VwGH 92/05/0110

VwGH92/05/011030.8.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 16. April 1992, Zl. MD-VfR - B XIV-16/92, betreffend Ansuchen um Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10 idF 1976/018;
BauO Wr §62 Abs1 idF 1992/034;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BauO Wr §129 Abs10 idF 1976/018;
BauO Wr §62 Abs1 idF 1992/034;
BauO Wr §63 Abs1 litc idF 1987/028;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 20. Februar 1992 suchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Verandaverbaues in ihrer Eigentumswohnung im Terrassengeschoß des Hauses P-Gasse 2 (ident mit D-Gasse 39), unter Vorlage eines Planes an. Der Lageplan weist den Verandaverbau an der D-Gasse 39 auf. Der Schnitt A-A zeigt einen eine Alu-Glaskonstruktion darstellenden Verbau der Abschlußterrasse, dessen äußere Begrenzung mit der Baulinie zusammenfällt; der Verbau steigt zunächst über eine Höhe von 0,6 m senkrecht an der Baulinie auf, bildet hierauf einen Winkel von 45 Grad und verläuft ab Erreichung seiner Maximalhöhe von 2,6 m über 0,8 m parallel zum Terrassengeschoß. Die von der Glasveranda zu verdeckende Fläche beträgt 14,76 m2.

Mit Schreiben vom 21. Februar 1992 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen acht Tagen den Nachweis der Zustimmung aller Eigentümer der genannten Liegenschaft nachzutragen. Es wurde eine Belehrung gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilt.

Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Stellungnahme an, das Bauvorhaben sei keinesfalls von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses. Es liege weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes vor, noch seien die sonstigen Voraussetzungen für die Erforderlichkeit der Zustimmung der Miteigentümer gegeben. Die Terrasse sei uneinsehbar. Eine ganze Reihe von Loggien sei bereits verbaut, ohne daß die Zustimmung der Miteigentümer eingeholt worden wäre, obwohl man sie von der Straße aus sehe. Daher sei auch im Beschwerdefall eine Zustimmung der Miteigentümer nicht erforderlich.

Mit Bescheid vom 5. März 1992 wies die Baubehörde erster Instanz das Bauansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück, weil die geforderte Zustimmung der Miteigentümer nicht erbracht worden sei.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde keine Folge. Aus dem Einreichplan sei eindeutig erkennbar, daß die geplante Veranda eine Vergrößerung des bestehenden Gebäudes und damit einen Zubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien darstelle. Dieser Zubau verändere jedenfalls das äußere Ansehen des Gebäudes, wobei es nicht entscheidend sei, ob diese Veränderung ohne besondere Aufmerksamkeit von der Straße aus erkennbar sei. Die Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes bewirke somit die Notwendigkeit der Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, die beantragte Baubewilligung ohne vorherige Zustimmung der Miteigentümer der Liegenschaft zu erhalten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien (im folgenden BO) in der im Beschwerdefall anzuwendenen Fassung LGBl. Nr. 28/1987 lautete:

"(1) Dem Ansuchen um Baubewilligung hat der Bauwerber anzuschließen:

...

c) die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist. Im Falle des Wohnungseigentums ist die Zustimmung aller Miteigentümer nicht erforderlich, wenn das Bauvorhaben nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses oder baulichen Anlage ist, oder wenn das Bauvorhaben weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirkt, noch gemeinsame Teile des Hauses, der baulichen Anlage oder der Liegenschaft in Anspruch nimmt noch die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betrifft; ..."

Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen die Tatsachenfeststellung der belangten Behörde, der Verandaverbau verändere das äußere Ansehen des Gebäudes. Sie vermag aber eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung oder eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht darzutun. Die geplante Bauführung soll jedenfalls nicht im Inneren einer Wohnung stattfinden, sondern soll der Terrassenbereich bis zu einer Höhe von 2,6 m dermaßen umgestaltet werden, daß von einer "Terrasse", also einer zumindest nach oben offenen Fläche, keine Rede mehr sein kann.

Die von der Beschwerdeführerin gewünschte Reduktion des Kriteriums "Änderung der äußeren Gestaltung" dahingehend, daß damit nur von der Straße aus sichtbare Teile erfaßt seien, ist mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar. "Änderung der äußeren Gestaltung" ist jede Veränderung an der Außenhaut, unabhängig davon, ob sie von der Straße aus sichtbar ist. § 63 Abs. 1 lit. c enthält nicht den geringsten Hinweis dahingehend, daß es auf eine "Sichtbarkeit" ankomme. Daher ist es auch ohne Belang, welches Material verwendet wird; es kommt allein auf die nicht bestreitbare Änderung an der Außenhaut des Gebäudes an.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß selbst geringfügige, von § 62 Abs. 1 BO (in der hier noch nicht anwendbaren Fassung LGBl. Nr. 34/1992) umfaßte Bauführungen, für welche die Zustimmung der Miteigentümer nicht erforderlich ist, nicht die äußere Gestaltung des Gebäudes ändern dürfen.

In Ermangelung der Zustimmung der Miteigentümer kam somit eine aufrechte Erledigung des Bauansuchens nicht in Betracht.

Aus welchen Gründen Miteigentümer ihre Zustimmung verweigern, ist keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern ist vielmehr darüber eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken (siehe das hg. Erkenntnis vom 20. März 1990, Zl.89/05/0160, m.w.N.). Es entspricht auch der ständigen hg. Rechtsprechung, daß niemand aus einer - allenfalls rechtswidrigen - Vorgangsweise gegenüber Dritten für sich einen Anspruch auf vergleichbare Rechtswidrigkeit ableiten kann (siehe das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1991, Zl. 91/05/0127, m.w.N.). Selbst wenn die Baubewilligungen für die Loggiaverglasungen an diesem Gebäude entgegen § 63 Abs. 1 lit. c BO ohne Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft erteilt worden wären, so könnte die Beschwerdeführerin daraus dennoch keinen Anspruch auf gleiche Behandlung durch die Baubehörde ableiten. Sollten Loggiaverglasungen ohne Konsens errichtet worden seien, so wird die Baubehörde erster Instanz, wie schon von der Berufungsbehörde betont, mit entsprechenden Aufträgen nach § 129 Abs. 10 BO vorgehen müssen.

Da sich somit das Beschwerdevorbringen als unbegründet erwies, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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