OGH 1Ob264/03k

OGH1Ob264/03k12.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** OEG, ***** vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Robert N*****, vertreten durch Mag. Klaus Zotter, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 4.971,69 sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 22. Mai 2003, GZ 17 R 52/03x-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Jänner 2003, GZ 3 C 2905/00k-38, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Ein privater Bauherr beauftragte die Klägerin unter anderem mit der Lieferung und Montage von Innentüren. Die Klägerin bestellte diese Türen einer bestimmten Marke beim Beklagten. Mit Schreiben vom 22. 7. 1999 bestätigte dieser den Auftrag mit einem Preisvolumen von EUR 7.301,94 und lieferte im Dezember 1999 die bestellten Türelemente. Diese waren von einem italienischen Unternehmen hergestellt und an den Beklagten ausgeliefert worden. Diese prüfte die Türen bei deren Einlangen durch Aufreißen eines kleinen Teils der Verpackung, wobei keine Mängel festgestellt wurden. Mitte Dezember 1999 erfolgte der Einbau der im bereits beheizten Haus des Bauherrn gelagerten Türen und Türstöcke. Die Klägerin beauftragte mit dem Einbau der Türen ein Subunternehmen, das zunächst die Verpackungen entfernte. Zu diesem Zeitpunkt bestanden an der Lackoberfläche noch keine Beschädigungen in Form von Lackrissen, doch waren ein Schiebetürenelement und die Stocklichte eines Schrägelements nicht bestellungskonform. Das Subunternehmen der Klägerin baute in der Folge Türstöcke und Türen ein. Nach Rüge holte der Beklagte die nicht passende Schiebetüre und das Schrägelement ab. Etwa sechs Wochen nach der Montage der Türen nahm der Bauherr Lackrisse an den Türstöcken, an Türbändern und auch an den Türblättern wahr. In weiterer Folge rügte die Klägerin diese Lackmängel telefonisch beim Beklagten. Dieser besichtigte im März 2000 die gerügten Mängel im Haus des Bauherrn. Da er in der Klägerin einen zukünftigen Geschäftspartner sah, erklärte er, den Schaden kulanzweise beheben zu wollen. Mit Schreiben vom 11. 4. 2000 sagte er dem Bauherrn den Austausch und die neuerliche Lieferung der reklamierten Elemente zu. Dazu kam es jedoch in der Folge nicht, weil das italienische Herstellerunternehmen insolvent wurde. Nach der Erklärung des Bauherrn, vom Vertrag in Ansehung der Teilleistung der Innentüren zurückzutreten, wurden diese vom Subunternehmen der Klägerin wieder demontiert. Die Höhe des Schadens ist bei einem Austausch der beschädigten Teile mit EUR 4.971,69 zu bewerten. Die zeitliche Zuordnung des Schadens war dem Erstgericht nicht möglich. Die Schäden können sowohl vor als auch während der Montage, aber auch danach entstanden sein. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist jedoch davon auszugehen, dass der größere Anteil der Schäden bei der Montage entstanden ist.

Mit ihrer am 16. 11. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, den Beklagten aus dem Titel Schadenersatz und Gewährleistung zur Zahlung des in einem Beweissicherungsverfahren ermittelten Schadens in der Höhe von ATS 68.412 schuldig zu erkennen. Der Beklagte habe persönlich die aufgetretenen Mängel begutachtet und sofortige Mängelbehebung zugesagt. Ein Montagefehler liege nicht vor. Derartiges habe nicht einmal der Beklagte bei der Besichtigung behauptet. Mit seinem Schreiben vom 11. 4. 2000 habe der Beklagte ausdrücklich zugesagt, die beschädigten Elemente auszutauschen. Die vom Subunternehmen der Klägerin durchgeführten Arbeiten seien ordnungsgemäß gewesen, sodass die vom Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren festgestellten Mängel ausschließlich in den Bereich des Beklagten fielen. Der Bauherr habe der Klägerin mit Abtretungserklärung vom 16. 11. 2000 alle ihm zustehenden Ansprüche gegen den Beklagten zediert.

Der Beklagte wendete ein, die Ware sei bei Ablieferung an den Bauherrn mängelfrei gewesen. Die Mängel gingen ausschließlich auf unsachgemäße Montagearbeiten zurück. Es liege ein beiderseitiger Handelskauf vor, doch sei keine unverzügliche Mängelrüge im Sinn des § 377 HGB erfolgt. Obwohl der Beklagte die gerügten Mängel nicht zu vertreten habe, habe er im Sinne einer Kulanzlösung erklärt, sich für die Mängelbehebung einsetzen zu wollen. Die im Schreiben vom 11. 4. 2000 verwendeten Formulierungen seien ausschließlich auf die mangelnde Rechtskunde des Beklagten zurückzuführen und stellten kein Anerkenntnis dar. Die Klage sei, weil von einer sechsmonatigen Gewährleistungsfrist auszugehen sei, verfristet. Auch ein allfälliges Schadenersatzbegehren der Klägerin bestehe nicht zu Recht, weil den Beklagten jedenfalls am Entstehen der Mängel kein Verschulden treffe. Selbst wenn das Herstellerunternehmen mangelhafte Ware geliefert habe, hätte dies dem Beklagten nicht auffallen müssen. Auch habe die Klägerin nicht vorgebracht, dass sie den Klagsbetrag an den Bauherrn zu zahlen habe. Ebenso habe sie keine Behauptungen darüber aufgestellt, welche konkreten Schäden sich für sie aus dem Teilrücktritt des Bauherrn ergeben, sodass das Klagebegehren im Vorbringen keine Deckung finde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Mängel in Form von Lackrissen seien im Zeitpunkt der Ablieferung der Türelemente noch nicht vorgelegen. Sie seien vielmehr erst sechs Wochen nach der Montage aufgetreten. Da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Risse hauptsächlich durch die Montage verursacht worden seien, fielen diese Mängel in die Sphäre der Klägerin. Zu dem an den Kunden der Klägerin gerichteten Schreiben des Beklagten vom 11. 4. 2000, wonach der Beklagte dem Kunden die Behebung der Lacksprünge zusicherte, sei darauf zu verweisen, dass zwischen dem Beklagten und dem Kunden der Klägerin kein Vertragsverhältnis bestanden habe und dass diese Erklärung lediglich aus Kulanzgründen abgegeben worden sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil im klagsstattgebenden Sinn (abgesehen von der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens) ab. Seinen ursprünglichen Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte es aufgrund eines Antrags gemäß § 508 ZPO in einen solchen auf Zulassung der Revision ab. Auszugehen sei von der Feststellung, der Beklagte habe im März 2000 bei Besichtigung der Türelemente im Haus des Bauherrn die Schadensbehebung zugesichert und diese Zusage mit Schreiben vom 11. 4. 2000 bekräftigt. Diese Erklärung des Beklagten könne insgesamt nur so verstanden werden, dass die Behebung der gerügten Mängel zugesagt worden sei. Der Bauherr habe daher gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Behebung der in diesem Verfahren strittigen Mängel. Diesen Anspruch habe der Bauherr an die Klägerin abgetreten. Das "Bestehen dieser Zession" habe der Beklagte nicht bestritten. Es sei daher im Sinn des § 266 ZPO von einer wirksamen Abtretung auszugehen, ohne dass es dazu weiterer Feststellungen bedurft hätte. Aufgrund der Zession bestehe der Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu Recht.

Die dagegen erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

In der Verhandlung vom 13. 3. 2001 (ON 8) hat die Klägerin die Abtretungserklärung vom 16. 11. 2000 vorgelegt und dazu vorgebracht, dass danach der Bauherr alle ihm zustehenden Ansprüche an die Klägerin abgetreten habe. Der Beklagte, der die Echtheit der Urkunde zugestand, verwies zur Richtigkeit darauf, dass zwischen dem Bauherrn und dem Beklagten kein vertragliches Verhältnis bestanden habe und dass deliktische Ansprüche von der Klägerin nicht einmal behauptet worden seien. Es könnten daher keine Ansprüche des Bauherrn bestehen, die an die Klägerin abgetreten werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Die stets von den Umständen des Einzelfalls abhängige (6 Ob 141/99z) Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Wirksamkeit der Zession schlüssig zugestanden, sodass dieses Zugeständnis ohne weiteres der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden könne, ist zutreffend. Gemäß § 267 Abs 1 ZPO hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalts des gegnerischen Vorbringens zu beurteilen, ob tatsächliche Behauptungen einer Partei mangels ausdrücklichen Geständnisses des Klägers als zugestanden anzusehen sind. Nach ständiger Rechtsprechung ist bloß unsubstantiiertes Bestreiten als Geständnis anzusehen, wenn die vom Gegner aufgestellte Behauptung offenbar leicht widerlegbar war, dazu aber nie konkret Stellung genommen wurde (RIS-Justiz RS0039927). Ein schlüssiges Zugeständnis wurde unter anderem insbesondere dann als gegeben erachtet, wenn eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Gegenvorbringen entgegentrat, zum übrigen Vorbringen jedoch inhaltlich nicht Stellung nahm (9 ObA 7/03z). Ein derartiger Fall liegt auch hier vor, hat doch der Beklagte zwar ausführlich dargelegt, warum seiner Ansicht nach eine abzutretende Forderung des Bauherrn gegen ihn nicht bestehen könne, jedoch die Wirksamkeit der Zession an sich mit keinem Wort in Zweifel gezogen. Dies gilt auch für seinen weiteren - grundsätzlich zutreffenden - Einwand, die Zession sei als kausales Verfügungsgeschäft nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft beruhe, hat doch der Zessionar die erforderlichen Behauptungen und Beweise für einen gültigen Rechtsgrund erst dann aufzustellen bzw zu erbringen, wenn der Zessionsschuldner die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestreitet (1 Ob 514/93; 9 Ob 57/03b; RIS-Justiz RS0032510; RS0032652).

Ein konstitutives Anerkenntnis schafft unabhängig von dem bestehenden in der Vergangenheit liegenden Rechtsgrund eine neue selbständige Verpflichtung. Es kommt dadurch zustande, dass der Gläubiger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts ernstlich das Bestehen einer Forderung behauptet und der Schuldner Zweifel am Bestehen der Forderung durch sein Anerkenntnis beseitigt. Maßgeblich sind vor allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses (2 Ob 4/94; RIS-Justiz RS0032779; RS0032818). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die vom Erstgericht festgestellte Zusage des Beklagten, den Schaden zu beheben, stelle im Zusammenhalt mit dem Schreiben vom 11. 4. 2000, in welchem der Austausch der beschädigten Elemente zugesagt wird, ein konstitutives Anerkenntnis dar, folgt dieser Rechtsprechung. Gerade das festgestellte Interesse des Beklagten, in der Klägerin auch in Zukunft einen Geschäftspartner zu behalten, indiziert einen über eine bloße Wissenserklärung hinausgehenden Bindungswillen des Beklagten. Der Zusatz, dass die Zusage aus "Kulanz" erfolge, bedeutet lediglich, dass der Beklagte zwar seine Leistungspflicht bestreite, sich aber dennoch - hier offenkundig aus dem Motiv der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung - zur Mängelbehebung verpflichten wolle. Das Versprechen, aus Kulanz leisten zu wollen, gibt somit lediglich den Standpunkt des Erklärenden, ihn treffe in Wahrheit keine Rechtspflicht zur Leistung, wieder, schwächt aber die Verpflichtungserklärung selbst in keiner Weise ab, sondern weist sie vielmehr als ein die strittige Situation bereinigendes konstitutives Anerkenntnis aus.

Gemäß § 1323 ABGB ist ein Schaden in erster Linie durch Zurückversetzung in den vorigen Stand auszugleichen. Nur wenn dies nicht möglich oder untunlich ist, soll der Schätzwert vergütet werden. Untunlichkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn die Wiederherstellung den berechtigten Interessen des Schädigers widerspricht oder unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Kriterien wegen der hohen Kosten nicht sinnvoll erscheint (SZ 68/101 mwH). Da der Vorrang der Naturalrestitution vor dem Geldersatz im Interesse des Geschädigten vorgesehen ist, wird Untunlichkeit auch schon dann angenommen, wenn der Geschädigte die Wiederherstellung nicht wünscht. Ihm wird damit im Ergebnis das Wahlrecht zwischen der Naturalleistung des Schädigers und Geldersatz eingeräumt, solange damit nicht in berechtigte Interessen des Schädigers eingegriffen wird (4 Ob 118/01h; Reischauer in Rummel ABGB³ § 323 Rz 7). Entgegen der in der Revision geäußerten Ansicht ergibt sich zudem bereits aus der Feststellung des Erstgerichts, dass das italienische Lieferunternehmen in Insolvenz verfallen sei, die Untunlichkeit der Naturalrestitution. Der Zuspruch des - der Höhe nach nicht strittigen (AS 7) - Geldbetrags ist somit gerechtfertigt.

Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 40 ZPO.

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