Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass die in den Spruch aufgenommene Wortfolge „binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution" zu entfallen hat.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.754,82 (darin EUR 292,47 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Gesellschafter der zu FN ***** im Firmenbuch eingetragenen L***** Gesellschaft mbH Kommanditgesellschaft I (in der Folge: Gesellschaft) waren bei Schluss der Verhandlung in erster Instanz (10. 2. 2005) die Komplementärin L***** GmbH (in der Folge: klagende Partei) und die Kommanditisten Peter H***** (in der Folge: Beklagter), Fritz U***** und B***** GmbH. Die drei Letztgenannten waren auch Gesellschafter der klagenden Partei.
Die B***** GmbH hatte die Gesellschaft mit Schreiben vom 12. 2. 2002 zum Ende des Geschäftsjahres per 31. 12. 2002 gekündigt. In der „Gesellschaftersitzung" vom 19. 12. 2002 wurde mit den Stimmen der klagenden Partei und zweier Kommanditisten gegen jene des Beklagten überdies die Auflösung der Gesellschaft mit Wirkung zum 31. 12. 2002 sowie die Bestellung der klagenden Partei zur alleinigen Liquidatorin mehrheitlich beschlossen.
Die klagende Partei begehrt mit der am 18. 10. 2004 eingebrachten Klage die Feststellung, dass der Beklagte zur Mitwirkung bei der Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft und der Bestellung der klagenden Partei zur alleinigen Liquidatorin mit selbständiger Vertretungsmacht seit 31. 12. 2002 zur Eintragung in das Firmenbuch „binnen 14 Tagen" verpflichtet sei.
Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Kündigung habe nicht zur Auflösung der Gesellschaft geführt. Diese sei Rechtsnachfolgerin der N***** GmbH & Co KG, in deren Gesellschaftsvertrag vom 23. 12. 1980 das Recht der Gesellschafter zur Fortsetzung der Gesellschaft bei Kündigung unter Übernahme des Gesellschaftsanteiles des kündigenden Gesellschafters vereinbart worden sei. Mit Vereinbarung vom 10. 9. 1986 hätten die Gesellschafter der zu diesem Zeitpunkt unter der Firma N***** GmbH & Co registrierten Rechtsvorgängerin der Gesellschaft außerdem für den Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter oder des Todes eines Gesellschafters das Fortbestehen der Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern festgelegt. Auch der Auflösungsbeschluss vom 19. 12. 2002 sei nicht wirksam zustande gekommen, weil zu Unrecht vom Einstimmigkeitsprinzip abgewichen worden sei. Der Mehrheitsbeschlüsse zulassende Gesellschafterbeschluss vom 10. 4. 1995, auf den sich die klagende Partei berief, sei nicht verbindlich, weil er von den Kommanditisten nur als solche, nicht aber auch in ihrer Funktion als (damalige) Geschäftsführer der klagenden Partei gezeichnet worden sei und es daher an der erforderlichen Einstimmigkeit dieses Beschlusses fehle. Schließlich sei in der Gesellschafterversammlung vom 14. 2. 2003 (mit der einzigen Stimme des Beklagten) einstimmig beschlossen worden, dass eine neue GmbH als Komplementärgesellschaft mit Fritz U***** und dem Beklagten als Gesellschafter und kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer gegründet werde, um die Gesellschaft fortzuführen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es sich im Wesentlichen auf den eingangs sowie den nachstehend zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt stützte:
Die Gesellschaft wurde am 7. 10. 1983 zu HRA ***** in der Rechtsform einer OHG unter der Firma N***** GmbH & Co in das Handelsregister eingetragen. Am 10. 9. 1986 vereinbarten die OHG-Gesellschafter Richard L*****, Fritz U***** und der Beklagte, dass die Gesellschaft im Falle der Gesellschafterkündigung oder des Todes eines Gesellschafters unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll. Seit 1. 10. 1989 wird die Gesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft geführt. Die früheren OHG‑Gesellschafter wurden zu Kommanditisten, die klagende Partei trat als Komplementärin in die Gesellschaft ein.
Am 10. 4. 1995 beschlossen sämtliche Gesellschafter in Abänderung des seinerzeit mündlich geschlossenen Gesellschaftsvertrages, dass hinsichtlich bestimmter, im Einzelnen geregelter, die Erbnachfolge und die Abtretung von Kommanditanteilen betreffender Agenden für einen wirksamen Gesellschafterbeschluss Einstimmigkeit erforderlich sei, jedoch alle anderen Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden könnten. Dieser Gesellschafterbeschluss wurde nicht nur einstimmig gefasst, sondern auch schriftlich niedergelegt und von den drei natürlichen Personen ohne Beifügung eines Zusatzes unterfertigt. Die Unterzeichneten fungierten hiebei nicht nur als Kommanditisten, sondern auch in ihrer damaligen Eigenschaft als Geschäftsführer der klagenden Partei, welcher im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Beklagte, Fritz U***** und die B***** GmbH mit deren selbständig vertretungsbefugten Gesellschafter-Geschäftsführer Richard L***** (sowie zwei weiteren kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführern) als Gesellschafter angehörten. Eine gesonderte firmenmäßige Zeichnung für die klagende Partei hielten sie für entbehrlich, zumal dies zwischen ihnen, außer wenn die „doppelte Unterfertigung" aus „formellen Gründen" erforderlich war, auch in anderen Fällen so gehandhabt wurde. Grund für die Beschlussfassung war nicht nur die Regelung der Erbnachfolge und der Abtretung von Kommanditanteilen, sondern vor allem die Festschreibung des in der Praxis seit dem Eintritt des Beklagten ohnedies bereits angewendeten Mehrheitsprinzips.
In der Folge wurde Richard L***** als Kommanditist durch die B***** GmbH ersetzt. Die Kündigung der Gesellschaft wurde dem Beklagten mit dem Schreiben dieser Kommanditistin vom 12. 2. 2002 samt Angabe der Gründe mitgeteilt. Im Protokoll der „Gesellschaftersitzung" vom 19. 12. 2002 ist festgehalten, dass die Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft und die Bestellung der klagenden Partei zur alleinigen Liquidatorin mehrheitlich angenommen worden sind. Dem Ersuchen der klagenden Partei, die von allen übrigen Gesellschaftern bereits unterfertigte Anmeldung dieser Beschlüsse zur Eintragung in das Firmenbuch ebenfalls zu unterzeichnen, kam der Beklagte bisher nicht nach.
Am 1. 12. 2004 erklärten die aktuellen Geschäftsführer der klagenden Partei schriftlich, dass diese die Gültigkeit und Rechtswirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 10. 4. 1995 mit Wirkung ab damals anerkennen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass mit dem Gesellschafterbeschluss vom 10. 4. 1995 in Abänderung des mündlichen Gesellschaftsvertrages - mit Ausnahme der ausdrücklich geregelten Punkte - die Zulässigkeit von Mehrheitsbeschlüssen wirksam vereinbart worden sei. Der Beschluss vom 19. 12. 2002, mit dem die Gesellschaft aufgelöst und die Klägerin zur alleinigen Liquidatorin bestellt worden sei, sei daher ebenfalls wirksam und gemäß § 143 Abs 1 sowie § 148 Abs 1 HGB von allen Gesellschaftern zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Diese Rechtslage begründe das rechtliche Interesse der Klägerin.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach der Beschluss vom 10. 4. 1995 infolge der Willensübereinstimmung der Beteiligten ungeachtet der fehlenden firmenmäßigen Zeichnung für die Klägerin gültig zustande gekommen sei. § 18 Abs 2 Satz 2 GmbHG sei eine bloße Ordnungsvorschrift. Die Gesellschaft sei mit Gesellschafterbeschluss vom 19. 12. 2002 daher aufgelöst worden. Ob auch die Kündigung der Gesellschaft die Auflösung bewirkt habe (hätte), sei demnach nicht entscheidungswesentlich. Da zur Vertretung der GmbH und zur Auflösung einer Personengesellschaft durch Gesellschafterbeschluss eine einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe, sei die ordentliche Revision nicht zulässig.
Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil in zweiter Instanz die Überprüfung der Deckung des Auflösungsbeschlusses durch den das Mehrheitsprinzip einführenden Gesellschafterbeschluss nach inhaltlichen Kriterien unterblieb; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird inhaltlich lediglich eine in dritter Instanz unzulässige Beweis- und Tatsachenrüge ausgeführt. Auch die Rüge, dass sich das Berufungsgericht mit bestimmten Beweisergebnissen (hier aus dem Verfahren 57 Cg 138/02h des Landesgerichtes Innsbruck) nicht auseinandergesetzt hat, bedeutet in Wahrheit nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043131).
Die im Zusammenhang mit diesen Ausführungen stehende Auffassung des Beklagten zur vermeintlichen Bindungswirkung einer Feststellung aus dem Urteil des besagten Vorprozesses, aus der sich die Rechtsnachfolge der Gesellschaft nach einer im Jahr 1980 mit schriftlichem Gesellschaftsvertrag gegründeten N***** GmbH & Co KG ergeben soll, bedarf schon deshalb keiner rechtlichen Erörterung, weil eine solche Feststellung überhaupt nicht existiert. Die vom Beklagten mit seinem diesbezüglichen Prozessvorbringen (ON 7 Pkt B) ins Auge gefasste Feststellung bezieht sich nämlich auf die N***** GmbH & Co, somit jene OHG, deren Rechtsvorgängerschaft ohnedies unstrittig ist.
In seiner Rechtsrüge bemängelt der Beklagte, dem Berufungsurteil sei nicht zu entnehmen, ob und warum der Gesellschafterbeschluss vom 10. 4. 1995 von den drei damaligen Kommanditisten auch in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der klagenden Partei unterfertigt worden sei. Des weiteren habe sich das Berufungsgericht mit der das Mehrheitsprinzip einführenden Klausel dieses Beschlusses nicht näher befasst. Diese Klausel sei eng auszulegen und im Zweifel nicht auf solche Änderungen des Gesellschaftsvertrages zu beziehen, deren Vornahme durch Mehrheitsbeschluss ungewöhnlich sei. Dies treffe insbesondere auf den Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft zu, für den daher gemäß § 119 HGB das Einstimmigkeitsprinzip zu gelten habe. Schließlich werden noch zahlreiche Feststellungsmängel geltend gemacht.
Hiezu wurde erwogen:
Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass mit dem Beschluss vom 10. 4. 1995 der mündliche Gesellschaftsvertrag geändert wurde.
Gemäß § 116 Abs 2 iVm § 161 Abs 2 HGB sind sämtliche Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, also auch die Kommanditisten, zur Beschlussfassung über ungewöhnliche Geschäfte berufen (U. Torggler/Kucsko in Straube, HGB I³ § 116 Rz 7 und § 164 Rz 10). Dasselbe gilt erst recht für Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrages (SZ 46/33; RIS-Justiz RS0061850; U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB I³ § 119 Rz 8 mwN). Daraus folgt die Stimmberechtigung der Kommanditisten, die auch die klagende Partei in ihrem Rechtsmittel nicht in Zweifel zieht.
Das Stimmrecht der klagenden Partei wurde durch ihre in vertretungsbefugter Anzahl an der Abstimmung beteiligten Geschäftsführer ausgeübt (vgl U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 15). Da von den Unterzeichneten die Verfassung eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses unter Einbeziehung der klagenden Partei angestrebt war (vgl nur die Textierung der Beilage D), kann überhaupt kein Zweifel bestehen, dass sich ihr Beschlusswille - wie vom Erstgericht umfangreich festgestellt - auch auf ihre Funktion als Geschäftsführer der klagenden Partei erstreckte. Allenfalls argumentierbare Aspekte eines Insichgeschäftes (vgl dazu etwa Ulmer in GroßKommzHGB4 § 119 Rn 62; zur Rechtsnatur des Gesellschafterbeschlusses als „Rechtsgeschäft sui generis" vgl ferner Jabornegg, HGB § 119 Rz 3 ff sowie insbesondere Enzinger, Mehrheitsbeschlüsse bei Personengesellschaften, 39 ff) wurden vom Beklagten in erster Instanz nicht geltend gemacht und werden auch in der Revision nicht releviert.
§ 18 Abs 2 Satz 2 GmbHG ist als eine nur für das Außenverhältnis bedeutsame bloße „Ordnungsvorschrift" anzusehen (SZ 51/40; 8 ObA 192/97m = SZ 70/238 mwN; Koppensteiner, GmbHG² § 18 Rz 10 mwN). Selbst wenn man im Fehlen der firmenmäßigen Zeichnung für die klagende Partei einen formellen Beschlussmangel sehen wollte, bestand dieser daher in der Verletzung einer Ordnungsvorschrift, die auf die Wirksamkeit des Beschlusses ohne Einfluss war (vgl U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 30). Der Beklagte hat der Beschlussfassung auch nicht widersprochen. Schließlich wäre ein dennoch bestehender Mangel durch die Erklärung der nunmehrigen Geschäftsführer der klagenden Partei vom 1. 12. 2004 nachträglich saniert (U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 32).
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass die Vorinstanzen zutreffend von der Einstimmigkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 10. 4. 1995 ausgegangen sind.
Die erstmals in der Revision angesprochene Problematik der Tragweite der Mehrheitsklausel betrifft die sog „Kernbereichslehre", die sich aus dem „Bestimmtheitsgrundsatz" entwickelt hat (vgl dazu 4 Ob 2147/96f = SZ 69/157 = EvBl 1996/128 = ecolex 1997, 356 [Zehetner]; ausführlich U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 23a f mwN; kritisch gegenüber beiden Theorien etwa Enzinger in MünchKommzHGB § 119 Rn 66 und 81 ff sowie zuletzt Roth, Vertragsänderungen im Kernbereich, JBl 2005, 80 mwN).
Gemäß § 119 Abs 1 HGB bedarf es für die von den Gesellschaftern der OHG zu fassenden Beschlüsse der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlussfassung berufenen Gesellschafter. Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen (§ 119 Abs 2 HGB). Diese Bestimmung gilt auch für die Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs 2 HGB).
Gesellschafterbeschlüsse sind in allen Angelegenheiten der Gesellschaft zulässig; zur Änderung des Gesellschaftsvertrages sind sie jedenfalls nötig. Das Einstimmigkeitsprinzip ist nicht zwingend; es ist unstrittig, dass Mehrheitsentscheidungen sowohl in (gewöhnlichen und außergewöhnlichen) Angelegenheiten der Geschäftsführung als auch grundsätzlich für die Änderung des Gesellschaftsvertrages zulässig sind. Da die gesetzlichen Bestimmungen zum Personengesellschaftsrecht anders als im Körperschaftsrecht vom Einstimmigkeitsprinzip ausgehen, enthalten sie keine Minderheitenschutzregelungen für den Fall der Mehrheitsentscheidung (4 Ob 2147/96f = SZ 69/157 mwN).
Um den Gefahren eines schrankenlosen Mehrheitsprinzips zu begegnen, haben Rechtsprechung und Lehre den Bestimmtheitsgrundsatz entwickelt. Danach kann nur über solche Beschlussgegenstände mit Mehrheit entschieden werden, die von der Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag eindeutig umfasst werden. Es muss für jeden einzelnen Beschlussgegenstand, für den der Grundsatz der Einstimmigkeit nicht gelten soll, ein entsprechender Parteiwille zweifelsfrei feststellbar sein, sodass jeder Gesellschafter im Voraus weiß, in welchem Umfang er sich der Mehrheitsherrschaft unterwirft. Enthält der Gesellschaftsvertrag nur eine allgemein gehaltene Klausel über Mehrheitsbeschlüsse, kann nur über laufende Geschäftsführungsangelegenheiten mit Mehrheit entschieden werden. Sieht der Gesellschaftsvertrag dagegen Mehrheitsbeschlüsse auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrages vor, so deckt dies nur Mehrheitsbeschlüsse, die sich im Rahmen üblicher Vertragsänderungen halten. Außergewöhnliche, das heißt insbesondere den Kernbereich der Gesellschafterrechte berührende Vertragsänderungen sind mehrheitlich nur zulässig, wenn sich dies für den jeweiligen Beschlussgegenstand eindeutig aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt (SZ 57/203; SZ 59/69; 4 Ob 2147/96f = SZ 69/157).
Die überwiegende Lehre trat dem Bestimmtheitsgrundsatz zunehmend kritisch gegenüber und sprach sich dafür aus, ihn durch die flexibleren Schranken der Ausübungskontrolle zu ersetzen (vgl 4 Ob 2147/96f = SZ 69/157 zum damaligen Meinungsstand). Heute gilt der Bestimmtheitsgrundsatz in der Lehre als überholt (Ulmer aaO § 119 Rn 38 ff; U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 23a f).
Nach der Kernbereichslehre, die als Weiterentwicklung des Bestimmtheitsgrundsatzes angesehen wird (U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 23a mwN), sind solche Vertragsänderungen dem Mehrheitsbeschluss entzogen, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses („den materiellen Gehalt der Mitgliedschaft") betreffen oder durch die wohlerworbene Sonderrechte verletzt werden. Die zum Kernbereich zählenden Rechte können nur mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter entzogen werden, wobei die Zustimmung nach überwiegender Meinung auch im Vorhinein im Gesellschaftsvertrag erteilt werden kann. Voraussetzung einer solchen „antizipierten Zustimmung" ist jedoch, dass die das Mehrheitsprinzip einführende Klausel des Gesellschaftsvertrages den Eingriff in den Kernbereich eindeutig vorsieht und nach Ausmaß und Umfang präzisiert (4 Ob 2147/96f = SZ 69/157 mwN).
Welche Rechte zum Kernbereich der Mitglieder zählen, ist nicht abschließend geklärt und von den Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft abhängig. Unterschieden wird unter anderem danach, ob eine typische Personengesellschaft oder - wie hier in der Rechtsform einer GmbH & Co KG - eine Kommanditgesellschaft mit kapitalistischer Struktur vorliegt (4 Ob 2147/96f = SZ 69/157). In der Lehre wird zuweilen hiebei auch zwischen unverzichtbaren, einem Mehrheitsbeschluss grundsätzlich nicht zugänglichen, und unentziehbaren, das heißt nicht ohne (antizipierter) Zustimmung des betroffenen Gesellschafters einschränk- oder abdingbaren sowie solchen Mitgliedschaftsrechten differenziert, die zwar nicht unmittelbar auf die Veränderung der Mitgliedschaft gerichtet sind, sich wegen ihrer Bedeutung für die Vertragsgrundlage aber unmittelbar spürbar auf jene auswirken (Ulmer aaO § 119 Rn 41 ff; Winter, Die Kernbereichslehre im Personenhandelsgesellschaftsrecht, GesRZ 2005, 125).
Im Falle einer allgemeinen Mehrheitsklausel ist durch Auslegung zu ermitteln, worauf sich die Anordnung beziehen soll (U. Torggler/H. Torggler aaO § 119 Rz 24; Ulmer aaO § 119 Rn 39 und 45). Diese war nach der älteren, dem Bestimmtheitsgrundsatz verhafteten Judikatur „eng, streng und einschränkend" vorzunehmen (SZ 57/203 mwN; RIS-Justiz RS0061805), wobei die globale Beseitigung des Einstimmigkeitsprinzips lediglich für die „laufenden Geschäfte" der Gesellschaft und für solche Maßnahmen gelten sollte, die nicht ganz ungewöhnlich sind (SZ 57/203; SZ 59/69). Nach der neueren, durch die Entscheidung 4 Ob 2147/96f = SZ 69/157 repräsentierten Judikatur sollen hingegen vor allem Aspekte des im Recht der Personenhandelsgesellschaften kaum ausgeprägten Minderheitenschutzes im Vordergrund stehen. Entscheidend ist demnach, inwieweit die Mitgliedschaftsrechte des Einzelnen betroffen sind.
Im vorliegenden Fall geht es primär um die Auflösung der Gesellschaft. Diese betrifft zwar die Mitgliedschaft an sich, hat jedoch mit dem Minderheitenschutz im engeren Sinn nichts zu tun. In der Lehre ist umstritten, ob eine generelle Mehrheitsklausel für Auflösungsbeschlüsse gelten kann:
Nach der bei U. Torggler/H. Torggler (aaO § 119 Rz 23a mwN) enthaltenen Übersicht soll die Auflösung einer typisch personalistischen Gesellschaft in den Kernbereich fallen, wobei diese Auffassung auf einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm (D) aus dem Jahr 1988 (zitiert etwa bei Ulmer aaO § 119 Rn 35 FN 83; kritisch Enzinger aaO 156) beruht. Ob dies auch auf eine kapitalistische Kommanditgesellschaft zutreffen soll, bleibt unerörtert. Die genannten Autoren vertreten allerdings die weiterführende Theorie, dass zur Schließung der im Recht der Personenhandelsgesellschaften hinsichtlich des Minderheitenschutzes bestehenden Lücke GmbH-Recht analog herangezogen werden soll.
In der Auflistung der zum Kernbereich zählenden Mitgliedschaftsrechte wird bei Ulmer (aaO § 119 Rn 40 ff) die Auflösung der Gesellschaft nur insoweit erwähnt, als das nach § 133 Abs 3 HGB unabdingbare Recht, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, zu den unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten zählen soll.
Auch in der Darstellung von Winter (aaO) bleibt der Gesellschafterbeschluss als Auflösungstatbestand ausgeklammert.
Nach Jabornegg (aaO § 131 Rz 27) soll hingegen ein für Gesellschaftsvertragsänderungen vertraglich vorgesehenes Mehrheitsprinzip schon wegen des qualitativen Unterschiedes der beiden Maßnahmen nicht ohne weiteres auf den Auflösungsbeschluss erstreckt werden können. Er geht offenbar davon aus, dass es einer spezifisch auf den Auflösungsbeschluss bezogenen Mehrheitsklausel bedarf.
Fritz/Schauer (in SWK-Sonderheft, Die GmbH & Co KG [2001] 121) erachten die Verankerung des Mehrheitsprinzips für Auflösungsbeschlüsse im Gesellschaftsvertrag aufgrund der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter als zulässig. Sie empfehlen bei der GmbH & Co KG die vertragliche Anpassung an das GmbH-Recht, das für den Auflösungsbeschluss der GmbH eine 3/4-Mehrheit genügen lässt.
Ausführlich hat sich Enzinger (aaO 154 ff) mit dem Thema auseinandergesetzt. Er kommt unter Darstellung von (überwiegend deutscher) Lehre und Rechtsprechung zu dem Ergebnis, dass dem positiven Recht kein zwingender Grund dafür zu entnehmen sei, dass Auflösungsbeschlüsse nur gefasst werden könnten, wenn sich die Mehrheitsklausel ausdrücklich im Sinne der Lehre vom Bestimmtheitsgrundsatz darauf bezieht. Die Verletzung des Kernbereichs der Mitglieder der Gesellschaft sei insoweit nicht verifizierbar. Auch im gesamten sonstigen Gesellschaftsrecht könne die Auflösung mehrheitlich beschlossen werden, ohne dass dafür eine besondere Spezifizierung einer Satzungsbestimmung erforderlich wäre. Es genüge die allgemein auf Vertragsänderungen zugeschnittene Mehrheitsklausel. Dies gelte auch für die Änderung der Liquidationsregeln (aaO 159 f).
Schäfer (in GroßKommzHGB4 § 131 Rn 20) verneint die Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes auf einen Auflösungsbeschluss nach § 131 Z 2 HGB zugunsten einer materiellen Beschlusskontrolle im Einzelfall (in diesem Sinne auch Enzinger in MünchKommzHGB § 119 Rn 84 ff; vgl auch Hueck, Das Recht der OHG4 178, der die Auflösung zu den „laufenden Geschäften" im Sinne des § 116 Abs 2 HGB zählt; gegenteilig K. Schmidt in MünchKommzHGB § 131 Rn 15 unter Berufung auf die bereits zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm [FN 32]).
Allen diesen Lehrmeinungen ist gemeinsam, dass, wie sich schon aus § 131 Z 2 iVm § 119 Abs 2 HGB ergibt, die Auflösung der Gesellschaft grundsätzlich einer Mehrheitsentscheidung zugänglich ist. Es ist daher zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob sich der Gesellschafterbeschluss vom 10. 4. 1995, soweit mit ihm das Mehrheitsprinzip eingeführt wurde, nach dem Willen der Gesellschafter auch auf einen Auflösungsbeschluss beziehen sollte. Dabei ist vorauszuschicken, dass die in der Revision eingeforderten Auslegungsgrundsätze („eng") dem Bestimmtheitsgrundsatz entnommen sind, von dem sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 2147/96f = SZ 69/157 durch eine differenziertere Sichtweise bereits distanziert hat. Der erkennende Senat pflichtet für den hier vorliegenden Fall einer GmbH & Co KG der Ansicht Enzingers und Schäfers (je aaO) bei, wonach auf einen Auflösungsbeschluss der Bestimmtheitsgrundsatz nicht anzuwenden ist. Der Umstand, dass der Tatbestand der Auflösung in der Mehrheitsklausel des Gesellschafterbeschlusses nicht angeführt ist, bedeutet daher noch nicht die Unwirksamkeit des Beschlusses vom 19. 12. 2002.
In die Auslegung ist vor allem miteinzubeziehen, dass es hier keine „generelle" Mehrheitsklausel im Sinne der obigen Ausführungen zu beurteilen gilt. Aus der Tatsache, dass die Gesellschafter einige ganz bestimmte, die Grundlagen des Gesellschaftsvertrages betreffende Agenden ausdrücklich dem Einstimmigkeitsprinzip unterworfen haben, ist ableitbar, dass deren Auswahl konkrete Überlegungen vorangegangen sind, welche Beschlussfassungen künftig weiterhin dem faktisch schon seit Jahren gehandhabten Mehrheitsprinzip unterliegen sollen. Die erstgerichtliche Feststellung, Grund für die Beschlussfassung sei „vor allem die Festschreibung des Mehrstimmigkeitsprinzips über Beschlussfassungen" bei der Gesellschaft gewesen, stellt einen weiteren Hinweis auf solche Erwägungen der Gesellschafter dar. Dies führt zu dem Auslegungsergebnis, dass die übereinstimmende Vorstellung der Gesellschafter von der Reichweite der Mehrheitsklausel auf die Einbeziehung aller nicht völlig unvorhersehbaren oder ungewöhnlichen, jedenfalls daher der gesetzlich verankerten Beschlussgegenstände gerichtet war.
Nach Auffassung des erkennenden Senates liegt aber auch kein unzulässiger Eingriff in ein Mitgliedschaftsrecht des Beklagten vor (vgl Schäfer und Enzinger jeweils aaO). Indem er sich - ebenso wie die anderen Gesellschafter - dem Mehrheitsprinzip unterwarf, hat er seine grundsätzliche und, wie erörtert, gültig erklärte Bereitschaft zur Unterordnung seiner Individualinteressen zum Ausdruck gebracht (vgl Roth aaO 84). Behauptungen, wonach die Auflösung der Gesellschaft sich auf seine wirtschaftlichen und persönlichen Lebensumstände nachteilig auswirken könnten (vgl 4 Ob 2147/96f = SZ 69/157), sachlich nicht gerechtfertigt oder missbräuchlich herbeigeführt worden wäre (vgl Ulmer aaO § 119 Rn 54), hat der Beklagte nicht aufgestellt; derartiges geht auch aus den Feststellungen nicht hervor. Eine materielle Beschlusskontrolle, wie sie in der Lehre vielfach (zB Roth aaO 84; Ulmer aaO § 119 Rn 54; Enzinger in MünchKommzHGB § 119 Rn 82 ff) gefordert wird, könnte daher auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes zu keinem anderen Ergebnis führen.
Den Vorinstanzen ist demnach beizupflichten, dass der mehrheitlich gefasste Auflösungsbeschluss vom 19. 12. 2002 wirksam zustande gekommen ist.
Die vorstehenden Erwägungen sind auch auf die Bestellung der klagenden Partei zur alleinigen Liquidatorin übertragbar (vgl Enzinger, Mehrheitsbeschlüsse bei Personengesellschaften 154 ff). Auf die Wirksamkeit dieses Gesellschafterbeschlusses geht der Beklagte in der Revision nicht ein. Insbesondere wird (und wurde) nicht geltend gemacht, dass die Bestellung der klagenden Partei mit einer sachlich nicht vertretbaren Ungleichbehandlung der Gesellschafter verbunden wäre (vgl Enzinger aaO 160). Es ist daher von der Wirksamkeit auch dieses Beschlusses auszugehen.
Zu einem gleichlautenden Ergebnis gelangte der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 7 Ob 126/04m, welche die Auflösung der L***** Gesellschaft mbH Kommanditgesellschaft II durch Gesellschafterbeschluss betraf. Der 7. Senat hatte sich zwar mit der hier aufgeworfenen Rechtsfrage nicht auseinanderzusetzen, jedoch das rechtliche Interesse der (auch dort) klagenden Komplementär-GmbH an der begehrten Feststellung mit ausführlicher Begründung bejaht. Da der Beklagte das Feststellungsinteresse der klagenden Partei vor dem Hintergrund dieser ihm bekannten Entscheidung nicht mehr releviert, genügt es, auf die zutreffenden Erwägungen des 7. Senates, denen der erkennende Senat beitritt, zu verweisen.
Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob (auch) die Gesellschafterkündigung vom 12. 2. 2002 im Hinblick auf die Vereinbarung der OHG-Gesellschafter vom 10 .9. 1986 die Auflösung der Gesellschaft bewirkt hätte, ist bei dieser Rechtslage entbehrlich, weshalb es auch der in diesem Zusammenhang geforderten Ergänzung des Sachverhalts nicht bedarf.
Soweit der Beklagte ferner die Unterlassung jeglicher Feststellungen zu der von ihm einberufenen Gesellschafterversammlung vom 14. 2. 2003 rügt, übersieht er mit seinem Hinweis auf die Entscheidung 2 Ob 175/05g, dass diese die Generalversammlung einer GmbH zum Gegenstand hatte. Der nach seinem Prozessvorbringen von ihm im Alleingang gefasste „einstimmige Beschluss" wäre nach OHG (KG)-Recht aber jedenfalls unwirksam (§ 119 iVm § 161 Abs 2 HGB). Unzutreffend ist überdies die Rechtsansicht, dass ein Fortsetzungsbeschluss der Berechtigung des Klagebegehrens entgegenstünde, weil ein solcher Beschluss nur ex nunc wirkt (SZ 64/127; U. Torggler aaO § 145 Rz 63), sodass die davor beschlossene Auflösung der Gesellschaft und deren Eintritt in das Liquidationsstadium nach dem Grundsatz der Richtigkeit und Vollständigkeit des Firmenbuches (vgl dazu etwa 6 Ob 235/03g = SZ 2004/62) jedenfalls eingetragen werden muss. Mangels Rechtserheblichkeit bedarf es somit auch zu diesem Thema keiner zusätzlichen Feststellungen.
Die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen über das Feststellungsbegehren der klagenden Partei waren daher mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe (Beseitigung der gemäß § 409 Abs 1 ZPO nur in Leistungsurteile aufzunehmenden Leistungsfrist) zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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