Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Verwiesen wird auf die Vorentscheidung des erkennenden Senats vom 27. Jänner 1998, 1 Ob 155/97v (SZ 71/5 = JBl 1998, 454 = ZVR 1998/94 = ecolex 1998, 551 [Wilhelm]).
Am 2. Dezember 1983 wurde der damals 36jährige Ehegatte der Klägerin als Beifahrer von einem Gendarmeriebeamten in Ausübung dessen Dienstes getötet. Im Vorverfahren AZ 21 Cg 1008/90 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien machte die Klägerin neben hier nicht relevanten Ansprüchen entgangenen Unterhalt gegen den (auch dort) beklagten Rechtsträger geltend. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien erkannte mit Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO - das anders als ein Zwischenurteil nach § 393 Abs 2 ZPO kein Feststellungsurteil iSd § 228 ZPO ist (1 Ob 155/97v) - vom 27. Jänner 1988 das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend und verhielt mit unangefochten gebliebenem Endurteil vom 21. August 1990 die beklagte Partei a) zur Zahlung von 130.000 S sA an entgangenem Unterhalt für die Zeit von Dezember 1983 bis Dezember 1985 sowie b) zur Leistung einer monatlichen Rente von 5.000 S für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Mai 1986 und von 6.000 S ab 1. Juni 1986. Im Zwischenurteil wurden - auf Grund der Aussagen der Kraftfahrzeuglenkerin und zweier Gendarmeriebeamten, von denen einer die tödlichen Schüsse abgegeben hatte, als Zeugen und eines Sachverständigengutachten - folgende Feststellungen über den Vorfall, der zum Tod des Ehegatten der Klägerin geführt hatte, getroffen:
Am 2. Dezember 1983 fuhr der Ehegatte der Klägerin als Beifahrer in dem von einer näher genannten Kraftfahrzeuglenkerin gelenkten Pkw nach G*****, wo die Kraftfahrzeuglenkerin im Gelände eines näher genannten Unternehmens anhielt und die Zündung und Fahrzeugbeleuchtung ausschaltete. Dadurch vereisten die Seitenscheiben und die Heckscheibe. Der Ehegatte der Klägerin wollte durch die leicht geöffnete Beifahrertür aussteigen, weshalb die Innenbeleuchtung des Pkws in Betrieb war. Gegen 22.15 Uhr patrouillierten zwei Gendarmeriebeamte mit ihrem, mit Blaulicht und Folgetonhorn ausgestatteten und durch die Aufschrift "Gendarmerie" gekennzeichneten Gendarmeriefahrzeug im Industriegebiet G*****, entdeckten den geparkten Pkw und wollten, weil in diesem Industriegebiet mehrfach Einbruchsdiebstähle verübt worden waren, eine Fahrzeugkontrolle durchführen. Dazu näherten sie sich mit Abblendlicht ohne Signalgebung von vorn dem geparkten Pkw und hielten mit einem seitlichen Abstand von etwa 1,5 m neben diesem an. Die Front des Gendarmeriefahrzeugs befand sich auf der Höhe der linken vorderen Tür des Pkws. Die Kraftfahrzeuglenkerin bemerkte die Scheinwerfer des Gendarmeriefahrzeugs und reagierte unter dem Eindruck einer Morddrohung, die sie acht Tage zuvor erhalten hatte, mit panischer Angst.
Sie schrie den Ehegatten der Klägerin zu, er solle die Beifahrertür schließen und verriegelte die Fahrertür. Zufolge der beschlagenen Windschutzscheibe erkannten beide nicht, dass es sich um ein Gendarmeriefahrzeug handelte. Ein Gendarmeriebeamter (im Folgenden nur 1. Gendarmeriebeamter) stieg aus und ging zur Fahrertür des Pkws, wobei er wegen der beschlagenen bzw vereisten Fenster lediglich die Umrisse einer Gestalt auf dem Fahrersitz wahrnehmen konnte. Er zog seine geladene Dienstwaffe, klopfte an das Seitenfenster und fasste den Griff der Fahrertür, die - weil verriegelt - nicht geöffnet werden konnte. Dabei stand er etwa 2 m vom Heck des Pkws entfernt in einem Abstand von etwa 70 cm vom Fahrzeug. Währenddessen hatte sich der 2. Gendarmeriebeamte, um das Gendarmeriefahrzeug herumgehend, in einer Entfernung von 1,20 - 1,50 m vor der Frontmitte des Pkws aufgestellt, leuchtete mit seiner Rotlichtlampe und rief "Gendarmerie". Dadurch, dass die Beamten an die Scheibe klopften, verstärkte sich die Stresslage der Kraftfahrzeuglenkerin; sie geriet in unkontrollierte Panik, startete ihren Pkw und fuhr mit starker Beschleunigung in Richtung des 2. Gendarmeriebeamten, der sich mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit brachte. Aufgrund der beschlagenen bzw teil auch vereisten Fenster hatte weder die Kraftfahrzeuglenkerin noch der Ehegatte der Klägerin erkennen können, dass Gendarmeriebeamte eine Amtshandlung durchführen wollten. Der Ehegatte der Klägerin unternahm "daher" auch keinen Versuch, die Kraftfahrzeuglenkerin von ihrem Fahrmanöver abzuhalten. Die beiden Gendarmeriebeamten konnten das Kennzeichen des Pkw nicht ablesen. Der
1. Gendarmeriebeamte, der noch immer die linke Hand am Griff der Fahrertür gehabt hatte, wurde durch das Losfahren des Pkws zu Boden gerissen. Während er zur Seite sprang, rief der 2. Gendarmeriebeamte seinem Kollegen zu: "Pass auf, das sind Einbrecher". Der 1. Gendarmeriebeamte richtete sich vom Boden in einer Art Hockposition auf, spannte den Hahn seiner Dienstwaffe und gab einen Schuss ab, wobei er auf den linken Hinterreifen des Pkws zielte. Vom Zeitpunkt des Aufrichtens bis zum Lösen des Schusses vergingen etwas 2 sec. Die Waffe befand sich bei Schussabgabe etwa 1 m über dem Boden. Der Pkw war mit einer starken Beschleunigung von 3 m/sec2 ohne Durchdrehen der Räder, die vorher nach links eingeschlagen waren, losgefahren und legte bis zur Schussabgabe in einer leichten Linkskurve mit einem Winkel von etwa 9 Grad einen Weg von etwa 8 m zurück, wofür er 2,3 Sekunden brauchte. Im Zeitpunkt der Schussabgabe befand sich das Heck etwa 6 m vom 1. Gendarmeriebeamten entfernt, der Winkel zwischen ihm und "der linken äußeren Seitenwand des linken Hinterrades" betrug bei 6 m Entfernung etwa 19 Grad. Nach dem 1. Schuss wartete der 1. Gendarmeriebeamte einige Sekunden ab und gab dann mangels Wirkung des 1. Schusses einen zweiten ab, um den linken hinteren Reifen zu treffen. Einer der beiden Schüsse durchschlug die Heckscheibe in einer Höhe von 1,05 m vom Boden gemessen und traf den Ehegatten der Klägerin, der auf dem Transport ins Spital seinen Schussverletzungen erlag. Die Entfernung des Pkws bei Abgabe des 2. Schusses konnte nicht näher festgestellt werden. Motiv für die Schussabgabe war, den flüchtenden Wagen zu stoppen. Welcher der beiden Schüsse durch die Heckscheibe drang und den Ehegatten der Klägerin traf, konnte nicht festgestellt werden. Der Pkw kam nach dem 2. Schuss in einer Entfernung von etwa 240 m zum Stillstand.
Bei Abgabe beider Schüsse herrschte "Schneelicht"; es gab keine Straßenbeleuchtung, sondern nur ein Beleuchtungskörper auf dem Werksgelände und die Lichter des Pkws strahlten Licht ab. Die Dienstwaffe FN-mod 35 System Browning 9 mm Parabellum des 1. Gendarmeriebeamten ist in Funktion und Zielgenauigkeit sehr gut; er wurde an dieser Waffe ausgebildet und nahm zweimal jährlich an Übungsschießen teil, hatte aber keine weitere Schießvorbildung. Die Günstigste mögliche Ausgangslage für den Einsatz wäre es gewesen, wäre das Gendarmeriefahrzeug schräg vor dem verdächtigen Pkw angehalten worden, was die Flucht nach vorne verhindert und ausreichend Zeit zum Aufschließen bei einer eventuellen Rückwärtsfahrt des verdächtigen Pkws zugelassen hätte. Ein Beamter hätte aus der Deckung des Gendarmeriefahrzeugs die Sicherung des kontrollierenden Beamten übernehmen oder schräg hinter dem verdächtigen Pkw Aufstellung nehmen können. Der kontrollierende Beamte hätte sich mit der auf Rotlicht geschalteten Taschenlampe zur Kontrolle an die Fahrertür begeben und der sichernde Beamte hätte aus sicherer und günstiger Schussposition die Reifen oder den Motor seitlich beschießen können. Aus seiner Position hätte der 1. Gendarmeriebeamte angesichts seiner Überraschung, bei den gegebenen Lichtverhältnissen und im Hinblick auf den Waffentyp nicht mit Sicherheit rechnen dürfen, dass er den linken Hinterreifen des Pkw treffen werde.
Ausgehend von diesen Feststellungen wurde entgegen dem Prozessvorbringen der beklagten Partei die Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns (Verstoß gegen § 7 WaffengebrauchsG) und das Verschulden des Organs des Rechtsträgers angenommen. Die Klägerin erhob als unterhaltsberechtigte Hinterbliebene nach ihrem Ehemann im Vorverfahren gegen die beklagte Partei weder ein Begehren iSd § 228 ZPO auf Feststellung deren Haftung für künftige Schäden, noch stellte sie einen entsprechenden Zwischenantrag auf Feststellung; sie begehrte im vorliegenden Verfahren vom Rechtsträger aus dem Titel der Rentenerhöhung wegen geänderter Verhältnisse die Nachzahlung entgangenen Unterhalts von zuletzt und näher aufgeschlüsselt (Klageeinschränkung und Klageausdehnung im zweiten Rechtsgang ON 43) 382.556,22 S sA für die Jahre 1993 bis 2000 sowie die Zahlung eines weiteren monatlichen Betrags von 4.200 S zusätzlich zur bereits zugesprochenen Rente von 6.000 S ab 1. Jänner 2001. Sie führte dazu wesentlich geänderte, näher dargestellte Verhältnisse seit der Rentenfestsetzung im Vorverfahren ins Treffen. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, berief sich teils auf eine rechtskräftige Entscheidung, teils auf Verjährung (insbesondere der Kapitalsbeträge für den Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis 24. Oktober 1997 [Zeitpunkt der Klageeinbringung]) sowie auf Verjährung des Erhöhungsbegehrens, das sich aus der Berücksichtigung der Einkommenssteuer (ESt), dem Wegfall der Fixkosten und der Erhöhung der Konsumquote der Klägerin infolge Wegfalls konkurrierender Unterhaltspflichten ergebe. Im ersten Rechtsgang wiesen die Vorinstanzen das Klagebegehren wegen Verjährung ab.
Der erkennende Senat hob die Vorentscheidungen mit dem schon erwähnten Beschluss 1 Ob 155/97v-16 auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Dazu vertrat er die für das weitere Verfahren bindende Rechtsansicht (§ 511 Abs 1 ZPO), der Schaden sei "unbestrittenermaßen" - die beklagte Partei hatte in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Rechtswidrigkeit und das Verschulden ihres Organs nicht bestritten - durch ein schuldhaft rechtswidrig handelndes Organ in Vollziehung der Gesetze eingetreten und der Klägerin stehe deshalb zufolge § 1 Abs 1 AHG ein Schadenersatzanspruch wegen Amtshaftung zu. Wenngleich eine Hinterbliebenenrente nach § 1327 ABGB rechtskräftig zuerkannt worden sei, könnten grundsätzlich doch sowohl der Berechtigte wie auch der Verpflichtete eine spätere Änderung der Urteilsgrundlagen, insbesondere der Lohn- und Wirtschaftsverhältnisse, geltend machen, was sich aus der Geltung der clausula rebus sic stantibus für Renten nach § 1327 ABGB ergebe. Bei zeitlich gedehnten Schäden müsse für vorhersehbare Folgeschäden mit Feststellungsklage vorgegangen werden, während für nicht vorhersehbare neue schädigende Wirkungen eines Schadensfalls die Verjährung vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme an zu laufen beginne. Im konkreten Fall hänge die Beurteilung der Verjährungsfrage davon ab, ob die nach den Klagebehauptungen eingetretenen Schäden vorhersehbar gewesen seien. Während der Wegfall konkurrierender Unterhaltspflichten (Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder und damit Erhöhung der "Konsumquote" der klagenden Witwe) vorhersehbar sei und daher zur Vermeidung der Verjährung eine Feststellungsklage oder ein Zwischenantrag auf Feststellung hätte erhoben werden müssen, gelte dies weder für die Geldentwertung noch für die Erhöhung des (fiktiven) Einkommens des Getöteten nach einem längeren Zeitraum zur Anpassung der Rente an das allgemeine Preis- und Lohngefüge sowie die Erhöhung der Witwenpension. Einwendungen gegen das Erhöhungsbegehren sowie die Höhe und die Dauer des Anspruchs, die im Vorverfahren nicht geltend gemacht oder nicht berücksichtigt worden seien, könnten erhoben werden, weil dort eine Rente für die Zukunft nur aufgrund von Hypothesen habe zugesprochen werden können (Seite 7 des Aufhebungsbeschlusses ON 16). Im Verfahren über eine Klage auf Erhöhung einer Hinterbliebenenrente stünden dem Verpflichteten auch alle Einwendungen aus dem Anspruchsgrund zu, wenn wie hier ein Feststellungsurteil zugunsten des Anspruchswerbers fehle (S 15 des Aufhebungsbeschlusses ON 16).
Daraufhin bestritt die beklagte Partei im zweiten Rechtsgang auch den Grund des Anspruchs mit ausführlichem Vorbringen, warum ihre Organe weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt hätten. Der Todesfall sei allein auf die panische und unüberlegte Fehlreaktion der Fahrzeuglenkerin zurückzuführen. Dem getöteten Ehegatten der Klägerin falle als "Alleinverschulden" zur Last, dass er "in keiner Phase des Geschehens Aktivitäten" gesetzt habe, um die Fahrzeuglenkerin am Wegfahren bzw. an der Flucht zu hindern; die Klägerin müsse sich dieses "Alleinverschulden" anrechnen lassen. Dazu beantragte die beklagte Partei die zeugenschaftliche Vernehmung der beiden einschreitenden Gendarmeriebeamten und der Kraftfahrzeuglenkerin, als deren Beifahrer der Ehegatte der Klägerin getötet worden war, sowie die Verlesung des entsprechenden Strafakts.
Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Teils des Zinsenbegehrens - statt und traf auf Grund der Zeugenaussagen im Vorverfahren und des dort erstatteteten Gutachtens - ohne neuerliche Vernehmung der zwei Gendarmeriebeamten und der Fahrzeuglenkerin und ohne Verlesung des Strafakts - gleiche Feststellungen wie im Zwischenurteil des Vorverfahrens über den Vorfall, der zur Tötung des Ehegatten der Klägerin geführt hatte. Weiters traf der Erstrichter aufgrund eigenen Beweisverfahrens eingehende Feststellungen darüber, welches Einkommen der Ehegatte der nicht berufstätigen Klägerin - die den Haushalt und die damals noch minderjährigen, 1967, 1969 und 1981 geborenen ehelichen Kinder versorgte - in einem Ziviltechnikerbüro hätte erzielen können. Rechtlich schloss das Erstgericht aus dem Vorfall, bei dem der Ehegatte der Klägerin getötet worden war, dass die Abgabe von Schüssen auf den flüchtenden Pkw lebensgefährlich gewesen sei und daher nur unter den Voraussetzungen des § 7 WaffGG hätte erfolgen dürfen. Eine rechtfertigende Notwehrsituation, die einen unmittelbar drohenden oder gegenwärtigen Angriff voraussetze, sei nicht vorgelegen, weil zum Zeitpunkt der Abgabe der beiden Schüsse die gewaltsame Handlung gegen die körperliche Unversehrtheit durch das Anfahren des Pkws bereits abgeschlossen gewesen sei. Auch § 7 Z 3 WaffGG komme nicht zum Tragen, weil das Abstellen und das nachfolgende abrupte Losfahren eines unbeleuchteten Pkws in einem Gelände, auf dem mehrere Einbruchsdiebstähle begangen worden waren, "ohne weitere Handlungen zur Ausführung allfälliger strafbarer Handlungen - ein Verhalten, das nicht einmal die Grenze zur straflosen Vorbereitungshandlung überschritten hätte, - nicht" ausreiche, "einen dringenden Verdacht gegen die Insassen zu begründen". Die Tatsache allein, dass ein Kfz-Lenker bei einer Kontrolle flüchte, könne ihn nicht als gefährlichen Verbrecher "manifestieren"; andernfalls wäre die genannte Bestimmung "in ihrer Ausführlichkeit überflüssig". Die Schussabgabe durch den 1. Gendarmeriebeamten sei auch fahrlässig, somit schuldhaft erfolgt, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine gezielte Schussabgabe zweifelhaft gewesen und daher eine Gefährdung des Lebens nicht auszuschließen gewesen sei. Vor allem bei Abgabe des zweiten Schusses habe sich die Gefährdung im Hinblick auf das sich rasch entfernende Zielobjekt noch weiter verstärkt. Zu berücksichtigen sei dabei auch die von den Gendarmeriebeamten geschaffene ungünstige Ausgangslage, die einen zusätzlichen Überraschungseffekt nach sich gezogen habe. Ein allfälliges Mitverschulden oder gar Alleinverschulden sei dem Ehegatten der Klägerin nicht anzulasten.
Zur Verjährungsfrage folgte der Erstrichter der Rechtsauffassung des erkennenden Senats, dass für nicht vorhersehbare neue schädigende Wirkungen des Schadenfalls die Verjährungsfrist vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme an zu laufen beginne. Vom ursprünglichen Klagebegehren sei die Erhöhung der "Konsumquote" der Klägerin infolge des Wegfalls konkurrierender Unterhaltspflichten bereits verjährt, was die Klägerin zum Anlass einer Klageeinschränkung gemacht habe. Die Geldentwertung und die Erhöhung des (fiktiven) Einkommens des Getöteten nach einem längeren Zeitraum zur Anpassung der Rente an das allgemeine Preis- und Lohngefüge sowie die Erhöhung der Witwenpension gälten als unvorhersehbare Änderungen der für die Bemessung einer Hinterbliebenenrente maßgeblichen Tatumstände. Zur Rechtfertigung des Erhöhungsbegehrens stütze sich die Klägerin letztlich auf eine Erhöhung der - fiktiven - Bezüge ihres getöteten Ehegatten und eine Änderung der von ihr bezogenen Witwenpension und der anteiligen ESt, wobei eine Verjährung des Erhöhungsbetrags, der sich aus der Berücksichtigung der ESt ergebe, nicht eingetreten sei, sei doch die Änderung der ESt "nur eine unvorhersehbare Änderung der für die Bemessung einer Hinterbliebenenrente maßgeblichen Tatumstände", was daher auch für die infolge Änderung der ESt zu zahlenden Rentenbeträge gelten müsse. Es sei doch der Geschädigte nur so zu stellen, dass er nach Abzug der erhöhten ESt den gleichen Betrag wie vor der Änderung der ESt erhalte. In Ansehung des "Wegfalls der Fixkosten" sei - nach Klageeinschränkung - keine Verjährung eingetreten, werde doch hier nichts Neues begehrt. Auch sei unerfindlich, warum die eingeklagten Rückstände für den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis 24. Oktober 1997 verjährt sein sollten. Der Unterhaltsentgang sei nach § 273 Abs 1 ZPO nach freier Überzeugung, aber in Orientierung an die Schätzung durch den Sachverständigen wie folgt festzusetzen: 1993 471.000 S, 1994 509.500 S, 1995 499.100 S, 1996 513.700 S, 1997 527.000 S, 1998 541.500 S, 1999 557.300 S und 2000 574.800 S. Den Beträgen aus unselbstständiger Tätigkeit seien noch brutto 72.000 S aus selbstständiger Tätigkeit hinzuzurechnen und von der "Gesamtsumme" Sonderausgaben abzuziehen, und zwar 1993 bis 1995 1.600 S, 1996 9.000 S und für 1997 bis 2000 400 S. Vom Ergebnis sei eine "42 %ige ESt" unter Berücksichtigung von Absetzbeträgen von 23.500 S für die Jahre 1993 bis 1996 und von 14.700 S für die Jahre 1997 bis 2000 abzuziehen, ebenso die Fixkosten und die 30 %ige Konsumquote für die Kinder. Von dieser Zwischensumme errechne sich die "50 %ige Konsumquote" der Klägerin, der die bereits festgestellten Fixkosten hinzuzurechnen seien. Nach Abzug der Witwenpension ergebe sich der Nettounterhaltsentgang, dem die ESt hinzuzurechnen sei. Nach Abzug der bereits bisher von der beklagten Partei gezahlten Unterhaltsersatz-Rente errechne sich daraus der noch zu leistende Unterhaltsersatzbetrag.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es verneinte die Mangelhaftigkeit des Verfahrens aus Gründen, auf die noch einzugehen sein wird, und billigte die Feststellungen sowie die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision der beklagten Partei ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
a) Wurde ein behaupteter Verfahrensmangel erster Instanz zwar in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint, so kann nach stRsp der Mangel nicht mehr mit Erfolg in der Revision gerügt werden. Dieser Grundsatz ist jedoch u.a. dann unanwendbar, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterließ (Kodek in Rechberger2, § 503 ZPO Rz 3 mwN).
Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei im Vorverfahren zwar die Rechtswidrigkeit und das Verschulden ihrer Organe im vorliegenden Waffengebrauchsfall bestritten, jedoch das Zwischenurteil, in dem die Rechtswidrigkeit und das Verschulden ihrer Organe bejaht worden war, insoweit unbekämpft gelassen und auch im vorliegenden Verfahren erst im zweiten Rechtsgang nach dem Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs ON 16 die Rechtswidrigkeit und das Verschulden ihrer Organe, erkennbar durch Ausführungen im Aufhebungsbeschluss veranlasst, erneut bestritten. Der Erstrichter übernahm in der Frage, wie es zur Tötung des Ehegatten der Klägerin gekommen war, und somit auch zu der hier relevanten Frage der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens der Organe des beklagten Rechtsträgers ohne eigene Beweisaufnahme die Feststellungen (und auch die rechtliche Beurteilung) des Zwischenurteils im Vorverfahren. Das Berufungsgericht verneinte einen darin liegenden und in der Berufung ausdrücklich gerügten Verfahrensmangel aus folgenden Erwägungen:
Die Ausführungen im Aufhebungsbeschluss ON 16 seien "vor allem im Lichte der Umstände zu sehen, dass zum Zeitpunkt, in dem der Oberste Gerichtshof sie ausgesprochen hat, noch keine Bestreitung dem Grunde nach vorgelegen hatte, sodass der Oberste Gerichtshof insoweit festhalten konnte, dass im vorliegenden Fall der Schaden unbestrittenermaßen durch ein schuldhaft rechtswidrig handelndes Organ in Vollziehung der Gesetze eintrat". Auf Seite 7 seines Aufhebungsbeschlusses erwäge der Oberste Gerichtshof auch nur, dass gegen das Erhöhungsbegehren die Höhe und Dauer des Anspruchs betreffende Einwendungen erhoben werden könnten, die im früheren Verfahren nicht geltend gemacht oder nicht berücksichtigt worden seien, weil dort eine Rente für die Zukunft nur aufgrund von Hypothesen zugesprochen habe werden können. Auch zu Seite 15 führe der Oberste Gerichtshof aus, eine Erhöhung könne "wie auch sonst bei Anwendung der clausula rebus sic stantibus" gerechtfertigt sein; erst danach finde sich der Satz, dass "dem Verpflichteten auch alle Einwendungen aus dem Anspruchsgrund" zustehen, wenn ein Feststellungsurteil zugunsten des Anspruchwerbers fehle. Ob Einwendungen zum Anspruchsgrund in einem solchen Verfahren noch zulässig seien oder nicht, lasse sich nach verschiedenen Kriterien beurteilen. Man könnte die Judikaturlinie bemühen, dass neben der unmittelbaren Rechtskraftwirkung eine inhaltliche Bindungswirkung des Vorprozesses für den Folgeprozess anzunehmen sei, wenn zwar keine Identität der Begehren vorliege, aber gewisse Fälle der Präjudizialität vorliegen, vor allem dann, wenn der rechtskräftig entschiedene Anspruch Vorfrage für den "neueren" Anspruch ist, also der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der mit der neuen Klage begehrten Rechtsfolge gehört. Die Rsp habe oft dann eine Bindung angenommen, wenn der inhaltliche Zusammenhang zweier Begehren so eng sei, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in zwei Fällen zur entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatteten. Selbst wenn diese Ansicht von anderen Entscheidungen und auch von der Lehre (zusammenfassend Paul Oberhammer, Objektive Grenzen der materiellen Rechtskraft: Bindung und Präklusion in JBl 2000, 205 ff) bestritten oder zumindest eingeschränkt werde, entspreche es auch der zu billigenden Sicht Paul Oberhammers, dass es bei der Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft um die konkrete Beziehung der Begehren von Vor- und Folgeprozess und die Frage gehe, ob mit dem Begehren das Ergebnis des Vorprozesses konterkariert werden solle (aaO 221). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall möge noch zweifelhaft erscheinen. Jedoch setze sich schon aus dem Rechtsgedanken des § 179 ZPO bei einer Berufung auf die Verneinung eines schuldhaften und rechtswidrigen Verhaltens, die erst erfolge, nachdem sie vom Revisionsgericht obiter in Erwägung gezogen werde, bei der geforderten Prozessförderungs- und Konzentrationspflicht insbesondere eine Partei wie die öffentliche Hand in höchstem Maß dem Verdacht der Prozessverschleppung aus. Allein dies rechtfertige schon hier die Nichtzulassung der Bestreitung dem Grunde nach. Darüber hinaus zeichne sich der vorliegende Fall aber noch dadurch aus, dass die nun erhobenen "Mehrbegehren" nicht etwa aus einem anderen Anspruch resultierten als dem bereits abgeurteilten, sondern nach den Grundsätzen der clausula rebus sic stantibus - aus Verjährungsgründen auf nicht vorhersehbare Änderungen beschränkt - nur eine Fortschreibung des bereits Zugesprochenen für die nun geänderten Umstände darstelle. In einem solchem Fall schiene aber eine unterschiedliche Beurteilung im ersten und im zweiten Prozess so problematisch, dass sie das Berufungsgericht nicht als gerechtfertigt ansehe. Diene die neuerliche Klage nur der Anpassung des bereits Zugesprochenen an die geänderten Verhältnisse, so könne die Zulassung eines neuerlichen Beweisverfahrens über die Frage der rechtswidrigen und schuldhaften Schadenszufügung nicht im Interesse der Rechtsordnung liegen. Damit zeige sich aber, dass neues Tatsachenmaterial zur Frage des rechtswidrigen und schuldhaften Organverhaltens nicht mehr in den Prozess, der nur die Anpassung des bisherigen Anspruchs an geänderte Verhältnisse betrifft, eingeführt werden dürfe. Damit erübrige sich ein Beweisverfahren zum Grund des Anspruchs; das Unterbleiben einer derartigen Beweisaufnahme könne keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründen.
Zu diesen Ausführungen der zweiten Instanz ist Folgendes zu erwägen:
Durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils tritt das Verfahren in den Stand vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zurück. Den Parteien ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, im fortgesetzten Verfahren alle ihnen im erstinstanzlichen Verfahren bis dahin zustehenden Befugnisse wahrzunehmen, vor allem also neue Tatsachen vorzubringen und neue Beweismittel anzubieten, früher nicht beantwortete Behauptungen zu bestreiten oder das Klagebegehren zu ergänzen oder abzuändern. Eine Beschränkung dieser Befugnisse besteht nur insoweit, als im Aufhebungsbeschluss bestimmte Fragen auf Grund des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend entschieden wurden; dann darf die Beantwortung dieser Frage selbst auf Grund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden; abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder aufgerollt werden (SZ 58/182 = JBl 1986, 669 = RZ 1986/45; 1 Ob 228/00m ua; RIS-Justiz RS0042458; Kodek aaO § 496 ZPO Rz 5). Im vorliegenden Fall hat der erkennende Senat in seinem Aufhebungsbeschluss nicht etwa ausgesprochen, die Frage der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens der Organe des Rechtsträgers sei bereits abschließend geklärt, sondern bloß festgehalten, dass deren Verschulden "unbestrittenermaßen" gegeben, also bis zum Zeitpunkt der Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht bestritten worden sei. Der beklagten Partei stand es daher grundsätzlich frei, im zweiten Rechtsgang die Rechtswidrigkeit des Organhandelns und das Verschulden ihrer Organe zu bestreiten.
Der - gegebenenfalls im Berufungsurteil enthaltene - Beschluss, mit dem das Gericht zweiter Instanz den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts nach § 179 Abs 1 ZPO bestätigte, kann im Hinblick auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO - auch aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens - nicht angefochten werden (4 Ob 1573/94 ua, zuletzt 9 ObA 149/01d; RIS-Justiz RS0036878). Hat aber das Erstgericht - wie hier - eine verfahrensrechtliche Entscheidung gemäß § 179 Abs 1 ZPO nicht getroffen und erstmals die zweite Instanz das neue Vorbringen gemäß § 179 ZPO für unstatthaft erklärt, so kann diese Entscheidung des Berufungsgerichts in dritter Instanz überprüft werden (3 Ob 619/77, 6 Ob 330/97s ua; RIS-Justiz RS0036739). Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich aber insoweit nicht, weil es ganz von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob die Voraussetzungen des § 179 Abs 1 ZPO als gegeben angesehen werden können. Eine auffallende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, liegt insoweit nicht vor. Dass die beklagte Partei damit neues Vorbringen erstattete, ebensowenig zweifelhaft sein wie dessen Eignung, das Verfahren erheblich zu verzögern (vgl Fucik in Rechberger2 § 179 ZPO Rz 2). Das Rechtsmittel beschränkt sich insoweit auch auf die Behauptung, die beklagte Partei sei auch nicht gemäß § 179 ZPO von neuen Tatsachenbehauptungen und Beweismitteln ausgeschlossen. Schon deshalb muss eine Mangelhaftigkeit des Berufungserfahrens verneint werden. Auf die von der zweiten Instanz als erheblich beurteilte Rechtsfrage zur Reichweite der Bindung (an die Feststellungen eines Vorprozesses) bei einer Verfahrenskonstellation wie der vorliegenden kommt es demnach nicht mehr an.
b) Auch sonst werden keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung gebracht: Zur Verjährungsfrage hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Vorentscheidung Stellung genommen. Zu der von der zweiten Instanz gebilligten Anwendung des § 273 ZPO durch das Erstgericht bei der Schadensbemessung enthält das Rechtsmittel keinen Hinweis darauf, dass von der stRspr abgegangen worden sei. Auch zur Frage der Rechtswidrigkeit des Verhaltens (taxativ aufgezählte Fälle für einen lebensgefährdenden Waffengebrauch nach § 7 WaffGG) und des Verschuldens der Organe des Rechtsträgers werden keine erheblichen Rechtsfragen aufgezeigt. Dass es sich nur im jeweiligen Einzelfall beurteilen lässt, ob ein Waffengebrauch (durch Exekutivorgane) gerechtfertigt war oder nicht, hat der erkennende Senat bereits zu 1 Ob 168/99h (RIS-Justiz RS0049973) ausgesprochen. Eine auffallende Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz, deren Erwägungen im Einklang mit der Rsp 1 Ob 9/95 = SZ 68/155 ua) stehen, ist nicht zu erkennen. Der Beamte hat bei der ihm überantworteten Entscheidung, ob er von seiner Schusswaffe Gebrauch macht, in ganz besonderem Ausmaß Vorsicht und Aufmerksamkeit walten zu lassen; an seine darauf bezogene Sorgfaltspflicht muss daher ein besonders strenger Maßstab angelegt werden. Der Stellenwert des Menschenlebens in der gesellschaftlichen Wertskala als eines unersetzlichen Gutes gebietet es, im Zweifel von der Schusswaffe nicht Gebrauch zu machen (1 Ob 9/95 mwN).
Mangels Bindung an den Zulassungsausspruch der zweiten Instanz (§ 508a Abs 1 ZPO) ist demnach die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 40 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen.
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