Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.119,24 EUR (darin enthalten 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagte Partei verkaufte der klagenden Konsumentin im Dezember 2006 Wertpapiere um 17.000 EUR (Garantiezertifikate „D*****“). Der Werbefolder der beklagten Partei bescheinigte diesem Wertpapier „100%ige Sicherheit“ und sprach von „100 % Kapitalgarantie“. In der Folge gerieten sowohl die Emittentin als auch die - in der Werbebroschüre nicht genannte - Garantin in die Insolvenz.
Die Klägerin begehrte Zahlung von 17.850 EUR sA Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wertpapiere (Hauptbegehren) und stellte mehrere Eventualbegehren. Sie stützte ihre Ansprüche - soweit noch relevant - auf Irrtum über die Person des Garanten und Schadenersatz und brachte vor, sie habe sich zum Erwerb der Wertpapiere ausschließlich aufgrund der Angaben der beklagten Partei in deren Werbefolder entschlossen.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinn der Abweisung des gesamten Klagebegehrens ab und ließ die ordentliche Revision zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat sich in ganz ähnlich gelagerten Fällen bereits mehrfach mit der Frage der (schadenersatz- und irrtumsrechtlichen) Haftung der beklagten Partei aufgrund der in ihrem Werbefolder über das auch hier gegenständliche Finanzprodukt enthaltenen Informationen befasst. In der Entscheidung 4 Ob 20/11m = EvBl 2011/119, 825 (zust Klausberger) = ÖBA 2012/1769, 57 (zust Schopper) gelangte er zu dem Ergebnis, dass durch den Inhalt des Folders, insbesondere durch den blickfang- und schlagwortartigen Hinweis auf „100 % Kapitalgarantie“ und eine „100%ige Sicherheit“, kein falscher Gesamteindruck über das Risiko der geplanten Investitionen hervorgerufen werde. Es bestehe kein Schutzbedürfnis des Vertragspartners, ihn über ein bloß theoretisches, praktisch zu vernachlässigendes allgemeines Insolvenzrisiko aufzuklären. Dieser Rechtsansicht ist der Oberste Gerichtshof - trotz der von Graf (Sind Drachen wirklich so harmlose Tiere?, ecolex 2011, 506) geäußerten Kritik - in zahlreichen Entscheidungen gefolgt, sodass von einer mittlerweile gefestigten Rechtsprechung auszugehen ist (zuletzt etwa 7 Ob 107/11b mwN; 1 Ob 132/11k; 2 Ob 86/11b mwN). Auch im vorliegenden Fall hat sich einzig das Insolvenzrisiko verwirklicht, über das die beklagte Partei nach dieser vom Berufungsgericht herangezogenen und in der Revision der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogenen Rechtsprechung nicht aufzuklären hatte.
Darauf, dass der Werbefolder die irrige Vorstellung hervorgerufen habe, die beklagte Partei sei Garantin des beworbenen Produkts (was der Oberste Gerichtshof bereits verneint hat: 1 Ob 132/11k mwN), beruft sich die Klägerin im Revisionsverfahren ohnehin nicht mehr. Die dem Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts zugrunde gelegte und in der Revision behandelte Frage, ob die beklagte Partei für ihrem Werbefolder widersprechende Auskünfte des *****-Beraters über die Person des Garanten hafte, stellt sich nicht:
Die Klägerin stützte den (als primär bezeichneten) Rechtsgrund der Irrtumsanfechtung auf die Veranlassung ihres Irrtums durch die Angaben der beklagten Partei in deren Werbefolder und brachte ausdrücklich vor, sich zum Erwerb der Wertpapiere ausschließlich aufgrund dieser Angaben entschlossen zu haben. Sie verwies darauf, dass nicht Fragen einer Fehlberatung durch den Berater oder dessen Zurechnung an die beklagte Partei wesentlich seien, sondern nur die Veranlassung eines wesentlichen Geschäftsirrtums durch den Werbefolder der beklagten Partei. Von diesem abweichende Äußerungen des Beraters wären damit nach ihrem eigenen Vorbringen nicht kausal für den behaupteten Irrtum über die Person des Garanten und den Erwerb der Wertpapiere gewesen. Jene Feststellungen, die das Erstgericht zu Informationen des Beraters und deren Einfluss auf die Anlageentscheidung getroffen hat, sind als sogenannte „überschießende“ Feststellungen nach der Rechtssprechung unbeachtlich (2 Ob 179/06x mwN).
Da aus solchen Feststellungen auch keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO abgeleitet werden können (9 ObA 69/09a; 9 ObA 43/08a), ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
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