OGH 4Ob2229/96i

OGH4Ob2229/96i15.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine P*****, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei F***** KG, *****, vertreten durch Dr. Walter Kerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Wiederherstellung (Streitwert S 120.000,--), infolge außerordentlicher Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. Juni 1996, GZ 1 R 136/96a-21, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. März 1996, GZ 5 Cg 84/95x-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 33.529,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 3.379,90 USt und S 13.250,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Liegenschaft Grundbuch ***** I*****, EZ *****, bestehend aus Baufläche *****, ist eine Einlage mit materiellen Anteilen (Stockwerkseigentum). Auf dieser Liegenschaft befindet sich das Gebäude S*****gasse 1. Der materielle Anteil I umfaßt "den sogenannten im Erdgeschoß befindlichen, im Westen gelegenen und ein Fenster in die S*****gasse öffnenden Ölkeller, das westlich an diesen anstoßende Gewölbe, welches noch nicht bis zur S*****gasse reicht". Der materielle Anteil II umfaßt "alle übrigen Bestandteile des Hauses"; Eigentümerin dieses Anteiles ist die Klägerin.

Eigentümer des materiellen Anteiles I ist der jeweilige Eigentümer des Grundstückes ***** in EZ ***** Grundbuch I*****; das ist sei 1951 die Beklagte. Auf der Baufläche ***** steht das Gebäude H*****-Straße

20. Die Räume des materiellen Anteiles I waren bis 1995 nur von diesem Gebäude aus zu erreichen; ein direkter Zugang zur S*****gasse fehlte. Vom Ölkeller aus ging nur ein Fenster im Ausmaß von rund 0,90 m mal 1 m auf die S*****gasse hinaus. Die Räume wurden bis in die Sechzigerjahre als Lager, später auch als Büro, und zwar für das Geschäftslokal im Parterre des Hauses H*****-Straße 20, verwendet.

Das Gebäude H*****-Straße 20 ist baufällig. Mit Bescheid des Stadtmagistrates I*****, Abteilung VI, Bauamt, vom 26.1.1984 wurde der Beklagten aufgetragen, binnen drei Monaten Maßnahmen zur Sanierung des Gebäudes zu setzen. Die Beklagte kam der Anordnung nicht nach. Die Stadt I***** verfügte die Ersatzvornahme und ließ für die Kosten eine Zwangshypothek von S 5,250.000,-- einverleiben.

Mit Bescheid vom 21.1.1994 bewilligte der Stadtmagistrat I***** den Umbau des Hauses H*****-Straße 20; mit Bescheid vom 2.1.1995 wurden verschiedene bauliche Maßnahmen betreffend den materiellen Anteil I der EZ ***** bewilligt. Der Beklagten wurde gestattet, den Ölkeller von den Geschäftsräumen im Haus H*****-Straße abzutrennen und einen eigenen Zugang zum neugeschaffenen Geschäftslokal durch Einbau eines Portales zur S*****gasse hin zu errichten. Das Bundesdenkmalamt genehmigte die Pläne zum Einbau des Geschäftsportales mit Bescheid vom 25.7.1994.

Unmittelbar nach Erteilung der Baugenehmigung begann das von der Beklagten beauftragte Bauunternehmen mit dem Portalausbruch zur S*****gasse hin. Zur statischen Absicherung wurde im Fußbodenbereich zwischen Ölkeller und erstem Stock ein Betonträger eingezogen und dann im Parterre aus der Außenmauer ein Portal im bewilligten Ausmaß an der Stelle ausgeschnitten, an der sich das Fenster befand.

Die Klägerin war am erstinstanzlichen Bauverfahren nicht beteiligt. Sie brachte gegen den Baubewilligungsbescheid eine Berufung ein. Der Berufung wurde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wurde aufgehoben und der Baubehörde erster Instanz die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen. Im zweiten Rechtsgang wurde die Baubewilligung erneut erteilt.

Am 1.2.1995 erwirkte die Klägerin ein vorläufiges Bauverbot; ihre gleichzeitig eingebrachte Bauverbotsklage blieb erfolglos. Derzeit ruhen die Bauarbeiten.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß die Rechtsvorgänger der Klägerin in den Sechzigerjahren dem Portalausbruch zugestimmt hätten. Vor etwa zwei Jahren versuchte der Geschäftsführer der Beklagten Dr.Herbert S***** vergeblich, die Zustimmung zu erhalten.

Die Beklagte will die neugeschaffenen Geschäftsräume dem Pächter ihres Souvenirgeschäftes als Ausweichlokal zur Verfügung stellen, wenn sie das Haus H*****-Straße 20 umbaut. Wie sie die Räume anschließend verwendet, steht noch nicht fest. Die Beklagte plant jedenfalls nicht, die Räume der Stadt I***** für eine öffentliche WC-Anlage zu vermieten.

Auf beiden Seiten des Portaldurchbruches sind Geschäftslokale, die zum materiellen Anteil II der Klägerin gehören. Eines dieser Geschäfte wird durch ein Portal betreten, das etwa dem neu zu schaffenden entspricht. In einem Lokal befindet sich ein Strumpf- und Wäschegeschäft; im anderen werden Bürsten, Pinsel und Besen verkauft. Die Inhaber beider Geschäfte wollen ihre Unternehmen weiterführen. Im neu geschaffenen Geschäftslokal könnte ein Konkurrenzunternehmen einziehen; neue Einkaufsmöglichkeiten beleben aber auch die Gasse und ziehen dadurch auch für die bestehenden Geschäfte Kunden an.

Der Portalausbruch hat sich auf die Statik des Hauses nicht negativ ausgewirkt. Auch die Fassade wird bei planmäßiger Fertigstellung des Portales nicht leiden.

Die Klägerin wird jedoch durch einen Tunnel den Zugang zum Geschäftslokal der Beklagten ermöglichen müssen, wenn sie den baufälligen Teil des Hauses saniert. Eine Tunnelkonstruktion wird aber ohnedies für die beiden benachbarten Geschäftslokale notwendig sein.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, binnen 14 Tagen den vorigen Zustand im Bereich der nordseitigen Außenmauer der Liegenschaft I*****, S*****gasse 1 (*****, GB *****) durch folgende Baumaßnahmen wiederherzustellen:

a) Ab- und Zumauerung des neu geschaffenen gesamten Portalausbruches gemäß beiliegenden Planurkunden des Architekten Dipl.-Ing.Peter N***** vom 1.10.1990 1:100 (Grundriß- und Ansichtsplan rot schraffiert), im Bereich der Außenmauer in Höttinger Brecchie, dies in Übereinstimmung hinsichtlich Größe der Steine und Verfugung mit der bestehenden Außenmauer S*****gasse 1,

b) Ausbruch einer Fensteröffnung und Einsetzen eines Fensters im Ausmaß von 0,90 mal 1 m gemäß beiliegenden Planurkunden des Architekten Dipl.-Ing.Peter N***** (Grundriß- und Ansichtsplan gelb schraffiert).

Die Beklagte habe durch den Portalausbruch in die Eigentumsrechte der Klägerin eingegriffen. Weder die Klägerin noch ihre Rechtsvorgänger hätten dem Ausbruch zugestimmt. Die Umgestaltung beeinträchtige Sanierungsarbeiten im Bereich der Außenmauer. Der Klägerin entstünden höhere Aufwendungen, weil sie den Zugang zum Geschäft freihalten müsse. Durch den Zugang entstehe eine unzulässige Dienstbarkeit des Gehens für die Beklagte und deren Kunden. Im Geschäft werde ein Konkurrenzunternehmen zu den in den Geschäftslokalen der Klägerin betriebenen Unternehmen einziehen. Durch die von der Beklagten beabsichtigte öffentliche WC-Anlage werde die gesamte Liegenschaft entwertet.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten dem Einbau eines Portales zugestimmt. Der Umbau verbessere das Erscheinungsbild des Hauses, wie die Genehmigung durch das Denkmalamt zeige. Der Klägerin entstünden durch den Zugang keinerlei Nachteile; die Beklagte hingegen müsse für ihr Geschäft in der H*****-Straße 20 ein Ausweichlokal schaffen. Die Klage sei schikanös.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Dem Grundbuch sei nicht zu entnehmen, in wessen Eigentum die Außenmauer stehe. Da die Außenmauer den Interessen beider Anteilseigner diene, seien auch beide gleich berechtigt. Keiner der Stockwerkseigentümer könne daher den anderen in Angelegenheiten der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung überstimmen. Im Streitfall habe der Richter zu entscheiden. Maßgebend sei, ob der Portalausbruch der Klägerin zumutbar sei. Einziger Nachteil der Klägerin sei der Mehraufwand, der ihr daraus entstehe, daß sei bei der Sanierung des Gebäudes den Zugang zum Geschäftslokal der Beklagten durch einen Tunnel freihalten müsse. Dieser Mehraufwand falle jedoch kaum ins Gewicht, weil auch der Zugang zu den anderen beiden Geschäften freigehalten werden müsse. Dem geringfügigen Nachteil der Klägerin stehe ein erheblicher Vorteil der Beklagten gegenüber. Ob in das Geschäft ein Konkurrenzunternehmen einziehen werde, sei nicht zu berücksichtigen, weil der Klägerin insoweit kein Einspruchsrecht zustehe. Für die Haftung der Klägerin nach § 1319 ABGB ergebe sich durch den Portaleinbau kein Unterschied.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren unter Festsetzung einer Leistungsfrist von drei Monaten stattgab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Außenmauer könne nicht ausschließlich einem Miteigentümer zugeordnet werden. Insoweit seien beide Stockwerkseigentümer gleich berechtigt; keiner könne den anderen überstimmen. Wäre die Klägerin Mehrheitseigentümerin, gälte das gleiche, weil die Errichtung eines zusätzlichen Einganges eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB sei. Jeder Miteigentümer sei berechtigt, eigenmächtige Eingriffe in das gemeinsame Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage gegen den Störer abzuwehren. Der Prozeßrichter habe die Interessen nicht gegeneinander abzuwägen, sondern nur die verbotene Eigenmacht des Ändernden zu prüfen. Die Entscheidung des Außerstreitrichters könne nicht vorweggenommen werden.

Das Verhalten der Klägerin sei nicht schikanös. Zwischen den von beiden Parteien verfolgten Interessen bestehe kein krasser Gegensatz. Die Beklagte hätte zehn Jahre lang Zeit gehabt, für die Baumaßnahmen die Zustimmung der Klägerin einzuholen oder bei ihrer Verweigerung das Gericht anzurufen. Die Außenmauer sei eine tragende Mauer; der im ersten Stock eingezogene Stahlträger könne spätere Baumaßnahmen hindern oder zumindest erschweren. Müsse das Haus eingerüstet werden, so entstehe ein Mehraufwand. Für das Portal sei ein Mehrfaches jener Fläche ausgebrochen worden, welche das Fenster eingenommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin verweist auf die Entscheidung SZ 24/58. Dieser Entscheidung liege ein dem vorliegenden Fall ähnlicher Sachverhalt zugrunde. Wäre allein der Außerstreitrichter für die Genehmigung zuständig, müßte die Beklagte den früheren Zustand wiederherstellen, dann den Außerstreitrichter anrufen, um in der Folge den Durchbruch wiederherstellen zu können. Der Klägerin erwüchsen durch den Umbau keine Nachteile. An der Außenmauer bestehe kein Miteigentum, weil die beiden Anteile klar umschrieben seien. Die den Anteil I abschließende Außenmauer sei Teil dieses Anteils; die Beklagte sei demnach als Eigentümerin der Außenmauer berechtigt gewesen, das Portal auszubrechen. Bei der Beurteilung des Schikaneeinwandes nehme das Berufungsgericht Nachteile an, die nicht festgestellt seien.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes RGBl 1879/50 ist die horizontale Teilung von Gebäuden (materiell geteiltes Eigentum, Stockwerkseigentum) verboten. Die vor diesem Gesetz begründeten Rechtsverhältnisse blieben jedoch aufrecht (Klang in Klang**2 II 28;

Spielbüchler in Rummel, ABGB**2 § 297 Rz 8). Die waagrechte Teilung bewirkt, daß stets Teile vorhanden sind, die den Bedürfnissen aller Hauseigentümer dienen. An solchen Teilen besteht Miteigentum;

insoweit sind die §§ 833ff ABGB sinngemäß anzuwenden (SZ 24/58; SZ 55/99 = EvBl 1982/172; Gamerith in Rummel, ABGB**2 § 825 Rz 3 mwN).

Daß die Außenmauer den Bedürfnissen aller Hauseigentümer dient, bedarf keiner weiteren Begründung. Die Vorinstanzen haben daher richtig erkannt, daß die Außenmauer im Miteigentum beider Stockwerkseigentümer steht (in diesem Sinn für die Hauptmauern auch Klang in Klang**2 III 1129). Ob dies ein Miteigentum zu gleichen Teilen (SZ 24/58) oder ein Miteigentum entsprechend den im Alleineigentum stehenden Teilen (Klang aaO) ist, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle:

Gemäß § 833 ABGB kommt der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Für Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung und Benützung genügt Stimmenmehrheit (§ 833 ABGB). Mehrheitsbildungen im Innenverhältnis verleihen die entsprechende Vertretungsmacht nach außen (JBl 1986, 108 [Selb]; Gamerith in Rummel, ABGB**2 § 833 Rz 12). Der Mehrheitsgrundsatz gilt auch für wichtige Veränderungen; vor der Abstimmung muß aber der Minderheit Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. Die Minderheit kann Sicherstellung künftigen Schadens verlangen und, wenn diese verweigert wird, austreten (§ 834 ABGB). Will die Mehrheit wichtige Veränderungen gegen den Willen der - in der Gemeinschaft verbleibenden - Minderheit durchführen, so muß sie die Zustimmung des Richters im Verfahren außer Streitsachen erwirken (Gamerith aaO § 834 Rz 8ff mwN; 4 Ob 2024/96t).

Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen (Gamerith aaO § 833 Rz 4 mwN). Der von der Beklagten vorgenommene Durchbruch zur Errichtung eines Portales hat sich nicht im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig erwiesen und ist schon deshalb keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung. Die Beklagte hätte daher in jedem Fall die Genehmigung des Außerstreitrichters einholen müssen, bevor sie mit den Bauarbeiten begann. Der Außerstreitrichter hätte prüfen müssen, ob die Veränderung vom Standpunkt der Eigentümergesamtheit aus offenbar vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist (Gamerith aaO § 835 Rz 4 mwN).

In der Entscheidung SZ 24/58 hat der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, daß die Prüfung auch vom Streitrichter vorgenommen werden könne. Gegenstand dieser Entscheidung war ein Fall, in dem der Stockwerkseigentümer in einem Raum (Keller) eine Tür durch die Außenmauer gebrochen hatte, um diesen Raum besser bewirtschaften zu können. Wem das materielle Eigentum an der Außenmauer zukommen sollte, war im Grundbuch nicht festgelegt. Der OGH nahm ideelles Miteigentum an der Außenmauer an; im Zweifelsfall sei die Berechtigung gleichteilig. Kein Teil vermöge den anderen in Dingen der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung zu überstimmen, im Streitfall müsse der Richter angerufen werden (§§ 833 bis 835 ABGB). Es sei demnach zu überprüfen, ob die Durchstoßung der Mauer und die Anbringung einer Tür an Stelle des bisherigen Fensters dem Kläger zumutbar sei.

Dieser Entscheidung ist das Erstgericht gefolgt; das Berufungsgericht ist hingegen der Ansicht, daß die Zumutbarkeit nicht im Streitverfahren geprüft werden könne. Dafür sei der Außerstreitrichter zuständig; es gehe nicht an, daß die Entscheidung des Außerstreitrichters wegen deren rechtsgestaltender Wirkung vom Streitrichter (im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung) vorweggenommen werde.

Das Berufungsgericht beruft sich auf die Entscheidungen WoBl 1993, 61/49 (Call); ImmZ 1987, 313; WoBl 1991, 64/53 (Call). Gegenstand all dieser Entscheidungen waren Streitigkeiten unter Wohnungseigentümern.

§ 13 Abs 2 WEG regelt, unter welchen Voraussetzungen der Wohnungseigentümer zu Änderungen seiner Wohnung berechtigt ist; Anträge nach § 13 Abs 2 WEG gehören in das Verfahren außer Streitsachen (§ 26 Abs 1 Z 2 WEG).

Nach § 835 ABGB hat hingegen "der Richter" zu entscheiden; daß dies der Außerstreitrichter sein soll, bestimmt nicht das Gesetz, sondern haben Lehre und Rechtsprechung entwickelt. Einer Entscheidung der (Vor-)Frage, ob eine Baumaßnahme dem(n) anderen Miteigentümer(n) zumutbar ist, durch den Streitrichter steht somit kein gesetzliches Hindernis entgegen. Es erscheint auch zweckmäßig, diese Frage im schon anhängigen Streitverfahren - wenn daran alle Miteigentümer beteiligt sind (zur Notwendigkeit der Beteiligung aller Miteigentümer an den auf Rechtsgestaltung gerichteten Außerstreitverfahren s Gamerith aaO § 835 Rz 14 mwN) - zu klären; der Außerstreitrichter hat insoweit keine besseren Erkenntnismöglichkeiten als der Streitrichter.

Daß eine eigenmächtig vorgenommene Baumaßnahme grundsätzlich nicht nachträglich genehmigt werden kann (SZ 43/91; MietSlg 27.079; 34.103; 39.052), steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Die Unzulässigkeit nachträglicher Genehmigung wird daraus abgeleitet, daß der Außerstreitrichter rechtsgestaltende Entscheidungen für die Zukunft trifft (§ 834 ABGB: Veränderungen... welche vorgeschlagen werden); sie wird aber für zulässig angesehen, wenn der Antragsteller rechtskräftig zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes verurteilt ist und bereits Exekution geführt wird (MietSlg 39.052). Auch in diesem Fall hat der (Außerstreit-)Richter zu beurteilen, ob eine bereits vorgenommene Maßnahme offenbar vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist. Nach der zitierten Entscheidung wäre es ein überflüssiger Formalismus, könnte der Antragsteller erst nach Wiederherstellung des früheren Zustandes die nachträgliche Genehmigung beantragen (MietSlg 39.052; zur Problematik der Verweigerung nachträglicher Genehmigung eigenmächtig vorgenommener Maßnahmen, die zum klaren, überwiegenden Vorteil aller Teilhaber sind, Gamerith aaO § 835 Rz 3). Genauso formalistisch erscheint es aber, die Frage der Zumutbarkeit aus dem Streitverfahren auszuklammern und erst nach Rechtskraft des Urteiles auf Wiederherstellung und Einleitung der Exekution zu prüfen, ob die Maßnahme nicht doch zu genehmigen ist, wenn, wie hier, sämtliche Miteigentümer am Streitverfahren beteiligt sind und der (Streit-)Richter daher über keine anderen Entscheidungsgrundlagen verfügen wird als der (Außerstreit-)Richter, der im nachfolgenden Genehmigungsverfahren mit der Sache befaßt würde.

Der erkennende Senat hält daher an der in der Entscheidung SZ 24/58 vertretenen Auffassung fest. Demnach ist zu prüfen, ob die Baumaßnahmen der Klägerin zumutbar sind.

Die Baumaßnahmen der Beklagten sind für die Klägerin insofern von Nachteil, als sie im Bereich des im Fußboden zwischen Ölkeller und erstem Stock eingezogenen Betonträgers keine Leitungen verlegen kann. Die spätere Nutzung des Ölkellers als Geschäftslokal bringt durch die Kundenfrequenz Vorteile für die schon bestehenden Geschäfte; sollte ein Konkurrenzunternehmen einziehen, allenfalls auch Nachteile. Daß ein Konkurrenzunternehmen einziehen wird, ist aber nicht einmal behauptet. Die Bedenken der Klägerin wegen der Statik des Hauses haben sich als haltlos erwiesen; der vom Berufungsgericht erwähnte Mehraufwand bei der Einrüstung des sanierungsbedürftigen Hauses ist gering, weil zu den schon bestehenden Geschäften ohnedies ein Zugang geschaffen werden muß. Die von der Klägerin behaupteten weiteren Nachteile bei der Sanierung des Hauses (Schadenersatzansprüche des Mieters wegen wesentlicher Beeinträchtigung) sind so ungewiß, daß sie nicht berücksichtigt werden können; ihre diesbezüglichen Ausführungen verstoßen auch gegen das Neuerungsverbot. Daß sich die Haftung der Klägerin nach § 1319 ABGB durch das Portal und die zu erwartende Kundenfrequenz verschärfte, hat schon das Erstgericht mit zutreffender Begründung verneint. Es ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern sich die Haftung vergrößern soll, wenn zu zwei bereits bestehenden Geschäftslokalen ein drittes hinzukommt und die Straße (der Gehsteig) auch jetzt von Passanten benutzt wird.

Der Einbau eines Portales in den ehemaligen Ölkeller beeinträchtigt die Interessen der Klägerin - wenn überhaupt - nur geringfügig; der Beklagten wird dadurch ermöglicht, das Lokal wesentlich besser zu bewirtschaften. Die Baumaßnahmen sind weder bedenklich noch nachteilig; sie sind vom - objektiven - Standpunkt der Eigentümergesamtheit aus offenbar vorteilhaft.

Der Revision war Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; auf die Ausführungen der Beklagten zum Schikaneeinwand ist nicht weiter einzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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