OGH 2Ob175/05g

OGH2Ob175/05g22.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter H*****, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger, Dr. Helmut Atzl und Mag. Christian Dillersberger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses (Streitinteresse EUR 35.000,- -), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. Mai 2005, GZ 1 R 81/05d-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. Februar 2005, GZ 40 Cg 196/04s-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 2.438,40 (hierin enthalten EUR 406,40 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung sowie die mit EUR 2.815,82 (hierin enthalten EUR 1.061,-- und EUR 292,47 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gesellschafter der beklagten Kapitalgesellschaft sind je zu einem Drittel der Kläger, Fritz U***** sowie die B***** GmbH. Die Beklagte ihrerseits ist auch Komplementärin der L***** GmbH KG, L***** GmbH KG I und der L***** GmbH KG II in Liquidation, der F. ***** GmbH KG sowie der O***** GmbH KG. Kommanditisten aller dieser Gesellschaften sind ebenfalls zu je einem Drittel wiederum der Kläger, Fritz U***** sowie die B***** GmbH. Des weiteren ist beim Amtsgericht Traunstein in Deutschland als Gesellschaft die G***** GmbH registriert, welche in Österreich eine eingetragene Zweigniederlassung hat.

Der Kläger wurde am 27. 8. 2004 von der Beklagten mittels Einschreibebriefes zu einer außerordentlichen Generalversammlung eingeladen, wobei als Tagesordnungspunkt angegeben war: „Erwerb von Kommanditanteilen an den L***** Kommanditgesellschaften sowie Geschäftsanteilen an GmbH's." Weiters war in dieser Einladung wörtlich ausgeführt:

„Im Hinblick auf die beschlossene Liquidierung mehrerer Kommanditgesellschaften, aus steuerlichen und anderen Gründen überlegen die Geschäftsführer für die L***** GmbH gegebenenfalls Geschäftsanteile an der O***** GmbH, G***** GmbH und/oder Kommanditanteile an jenen Gesellschaften zu erwerben, an denen sie als Komplementärin beteiligt ist. Obgleich nach Ansicht der Geschäftsführer solche Rechtshandlungen jedenfalls durch den Gegenstand des Unternehmens und den Geschäftszweck gedeckt sind und keiner Zustimmung der Generalversammlung bedürfen, möchte die Geschäftsführung darüber eine Beschlussfassung herbeiführen. Die Geschäftsführer stellen daher den Antrag, in der Generalversammlung folgenden Beschluss zu fassen:

Einem Erwerb von Geschäftsanteilen oder Teilen davon an der O***** GmbH und/oder G***** GmbH und/oder einem Erwerb von Kommanditanteilen oder Teilen davon an der L***** GmbH Kommanditgesellschaft und/oder an der L***** GmbH Kommanditgesellschaft I, L***** GmbH Kommanditgesellschaft II, F. U***** GmbH Kommanditgesellschaft und O***** Unterland GmbH KG durch die L***** GmbH wird zugestimmt und bedarf bei allfälligem Zustandekommen eines konkreten Vertragsabschlusses keiner weiteren Zustimmung der Gesellschafter."

Der Kläger war bei der außerordentlichen Generalversammlung am 8. 9. 2004 persönlich anwesend und machte geltend, dass die Einladung hiezu nicht den Erfordernissen des § 38 GmbHG entspreche. Er beantragte daher die Absetzung des Beschlussgegenstandes von der Tagesordnung und sprach sich gegen eine Beschlussfassung zur Tagesordnung aus. Der Antrag kam zur Abstimmung, erlangte jedoch keine Mehrheit. Daraufhin wurde der Beschluss laut Ladung gefasst, wobei sich der Kläger bei der Beschlussfassung der Stimme enthielt.

Mit der am 6. 10. 2004 eingebrachten Klage begehrt der Kläger, den in der Generalversammlung vom 8. 9. 2004 gefassten Beschluss der Gesellschafter der Leasing Unterland GmbH, „womit einem Erwerb von Geschäftsanteilen oder Teilen davon an der O***** GmbH und/oder G***** GmbH und/oder einem Erwerb von Kommanditanteilen oder Teilen davon an der Leasing Unterland Gesellschaft mbH Kommanditgesellschaft und/oder an der L***** Gesellschaft mbH Kommanditgesellschaft I, L***** Gesellschaft mbH Kommanditgesellschaft II, F. Unterberger L***** Gesellschaft mbH Kommanditgesellschaft und O***** GmbH KG durch die L***** GmbH zugestimmt wird und es bei allfälligem Zustandekommen eines konkreten Vertragsabschlusses keiner weiteren Zustimmung der Gesellschafter bedarf", für nichtig zu erklären.

Der Kläger brachte hiezu (zusammengefasst) zunächst vor, dass die Tagesordnung nicht der Vorschrift des § 38 Abs 2 GmbHG entsprochen habe, weil für die Adressaten nicht ersichtlich gewesen sei, was konkret verhandelt oder beschlossen werden sollte, damit diese ihre Vorbereitungen entsprechend einzurichten imstande gewesen wären. Das Gebot möglichst präziser Umschreibung der Tagesordnungspunkte sei jedoch für den Willensbildungsprozess unentbehrlich, aber auch aus Gründen des Minderheitenschutzes als zwingend aufzufassen. Mit dem trotzdem gefassten Beschluss hätten sich die Geschäftsführer der beklagten Partei den „Freibrief zum Erwerb von beliebigen Geschäfts- oder Kommanditanteilen an sämtlichen Gesellschaften, an denen sie in irgendeiner Art und Weise beteiligt ist, geben lassen". Es stehe jedoch in keiner Weise fest, welche konkreten Geschäftsanteile oder Teile davon und welche konkreten Kommanditanteile oder Teile davon wann, zu welchem Preis, von welcher Kapital- oder Personengesellschaft erworben werden sollten. Eine derartige „Blankozustimmung", wie sie der gegenständliche Beschluss darstelle, sei jedenfalls gesetzwidrig. Dadurch, dass der Kläger im Zuge der Generalversammlung klargemacht habe, dass er die Beschlussfassung für unzulässig halte, habe er auch den von § 41 Abs 2 GmbHG geforderten Widerspruch abgegeben.

Des weiteren liege auch ein Verstoß gegen § 39 Abs 4 GmbHG vor, weil hinsichtlich der über den Beschluss abstimmenden Gesellschafter ein Stimmrechtsverbot bestanden habe, weil diese an jenen Gesellschaften, von denen Geschäfts- oder Kommanditanteile erworben werden sollten, als Gesellschafter beteiligt seien. Für den Fall einer Übertragung von Geschäftsanteilen der B***** GmbH sei daher diese und bei einer Übertragung von Geschäftsanteilen von Fritz U***** sei jener nicht stimmberechtigt gewesen. Da sich der Kläger jedenfalls gegen die Übertragung dieser Geschäftsanteile ausgesprochen habe, sei der Gesellschafterbeschluss nicht mehrheitlich zustandegekommen. Da sohin nicht nur gegen formelle, sondern auch gegen zwingende materiell-rechtliche Vorschriften des GmbH-Rechtes verstoßen worden sei, sei der gegenständliche Beschluss als nichtig aufzuheben.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wendete (ebenfalls zusammengefasst) ein, dass ihre Einladung zur Generalversammlung den gesetzlichen Erfordernissen Genüge getan habe. Selbst wenn ein Einberufungsmangel vorgelegen habe, wäre die Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses nicht gerechtfertigt, weil dieser Beschluss für eine allfällige Durchführung von Beteiligungsgeschäften rechtlich gar nicht notwendig sei. Die Geschäftsführer unterlägen nämlich bei der Vornahme von Rechtshandlungen keinerlei Beschränkungen. Von einem „Freibrief" für die Geschäftsführer könne keine Rede sein, da sie jedes Geschäft, zu dem sie grundsätzlich berechtigt seien und das sie zum Abschluss brächten, zu verantworten hätten. Die Argumentation der klagenden Partei sei „ganz einfach gänzlich unzulässig und nicht nachvollziehbar". Da der Beschluss weder gegen den Gesellschaftsvertrag noch gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoße, sei eine Anfechtbarkeit nicht gegeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen (weitgehend unstrittigen) Sachverhalt rechtlich dahin, dass in der Ladung vom 27. 8. 2004 nicht nur als Tagesordnungspunkt der Erwerb von Kommanditanteilen an den L***** Kommanditgesellschaften angegeben, sondern darüber hinaus auch noch der in der Generalversammlung zu fassende Beschluss wörtlich ausgeführt worden sei. Damit gehe die Ladung über die Inhaltserfordernisse des § 38 Abs 2 GmbHG hinaus. Der Kläger habe sich jedenfalls ein ausreichendes Bild über die zu fassenden Beschlüsse machen können. Ein Anfechtungsgrund liege sohin nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung ab. Es sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es führte in rechtlicher Hinsicht Folgendes aus:

Zunächst wurde ein gegen § 38 Abs 2 GmbHG verstoßender Einberufungs- oder Ankündigungsmangel betreffend die Generalversammlung vom 8. 9. 2004 (und damit der daraus abgeleitete Anfechtungsgrund) verneint (da dieser nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, erübrigt sich eine nähere Wiedergabe der diesbezüglichen zweitinstanzlichen Rechtsausführungen: § 510 Abs 3 erster Satz ZPO). Bejaht wurde hingegen ein Verstoß gegen das Stimmverbot nach § 39 Abs 4 GmbHG, und zwar aus folgenden Überlegungen:

Gemäß dieser Gesetzesstelle habe nicht nur - wie die Beklagte vermeint - jener Gesellschafter kein Stimmrecht, der durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit oder dem ein Vorteil zugerechnet werden solle, sondern das Stimmverbot gelte auch für einen Gesellschafter hinsichtlich einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäftes zwischen der Gesellschaft und ihn betreffe. Im gegenständlichen Fall sei ein Beschluss gefasst worden, wonach (in seinem ersten Teil) die Gesellschafter der Beklagten einem Erwerb von Geschäftsanteilen und/oder Kommanditanteilen an Gesellschaften, bei denen sämtliche Gesellschafter der Beklagten (und nur diese) paritätisch Gesellschafter seien, zustimmen. Wenn man diesen allgemein gehaltenen Beschluss auf seinen faktischen Inhalt hin analysiere, dann ergebe sich, dass nicht einem einheitlichen Erwerbsgeschäft zwischen der Beklagten und den im Beschluss angeführten Gesellschaften zugestimmt worden sei, sondern verschiedenen gesonderten Rechtsgeschäften zwischen der Beklagten und ihren Gesellschaftern. Dies deshalb, weil jeder Gesellschafter der Beklagten zugleich auch Gesellschafter der betroffenen GmbHs bzw Kommanditist der Kommanditgesellschaften sei und die Beklagte diese Geschäftsanteile und/oder Kommanditanteile (oder Teile davon) ihrer Gesellschafter erwerben wolle. Ein Gesellschaftsanteil könne nämlich nicht von der Gesellschaft selbst, sondern nur vom jeweiligen Gesellschafter abgetreten werden. Von der gegenständlichen Beschlussfassung seien daher sämtliche Gesellschafter der Beklagten nicht nur mittelbar, sondern sogar unmittelbar betroffen, weil in Wahrheit jeweils ein potentielles Rechtsgeschäft zwischen der Beklagten und dem seinen Geschäftsanteil/Kommanditanteil abtretenden Gesellschafter im Voraus genehmigt worden sei. Gemäß § 39 Abs 4 GmbHG sei daher immer jener Gesellschafter, der mit der Beklagten hinsichtlich seines Geschäftsanteiles an einer der GmbHs oder seines Kommanditanteiles an einer der Kommanditgesellschaften einen Vertrag abschließen wolle, bei der gegenständlichen Beschlussfassung einem Stimmverbot unterlegen. Da der Kläger erklärtermaßen seine Anteile an den betroffenen Gesellschaften nicht veräußern wolle, habe daher der Beschluss nur jene Geschäftsanteile/Kommanditanteile der beiden übrigen Gesellschafter zum Gegenstand haben können, sodass jeweils einer von ihnen nicht stimmberechtigt gewesen sei. Da sich der Kläger seiner Stimme enthalten habe und jeweils einer der beiden anderen Gesellschafter nach § 39 Abs 4 GmbHG nicht stimmberechtigt gewesen sei, sei der gegenständliche Beschluss nicht mit einer Mehrheit gefasst worden.

An diesen Überlegungen ändere auch nichts, dass die Beschlussfassung nur potenzielle künftige Rechtsgeschäfte zwischen der Beklagten und ihren Gesellschaftern betroffen habe, denn die im zweiten Teil des Beschlusses enthaltene Ermächtigung der Geschäftsführer zu einem konkreten Vertragsabschluss führe zum Ergebnis, dass die Geschäftsführer ohne mehrheitliche Zustimmung der stimmberechtigten Gesellschafter ein Rechtsgeschäft zwischen der Beklagten und einem Gesellschafter, der dem Stimmverbot des § 39 Abs 4 GmbHG unterliege, abschließen könnten. Damit würde der Zweck des Stimmverbotes, nämlich die Vermeidung einer Interessenkollision zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, konterkariert werden. Das Stimmverbot für jenen Gesellschafter, der mit der Beklagten ein Rechtsgeschäft schließen wolle, führe nun nicht dazu, dass die Beklagte überhaupt nicht Geschäftsanteile oder Kommanditanteile an den im Beschluss genannten Gesellschaften erwerben könnte. Voraussetzung für eine derartigen Erwerb unter dem Gesichtspunkt des § 39 Abs 4 leg cit wäre jedoch, dass konkret feststehe, welcher ihrer Gesellschafter mit ihr ein Rechtsgeschäft abschließen werde, und dass die beiden anderen an diesem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Gesellschafter zustimmten. Möglich wäre auch gewesen, dass alle drei Gesellschafter der Beklagten den vorliegenden Beschluss gefasst hätten, denn dann wären alle Gesellschafter in gleicher Weise betroffen gewesen und wären somit einem Stimmverbot unterlegen. In einem derartigen Fall gleichartiger Befangenheit aller Gesellschafter sei aber § 39 Abs 4 GmbHG nicht anwendbar, weil der dieser Gesetzesbestimmung zugrundeliegende Interessenswiderstreit in Wahrheit nicht vorliege. Zum Einwand der Beklagten, ihre Geschäftsführer bedürften zum Abschluss eines Vertrages über den Erwerb von Geschäftsanteilen und/oder Kommanditanteilen an den genannten Gesellschaften überhaupt keiner Zustimmung der Gesellschafter, sei - abgesehen davon, dass dies kein Grund sein könne, die Anfechtung eines trotzdem gefassten Beschlusses zu verweigern - anzumerken, dass die Geschäftsführer zwar gemäß § 20 Abs 2 GmbHG im Außenverhältnis eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsbefugnis hätten; im Innenverhältnis zu den Gesellschaftern dürften sie jedoch nichts tun, was von der Umschreibung des Unternehmensgegenstandes gemäß § 4 Abs 1 Z 2 GmbHG nicht gedeckt sei. Darüber hinaus seien sie verpflichtet, vor Maßnahmen, die der Beschlussfassung der Gesellschafter unterlägen (§ 35 Abs 1 GmbHG), deren Zustimmung einzuholen. Dazu gehörten trotz Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung nach überwiegender Auffassung auch außergewöhnliche Maßnahmen. Das sei daraus abzuleiten, dass die Geschäftsführer die Gesellschaft eben nicht in eigener Verantwortung leiteten, sondern sich daran zu orientieren hätten, dass den Gesellschaftern eine umfassende Entscheidungszuständigkeit zustehe. Anlässlich der Begründung von Unternehmensverbindungen, „etwa dem Erwerb einer Beteiligung", seien die durch den Unternehmensgegenstand gesteckten Grenzen zu beachten. Ferner liege diesbezüglich eine ungewöhnliche Maßnahme vor, sodass schon aus diesem Grund die Gesellschafter befasst werden müssten.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage zeige sich, dass im vorliegenden Fall der Erwerb einer Beteiligung der Beklagten an einer anderen Gesellschaft jedenfalls eine außergewöhnliche Maßnahme darstelle, zu der die Geschäftsführer nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter berechtigt seien. Dass den Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich die Befugnis eingeräumt worden wäre, ein derartiges Rechtsgeschäft für die Beklagte ohne Zustimmung der Gesellschafter abzuschließen, sei von der beklagten Partei nicht behauptet worden. Sie habe sich in erster Instanz nur auf den Standpunkt gestellt, dass die Geschäftsführer bei Ausführung von Geschäftsführungshandlungen und Rechtshandlungen keiner Zustimmung durch die Generalversammlung bedürften, es sei denn, im Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz sei diesbezüglich anderes bestimmt, was aber nicht der Fall sei. Diese Rechtsansicht treffe allerdings nur für Geschäftsführungshandlungen, nicht aber - wie dargelegt - für Rechtshandlungen, die eine außergewöhnliche Maßnahme darstellten, zu. Bezüglich außerordentlicher Maßnahmen bedürfte es - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen möglich sei - einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, dass derartige Rechtshandlungen von den Geschäftsführern ohne Zustimmung der Gesellschafter vorgenommen werden dürften. Gerade dies sei aber von der Beklagten nicht behauptet worden. Im Übrigen sei von ihr auch nicht vorgebracht worden, dass der Erwerb von Beteiligungen an anderen Gesellschaften zu ihrem Unternehmensgegenstand zählen würde.

Da der hier in Rede stehende Beschluss auf Grund eines Stimmverbotes des jeweils betroffenen Gesellschafters und der Stimmenthaltung des Klägers sohin nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustandegekommen sei, sei dieser zwar nicht absolut nichtig, wohl aber anfechtbar im Wege der Anfechtungsklage nach § 41 Abs 1 Z 1 GmbHG. Der für die Anfechtung nach § 41 Abs 2 GmbHG vorausgesetzte Widerspruch des Klägers liege vor. Dieser sei zwar nicht, wie es im Allgemeinen erforderlich sei, nach der Beschlussfassung, sondern schon vorher erhoben worden. Ein Widerspruch vor der Abstimmung sei aber dann beachtlich, wenn er den zwingenden Schluss auf einen entsprechenden Erklärungswillen danach zulasse. Im vorliegenden Fall habe sich der Kläger schon vor der Abstimmung eindeutig gegen eine Beschlussfassung über den bereits in der Tagesordnung enthaltenen Beschlussfassungsantrag der Geschäftsführer ausgesprochen und damit klar zum Ausdruck gebracht, dass er für den Fall einer Beschlussfassung dagegen einen Widerspruch erhebe. Zusammenfassend ergebe sich daher, dass die Anfechtungsklage des Klägers gegen den nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustandegekommenen Beschluss berechtigt sei.

Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil sich das Berufungsgericht bei den zu lösenden Rechtsfragen an der Judikatur des Obersten Gerichtshofes habe orientieren können und im Übrigen die entscheidungswesentliche Frage, ob die über den gegenständlichen Beschluss abstimmenden Gesellschafter einem Stimmverbot nach § 39 Abs 4 GmbHG unterlegen seien, von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig gewesen sei; die Voraussetzungen für einen weiteren Rechtszug nach § 502 Abs 1 ZPO lägen daher nicht vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat nach Freistellung eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels (mangels Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen), in eventu diesem keine Folge zu geben, beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes einer Korrektur bedarf, und im Sinne einer Wiederherstellung des klageabweislichen Ersturteiles auch berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

Soweit der Kläger in erster Instanz seine Klage auch darauf gestützt hatte, dass ein Verstoß gegen § 38 Abs 2 GmbHG vorliege, weil der maßgebliche Tagesordnungspunkt in der Ladung nicht ausreichend klar und präzise umschrieben worden sei (dem jedoch beide Vorinstanzen nicht gefolgt sind), bildet dies im Revisionsverfahren keinen Streitpunkt mehr. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist vielmehr nur mehr der weitere, vom Berufungsgericht als gegeben bejahte Verstoß bei der Beschlussfassung gegen das Stimmrechtsverbot gemäß § 39 Abs 4 GmbHG.

Von den in der Rechtsrüge der Revision relevierten Punkten wird nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof hiebei jedenfalls jenes Argument schlagend, dass selbst unter Zugrundelegung der (von der Rechtsmittelwerberin bekämpften) Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes letztlich eine wirksame Beschlussfassung deshalb vorliege, weil - unter Ausklammerung der Stimmenthaltung des Klägers - mangels einer Contra-Stimme eine Pro-Stimme ohne Gegenstimme vorgelegen habe, was aber ausreiche. Dem Kläger komme damit „keine Beschwer" zu, weil sich am Beschlussergebnis selbst bei Berücksichtigung des Stimmrechtsausschlusses nach § 39 Abs 4 GmbHG nichts geändert hätte.

Hiezu hat der erkennende Senat Folgendes erwogen:

Es entspricht der herrschenden Auffassung, dass passives Verhalten oder auch (wie hier) ausdrückliche Stimmenthaltung (durch den Kläger) bei der Stimmenzählung für das Mehrheitserfordernis eines Gesellschafterbeschlusses außer Betracht zu bleiben haben (Koppensteiner, GmbHG2 Rz 3 zu § 39; Kostner/Umfahrer, GmbH-Handbuch5 Rz 474). Für eine Beschlussfassung genügt grundsätzlich (§ 39 Abs 1 GmbHG) einfache Mehrheit der übrigen an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter (RIS-Justiz RS0059874; 9 ObA 358/98g). Bei einer - wie hier - paritätischen Drei-Mann-Gesellschaft standen sich somit (zufolge Wegfalles des sich der Stimme enthaltenden Klägers) jeweils der vom Stimmrechtsausschluss nach der Regel des § 39 Abs 4 GmbHG Betroffene sowie ein weiterer Gesellschafter gleichrangig gegenüber. Wird der Erstgenannte wegen des Stimmrechtsausschlusses weggedacht, so ist für das Beschlussergebnis nur mehr die für den Antrag abgegebene zweite Stimme maßgebend, sohin der Beschluss - bezogen auf die abgegebene Stimme - einstimmig gefasst; insoweit ist unter diesen Umständen auch die Beschlussfassung durch einen Gesellschafter allein ausreichend (vgl 9 ObA 358/98g). Damit hätte sich aber selbst bei Unterstellung der vom Berufungsgericht bejahten unzulässigen Stimmabgabe des vom Stimmrechtsausschluss betroffenen jeweiligen Gesellschafters im Ergebnis nichts geändert: Der beanstandete klagegegenständliche Beschluss wäre auch diesfalls in wirksamer Form gefasst worden bzw zustandegekommen (und nicht - so offenbar das Berufungsgericht - zufolge gleichsam „Pattstellung" als nicht mit Mehrheit gefasst für nichtig zu erklären). Auf die weiteren Argumente der Revisionswerberin braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden. Auf eine in der Revisionsbeantwortung (allerdings ohne nähere Substantiierung) gestützte Irrtumsanfechtung hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen, sodass sein diesbezügliches Vorbringen erst im Rechtsmittelverfahren gegen das Neuerungsverbot verstößt.

In Stattgebung des Rechtsmittels war daher das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne einer Wiederherstellung des klageabweislichen Ersturteiles abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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