Normen
ABGB §834;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;
WEG 1975 §13b Abs2;
WEG 1975 §14 Abs3 idF 1993/800;
ABGB §834;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;
WEG 1975 §13b Abs2;
WEG 1975 §14 Abs3 idF 1993/800;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Wohnungseigentümer im Haus Wien XIX, Dionysius Andrassy-Straße 16. Ihr Ansuchen vom 31. Oktober 1995 um Erteilung der Baubewilligung für einen Liftanbau an ihr Haus langte beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, am 21. März 1996 ein. Mit Schreiben an die Baubehörde vom 13. Juni 1996 erklärte die Erstbeschwerdeführerin, daß das Ansuchen kurzfristig zurückgestellt worden sei, um eine allfällige Einigung mit den restlichen Miteigentümern zu erreichen. Diese Einigung sei nicht erreicht worden, die zurückgestellten Einreichpläne würden wieder vorgelegt werden, wobei auf § 14 Abs. 3 WEG verwiesen wurde. Aufgrund dieser Gesetzesbestimmung könnten lediglich die überstimmten Parteien das Gericht anrufen, sodaß seitens der Mehrheit kein gerichtlicher Antrag zulässig sei und die fehlende Zustimmung der Eheleute H. nicht durch das Gericht ersetzt werden könne. Da die Minderheitseigentümer innerhalb der im Gesetz festgesetzten Frist das Gericht nicht angerufen hätten, seien sie als zustimmend zu betrachten. Mit diesem Schreiben legte die Erstbeschwerdeführerin die Baupläne, den Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 19. Februar 1996 und eine Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Döbling vom 8. März 1996 vor.
Auf den hier gegenständlichen, mit dem Abweisungsvermerk der Behörde versehenen Bauplan befinden sich die Unterschriften sämtlicher Wohnungseigentümer, mit Ausnahme von W. und E.H. . Mit dem vorgelegten Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling wurde der Antrag auf Genehmigung des Mehrheitsbeschlusses zur Errichtung eines Personenliftes im gegenständlichen Hause, sodaß durch diese Genehmigung die Zustimmung der Antragsgegner (Antragsgegner waren die Ehegatten H.) im Sinne des § 14 Abs. 3 WEG ersetzt wäre und somit ein Einstimmigkeitsbeschluß vorläge, zurückgewiesen. Die Begründung dieses Beschlusses lautet wie folgt:
"In ihrem Antrag bringen die Antragsteller vor, daß hinsichtlich der Errichtung eines Personenliftes im Haus ..., an dem Wohnungseigentum begründet ist, ein Mehrheitsbeschluß der Antragsteller und der als Beteiligten bezeichneten weiteren Wohnungseigentümer vorläge.
Lediglich die beiden Antragsgegner W. H. und E. H. als Minderheitseigentümer verweigerten die Zustimmung zum Bauvorhaben. Aus gesundheitlichen Gründen wäre für die Erst- und Drittantragstellerin die Errichtung des Personenliftes dringend notwendig, zur Errichtung des Lifts wäre gemäß der derzeit geltenden Bauordnung ein Einstimmigkeitsbeschluß notwendig.
Gemäß § 14 Abs. 3 WEG kann jeder der Überstimmten gegen einen Beschluß der Mehrheit der Miteigentümer das Gericht anrufen, welches dann über den Mehrheitsbeschluß in genehmigender oder die Genehmigung versagender Weise zu entscheiden hat. Aufgrund der unmißverständlichen und eindeutigen Formulierung dieser Gesetzesbestimmung ist lediglich die überstimmte Minderheit zur Anrufung des Gerichts legitimiert, niemals aber die Mehrheit der Wohnungseigentümer, die einen Beschluß gefaßt hat. Aus dem beiliegenden Grundbuchsauszug ergibt sich, daß die Antragsgegner tatsächlich zusammen nur Minderheitseigentümer sind, weshalb sich die Antragstellung als unzulässig im Sinne der angezogenen Gesetzesstelle darstellt."
Die vorgelegte Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Döbling vom 8. März 1996 hat folgenden Inhalt:
"Das Bezirksgericht Döbling bestätigt, daß W.H. und E.H. als Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses ... gegen den Beschluß der Mehrheit der Miteigentümer vom 24. Oktober 1995, einen Personenlift im genannten Haus zu errichten, bis heute das Gericht nicht angerufen haben."
Die Ehegatten E. und W.H. erhoben anläßlich der für den 4. Dezember 1996 anberaumten Bauverhandlung schriftlich Einwendungen. Darin gaben sie an, daß sie das Bauansuchen nicht mitunterfertigt hätten, daß der Beschluß der Mehrheit der Miteigentümer vom 24. Oktober 1995 ihnen nicht ordnungsgemäß kundgetan worden sei, sodaß die Frist gemäß § 14 Abs. 3 WEG nicht zu laufen begonnen habe, daß ein Gerichtsbeschluß, der die Zustimmung der Minderheitseigentümer ersetzen könnte, nicht vorliege, und daß nach der Bauordnung die Miteigentümerzustimmung erforderlich sei. Sie machten geltend, daß durch geologische Erdbewegungen an verschiedenen Hausteilen Sprünge aufgetreten seien, weshalb sie durch die Ausführung des Bauvorhabens erhebliche Rißbildungen befürchteten, zumal die Fundamente des Liftturmes zu klein dimensioniert seien und das Herausschneiden von Teilen des Dachgesimses einen schweren Eingriff darstelle. Auch in optischer und akustischer Hinsicht seien die Einschreiter durch den geplanten Ausbau betroffen, weil der Liftturm den Lichteinfall zu ihren Fenstern reduziere und weil mit einer nicht tolerierbaren Lärmentwicklung durch den Betrieb des Liftes zu rechnen sei. Durch das zu errichtende Vordach werde den Einschreitern die Sicht zur Haustüre genommen, was deren Sicherheit beeinträchtige.
Mit Bescheid vom 5. Februar 1997 wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, das Baubewilligungsansuchen ab. Eine Zustimmung der Miteigentümer E. und W.H sei nicht nachgewiesen worden. Es sei nicht Angelegenheit der Baubehörde, die privatrechtlichen Bestimmungen des WEG zu interpretieren oder zu handhaben, die Zustimmung der Miteigentümer fehle und es liege damit ein auch nicht durch einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu heilender Mangel vor.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, daß der Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer im Verwaltungsverfahren auch dadurch nachgewiesen wurde, daß auf dem Bauansuchen sämtliche Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Minderheit unterschrieben hätten. Zum Nachweis, daß auch die Eheleute H. eingeladen wurden, dem Bauvorhaben zuzustimmen, die Zustimmung aber verweigert wurde, wurde ein Schreiben der Beschwerdeführervertreter vom 4. Jänner 1996 vorgelegt. Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:
"Wie Ihnen bekannt ist, wurde seitens der Miteigentümer des Hauses 1190 Wien, Dionysius Andrassy-Straße 16, ein Beschluß dahingehend gefaßt, aufgrund der schon errichteten Einreichpläne einen Liftanbau an dieses Haus vorzunehmen.
Sie waren die einzigen, die sich gegen dieses Projekt gestellt und Ihre Zustimmung verweigert haben. Da die Errichtung dieser Liftanlage für Sie mit keinen Kosten verbunden wäre und auch keine anderen Gründe diesem Projekt entgegenzustehen scheinen, sind mir die Gründe Ihrer Weigerung nicht verständlich.
Der Liftanbau würde zwei der Hausbewohner (Frau Erika Hauenstein und Frau Ingeborg Petraschek), die aus gesundheitlichen Gründen den Lift dringend benötigen, das Leben sehr erleichtern.
Ich lade Sie daher nochmals ein, diesem Projekt ebenfalls Ihre Zustimmung zu geben bzw. mir die Gründe Ihrer Weigerung auf dem angeschlossenen Formblatt mitzuteilen. Ich darf mir der Ordnung halber für das Einlangen Ihrer Stellungnahme eine Frist von 8 Tagen vormerken. Sollten Sie bei Ihrer bisherigen Haltung verbleiben, sehe ich mich genötigt, gerichtliche Schritte in die Wege zu leiten, was mit vermeidlichen Kosten für beide Seiten verbunden wäre."
Die Beschwerdeführer brachten weiters vor, daß die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen dringend einen Lift benötigten, da insbesondere die Erstbeschwerdeführerin gesundheitlich nicht in der Lage sei, das Haus zu verlassen, ohne getragen zu werden. Daher sei die gesamte Hausgemeinschaft bestrebt gewesen, unbürokratisch und rasch alle Voraussetzungen für den Einbau dieses Liftes zu schaffen und hätten sich nur die Eheleute H., obwohl für sie keinerlei Kosten entstanden wären, dagegen ausgesprochen. Weiters verwiesen die Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 14 Abs. 3 WEG, wonach sich nach der derzeitigen Rechtslage der Überstimmte an das Gericht zu wenden hätte und als zustimmend gelte, wenn er dies nicht fristgerecht tue.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet ab, daß der Spruch durch Anführung der §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien modifiziert wurde. Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BauO für Wien habe der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung aller Miteigentümer anzuschließen. Der Nachweis der Eigentümerzustimmung müsse "liquid" erfolgen; ein solcher Nachweis liege nur vor, wenn dargetan werde, daß es keinesfalls mehr fraglich sein könne, ob die Zustimmung erteilt wurde. Es könne im Baubewilligungsverfahren nicht Aufgabe der Behörde sein, zu prüfen, ob ein Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft zustande gekommen ist, ob die Miteigentümer von der beabsichtigten Beschlußfassung gehörig verständigt wurden und kein Miteigentümer den Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtzeitig bei Gericht angefochten habe, in welchem Fall auch ein überstimmter Miteigentümer den Beschluß nach § 14 Abs. 3 WEG gelten lassen müßte. Die Regelung, nach der ein Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft auch bei Vorliegen der im § 14 Abs. 3 WEG verlangten Voraussetzungen schon als Nachweis der Zustimmung aller Miteigentümer zu gelten habe, habe im § 63 Abs. 1 BauO für Wien keinen Niederschlag gefunden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung der Baubewilligung verletzt. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) hat der Bauwerber für das Baubewilligungsverfahren folgende
Einreichunterlagen vorzulegen:
...
c) die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist.
Im vorliegenden Fall steht fest, daß zwei Miteigentümer dem Bauansuchen nicht zugestimmt haben. Strittig ist, inwieweit diese Zustimmung ersetzt werden kann.
Die genannte Bestimmung entspricht dem allen österreichischen Bauordnungen innewohnenden Grundsatz, daß Miteigentümer nur im Verein miteinander den Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Verbauung ihres Grundes stellen können (siehe die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0202, ergangen zur Bauordnung für Oberösterreich). Grundsätzlich ist bei Miteigentum die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer nachzuweisen; das maßgebende Motiv des Gesetzgebers für die Aufstellung des Zustimmungserfordernisses liegt darin, daß der vom Grundeigentümer verschiedene Bauwerber nur das aus der Privatrechtsordnung dem Eigentümer zustehende Recht zur Bauführung geltend macht (hg. Erkenntnis vom 28. März 1977, Slg. Nr. 9.284/A, m.w.N.).
Dem Miteigentümer wird im baubehördlichen Bewilligungsverfahren ausschließlich deshalb Parteistellung eingeräumt, um ihm die Möglichkeit zu geben, sein Recht nach (hier:) § 63 Abs. 1 lit. c BO wahrzunehmen, nicht aber, um darüberhinausgehende Rechte zu gewährleisten. Der Sinn der Regelung des § 63 Abs. 1 lit. c BO liegt darin, daß die Baubehörde nur solche Bewilligungen erteilt, die von der Zustimmung des Grundeigentümers bzw. der übrigen Miteigentümer getragen sind, um auf diese Weise auch die zivilrechtliche Verwirklichung des Bauvorhabens sicherzustellen (hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1989, Zl. 89/05/0228). Weiters entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Zustimmung des Grundeigentümers zu einem Bauvorhaben durch Richterspruch ersetzt werden kann (siehe beispielsweise das zuletzt genannte Erkenntnis; weiters das hg. Erkenntnis vom 12. November 1991, Zl. 91/05/0145, aber auch schon Krzizek, System des österreichischen BaurechtsII, 88).
Diese Ersetzung der Zustimmung zu einem Bauansuchen durch eine zivilgerichtliche Entscheidung findet ihren Niederschlag in der Judikatur der ordentlichen Gerichte. Im Urteil vom 28. Februar 1995, Zl. 5 Ob 36/95, in welchem es um eine im Jahre 1991 von der Mehrheit der Wohnungseigentümer beschlossene Lifterrichtung ging, hat sich der Oberste Gerichtshof mit § 14 WEG vor dem Inkrafttreten des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes (1. Jänner 1994) auseinandergesetzt und sinngemäß ausgeführt, daß die vom Außerstreitrichter ersetzte Zustimmung der überstimmten Minderheit gemäß § 14 Abs. 3 WEG (alt) auch deren fehlende Zustimmung zum Bauansuchen suppliert (Zitat in WoBl 1996/9).
Die Absätze 1 und 3 des § 14 WEG in der Fassung des 3. Wohnrechtsänderungesetzes (im folgenden: WEG) lauten auszugsweise:
"(1) In Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft entscheidet - unbeschadet der Minderheitsrechte nach § 13a - die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer. Zu diesen Angelegenheiten gehören im besonderen:...
...
(3) Beschließt die Mehrheit der Miteigentümer eine Veränderung an den gemeinsamen Teilen und Anlagen der Liegenschaft, die über die in Abs. 1 angeführten Angelegenheiten hinausgeht, so kann jeder der Überstimmten dagegen binnen drei Monaten (bei nicht gehöriger Verständigung binnen sechs Monaten) das Gericht anrufen. Dieses darf den Mehrheitsbeschluß nur dann genehmigen, wenn die Veränderung den (die) Antragsteller nicht übermäßig beeinträchtigen wird und überdies ..."
Entgegen der Rechtsprechung zu § 834 ABGB hat nach § 14 Abs. 3 WEG nicht die beschließende Mehrheit das Gericht zur Genehmigung anzurufen, sondern vielmehr die überstimmte Minderheit (jeder Miteigentümer) innerhalb einer dreimontigen Frist, die sich bei nicht gehöriger Verständigung auf sechs Monate verlängert (Würth-Zingher, Wohnrecht "94, 275). Auch der Oberste Gerichtshof hat im Beschluß vom 24. Juni 1997, Zl. 5 Ob 246/97, ausgesprochen, daß im Falle einer Beschlußfassung über eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung vor Inkrafttreten des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes die beschließende Mehrheit das Gericht anzurufen hatte, im Falle einer Beschlußfassung danach hingegen gemäß § 14 Abs. 3 WEG neue Fassung die überstimmte Minderheit. CALL führt in seiner Glosse zu dieser Entscheidung aus (WoBl 1997/120):
"Verharrt die überstimmte Minderheit der Mit- und Wohnungseigentümer nämlich untätig, indem sie den Mehrheitsbeschluß dem Außerstreitrichter nicht binnen drei bzw. sechs Monaten zur Kontrolle ihrer möglichen Interessenbeeinträchtigung vorlegt (Trägheitsprinzip), dann genügt der Mehrheitsbeschluß, um die Veränderungs-/Verbesserungsmaßnahme durchzuführen. Damit hat der Gesetzgeber des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes einer vernünftigen Forderung der Praxis Rechnung getragen; dies freilich unter denknotwendiger Inkaufnahme eines gegenüber § 14 Abs. 3 WEG alter Fassung etwas abgeschwächten Minderheitenschutzes."
Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde blieben diese Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz nicht ohne Einfluß auf das Bauverfahren: Gerade wegen der im zitierten hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1989 angesprochenen Bedachtnahme auf die zivilrechtliche Realisierung des Bauvorhabens kann die Frage nicht vernachlässigt werden, ob und auf welchem Wege die mangelnde Zustimmung der Minderheit ersetzbar ist. Im Erkenntnis vom 1. Juli 1982, Zl. 81/06/0190, nahm der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich auf einen Beschluß des Außerstreitrichters gemäß § 13 Abs. 2 WEG alter Fassung Bedacht, wonach "diese Änderungen von den anderen Miteigentümern (Antragsgegnern) geduldet werden müssen und diese (= die anderen Miteigentümer) ihre Zustimmung dazu nicht verweigern dürfen, soferne eine behördliche Bewilligung erforderlich ist". Der Verwaltungsgerichtshof folgerte daraus eine Verpflichtung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer, einer konkreten Bauführung des Bauwerbers unter ausdrücklicher Bezugnahme auf einen bestimmten Plan zuzustimmen; damit lagen die Zustimmungserklärungen der im Beschluß des Bezirksgerichtes genannten Miteigentümer in Form des in Rechtskraft erwachsenen Beschlusses vor.
Wenn aber der die Zustimmung der Minderheit ersetzende Beschluß des Außerstreitrichters nunmehr nach der neuen Rechtslage durch den konstitutiven Beschluß der Mehrheit bei Untätigkeit der Minderheit abgelöst wurde, wenn weiters, wie im vorliegenden Fall durch den Zurückweisungsbeschluß des Bezirksgerichtes vor Augen geführt, die Mehrheit gar keine Möglichkeit mehr bekommt, ihren Beschluß durch Gerichtsentscheid sanktionieren zu lassen, dann muß schon dieser unangefochtene Mehrheitsbeschluß, wenn alle übrigen Voraussetzungen gegeben sind, auch baurechtlich das Zustimmungserfordernis supplieren. Nur so kann die schon immer getroffene Einschränkung dieses Erfordernisses, daß die Zustimmung durch Gerichtsentscheid ersetzt werden kann, weiter aufrecht bleiben; auch der Gesetzgeber des § 63 Abs. 1 lit. c BO fand die Möglichkeit der Ersetzung vor und hat weder angeordnet, daß die Zustimmung unersetzbar sei, noch, daß ein Außerstreitrichterbeschluß gemäß § 14 Abs. 3 WEG alte Fassung als Ersatz nicht ausreiche.
Da im Baurecht nie explizit geregelt war, in welcher Form diese Supplierung erfolgen kann, spielt die vom Privatrechtsgesetzgeber vorgenommene Änderung der Förmlichkeit, mit der diese Supplierung erreicht wird, keine Rolle. Nunmehr muß der Bauwerber nachweisen, daß ein Beschluß der Mehrheit zustandegekommen ist, daß also im Sinne des § 13b Abs. 2 WEG alle Miteigentümer Gelegenheit zur Äußerung hatten, bzw., daß sie von der beabsichtigten Beschlußfassung verständigt wurden (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht20, 859). Er muß weiters nachweisen, daß die Minderheit drei Monate bei gehöriger Verständigung vom Beschlußinhalt, sonst 6 Monate lang, untätig blieb. Legt der Bauwerber die Bestätigung des Gerichtes vor, daß die Minderheit im Sinne des § 14 Abs. 3 WEG das Gericht nicht angerufen hat, dann wird dadurch die Zustimmung der Minderheit ersetzt. Nur auf diese Weise kann der seit jeher geforderte Gleichklang des Bauverfahrens mit der zivilrechtlichen Durchsetzbarkeit erreicht und damit vermieden werden, daß dem Bauvorhaben ein mit rechtlichen Mitteln nicht beseitigbares Hindernis entgegensteht.
Da die belangte Behörde dies verkannte und der Neufassung des § 14 Abs. 3 WEG keine entsprechende Bedeutung zubilligte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dem steht auch nicht das in der Gegenschrift zitierte, schon zu § 14 Abs. 3 WEG ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0335 entgegen, weil damals die unabdingbare Voraussetzung, nämlich die im Gesetz umschriebene Untätigkeit der Minderheit, nicht behauptet wurde.
Im fortgesetzten Verfahren wird von den Baubehörden das Zustandekommen des Mehrheitsbeschlusses unter Bedachtnahme auf die Einwendungen der Überstimmten in der Bauverhandlung zu prüfen sein.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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