau wieder in deren ursprünglichen Zustand versetzt werden könne.
Das Gericht zweiter Instanz gab den Rekursen der Antragsgegner dahin Folge, dass es den Provisorialantrag abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.
Es sah die Rechtsmittel schon aus rechtlichen Erwägungen als berechtigt an, weshalb auf die übrigen Rekursgründe, wie etwa den der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, nicht einzugehen gewesen sei.
Bei der Abgrenzung von ordentlicher zu außerordentlicher Verwaltung nach den §§ 833, 834 ABGB sei ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt zugrunde zu legen. Daher gehörten auch zweckmäßige (vorteilhafte) und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur „Erhaltung" und damit zur ordentlichen Verwaltung. Bei den Kosten sei kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Zielvorstellung bei den Instandsetzungsarbeiten sei, das im gemeinsamen Eigentum stehende Objekt in zeitgemäßem Zustand zu halten. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Instandsetzung bzw der Austausch einer bestehenden, veralteten und funktionsunfähigen Liftanlage durch eine den geltenden Sicherheitsvorschriften entsprechende grundsätzlich eine Maßnahme sei, die „keine über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehende bauliche Veränderung kleineren Umfangs" darstelle. Zum Wert des Hauses habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, es gehe aber aus den Beilagen hervor, dass es vier Ober- und ein Dachgeschoß aufweise. Daher sei offenkundig, dass sein Wert die Kosten der Arbeiten bei weitem übersteige und die Sanierung zu einer Wertsteigerung führen würde. Auch zum Wert des Jugendstilensembles gebe es keine Feststellungen. Denkmalschutz sei nicht behauptet worden.
Für die Durchführung der Arbeiten gebe es eine Mehrheit, eine formelle mündliche oder schriftliche Abstimmung sei bei drei schlichten Miteigentümern nicht erforderlich. Das rechtliche Gehör des Antragstellers sei gewahrt worden, weil seine Vertreterin über die geplante Maßnahme vorweg informiert worden sei, wobei zugleich feststehe, dass die Eigentümer seit Jahren nur per Rechtsanwalt miteinander verkehrten. Zwar liege keine konkludente Zustimmung durch Schweigen auf dieses Schreiben vor, aber sein Recht auf Meinungsäußerung sei jedenfalls gewahrt worden.
Schon deshalb lägen die Voraussetzungen für die Erlassung einer EV nicht vor. Zudem sei schon nach dem Vorbringen des Antragstellers bei Antragstellung die historische Liftanlage nicht mehr vollständig vorhanden gewesen. Die Wiederherstellung des vorherigen Zustands begehre er aber nicht. Für die Gefahr der Entfernung der historischen Vergitterung um den Lift bestünden keine Anhaltspunkte.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur Einstufung des Einbaus einer Liftanlage nach §§ 833, 834 ABGB neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist im Sinn des vom gestellten Abänderungsantrag umfassten Aufhebungsantrags berechtigt.
Zunächst ist klarzustellen, dass auch im Verhältnis der beiden Miteigentümer (Antragsteller und Erstantragsgegner) der streitige Rechtsweg zulässig bleibt, weil der Sache nach auch insoweit ein einem nachbarrechtlichen Unterlassungsverfahren gleichzuhaltender Streit vorliegt und nicht etwa eine Streitigkeit „über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache zusammenhängenden Rechte und Pflichten" iSd § 838a ABGB. Nach den ErläutRV (471 BlgNR 22. GP 33) fallen darunter die damit „unmittelbar" zusammenhängenden Rechte und Pflichten, und zwar ua die Streitigkeiten aus Benützungsregelungen und die dem Richter nach den §§ 833 - 838 ABGB obliegenden Aufgaben, nicht aber nachbarrechtliche Unterlassungsklagen (s dazu Sailer in KBB² § 838a ABGB Rz 2 f; ebenso schon zum früheren Recht ua 1 Ob 11/93 = JBl 1994, 471). Der erhobene Anspruch gründet sich hier ja nicht allein auf das Miteigentumsverhältnis, sondern auf einen nach der Behauptung des Antragstellers rechtswidrigen, weil nicht durch einen wirksamen Beschluss der Miteigentümer gedeckten Eingriff in sein (Mit‑)Eigentumsrecht (vgl ErläutRV aaO).
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts kann weder das Vorliegen bloß einer Maßnahme der ordentlichen Verwaltung noch eine wirksame Beschlussfassung der Miteigentümer bejaht werden. In diesem Zusammenhang wird vom erkennenden Senat im Hinblick auf die Legaldefinition des § 2 Abs 5 zweiter Satz WEG 2002 die Verwendung des Begriffs „Eigentümergemeinschaft", die als aus den Wohnungseigentümern gebildete juristische Person mit eingeschränkter Rechtsfähigkeit definiert wird, beim schlichten Miteigentum nach dem ABGB, dem eine derartige eigene Rechtspersönlichkeit fremd ist, hier vermieden.
Unter die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstamms (§ 833 ABGB) einer im Miteigentum stehenden (hier unbeweglichen) Sache fallen Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen (stRsp, zuletzt 2 Ob 244/07g mwN uva; RIS‑Justiz RS0013573; Sailer aaO § 833 ABGB Rz 2). Der Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung sind wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrundezulegen (RIS‑Justiz RS0041383). Die ordentliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Objekts durch die Mehrheit hat auch die wohlverstandenen Interessen der überstimmten Minderheit einzubeziehen (RIS‑Justiz RS0013561).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass die ursprünglich vorhandene Aufzugsanlage in dem im Miteigentum stehenden Wohnhaus nicht in Betrieb war, und zwar, wie der Erstantragsgegner als Miteigentümer schon in erster Instanz unbestritten vorbrachte, seit mehr als 34 Jahren. Damit ist aber die Situation, soweit es um den Einbau eines neuen Liftes geht, jener gleichzuhalten, dass das Haus nicht mit einer Liftanlage ausgestattet war. Dass der Neubau eines Liftes (hier um etwa 150.000 EUR), wie er nach dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt durchzuführen begonnen wurde, nicht zur ordentlichen Verwaltung gehört, sondern eine wichtige Veränderung (§ 834 ABGB) bedeutet, hat der Oberste Gerichtshof bereits entschieden (6 Ob 65/60 = JBl 1960, 608 [Wiedererrichtung eines im Krieg zerstörten Lifts]; 6 Ob 678/88; 6 Ob 236/00z [nicht nur Lifteinbau]; iglS VwGH 97/05/0214 = immolex 1998, 150 [Call]; ebenso Gamerith in Rummel³ § 834 ABGB Rz 6). Eine solche singuläre und keineswegs durch den gewöhnlichen Verlauf der Dinge notwendige und zweckmäßige Bauführung kann schon nach den dargelegten allgemeinen Grundsätzen nicht unter § 833 ABGB fallen (vgl dazu das Gegenbeispiel der Reparatur einer dauernd betriebenen Zentralheizungsanlage durch Austausch von Pumpe und Brenner in 5 Ob 26/83 = MietSlg 35/15). So entschied etwa der Oberste Gerichtshof auch, dass ein Mauerdurchbruch zur Errichtung eines Portals eine wichtige Veränderung sei (4 Ob 2229/96i = SZ 69/228 = JBl 1997, 233 = EvBl 1997/92). Dazu kommen die beträchtlichen Kosten der Maßnahme. So hat der Oberste Gerichtshof zu AZ 1 Ob 267/02z (= SZ 2003/7) vor wenigen Jahren (bei einem Werksgelände) die Behauptung abgelehnt, ein Sanierungsaufwand von 71.639,95 ATS bedeute „keine besonderen Kosten" (ohne eine nach der Rechtsprechung nicht vorgesehene Relation zum Wert der Liegenschaft zu prüfen). Umso mehr muss das auch heute für einen dreißigmal höheren Betrag gelten, selbst wenn man keinen strengen Maßstab anlegt. Da die zumindest teilweise Entfernung der bisherigen unbenützbaren Liftanlage untrennbar mit dem Neubau des Liftes verbunden ist, kann dafür nichts anderes gelten.
Zu Unrecht berufen sich Erst- und Zweitantragsgegner auf die in einem Außerstreitverfahren über einen Antrag von vier Wohnungseigentümern auf Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses nach § 29 Abs 2 WEG 2002 ergangene Entscheidung 5 Ob 264/07w (= EvBl 2008/81 = immolex 2008, 116 [Prader]). Darin wurde die Erneuerung einer nicht mehr gebrauchsfähigen und nicht sanierbaren behindertengerechten Zufahrtsrampe (bei einer mindestens 27 Wohnungseigentumsobjekte umfassenden Liegenschaft) um etwa 25.000 EUR netto unstreitig unter § 29 WEG 2002 (außerordentliche Verwaltung) subsumiert (zust dazu Prader aaO). Das stimmt somit mit der hier vertretenen Ansicht (zu einer um ein Vielfaches teureren Baumaßnahme) überein (auch wenn man die doch etwas abweichende Rechtslage berücksichtigt). Ob letztlich ein Fall des § 29 Abs 2 WEG 2002 vorläge, ist für die zu fällende Entscheidung im Provisiorialverfahren zur Sicherung eines Unterlassungsanspruchs eines schlichten Miteigentümers ohne Bedeutung, weil es darin nur um jene Kriterien geht, die das Außerstreitgericht zur Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümergemeinschaft nach WEG berechtigen.
Dass in Wahrheit gar kein neuer Lift gebaut würde (so das Rekursvorbringen von Erst- und Zweitantragsgegnern), kann jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Feststellungen nicht angenommen werden.
Es kann aber auch nicht gesagt werden, dem Antragsteller wäre ausreichend Gelegenheit gegeben worden, sich zur geplanten Baumaßnahme zu äußern, selbst wenn man die Verständigung seiner Rechtsvertreterin von der schon in Auftrag gegebenen Lifterneuerung als ihm zuzurechnend ansieht. Zwar wurde dieser lapidar mitgeteilt, es sei nun beabsichtigt, den Lift zu „errichten". Gerade im Hinblick auf die festgestellte und seinen Miteigentümern bekannte Haltung zur Erhaltung des Jugendstilensembles und seiner Beteiligung an der Entscheidung über den Lift wäre eine nähere Darstellung der geplanten Baumaßnahmen erforderlich gewesen. Nur dann kann ein Minderheitseigentümer entscheiden, ob er seine sich aus § 834 und 835 ABGB ableitenden Rechte wahrnimmt oder nicht. Keinesfalls geht es nämlich an, ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen. Während es nämlich bei einer Ladung zu einer Eigentümerversammlung genügen wird, einen (kurzen) Tagesordnungspunkt anzuführen, weil eben dann in der Versammlung Gelegenheit ist, Details zu besprechen, geht das bei einem Umlaufbeschluss (nur ein solcher könnte hier in Betracht gezogen werden) nicht. Bei schriftlicher Verständigung setzt demnach die erforderliche Anhörung auch eine Information über den wesentlichen Inhalt einer geplanten Maßnahme voraus.
Wenn aber somit eine wichtige Veränderung vorliegt und außerdem dem Antragsteller das gebührende Gehör verweigert wurde, liegt kein wirksamer Beschluss der Mehrheit vor, der durchgeführt werden dürfte (Sailer aaO § 834 ABGB Rz 2 mwN). Selbst wenn man davon ausginge, dass dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden wäre, ist jedenfalls seit seiner Klage samt Antrag auf Erlassung einer EV klar, dass er dieser Maßnahme widerspricht. Das führt aber für sich allein dazu, dass bis zu einer Genehmigung durch den Außerstreitrichter der Mehrheitsbeschluss nicht durchgeführt werden darf (Sailer aaO; Gamerith aaO § 834 ABGB Rz 8, je mwN).
Daraus folgt, dass der Liftneubau samt Abriss der bestehenden Anlage nicht durch einen wirksamen Mehrheitsbeschluss gedeckt ist. Die Baumaßnahmen bedeuten damit einen Eingriff in das (Mit‑)Eigentumsrecht des Antragstellers, den er auch allein abzuwehren berechtigt ist, und zwar auch gegen Miteigentümer (stRsp, RIS‑Justiz RS0013384). Die Unwirksamkeit wirkt nach zutreffender Ansicht auch gegenüber Dritten und macht die mit ihnen geschlossenen Verträge ungültig (Sailer aaO § 834 ABGB Rz 2; Gamerith aaO § 834 ABGB Rz 7, je mwN). Selbst wenn die Zweitantragsgegnerin als Verwalterin am Eingriff mitgewirkt hätte, wäre sie auch als solche zu wichtigen Veränderungen der Liegenschaft keinesfalls befugt (Sailer aaO § 837 ABGB Rz 1 mwN). Damit hat der Antragsteller gegen alle drei Gegner einen Eingriff in seine Rechte und damit einen Unterlassungsanspruch bescheinigt. Da dagegen nicht bescheinigt ist, dass bei Beschlussfassung erster Instanz die Demontage des alten Liftes schon abgeschlossen war, steht dieser Umstand auch dem ersten Teil des Verbots nicht entgegen, wie schon das Erstgericht erkannte. Es ist daher auch nicht erheblich, ob auch das Liftgitter abgebaut werden soll.
Zu Unrecht bestritten die Erst- und Zweitantragsgegner in zweiter Instanz die Bescheinigung einer Gefährdung des Antragstellers nach § 381 Z 1 EO. Richtig ist zweifellos, dass der zu sichernde Anspruch nicht auf Wiederherstellung der (schon teilweise) demontierten Anlage, sondern allein auf Unterlassung abzielt. Gerade dieser Anspruch würde aber vereitelt, erließe man die EV nicht. Eine schon durchgeführte (in Ansehung des alten Liftes auch unwiederholbare) Einzelmaßnahme könnte natürlich nicht mehr unterlassen werden. Gerade deshalb bedarf es der Provisorialmaßnahme, um die Verwirklichung des Unterlassungsanspruchs nicht zu vereiteln.
Dass es sich bei den vom Erstgericht ausgesprochenen um zulässige Verbote handelt, kann keinem Zweifel unterliegen. Entgegen der Ansicht der Erst- und Zweitantragsgegner ergibt sich aus § 382 Abs 1 Z 5 EO keine Einschränkung auf Sachen, die Gegenstand eines Leistungs- oder Herausgabeanspruchs sind. Der Verweis bezieht sich ua auf die in Z 2 leg cit genannten unbeweglichen Sachen und Rechte, auf die sich der behauptete Anspruch bezieht (vgl die Judikaturbeispiele bei Sailer in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO, § 382 Rz 15). Dass das auf das im Miteigentum stehende Haus samt Liftanlage hier zutrifft, bedarf keiner näheren Erläuterung.
Das Rekursgericht wird demnach auf der Grundlage der ihm überbundenen Rechtsansicht erneut über die Rekurse der Antragsgegner zu entscheiden haben. Es wird dabei zu beurteilen haben, ob im Fall einer grundsätzlichen Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses dem Einwand Rechnung zu tragen wäre, dass die Verbote nur mangels Zustimmung des Antragstellers (bzw gerichtlicher Genehmigung) gelten sollen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.
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