VwGH 95/05/0335

VwGH95/05/033527.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der B, 2. des D und 3. des O in W, sämtliche vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 23. Oktober 1995, Zl. MD-VfR - B XIX - 58/95, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §833;
ABGB §834;
AVG §13 Abs3;
AVG §38;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1992/034;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg impl;
BauRallg;
VwRallg;
WEG 1975 §14 Abs1;
WEG 1975 §14 Abs3;
ABGB §833;
ABGB §834;
AVG §13 Abs3;
AVG §38;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1992/034;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg impl;
BauRallg;
VwRallg;
WEG 1975 §14 Abs1;
WEG 1975 §14 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung beigelegten angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die Beschwerdeführer beantragten mit Eingabe vom 16. Juni 1995 die baubehördliche Bewilligung für Zubauten im Dachgeschoß auf der im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft Wien, A-Gasse 30. In ihrem Antrag führten die Beschwerdeführer aus, daß die Bestimmungen des § 14 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz zur Anwendung kämen, wonach eine Veränderung an den gemeinsamen Teilen und Anlagen einer Liegenschaft, wie z.B. der Fassadengestaltung, der Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer bedürfe. Für derartige Änderungen sei nach dem Wohnungseigentumsgesetz bloß ein Mehrheitsbeschluß notwendig. Die hiefür notwendigen Unterschriften seien mittels Unterschriftenliste nachgewiesen worden. Die beantragten Balkonaufbauten seien insofern notwendig, als dadurch das Eindringen von Niederschlägen, z.B. Schnee, in den Wohnbereich verhindert und eine Verringerung der Heizkosten infolge der Dämmfunktion dieser Aufbauten erreicht werden könne. Dadurch werde weiters einer drohenden Gefährdung der Gesundheit der Bewohner vorgebeugt.

Die Baubehörde erster Instanz forderte die Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 20. Juni 1995, zugestellt am 22. Juni 1995, auf, binnen vier Wochen Beilagen, insbesonders eine Grundbuchsabschrift, die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen, die Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft sowie Baupläne nachzureichen.

Die Beschwerdeführer beantragten "auf Grund der Urlaubszeit und der sich daraus ergebenden Schwierigkeiten" eine Fristerstreckung bis 15. September 1995.

Mit Bescheid vom 24. Juli 1995 wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, gemäß § 13 Abs. 3 AVG das Ansuchen der Beschwerdeführer um baubehördliche Bewilligung für Zubauten im Dachgeschoß auf der erwähnten Liegenschaft und das Ansuchen um Fristerstreckung zur Beibringung der fehlenden Unterlagen zurück, da die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft nicht vorliege und weder die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen noch die Baupläne trotz Aufforderung fristgerecht nachgebracht worden seien. Die erteilte Frist diene nicht der Beschaffung von Unterlagen, sondern bloß der Nachreichung bereits vorhandener Unterlagen.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 1995 wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien (BO) sei für das Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung aller Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft erforderlich. Die Zustimmung der Liegenschaftseigentümer sei zunächst ein Beleg des Bauansuchens, bei dessen Fehlen die Baubehörde gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen habe. Es sei nicht Aufgabe der Baubehörde, als Vorfrage zu klären, ob ein Miteigentümer aus anderen gesetzlichen Vorschriften, hier insbesondere des Wohnungseigentumsgesetzes, zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet sei. Die Zustimmung als Voraussetzung der Baubewilligung müsse liquid nachgewiesen werden, somit durch eine ausdrückliche Erklärung des Miteigentümers oder durch eine sie ersetzende gerichtliche Entscheidung. Die in einem Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG festzusetzende Frist müsse nur für die Vorlage, nicht aber auch für die Beschaffung von Belegen ausreichen, wenn der Antragsteller die Notwendigkeit der Belege dem Gesetz entnehmen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 60 der Wiener Bauordnung, auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften, insbesondere des § 38 AVG sowie der sich aus § 33 Abs. 4 AVG ergebenden Möglichkeit, die Frist zur Beibringung der Urkunden zu erstrecken, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Bei Zurückweisung eines Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG ist Sache der Berufungsbehörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG allein die Frage, ob die sachliche Behandlung zu Recht verweigert worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 94/05/0178). Voraussetzung eines auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsauftrages und eines in der Folge wegen Nichtentsprechung des Auftrages erlassenen Bescheides, mit dem ein Antrag zurückgewiesen wird, ist aber das Vorliegen eines Formgebrechens eines schriftlichen Antrages. Was unter einem Formgebrechen schriftlicher Eingaben zu verstehen ist, muß der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, auf Seite 170, E. 6. und 7. zu § 13 AVG dargestellte hg. Rechtsprechung). Eines Auftrages zur Beseitigung des Formgebrechens bedarf es dann nicht mehr, wenn feststeht, daß der Antragsteller den geforderten Nachweis nicht zu erbringen vermag (vgl. auch dazu das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995).

Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist.

Der Nachweis der Zustimmung des Grundeigentümers (Miteigentümers) stellt im allgemeinen nur einen Beleg des Bauansuchens dar. Wenn die Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt der Einbringung des Ansuchens überhaupt nicht vorgelegen oder später weggefallen ist, wird die Zustimmung des Miteigentümers zu einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens, die auch im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung gegeben sein muß (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1995, Zl. 93/05/0105 und 93/05/0162). Die Sonderregelung bezüglich Wohnungseigentum im § 63 Abs. 1 lit. c zweiter Satz BO entfiel mit der Novelle LGBl. Nr. 34/1992.

Fehlt die Zustimmung von Miteigentümern als Beleg des Bauansuchens, dann hat die Baubehörde mit der Erlassung eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1986, Zl. 86/05/0064, BauSlg. Nr. 680).

Entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Rechtsansicht ist daher auch für Ansuchen um Baubewilligung auf einer nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 im Wohnungseigentum stehenden Liegeschaft vom Bauwerber die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO anzuschließen. Die Zustimmung aller Miteigentümer zu einem bestimmten Bauvorhaben ist nämlich ohne Rücksicht auf die zivilrechtlichen Befugnisse der einzelnen Miteigentümer erforderlich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. November 1994, Zl. 94/05/0319, BauSlg. Nr. 277/1994, sowie das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 93/05/0098). Aus welchen Gründen Miteigentümer ihre Zustimmung verweigern, ist keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern ist vielmehr darüber eine gerichtliche Entscheidung zur erwirken (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 92/05/0110, BauSlg. Nr. 170/1994). Bewilligungspflichtige Bauführungen eines Wohnungseigentümers dürfen daher nur mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer baubehördlich bewilligt werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. März 1994, Zl. 93/05/0289, BauSlg. Nr. 65/1994). Daran ändert auch § 14 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz 1975 nichts, wonach in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer entscheidet, da selbst in diesen Angelegenheiten von den überstimmten Miteigentümern gemäß Abs. 3 dieses Gesetzes das Gericht unter den dort genannten Voraussetzungen angerufen werden kann und Mehrheitsbeschlüsse die vom § 63 Abs. 1 lit. c BO geforderte Zustimmung aller Miteigentümer nicht zu ersetzen vermögen.

Ausgehend davon, daß für den hier zu beurteilenden Antrag der Beschwerdeführer auf Baubewilligung die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer erforderlich ist, diese - auch von den Beschwerdeführern unbestritten - jedoch nicht vorlag, hatte die Baubehörde im Sinne der dargestellten Rechtslage mit einem Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen und die belangte Behörde demnach infolge Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführer wegen Unterbleibens der Behebung dieses Formgebrechens allein die Frage zu prüfen, ob die sachliche Behandlung zu Recht verweigert worden ist.

Die Beschwerdeführer erblicken darin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, daß die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Frist im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG von vier Wochen nicht angemessen sei und auf Grund des Fristerstreckungsantrages hätte verlängert werden müssen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides hiezu zutreffend ausgeführt, daß die in einem Verbesserungsauftrag festgesetzte Erfüllungsfrist nur zur Vorlage vorhandener Unterlagen ausreichend sein muß, nicht jedoch zur deren Beschaffung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. September 1988, Zl. 88/06/0107, BauSlg. Nr. 1193).

Ohne Rechtsirrtum ging die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß im vorliegenden Fall der Erstbehörde durch die Nichtgenehmigung der beantragten Fristerstreckung keine Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlaufen ist, da - auch von den Beschwerdeführern unbestritten - eine Zustimmungserklärung sämtlicher Miteigentümer nicht vorliegt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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