OGH 1Ob29/14t

OGH1Ob29/14t27.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. J***** S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagten Parteien 1. B*****stift A*****, 2. Pater K***** und 3. Pater G*****, alle *****, sämtliche vertreten durch Dr. Helmut Weber, Rechtsanwalt in Liezen, wegen 385.000 EUR sA und Feststellung, über den Revisionsrekurs der zweit‑ und der drittbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 2. Jänner 2014, GZ 3 R 222/13m‑18, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 5. November 2013, GZ 7 Cg 52/13w‑14, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden hinsichtlich der zweit‑ und der drittbeklagten Partei aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens.

Begründung

Das erstbeklagte (römisch‑katholische) Stift betreibt ein Gymnasium, für das ihm das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde. Der 1954 geborene Kläger besuchte in den Jahren 1966 bis (zumindest) 1968 das Gymnasium und war im angeschlossenen Internat untergebracht. Da seine Eltern geschieden waren, verbrachte er auch die Wochenenden im Internat, dessen Räumlichkeiten sich im Gebäude des Stifts befanden. Der Zweit‑ und der Drittbeklagte sind Ordensangehörige und waren als Erzieher im Internat tätig. Die Freizeitgestaltung der „Internatszöglinge“ erfolgte mit den Erziehern.

Der Kläger begehrte von den Beklagten als Solidarschuldner die Zahlung von 385.000 EUR sA an Schadenersatz und erhob ein Feststellungsbegehren. Zusammengefasst brachte er vor, er sei als Internatsschüler im Internat (und nicht in der Schule) von den Zweit‑ und Drittbeklagten fast täglich geschlagen, zum Essen gezwungen und sexuell schwer missbraucht worden. Er habe über keinen ihn schützenden familiären Hintergrund verfügt, nie Besuch erhalten und auch die Wochenenden im Internat verbringen müssen. Der Zweit‑ und der Drittbeklagte seien als Erzieher und niemals als Lehrer tätig gewesen. Aufgrund der Misshandlungen leide er an schweren körperlichen und psychischen Dauerfolgen. Die erstbeklagte Partei hafte ihm aufgrund des abgeschlossenen Vertrags, der seine Ausbildung in der Schule und seine Beherbergung im Internat zum Gegenstand gehabt habe, aber auch deliktisch wegen unterlassener Beaufsichtigung des Erziehungspersonals. Der Zweit‑ und der Drittbeklagte hafteten ihm für den Schaden deliktisch. Sie hätten seine Forderungen ebenfalls anerkannt und sich bereit erklärt, ihr gesamtes Taschengeld zur Schadensabdeckung zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagten erhoben die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Beim erstbeklagten Stift handle es sich um den Träger einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht, somit um ein mit der Erfüllung von hoheitlichen Schulaufgaben beliehenes Unternehmen. Es bestehe ein „innerer Zusammenhang“ zwischen der Tätigkeit der weiteren Beklagten als Erzieher und den hoheitlichen Aufgaben der erstbeklagten Partei als Schulerhalter. Anerkenntnisse der Ansprüche des Klägers durch die Beklagten bestünden nicht. Abgesehen von gelegentlichen Ohrfeigen habe es keine körperlichen oder seelischen Misshandlungen des Klägers durch die Zweit‑ und Drittbeklagten gegeben. Die Ansprüche des Klägers seien auch verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegenüber der erstbeklagten Partei ab und gegenüber dem Zweit‑ und dem Drittbeklagten zurück. Das erstbeklagte Stift sei Schulerhalter des Stiftsgymnasiums gewesen, welchem das Öffentlichkeitsrecht verliehen worden sei. Die übrigen Beklagten seien als handelnde Organe des Bundes in Vollziehung der Gesetze tätig gewesen; dies gelte auch für die ihnen obliegenden Aufgaben in der Schule und im Internat bzw während der Freizeit des Klägers sowohl als Lehrer als auch als Erzieher. Der Kläger mache inhaltlich Amtshaftungsansprüche geltend, weswegen die erstbeklagte Partei „nicht passiv legitimiert“ und hinsichtlich der beiden weiteren Beklagten gemäß § 9 Abs 5 AHG der Rechtsweg nicht zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob über Berufung des Klägers das Urteil hinsichtlich der erstbeklagten Partei auf und änderte über seinen Rekurs den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs hinsichtlich des Zweit‑ und des Drittbeklagten verwarf. Rechtlich führte es aus, beim Erstgenannten handle es sich nach der Aktenlage um ein rechtlich selbständiges „Kloster“ (im Sinn des can. 615 „Corpus“ [gemeint offenbar: der 1983 promulgierte Codex] Iuris Canonici), das mit dem Stiftsgymnasium eine Privatschule in Form einer Höheren Internatsschule betreibe. Handle ein beliehenes Unternehmen im Rahmen der Hoheitsverwaltung gegenüber einem Dritten aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Vertrags, bestünden die Ansprüche aus diesem Vertrag neben Amtshaftungsansprüchen. Die Zuerkennung des Öffentlichkeitsrechts ändere nichts daran, dass die Aufnahme in die Privatschule durch einen Vertrag bürgerlichen Rechts zwischen dem Schüler (seinem gesetzlichen Vertreter) und dem Privatschulerhalter erfolgt sei. Das erstbeklagte Stift könne daher vom Kläger auf Schadenersatz aus der Verletzung der Pflichten aus dem (Schul‑)Aufnahmevertrag im ordentlichen Rechtsweg in Anspruch genommen werden.

Die vom Kläger behaupteten Übergriffe durch den Zweit‑ und den Drittbeklagten hätten nicht in einem der Hoheitsverwaltung zuzurechnenden Tätigkeitsbereich des Erstbeklagten stattgefunden, sondern in einem Aufgabengebiet, das zur Privatwirtschaftsverwaltung gehöre. Bei Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht sei in Anknüpfung an § 13 Privatschulgesetz (PrivatschulG) eine Einschränkung dahin geboten, dass sich das hoheitliche Handeln auf die Ausstellung von Zeugnissen, die Abhaltung von Prüfungen, die Ausbildung von Lehramtsanwärtern und die Vollziehung der geltenden schulrechtlichen Vorschriften (konkret: Unterricht und Einhaltung der Vorschriften über die Aufsichtspflicht im Schulbetrieb) beschränke, alle weiteren Tätigkeiten aber der Privatwirtschaftsverwaltung des Rechtsträgers zuzurechnen seien. Nach den Behauptungen des Klägers seien die Übergriffe nur im Internat und dort durch die beklagten Ordensleute als Erzieher, nicht aber in der Schule geschehen. Damit hätten sich die Übergriffe nach den maßgeblichen Klagsbehauptungen aber im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung der erstbeklagten Partei ereignet, sodass für eine Verfolgung von Schadenersatzansprüchen gegen Zweit‑ und Drittbeklagten ein Prozesshindernis im Sinn des § 9 Abs 5 AHG nicht bestehe. Die organisatorische Verbundenheit von Schule und Internat ergebe sich schon aus § 38 Abs 1 Schulorganisationsgesetz (SchOG) und könne andererseits allein nicht dazu führen, Vorgänge im Internatsbereich dem in § 13 PrivatschulG doch eng umschriebenen Hoheitsbereich zuzuordnen.

Das Gericht zweiter Instanz ließ zur abändernden Rekursentscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs den ordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 9 Abs 5 AHG darüber fehle, wie im Zusammenhang mit Internatsschulen mit Öffentlichkeitsrecht bei behaupteten Übergriffen von als Lehrer und Erzieher tätigen Personen die Bereiche Hoheits‑ und Privatwirtschaftsverwaltung voneinander abzugrenzen seien und für welche Bereiche Klagen gegen Erzieher bei Übergriffen in Internaten zulässig seien.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger beantwortete ordentliche Revisionsrekurs des Zweitbeklagten und des Drittbeklagten ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Bei der gemäß § 9 Abs 5 AHG erforderlichen Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs gegen ein Organ kommt es nicht darauf an, ob die Klage ausdrücklich auf das Amtshaftungsgesetz oder ausdrücklich nicht darauf gestützt wird, weil jedenfalls nicht eine solche Rechtsbehauptung des Klägers, sondern der geltend gemachte und allein durch das Gericht zu beurteilende Streitgegenstand maßgeblich ist. Es ist somit jeweils zu untersuchen, ob der Kläger den Zweit‑ und den Drittbeklagten inhaltlich aus einem Hoheitsakt in Anspruch nimmt (RIS‑Justiz RS0087676 [T6]; RS0050139 [T1, T3, T5, T8]). Entscheidend ist, ob er in Wahrheit die genannten Beklagten als Organe wegen deren hoheitlichen Handelns in Anspruch nimmt (1 Ob 15/11d mwN = SZ 2011/43 mwN).

2. Rechtslage nach dem 1966 bis 1968 geltenden Schulrecht:

Der Kläger besuchte in den Jahren 1966 bis (zumindest) 1968 das Gymnasium des erstbeklagten Stifts und war im angeschlossenen Internat untergebracht. Die beiden anderen Beklagten sind Ordensangehörige und waren als Erzieher im Internat tätig. Der Kläger leitet die deliktischen Schadenersatzansprüche gegen sie aus behaupteten Misshandlungen im Internat und nicht in der Schule ab.

2.1. Unstrittig ist, dass es sich beim erstbeklagten Stift um eine juristische Person nach römisch‑katholischem Kirchenrecht handelt.

Gemäß Art II § 1 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen (BGBl 1962/273) haben die Kirche und ihre nach kirchlichem Recht bestehenden Einrichtungen das Recht, unter Beobachtung der staatlichen allgemeinen schulrechtlichen Vorschriften Schulen aller Art zu errichten und zu führen (Abs 1). Auf die Dauer der Erfüllung der in den staatlichen Schulgesetzen hiefür taxativ aufgestellten Voraussetzungen ist diesen Schulen das Öffentlichkeitsrecht zuzuerkennen (Abs 2). Unter Beobachtung der staatlichen allgemeinen Vorschriften haben die Kirche und ihre nach kirchlichem Recht bestehenden Einrichtungen auch das Recht, Kindergärten, Schülerhorte, Schülertagesheime, Schülerheime und ähnliche Einrichtungen zu errichten und zu führen (Abs 3). Schülertagesheime sind ein „Teilbegriff der Schülerheime“ (so Jonak/Kövesi , Das österreichische Schulrecht 13 [2012] 1353 [FN 4 zu Art II § 1]).

Nach § 1 des Gesetzes vom 25. 5. 1868, RGBl 1868/48 (aufrechterhalten durch das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz, BGBl I 1999/191), wodurch grundsätzliche Bestimmungen über das Verhältnis der Schule zur Kirche erlassen werden, steht die oberste Leitung und Aufsicht über das gesamte Unterrichts‑ und Erziehungswesen dem Staate zu und wird durch die hiezu gesetzlich berufenen Organe ausgeübt. Gemäß § 4 dieses Gesetzes steht jeder Kirche oder Religionsgenossenschaft frei, aus ihren Mitteln Schulen für den Unterricht der Jugend von bestimmten Glaubensbekenntnissen zu errichten und zu erhalten. Dieselben sind jedoch den Gesetzen für das Unterrichtswesen unterworfen und können die Zuerkennung der Rechte einer öffentlichen Lehranstalt nur dann in Anspruch nehmen, wenn allen gesetzlichen Bedingungen für die Erwerbung dieser Rechte entsprochen wird.

2.2. Nähere Regelungen über die Errichtung und Führung von Privatschulen sowie die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts enthält das Privatschulgesetz (PrivatschulG), BGBl 1962/244. Dieses Gesetz regelt auch private Schülerheime. Nach § 10 Abs 1 PrivatschulG bedarf die Errichtung privater Heime, in die Schüler öffentlicher oder privater Schulen zum Zwecke des Schulbesuches oder zur Überwachung ihrer Lerntätigkeit übernommen werden (Schülerheime), keiner Anzeige. Darunter sind sowohl Schülerheime zu verstehen, in denen die Schüler übernachten, als auch Tagesschülerheime ( Jonak/Kövesi aaO 1372 [FN 2 zu § 10]). Die zuständige Schulbehörde hat nach § 10 Abs 2 PrivatschulG die Führung eines Schülerheims zu untersagen, wenn trotz Aufforderung zur Abstellung von Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist weiterhin Umstände vorliegen, durch die für die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die staatsbürgerliche Gesinnung der Schüler Gefahr besteht. Diese Untersagung gilt für die Dauer des Vorliegens der festgestellten Mängel. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass eine behördliche Aufsicht bei der Errichtung und Führung von Schülerheimen in geringerem Maße notwendig erscheine, als dies bei der Errichtung und Führung von Schulen der Fall ist, sodass lediglich repressive Maßnahmen vorgesehen wurden, falls Missstände auftreten (ErläutRV 735 BlgNR IX. GP 11, 14).

Nach den Feststellungen besaß das Gymnasium des erstbeklagten Stifts (auch damals) das Öffentlichkeitsrecht. Mit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts wird einer Privatschule das Recht übertragen, Zeugnisse über den Erfolg des Schulbesuchs auszustellen, die mit der Beweiskraft öffentlicher Urkunden und mit den gleichen Rechtswirkungen ausgestattet sind wie Zeugnisse gleichartiger öffentlicher Schulen (§ 13 Abs 1 PrivatschulG). Weiters finden auf eine solche Schule die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden schulrechtlichen Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist und soweit sie nicht die Errichtung, Erhaltung und Auflassung, die Sprengel und das Schulgeld betreffen (§ 13 Abs 2 lit c PrivatschulG; Hervorhebung nicht im Gesetz). Insoweit handeln die Organe der Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht ebenso in Vollziehung der Gesetze wie alle Lehrer an öffentlichen Schulen (7 Ob 723/86 = SZ 60/55 = RIS‑Justiz RS0049863). Mit der bescheidmäßigen Verleihung des Öffentlichkeitsrechts wird die Privatschule als „beliehenes Unternehmen“ tätig. Ihr Rechtsträger (hier: die erstbeklagte Partei) wird zur Besorgung öffentlicher Aufgaben herangezogen und übernimmt unter der Oberaufsicht des Staates die Fürsorge für soziale Interessen, primär für Bildungsinteressen. Durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts als konstitutiver Verwaltungsakt werden der Schule besondere Pflichten auferlegt und entsprechende Kontrollmöglichkeiten begründet (23. 8. 2001, 6 Ob 159/01b mwN). Die Organe der Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht sind mit der Vollziehung dieser Aufgaben beliehen. Amtshaftung trifft in diesem Rahmen nicht den Schulerhalter, sondern, soweit nicht eine der in Art 14 B‑VG angeführten Ausnahmen zum Tragen kommt, den Bund ( Schragel , AHG³ [2003] Rz 114).

2.3. Im zu beurteilenden Zeitraum galt noch nicht das Schulunterrichtsgesetz BGBl 1974/139, das nach seinem § 80 Abs 1 erst mit 1. 9. 1974 in Kraft trat. Zu beachten war jedoch das Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl 1962/242 idF BGBl 1965/243 (siehe oben 2.2. zum Verweis in § 13 Abs 2 lit c PrivatschulG). Das SchOG gilt für die allgemeinbildenden und berufsbildenden Pflichtschulen, mittleren Schulen und höheren Schulen sowie für die Anstalten der Lehrerbildung und der Erzieherbildung (§ 1 erster Satz SchOG). Es gilt sowohl für die öffentlichen als auch für die privaten, mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen, die den darin geregelten Schularten entsprechen. Auf private Schulen finden jedoch jene Bestimmungen keine Anwendung, die ausdrücklich auf öffentliche Schulen eingeschränkt sind oder bei denen es sich um Regelungen über die Errichtung, Erhaltung und Auflassung, die Sprengel und das Schulgeld handelt (vgl § 13 Abs 2 lit c PrivatschulG; Kövesi/Jellouschek , Die Schulgesetze des Bundes² [1967] 103 [FN 1 zu § 1]; Jonak/Kövesi aaO 213 [FN 2 zu § 1]). Nach § 2 Abs 1 SchOG hat die österreichische Schule unter anderem die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Die jungen Menschen sollen zu gesunden, arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verantwortungsbewussten Gliedern der Gesellschaft und Bürgern der demokratischen und bundesstaatlichen Republik Österreich herangebildet werden. Sie sollen zu selbständigem Urteil und sozialem Verständnis geführt, dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sowie befähigt werden, am Wirtschafts‑ und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen und in Freiheits‑ und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken. Der erst mit der 15. Schulorganisations‑Novelle, BGBl 1993/512, angefügte § 2 Abs 3 SchOG, wonach durch die Erziehung an Schülerheimen und im Betreuungsteil ganztägiger Schulformen zur Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schule gemäß Abs 1 leg cit beizutragen ist, ist für den hier zu beurteilenden Zeitraum noch nicht anzuwenden.

Höhere Internatsschulen sind gemäß § 38 Abs 1 SchOG allgemeinbildende höhere Schulen, die mit einem Schülerheim derart organisch verbunden sind, dass die Schüler nach einem einheitlichen Erziehungsplan Unterricht, Erziehung und Betreuung sowie ferner Unterkunft und Verpflegung erhalten [Hervorhebungen nicht im Gesetz]. Nach den Materialien (EB 733 BlgNR IX. GP 34) handelt es sich beim Internatsschulwesen um eine selbständige Schulform, deren Charakteristikum die organische Verbundenheit von Schule und Internat sei, die in der Einheit deren Erziehungsplans ihren Ausdruck finde. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Höheren Internatsschulen „daher streng von jenen Schulen unterschieden werden [müssen], denen ein Schülerheim nur angeschlossen ist“. Demnach bilden bei einer höheren (später: Höheren) Internatsschule Schule und Internat eine Einheit, auf die die schulrechtlichen Vorschriften (insbesondere das Schulunterrichtsgesetz) zur Anwendung kommen (1 Ob 337/98k; VwGH 92/10/0464, 0465, 0466). Von den Höheren Internatsschulen sind daher jene höheren Schulen zu unterscheiden, denen zwar ein Schülerheim angegliedert ist, ohne dass jedoch die in § 38 Abs 1 SchOG vorgesehene organische Verbindung durch einen einheitlichen Erziehungsplan gegeben ist ( Kövesi/Jellouschek aaO 127 [FN 2 zu § 38]). In § 38 Abs 5 SchOG war vorgesehen, dass die näheren Vorschriften über die Führung von höheren Internatsschulen einer gesonderten bundesgesetzlichen Regelung vorbehalten bleiben. Ein solches Bundesgesetz wurde jedoch nie erlassen; mit der 11. Schulorganisations‑Novelle, BGBl 1988/327, entfiel dieser Absatz, weil sich eine gesonderte bundesgesetzliche Regelung als nicht erforderlich erwiesen habe (ErläutRV 572 BlgNR XVII. GP 10). § 38 SchOG wurde schließlich mit dem 2. Schulrechtspaket 2005, BGBl I 2006/20, aufgehoben und trat mit Ablauf des 16. 2. 2006 außer Kraft.

3. Rechtsprechung zur Organstellung von Lehrern und zu Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht:

3.1. Allgemein wird ein Lehrer bei Erfüllung der ihm nach dem (auf den vorliegenden Fall nicht anzuwendenden) Schulunterrichtsgesetz obliegenden Aufgaben ohne Rücksicht auf seine dienstrechtliche Stellung als Bundeslehrer, Landeslehrer oder Lehrer einer Privatschule funktionell stets für den Bund tätig. Bei seiner eigentlichen Funktion, nämlich der Unterrichts‑ und Erziehungsarbeit, zu der auch die Beaufsichtigung der Schüler gehört, ist der Lehrer im Bereich der Hoheitsverwaltung als Organ im Sinn des § 1 Abs 2 AHG tätig (RIS‑Justiz RS0022978; RS0049933; vgl RS0050061).

Nach der Entscheidung 1 Ob 802/51 (zitiert nach Loebenstein/Kaniak , Kommentar zum Amtshaftungsgesetz, Nachtrag [1957], 13 Nr 7; RIS‑Justiz RS0045703) üben Pflichtschullehrer bei der Erteilung des Unterrichts und der Beaufsichtigung der Schüler öffentliche Gewalt aus. Dazu gehört auch die ihnen obliegende Fürsorge bei der Ausspeisung, die in der Schule vorgenommen wird. Wenn sie die ihnen obliegende Pflicht vernachlässigen, haftet der Rechtsträger nach dem AHG.

Ein Amtshaftungsanspruch besteht bei einer Misshandlung eines (Volks‑)Schülers durch den Lehrer während des Unterrichts. Der Missbrauch des Züchtigungsrechts erfolgte in Ausübung der Hoheitsverwaltung, wobei der Lehrer als Organ des (gesetzlichen) Rechtsträgers auftrat und auch rechtswidriges Handeln die Organqualität nicht ausschließt (1 Ob 173/60 = SZ 33/86 = RIS‑Justiz RS0050061).

Nach dem Sachverhalt der Entscheidung 1 Ob 14/90 (= SZ 63/128) verletzte ein Religionslehrer während des Religionsunterrichts an einer öffentlichen Hauptschule durch eine unvorsichtige Bewegung mit einem Kugelschreiber einen Schüler am rechten Auge. Der Oberste Gerichtshof sprach dazu aus, dass der persönlichen Haftung des Religionslehrers als Organ des Rechtsträgers Bund nicht nur § 1 Abs 1 AHG, wonach das Organ dem Geschädigten nicht hafte, sondern auch § 9 Abs 5 AHG über die Unzulässigkeit des Rechtswegs gegen das Organ entgegenstehe. In Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben der Unterrichts‑ und Erziehungsarbeit ‑ auch bei Erteilung des Religionsunterrichts ‑ handle insbesondere der Pflichtschullehrer ohne Rücksicht auf seine dienstrechtliche Stellung als Organ des Rechtsträgers Bund.

In der Entscheidung 1 Ob 337/98k hat der Oberste Gerichtshof einen Unfall eines Schülers in der sogenannten „Freizeit“ in einer Höheren Internatsschule (des Bundes) als dem AHG unterliegend qualifiziert, zumal der Schüler aufsichtsweiser Überwachung durch die Schulleitung mit der von den Erziehern ausgehenden Autorität und dementsprechender Abhängigkeit unterstand, das Verlassen des Internats nur nach Abmeldung möglich war und ein verantwortlicher Erzieher permanent anwesend, jedenfalls aber erreichbar sein musste.

3.2. Mit Privatschulen beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof ‑ soweit überblickbar ‑ in vier Entscheidungen.

In 7 Ob 723/86 (= SZ 60/55 = RIS‑Justiz RS0049863; dazu Schragel aaO Rz 114) sprach der Oberste Gerichtshof in Bezug auf eine Privatschule, deren Öffentlichkeitsrecht ungeklärt blieb, aus, dass die mangelnde Verwahrung oder Kennzeichnung eines ätzenden Entkalkungsmittels durch den aufsichtsführenden Lehrer dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung angehöre.

Nach der Entscheidung 6 Ob 159/01b (= RIS‑Justiz RS0115638) ‑ auf der Grundlage einer bindenden Entscheidung der Vorinstanzen nach § 42 Abs 3 JN über die Zulässigkeit des Rechtswegs ‑ kann der Vertrag über die Aufnahme eines Schülers in eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht als ein dem Prinzip der Privatautonomie unterliegendes Dauerschuldverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden.

In 3 Ob 120/06b (aus der Begründung ist nicht ersichtlich, ob die Zulässigkeit des Rechtswegs von den Vorinstanzen übereinstimmend ausdrücklich bejaht wurde) forderte eine Schülerin eines Gymnasiums samt angeschlossenem Internat von einem Konvent Schadenersatz, weil sie von einer Ordensschwester und Lehrerin im Gymnasium zu geschlechtlichen Handlungen missbraucht wurde. Der Oberste Gerichtshof verneinte (ohne die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs aufzugreifen) ‑ von einem Öffentlichkeitsrecht ist in der Entscheidung nicht die Rede ‑ infolge Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB eine Haftung des Konvents.

In der Entscheidung 1 Ob 124/13m, mit der eine außerordentliche Revision zurückgewiesen wurde, ging es um den Missbrauch eines Internatsschülers durch den damaligen Regens des Internats, der außerhalb des Klosters stattfand. Der Oberste Gerichtshof billigte, ohne die Rechtswegfrage zu behandeln, die Haftung des römisch‑katholischen Klosters aufgrund eigenen Verschuldens für den sexuellen Missbrauch eines Schülers durch den Leiter des Klosterinternats, weil dieser trotz Kenntnis seiner kriminellen Neigung in diese Position berufen worden war.

4. Literatur zu Privatschulen:

Nach Koziol/Frotz (Die schadenersatzrechtlichen Folgen der Verletzung von Aufsichtspflichten durch Lehrer, RdS 1979, 97) soll die Aufsicht durch den Lehrer während des Unterrichts und bei Schulveranstaltungen zunächst einmal verhindern, dass die Schüler körperlich oder an den ihnen gehörenden Sachen Schaden erleiden. Da nach Art 14 Abs 1 B‑VG das Schul‑ und Unterrichtswesen in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz des Bundes falle, übe jeder Lehrer Funktionen des Bundes aus und sei daher als dessen Organ anzusehen. Das gelte selbst dann, wenn der Lehrer an einer Privatschule beschäftigt sei. Der Verletzte habe daher seine Schadenersatzansprüche stets nur gegen den Bund zu richten. Wenn aber der Lehrer außerhalb des Unterrichts und von Schulveranstaltungen nicht mehr im Bereich der Hoheitsverwaltung als Organ des Bundes tätig werde, sondern als Privatperson handle, sei das AHG nicht anwendbar. Das bedeute, dass der mangelhaft beaufsichtigte Schüler, der sich eine Verletzung zugezogen habe, Ansprüche gegen den rechtswidrig und schuldhaft handelnden Lehrer selbst habe, und zwar bei jedem Grad des Verschuldens (§§ 1295, 1324 ABGB).

Vrba/Zechner (Kommentar zum Amtshaftungsrecht [1983], 127 ff) rechnen alle Organverhaltensweisen, die mit der Erteilung des Unterrichts, der Beaufsichtigung der Schüler und der Aufsicht über das Unterrichtswesen zusammenhängen, der Hoheitsverwaltung zu, soweit es sich um Schulen handelt, auf die das Schulunterrichtsgesetz [s oben 2.3.] zur Anwendung komme. Sie differenzieren zwischen Privatschulen, die dem Schulunterrichtsgesetz unterliegen, und solchen, auf die das nicht zutrifft, wobei die Schulerhalter letzterer privatwirtschaftlich tätig seien und sich alle schadenersatzrechtlichen Beziehungen zu solchen Schulerhaltern nach den Bestimmungen des allgemeinen Privatrechts richteten. Gemäß § 1 Abs 1 Schulunterrichtsgesetz fielen Privatschulen mit gesetzlich geregelter Schulbezeichnung, die mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattet seien, unter die Anwendung dieses Gesetzes. Durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts werde die Rechtsposition der Privatschule weitgehend der einer öffentlichen Schule angenähert. Sämtliche Personen, die in Vollziehung des Schulunterrichtsgesetzes an solchen Privatschulen tätig seien, seien durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts an die Schule nach dem Schulunterrichtsgesetz kraft Gesetzes Organe im Sinn des § 1 Abs 2 AHG, weil alle Verhaltensweisen in Vollziehung des Schulunterrichtsgesetzes zur Hoheitsverwaltung gehörten; sie seien dem Bund als Rechtsträger zuzurechnen. Die Aufnahme in eine Privatschule erfolge nach § 5 Abs 6 Schulunterrichtsgesetz durch einen Vertrag bürgerlichen Rechts zwischen dem Schüler und dem Privatschulerhalter. Alle durch einen solchen Vertrag geregelten Angelegenheiten seien ‑ soweit sie der Parteiendisposition unterlägen ‑ nach dem Kriterium der Rechtsform der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen, wenn der Privatschulerhalter ein Rechtsträger sei.

Mader (in Schwimann , ABGB 3 VII, § 1 AHG Rz 27) führt aus, sei eine einheitliche Aufgabe hoheitlicher Natur, so gehörten alle damit im unmittelbaren inneren Zusammenhang stehenden Ereignisse und Verhaltensweisen zur Hoheitsverwaltung; dies auch bei Befugnis‑ oder Zuständigkeitsüberschreitung oder bei strafgesetzwidrigen oder sonst deliktischen Handlungen wie bei einer von einem Lehrer im Unterricht zugefügten Körperverletzung. Seiner Ansicht nach (aaO § 1 AHG Rz 39) handelten Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht teilweise mit hoheitlicher Befugnis (zB Ausstellung von Zeugnissen, Prüfungen, Aufsichtspflicht etc); ansonsten ‑ vor allem im Hinblick auf das Nutzungsverhältnis ‑ im Bereich der Privatwirtschafts‑ verwaltung.

Schragel (aaO Rz 78) hält fest, dass bei Vernachlässigung der Aufsicht über die Schüler oder deren Misshandlung durch den Lehrer für eingetretene Schäden nur Amtshaftung eintreten könne. Nach seiner Ansicht (aaO Rz 114) handelten Organe von Körperschaften öffentlichen Rechts insoweit teilweise in Vollziehung der Gesetze, als sie Schulerhalter im Sinn des § 4 Abs 1 lit b PrivatschulG seien und Schulen mit Öffentlichkeitsrecht führten; dazu gehörten insbesondere die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften. Diese könnten nicht gesetzliche Schulerhalter sein, weil als solche nur der Bund, die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände zugelassen seien (Art 14 Abs 6 B‑VG). Es könne sich um Privatschulen handeln, die eine der im SchOG geregelten Schulartbezeichnungen führten und deren Unterrichtserfolg jenem einer gleichartigen öffentlichen Schule entspreche (§ 14 Abs 1 PrivatschulG) oder die nach Organisation, Lehrplan, Ausstattung und Lehrbefähigung des Leiters und der Lehrer mit einem vom zuständigen Bundesministerium erlassenen oder geregelten Organisationsstatut übereinstimmten und sich in ihren Unterrichtserfolgen bewährt hätten (§ 14 Abs 2 PrivatschulG). Mit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts würden an die Organe hoheitliche Befugnisse wie die Ausstellung von Zeugnissen, Abhaltung von Prüfungen, die Ausbildung von Lehramtsanwärtern und die Vollziehung der geltenden schulrechtlichen Vorschriften übertragen (§ 13 PrivatschulG); insoweit handelten die Organe der Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht ebenso in Vollziehung der Gesetze wie alle Lehrer an öffentlichen Schulen; sie seien mit der Vollziehung dieser Aufgaben beliehen. Amtshaftung treffe nicht den Schulerhalter, sondern, soweit nicht eine der in Art 14 B‑VG angeführten Ausnahmen zum Tragen komme, den Bund. Die Zuerkennung des Öffentlichkeitsrechts ändere nichts daran, dass die Aufnahme in die Privatschule durch einen Vertrag bürgerlichen Rechts zwischen dem Schüler bzw seinem gesetzlichen Vertreter und dem Privatschulerhalter erfolge. Die Führung privater Schulen durch Körperschaften öffentlichen Rechts erfolge daher grundsätzlich nach den Regeln des Privatrechts und gehöre damit zur Privatwirtschaftsverwaltung der Rechtsträger. Auch die Haftung für eine Vernachlässigung der Aufsicht bei Schulveranstaltungen, die zu Verletzungen von Schülern führe, sei nach privatem Recht unter Bedachtnahme auf den geschlossenen Vertrag, der zumindest implizit auch die Aufsichtspflicht beinhalte, zu beurteilen. Soweit die Entscheidung 7 Ob 723/86 (= SZ 60/55) anderer Meinung gewesen sein sollte, wäre ihr nicht beizutreten.

Nach Ziehensack (Amtshaftungsgesetz [2011] § 1 AHG Rz 375) trete für Privatschulen selbst mit Öffentlichkeitsrecht in der Regel keine Amtshaftung ein. Dies gelte zumal dann, wenn es sich bloß um die Materialverwaltung und damit zusammenhängende Vorgänge handle.

5. Der Kläger begehrt vom zweit‑ und vom drittbeklagten Erzieher (beide sind Ordensangehörige des erstbeklagten Stifts) Schadenersatz. Er behauptet, in den Jahren 1966 bis 1969 im Knabenkonvikt des Gymnasiums Internatsschüler gewesen und im Internat von den beiden Erziehern schwerst misshandelt worden zu sein. Der Schulbereich (Gymnasium) und der Internatsbetrieb seien organisatorisch getrennt gewesen. Seine Mutter habe für das Internat monatliche Zahlungen (an das Stift) geleistet. Die Misshandlungen seien ihm während der Freizeit bzw der außerschulischen Zeit zugefügt worden. Er habe die gesamten Wochenenden sowie seine Freizeit im Internat der erstbeklagten Partei verbracht.

Nach den knappen Feststellungen des Erstgerichts besuchte der Kläger im Zeitraum von 1966 bis (zumindest) 1968 das Gymnasium und war im angeschlossenen Internat untergebracht. Dort verbrachte er auch die Wochenenden. Die Freizeitgestaltung der Internatszöglinge erfolgte mit den Erziehern. Den Feststellungen ist noch zu entnehmen, dass es neben dem Direktor (Leiter) des Stiftsgymnasiums auch einen Konviktsdirektor (Internatsleiter) gab.

Für die Beurteilung, ob der Verfolgung der Ansprüche des Klägers gegenüber den Ordensleuten, mit denen er in keinem Vertragsverhältnis stand und deren Schadenersatzpflicht er aus deliktischem Handeln ableitet, das Prozesshindernis des § 9 Abs 5 AHG entgegensteht, ist zu unterscheiden, in welchem Umfeld die behaupteten Misshandlungen stattfanden:

5.1. Freizeit:

Unproblematisch sind, was die Zulässigkeit des Rechtswegs angeht, Schadenersatzansprüche des Klägers gegen die Erzieher, sollten die (behaupteten) Misshandlungen zwar während der Zeit seines Aufenthalts im Internat stattgefunden haben, ihm dort aber während der Freizeitgestaltung und der Nachtruhezeit zugefügt worden sein (vgl 1 Ob 124/13m: Missbrauch durch Regens des Internats bei einer Gelegenheit außerhalb des Klosters). Auch wenn Erzieher in einer Höheren Internatsschule im Bereich der Hoheitsverwaltung als Organ des Bundes tätig sind, trifft das nicht auch für Fehlverhalten gegenüber einem im Internat untergebrachten Schüler während der Zeit zu, die nicht in den Rahmen des einheitlichen Erziehungsplans nach § 38 Abs 1 SchOG fällt. In diesem Bereich hätten der Zweit‑ und der Drittbeklagte als Privatpersonen gehandelt, sodass das AHG jedenfalls nicht anwendbar wäre. Der Kläger hat daher, sollten ihm Verletzungen durch die Erzieher während solcher Zeiten im Internat zugefügt worden sein, Ansprüche gegen die rechtswidrig und schuldhaft handelnden Erzieher selbst.

5.2. (Bloßes) Schülerheim:

Sollte der Missbrauch des Klägers außerhalb der Freizeit (Punkt 5.1.) geschehen sein, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Höhere Internatsschule im Sinn des § 38 SchOG gehandelt hat oder ob das Schülerheim dem Stiftsgymnasium nur angeschlossen war.

Vielfach auch Internate oder Konvikte genannt, werden im letztgenannten Fall darunter Schülerheime verstanden, in denen die Schüler öffentlicher oder privater Schulen zum Zweck des Schulbesuchs oder zur Überwachung ihrer Lerntätigkeit aufgenommen werden (§ 10 Abs 1 PrivatschulG; Juranek , Schulverfassung und Schulverwaltung in Österreich und in Europa Bd I [1999] 157). Das PrivatschulG gilt nach der zitierten Norm nicht bloß für Privatschulen, sondern auch für private Schülerheime, obwohl letztere in § 1 (Geltungsbereich) nicht genannt werden ( Kulka , Zur Neuregelung des Privatschulwesens, ÖJZ 1966, 337 [339]). Für Schülerheime bestand jedenfalls im hier zu beurteilenden Zeitraum nicht die Möglichkeit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts, handelt es sich doch nicht um Privatschulen. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach § 10 Abs 1 PrivatschulG die Errichtung privater Schülerheime keiner Anzeige bedarf und die (gemäß § 23 PrivatschulG) zuständige Schulbehörde nur bei Missständen die Führung eines Schülerheimes untersagen kann (§ 10 Abs 2 PrivatschulG). Sollten daher der Zweit‑ und der Drittbeklagte als Erzieher im Internat, das als privates Schülerheim dem Gymnasium nur angeschlossen war, tätig gewesen sein, so hätten sie im hier zu beurteilenden Zeitraum keine hoheitliche Tätigkeit ausgeübt. Mangels hoheitlicher Aufgaben bestünde daher grundsätzlich ihre persönliche deliktische Haftung für allfällige Fehlhandlungen gegenüber dem Kläger.

5.3. Höhere Internatsschule:

Das erstbeklagte Stift betrieb die Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht in Form einer allgemeinbildenden höheren Schule (Stiftsgymnasium). Nach § 38 Abs 1 SchOG sind Höhere Internatsschulen (des Bundes oder des privaten Schulerhalters mit Öffentlichkeitsrecht) allgemeinbildende höhere Schulen, die mit einem Schülerheim derart organisch verbunden sind, dass die Schüler nach einem einheitlichen Erziehungsplan Unterricht, Erziehung und Betreuung, ferner Unterkunft und Verpflegung erhalten [Hervorhebung nicht im Gesetz]. Schon der im Gesetz enthaltene Hinweis auf die „organische Verbindung“ von Schule und Heim spricht dafür, dass Höhere Internatsschulen eine einheitliche öffentlich‑rechtliche Einrichtung bilden. Dies bestätigen auch die bereits zitierten Materialien (ErläutRV 733 BlgNR IX. GP 34), wonach es sich beim Internatsschulwesen um eine selbständige Schulform handelt. Das Charakteristikum dieser Schulform sei die organische Verbundenheit von Schule und Internat, welche in der Einheit des Erziehungsplans ihren Ausdruck finde. Daraus ergibt sich aber, dass Schule und Internat einer Höheren Internatsschule eine Einheit bilden, auf die die schulrechtlichen Vorschriften (insbesondere das Schulunterrichtsgesetz) zur Anwendung kommen (VwGH 92/10/0464, 0465, 0466; 1 Ob 337/98k). Bei einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht, die in der Form einer Höheren Internatsschule geführt wurde, war mit der Aufnahme in die Schule ‑ in Form eines privatrechtlichen Schulaufnahmevertrags ‑ zugleich die Aufnahme in das Internat verbunden. Sollte sich der Kläger im Zeitpunkt der behaupteten Vorfälle innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der von ihm besuchten und allenfalls durch einen einheitlichen Erziehungsplan gekennzeichneten höheren Privatschule befunden haben und nach diesem Erziehungsplan unter der aufsichtsweisen Überwachung durch die Schulleitung mit der von den Erziehern ausgehenden Autorität und dementsprechenden Abhängigkeit gestanden sein, so wären die behaupteten Verletzungen durch die Erzieher auch eine Folge der zwar nicht typischen, aber im hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben (vgl RIS‑Justiz RS0049897 [T2, T3]) stehenden Gefahrenlage, der er durch die Unterbringung im Schulinternat ausgesetzt war (siehe 1 Ob 337/98k). In diesem Fall stünde der Geltendmachung des Anspruchs des Klägers gegen die als Organe des Bundes zu qualifizierenden Erzieher § 9 Abs 5 AHG entgegen. Mit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für die Privatschule ist nämlich gemäß § 13 Abs 2 lit c PrivatschulG die Verpflichtung zur Einhaltung der für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden schulrechtlichen Vorschriften verbunden, worunter auch das SchOG fällt (vgl zu öffentlichen Schulen Ziehensack aaO § 1 AHG Rz 1735, 1749). Sollten die Misshandlungen des Klägers außerhalb der Freizeit im Sinn des Punktes 5.1. in einer sogenannten Höheren Internatsschule stattgefunden haben, wären die Erzieher als Organe im Sinn des § 1 Abs 2 AHG zu qualifizieren. Dann stünde dem Klagebegehren gegen diese die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen.

6. Zur Beurteilung, ob die behaupteten Übergriffe durch den Zweit‑ und den Drittbeklagten in einem der Hoheitsverwaltung zuzurechnenden Tätigkeitsbereich (Höhere Internatsschule) oder in einem nach allgemeinem Deliktsrecht zu beurteilenden Bereich stattfanden, fehlen Feststellungen der Vorinstanzen. Sollte sich herausstellen, dass sie als Erzieher in einer Höheren Internatsschule in Vollziehung der Gesetze gehandelt hätten, so wäre die Klage gegen sie als Organe gemäß § 9 Abs 5 AHG infolge Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen (vgl 1 Ob 49/95 = SZ 68/220; Schragel , AHG³ [2003] Rz 258). Stellte sich aber heraus, dass sie als Erzieher in einem privaten Schülerheim Missbrauchshandlungen gegenüber dem Kläger gesetzt hätten oder aber während der Freizeit des Klägers, so wäre inhaltlich über das Schadenersatzbegehren abzusprechen.

Es ist demnach dem Revisionsrekurs Folge zu geben und das Verfahren an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen. Weder durfte das Erstgericht die Klage im derzeitigen Verfahrensstadium wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückweisen, noch das Gericht zweiter Instanz die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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