OGH 7Ob723/86

OGH7Ob723/8626.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** DER G*** W*** FÜR N***, H*** N***,

Wien 1., Herrengasse 10, vertreten durch Dr. Erhard Doczekal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Kurt G***, Kellner, Wien 3., Hofmannstalgasse 10/7/1/5, vertreten durch Dr. Otto Köhler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 83.511,03 s.A. und Feststellung (Streitwert S 10.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. September 1986, GZ. 11 R 147/86-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Februar 1986, GZ. 4 Cg 45/85-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 83.511,03 samt 4 % Zinsen seit 15.3.1985 zu bezahlen. Die beklagte Partei hat der klagenden Partei 50 % jener tatsächlichen Zahlungen zu ersetzen, die die klagende Partei aufgrund des Vorfalles vom 18.2.1977 an Johann F*** künftig zu leisten hat, soweit diese 50 % des künftigen Schadens des Johann F*** übersteigen.

Das Zinsenmehrbegehren von 4 % Zinsen aus S 83.511,03 vom 25.5.1981 bis 14.3.1985 und das Feststellungsmehrbegehren werden abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 31.362,10 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 11.272,-- Barauslagen und S 1.826,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei betreibt in St.Pölten eine Fachschule für Fremdenverkehr. Der am 30.6.1962 geborene Johann F***, der am 6.5.1960 geborene Johann Dieter G*** und der am 18.7.1962 geborene Beklagte waren im Schuljahr 1976/1977 Schüler dieser Fachschule. Im Zuge ihrer Ausbildung hatten sie auch ohne ständige Beaufsichtigung in der Waschküche zu arbeiten, in deren Vorraum ein Getränkeautomat aufgestellt war. Am 16.2.1977 hatte die für die Wäscherei zuständige Fachlehrerin Eveline A*** in der Waschküche das für die Waschmaschinenreinigung verwendete, stark ätzende Entkalkungsmittel Topmacic in eine Aluminiumkanne gefüllt, wie sie im Internat als Serviergeschirr verwendet wurde, und die Kanne ohne entsprechende Beschriftung auf einem Regal neben der Waschmaschine, wo auch andere Reinigungsmittel standen, abgestellt. Am 18.2.1977 wollten Johann Dieter G*** und der Beklagte dem Johann F*** einen Streich spielen. Sie nahmen an, daß sich in der Teekanne abgestandener Zitronentee befinde. Johann Dieter G*** füllte von der in der Teekanne befindlichen Flüssigkeit etwas in eine leere Sprite-Flasche. Die Flüssigkeit hatte ein öliges, dickflüssiges und leicht gelbliches Aussehen. Sie sah nicht wie Tee aus, sondern war viel lichter und geruchlos. Nachdem Johann Dieter G*** die Sprite-Flasche mit Leitungswasser ergänzt hatte, sah der Flascheninhalt einer Sprite-Limonade ähnlich. Als Johann F*** in den Wäschereiraum zurückkehrte, boten ihm Johann Dieter G*** und der Beklagte aus der Sprite-Flasche zum Trinken an. Johann F*** erlitt schwere Verätzungen der Mundhöhle und der Speiseröhre mit Narbenbildung und befand sich längere Zeit in stationärer Behandlung, da sich die Speiseröhre infolge der Narbenbildung immer wieder verengte. Weitere Schäden sind nicht auszuschließen.

Eveline A*** wurde vom Bezirksgericht St.Pölten mit Strafverfügung vom 9.5.1977 (7 U 525/77) rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4 erster Fall StGB schuldig erkannt. Dem Schuldspruch wurde zugrundegelegt, daß Eveline A*** das ätzende Entkalkungsmittel in die Aluminiumteekanne gefüllt und diese ohne entsprechende Beschriftung auf dem Regal in der Waschküche abgestellt hatte.

Johann F*** brachte am 15.2.1980 beim Bezirksgericht Amstetten (GZ C 88/80 ) gegen Eveline A***, Johann Dieter G*** und den Beklagten eine Klage auf Feststellung der Solidarhaftung für künftige Schäden aus dem Schadensereignis vom 18.2.1977 ein. Gegen Eveline A*** trat in jenem Rechtsstreit am 31.10.1980 Ruhen des Verfahrens ein. Johann Dieter G*** schloß mit Johann F*** bei der Tagsatzung am 31.10.1980 einen Vergleich im Sinne des Klagebegehrens. Der Beklagte wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Amstetten vom 28.3.1981 im Sinne des Klagebegehrens verurteilt. Seine Berufung blieb erfolglos.

Mit einer gleichfalls am 15.2.1980 beim Landesgericht für ZRS Wien (GZ 7 Cg 75/80) eingebrachten Klage begehrte Johann F*** von der nunmehr klagenden Partei für die bei dem Vorfall am 18.2.1977 erlittenen Verletzungen den Ersatz seines Sachschadens und ein Schmerzengeld. Mit Vergleich vom 17.6.1980 verpflichtete sich die klagende Partei, dem Johann F*** S 269.944 (S 233.000 an Schmerzengeld, S 35.000 als Ersatz der Aufwendungen für Behandlungsfahrten und S 1.944 als Ersatz der Kosten eines Gutachtens) zu bezahlen. Durch die Bezahlung dieses Betrages sollten alle bisherigen und künftigen Schmerzen des Johann F*** bis 17.2.1992 abgegolten sein. Die klagende Partei machte in der Folge beim Landesgericht Klagenfurt (GZ 25 Cg 219/82) Regreßansprüche gegen Johann Dieter G*** geltend. Mit Urteil vom 29.8.1984 erkannte in jenem Verfahren das Oberlandesgericht Graz Johann Dieter G*** schuldig, der klagenden Partei 1/4 der erbrachten Leistungen zu ersetzen.

Die klagende Partei behauptet, daß ihr Haftpflichtversicherer, die Versicherungsanstalt der Österreichischen Bundesländer (im folgenden nur Bundesländer-Versicherung) an den Geschädigten S 233.000 Schmerzengeld und S 35.000 Fahrtkostenersatz geleistet und die Regreßforderungen der Austria, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (im folgenden nur Austria-Versicherung) von S 12.875 und die Regreßforderung der Versicherung der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich (im folgenden nur Versicherung der gewerblichen Wirtschaft) von S 53.169,40 bezahlt habe. Die klagende Partei begehrt mit der am 15.2.1985 eingebrachten Klage, gestützt auf eine Forderungsabtretung der Bundesländer-Versicherung, den Ersatz eines Viertels der obgenannten Versicherungsleistungen von zusammen S 334.044,40 s.A. Mit dem Leistungsbegehren verband die klagende Partei das Begehren auf Feststellung, daß ihr die beklagte Partei zum Ersatz eines Viertels der Leistungen verpflichtet ist, die an Johann F*** aufgrund des Vorfalles vom 18.2.1977 erbracht werden.

Der Beklagte behauptet, daß ihm keine Fahrlässigkeit bei dem Vorfall vom 18.2.1977 zur Last falle. Er bestreitet einen Regreßanspruch der klagenden Partei, die behauptete Forderungsabtretung und die Zahlungen des Haftpflichtversicherers und wendet überdies Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen wendete die Austria-Versicherung aus Anlaß des Vorfalles vom 18.2.1977 für Johann F*** an Arzt-,

Operations- und Krankenpflegekosten sowie an Taggeld S 19.312 auf und begehrte von der Bundesländer-Versicherung den Ersatz eines Betrages von S 12.875. Die Versicherung der gewerblichen Wirtschaft bezahlte aus gleichem Anlaß für Transport-, Krankenhaus- und Medikamentskosten sowie für Fahrtspesen zur Behandlung S 53.169,40 und begehrte gleichfalls von der Bundesländer-Versicherung den Ersatz dieses Betrages. Die Bundesländer-Versicherung befriedigte die erhobenen Ansprüche der Austria-Versicherung am 1.9.1981 und die der Versicherung der gewerblichen Wirtschaft am 25.2.1981. Sie bezahlte an den Geschädigten am 15.9.1980 aufgrund des von der klagenden Partei mit dem Geschädigten abgeschlossenen Vergleiches S 269.944 sowie an Prozeß- und Interventionskosten S 54.000. Die Bundesländer-Versicherung zedierte ihre Regreßansprüche gegen Johann Dieter G*** und den Beklagten von zusammen S 389.988,40 der klagenden Partei. Die klagende Partei nahm diese Zession an. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und erklärte die Revision für zulässig.

Nach der Rechtsansicht der Vorinstanzen hafte die klagende Partei mit den Schädigern dem Geschädigten solidarisch. Ihr Regreßanspruch gegen die übrigen Solidarschuldner unterliege jedoch der dreijährigen Verjährung. Derjenige Solidarschuldner, der im Außenverhältnis mehr bezahle als er nach dem Innenverhältnis bezahlen müsse, bezahle insoweit bloß formell eine eigene, materiell aber eine fremde Schuld. Bei Bezahlung einer bloß formell eigenen, materiell aber fremden Schuld gehe die Forderung des Gläubigers nach § 1358 ABGB kraft Gesetzes auf den Zahlenden über. Der aus diesem Forderungsübergang abgeleitete Regreßanspruch unterliege der gleichen Verjährung wie die übergegangene Forderung. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der Forderung des Johann F*** um einen Schadenersatzanspruch, der der dreijährigen Verjährungsfrist unterliege. Auch für den Regreßanspruch der klagenden Partei gelte daher die kurze Verjährungsfrist, sodaß dieser Anspruch im Zeitpunkt der Einbringung der Klage bereits verjährt gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision der klagenden Partei ist zum Teil berechtigt. Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß Eveline A***, Johann Dieter G*** und der Beklagte die Schädigung des Johann F*** gemeinschaftlich und fahrlässig verursacht haben und mangels Bestimmbarkeit ihrer Anteile gemäß § 1302 ABGB dem Geschädigten solidarisch haften. Der § 1302 ABGB umfaßt nicht nur die Haftung von Mittätern, sondern auch von Nebentätern (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I 295 f). Es kommt daher nicht darauf an, daß Eveline A*** nicht einverständlich mit den übrigen handelte. Es genügt, daß sie an der Kausalkette beteiligt war. Auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die klagende Partei für das Verschulden der Eveline A*** nach § 1313 a ABGB haftet, ist zutreffend. Aus dem unbestrittenen Vorbringen der klagenden Partei ergibt sich, daß sie im Rahmen des § 5 lit.c HKG eine Privatschule für Fremdenverkehr betreibt. Ungeklärt ist, ob dieser Privatschule Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde. Diese Frage kann aber offen bleiben. Soweit einer Privatschule Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde, wurden zwar an die Organe hoheitliche Befugnisse wie die Ausstellung von Zeugnissen, die Abhaltung von Prüfungen, die Ausbildung von Lehramtsanwärtern und die Vollziehung der geltenden Schulrechtsvorschriften übertragen (§ 13 PrivSchG). Nur in diesem Rahmen handeln die Organe der Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht ebenso in Vollziehung der Gesetze wie die Lehrer öffentlicher Schulen (Schragel (Loebenstein-Kaniak) AHG 2 Rdz 106 zu § 1). Im vorliegenden Fall käme lediglich die Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 51 Abs.3 SchUG in Betracht. Diese Bestimmung schreibt die Beaufsichtigung der Schüler unter anderem bei Schulveranstaltungen nur insoweit vor, als diese nach dem Alter und der geistigen Reife der Schüler erforderlich ist. Feststeht zwar, daß die Schüler bei ihrer Tätigkeit in der Waschküche nicht ständig beaufsichtigt waren. Daß eine ständige Beaufsichtigung der im Zeitpunkt des Schadensereignisses fast 15 und 17 Jahre alten Schüler erforderlich gewesen wäre, wurde aber nicht behauptet. Es liegen hiefür auch keine Anhaltspunkte vor. Der aufsichtsführenden Lehrerin wurde auch nicht eine Verletzung ihrer Aufsichtspflicht angelastet, sondern die mangelnde Verwahrung bzw. Kennzeichnung des ätzenden Entkalkungsmittels. Diese gehört aber dem Bereich der Wirtschaftsverwaltung an. Der Geschäftsherr haftet nach § 1313 a ABGB zwar nicht für alle Akte seines Erfüllungsgehilfen, seine Haftung ist aber jedenfalls für jene typischen nachteiligen Folgen gegeben, die mit dem Einsatz eines Gehilfen zu erwarten sind (Koziol aaO II 345). Verwahrt der aufsichtsführende Lehrer einer Privatschule gefährliche Reinigungsmittel so unzureichend, daß ein Schüler zu Schaden kommt, handelt es sich um typische Folgen des Einsatzes eines Gehilfen, sodaß der Privatschulerhalter für das Verschulden des Lehrers nach § 1313 a ABGB einzustehen hat. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht in der Beurteilung der Verjährungsfrage. Nach der bisher ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verjähren Regreßansprüche von Solidarschuldnern i.S. des § 1302 ABGB in der Regel nach 30 Jahren (SZ 52/91; VersR 1974, 456; ZVR 1974/38; SZ 43/15; SZ 37/182; ZVR 1963/66; 8 Ob 63/85; 2 Ob 67/80 ua). Eine kürzere Verjährungsfrist gilt nur dann, wenn sich diese aus dem besonderen Innenverhältnis ergibt, so insbesondere bei schuldhafter Pflichtverletzung aus einem Arbeitsverhältnis (JBl. 1977, 49; ZAS 1969/16; SZ 39/82 ua). Ein solcher Fall liegt jedoch, wie schon das Berufungsgericht hervorgehoben hat, hier nicht vor. Diese Rechtsansicht ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen (Wahle in VersR 1966, 789; Koziol, aaO I 302; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 1302; vgl. auch Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 1489). Sofern ein Schuldner aufgrund seiner Solidarhaftung im Außenverhältnis mehr zahle als er nach dem Innenverhältnis zahlen müsse, bezahle er insoweit eine bloß formell eigene, materiell aber fremde Schuld. Bei Zahlung einer bloß formell eigenen, materiell aber fremden Schuld, gehe die Forderung gemäß § 1358 ABGB auf ihn über. Nach § 1358 ABGB übergegangene Forderungen unterlägen - wie in anderen Fällen einer Legalzession - derselben Verjährung wie der Anspruch des Gläubigers. Es sei auch nicht einzusehen, warum ein Mitschuldner bezüglich der Verjährung nur deshalb schlechter gestellt werden soll, weil ein anderer Mitschuldner vor ihm bezahlt habe. Huber (Die Verjährung von gesetzlichen Rückersatzansprüchen in JBl. 1985, 395 f) hält dieser Auffassung entgegen, daß sie lediglich den Schuldnerschutz beachte, nicht jedoch auch das Interesse des Zahlenden (Regreßgläubigers) und daß sie mit den Zielsetzungen des Verjährungsrechtes nicht vereinbar sei.

Nach § 896 Satz 1 ABGB ist ein Mitschuldner zur ungeteilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, berechtigt, auch ohne geschehene Rechtsabtretung von den übrigen Ersatz und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältnis unter ihnen besteht, zu gleichen Teilen zu fordern. Dieses Rückgriffsrecht besteht auch ohne geschehene Rechtsabtretung (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 896; Ehrenzweig, System 2 II/1 105; Gschnitzer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 141). Nach Gschnitzer (in Klang 2 IV/1 315) gingen zwar die Gläubigerrechte auf den Zahlenden über, es liege jedoch keine gewöhnliche cessio legis vor. Koziol, nach dessen Meinung § 1358 ABGB für alle Gesamtschuldverhältnisse gilt (vgl. Gamerith aaO Rdz 1 zu § 1358), nimmt, wie schon oben dargelegt wurde, einen Forderungsübergang nach § 1358 ABGB an. Die Rechtsprechung behandelt den internen Ausgleichsanspruch des Solidarschuldners nach den §§ 896, 1302 ABGB im Regelfall als eigenen Anspruch (SZ 43/15; ZVR 1971/232; ZVR 1967/14; ZVR 1963/66;

SZ 28/52). Diese Ansicht wird auch überwiegend im Schrifttum vertreten (Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 109;

Wolff in Klang 2 VI 56; Fenzl, Der Rückersatz nach den Haftpflichtgesetzen in ÖJZ 1949, 413 f; Weiss, Der Rückgriff im Schadenersatzrecht in JBl. 1947, 531; Edlbacher in ZAS 1969, 105, der zutreffend darauf hinweist, daß der Rückgriffsanspruch seine rechtliche Grundlage nicht in einer Schadenersatzpflicht, sondern im Gemeinschaftsverhältnis hat. Auch Gschnitzer (aaO) hebt hervor, daß sich Art und Umfang der Regreßforderung nach dem Innenverhältnis richten. Die Rechte des Mitschuldners sind zum Teil weitergehend als die des Gläubigers, zum Teil weniger weitgehend.

In Deutschland ist es bei vergleichbarer Rechtslage (§ 426 Abs.1 BGB: Die Gesamtschuldner sind im Innenverhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist) herrschende Auffassung, daß der Ausgleichsanspruch des Solidarschuldners ein selbständiger Anspruch ist (Palandt 44 461; Soergel-Wolff 11 Rdz 39 zu § 426; Selb in Münch.Komm. 2 Rdz 11 zu § 426), der mit dem Anspruch des befriedigten Gläubigers nichts zu tun hat (BGB-RGRK 12 Rdz 5 zu § 426). Der Ausgleichsanspruch unterliegt der 30jährigen Verjährungsfrist, unabhängig von der Verjährung, die für den Anspruch des Gläubigers gilt (BGB-RGRK Rdz 7 zu § 426; Palandt aaO; Soergel-Wolff aaO; NJW 1972, 942). Auch wenn sich die gesamtschuldnerische Haftung aus einer unerlaubten Handlung ableitet, verjährt der Ausgleichsanspruch des Solidarschuldners nicht etwa in der kürzeren Verjährungsfrist des § 852 BGB, sondern nach der 30jährigen Frist des § 195 BGB (VersR 1960, 996). Nach § 426 Abs.2 BGB geht, soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleich verlangen kann, die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Diese Konkurrenz des zedierten Anspruches mit dem Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs.1 BGB gibt dem Ausgleichsgläubiger die freie Wahl, welche Rechtsgrundlage er geltend machen will. Die eventuell kürzere Verjährungsfrist des zedierten Anspruches hat keine Auswirkung auf die längere Verjährungsfrist des Anspruches aus § 426 Abs.1 oder auf die Verjährungsfrist des Anspruches aus dem besonderen Innenverhältnis (Selb, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, 115; NJW 1972, 942).

Bei Beurteilung der Verjährungsfrage ist zunächst davon auszugehen, daß es sich nach herrschender Ansicht bei dem Regreßanspruch des Solidarschuldners nach § 896 ABGB um einen eigenen Anspruch handelt. Ob ein Solidarschuldner nach § 1302 ABGB, der den Geschädigten befriedigte, insoweit eine nur formell eigene Schuld tilgte, als er einen die Haftungsquote im Innenverhältnis übersteigenden Betrag bezahlte, erscheint fraglich, kann aber unerörtert bleiben. Selbst wenn man davon ausgeht und - folgend der Ansicht Koziols - einen teilweisen Forderungsübergang nach § 1358 ABGB annimmt, ergibt sich, daß dem zahlenden Solidarschuldner für einen allfälligen Regreß gegen die übrigen zwei Anspruchsgrundlagen zur Verfügung stehen, zwischen denen er wählen kann. Macht der Solidarschuldner einen Regreßanspruch nach § 896 ABGB geltend, kann darauf eine allenfalls für die Forderung des Gläubigers geltende kürzere Verjährungsfrist keinen Einfluß haben. Daß bei einer schadenersatzfremden Beurteilung des Rückgriffsanspruches nicht die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, sondern eine andere, besonders die allgemeine Verjährungsfrist des § 1478 ABGB heranzuziehen ist, kann nicht schlechthin als sachlich verfehlt angesehen werden (Ehrenzweig-Mayrhofer aaO 333). Die unterschiedliche Verjährung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Gesamtschuldner einerseits und zwischen den Gesamtschuldnern andererseits rechtfertigt, soferne nicht zwischen den Solidarschuldnern ein besonderes Verhältnis besteht, keine sinngemäße Anwendung kürzerer Verjährungsbestimmungen, weil dem Argument der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten im Verhältnis zwischen den Solidarschuldnern nicht dieselbe Bedeutung zukommt und hinsichtlich der Ausgleichsquoten mangels eines besonderen Verhältnisses ohnehin eine gesetzliche Regelung besteht. Der erkennende Senat hält daher an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach Regreßansprüche der Solidarschuldner in der Regel in 30 Jahren verjähren.

Im vorliegenden Fall stützte sich die klagende Partei, wie sich aus ihrem Vorbringen zweifelsfrei ergibt, auf einen Ausgleichsanspruch nach den §§ 1302, 896 ABGB und nicht auf einen Forderungsübergang nach § 1358 ABGB. Der geltend gemachte Anspruch ist daher noch nicht verjährt.

Für die Höhe der Rückgriffsforderung nach den §§ 1302, 896 ABGB ist der Verursachungs-, Schuld- und Rechtswidrigkeitsanteil der Beteiligten entscheidend (ZVR 1967/14; 7 Ob 27/77 ua). Dem Beklagten und Johann Dieter G*** fällt in gleicher Weise zur Last, daß sie schon nach dem Ort und den Umständen der Aufbewahrung der Teekanne sowie der Beschaffenheit der Flüssigkeit Zweifel haben mußten, ob es sich tatsächlich um Tee handelte. Wenn sie dessenungeachtet dem Johann F*** diese Flüssigkeit zum Trinken anboten,

handelten sie fahrlässig. Gegenüber der Sorglosigkeit der Lehrerin ist der sie treffende Schuldvorwurf zwar geringer zu bewerten, ein Mitverschulden von je 1/4 erscheint aber nicht zu hoch. Da der Beklagte eine Haftung und einen Regreßanspruch der klagenden Partei bestreitet, ein weiterer Schaden des Geschädigten jedoch ebensowenig auszuschließen ist wie die Möglichkeit, daß die klagende Partei hiefür zur Gänze in Anspruch genommen wird, ist auch ein rechtliches Interesse der klagenden Partei an der alsbaldigen Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten gegeben (vgl. SZ 42/172). Ein weiterer Regreßanspruch der klagenden Partei kann jedoch nur insoweit entstehen, als die klagende Partei mehr bezahlt, als im Innenverhältnis auf sie entfiele. Zwischen den Solidarschuldnern ist der Schaden im Verhältnis 2 : 1 : 1 zu teilen. Die klagende Partei hat daher auch von künftigen Schäden die Hälfte selbst zu tragen und kann erst dann, wenn sie mehr als diese Quote bezahlte, vom Mehrbetrag die Hälfte vom Beklagten verlangen. Insoweit das Feststellungsbegehren darüber hinausgeht und die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten im Ausmaß von 1/4 für jede Leistung und auch für die Leistung eines Dritten (hier wohl des Haftpflichtversicherers der klagenden Partei) umfaßt, ist es daher unberechtigt. Die klagende Partei hat nur eine Zession der bereits entstandenen Regreßansprüche ihres Haftpflichtversicherers behauptet. Nur insoweit wurde auch eine Zession vom Erstgericht festgestellt. Es kann daher unerörtert bleiben, ob künftige Regreßansprüche des Haftpflichtversicherers überhaupt abtretbar wären (vgl. hiezu Ertl in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1393). Das Zinsenmehrbegehren ist gleichfalls unberechtigt, weil ein Anspruch auf Verzugszinsen mangels eines bestimmten Zahlungstages erst mit der Einmahnung entsteht. Eine Einmahnung wurde von der klagenden Partei aber nicht einmal behauptet.

Demgemäß ist der Revision teilweise Folge zu geben. Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 43 Abs.1 und 50 ZPO.

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