European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00135.17K.0927.000
Spruch:
Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 8. 1. 2013 geschieden. Die häusliche Gemeinschaft ist seit Ende 2008 aufgehoben. Im Zeitpunkt der Eheschließung verfügte die Antragstellerin über ein Sparbuch mit einem Einlagestand von 65.000 S (4.723,73 EUR). Der Antragsgegner brachte keine Vermögenswerte in die Ehe ein.
Der im Jänner 1977 geschlossenen Ehe entstammen drei Kinder. Die Antragstellerin war nach der Geburt der beiden älteren Söhnen (1977 und 1980) zunächst nicht berufstätig, betreute die Kinder und führte den Haushalt allein. Der Antragsgegner war als Baumeister tätig. 1983 übernahm die Antragstellerin einen Posten als Hauswartin. Mit ihrem daraus erzielten Einkommen finanzierte sie ihren Lebensbedarf und die eheliche Wohnung in der W*****. Der Antragsgegner bezahlte entsprechend einem gerichtlichen Vergleich ab 1984 einen monatlichen Unterhalt für die beiden älteren Söhne von insgesamt 5.000 S. Sein restliches Einkommen verblieb ihm zur Gänze und er finanzierte damit auch die Grundstückskäufe. Der Antragsgegner unterstützte die Antragstellerin nicht finanziell. So wurde die Dienstwohnung der Antragstellerin von dieser erhalten. Allerdings unterstützte er sie bei ihrer Tätigkeit als Hauswartin bei diversen Arbeiten und beim Schneeräumen. Bekleidung kaufte jede Partei für sich selbst. Der Antragsgegner machte sich Anfang 1996 als Baumeister (Einzelunternehmer) selbständig. Er betrieb insbesondere ein Planungsunternehmen.
1982 erwarben die Parteien um 136.310 S die Liegenschaft EZ 691, KG *****, Bezirksgericht *****, mit der Adresse G*****. Der Kaufpreis wurde teilweise mit den Ersparnissen der Antragstellerin, die sie in die Ehe eingebracht hatte, und teilweise mit ehelichen Ersparnissen finanziert. Zudem gewährte das Land Niederösterreich den Parteien Kredite über 180.000 S sowie 95.000 S und bei der Bausparkasse wurde ein weiterer Kredit über 341.700 S aufgenommen. Sämtliche Kredite wurden von beiden Ehegatten als Kreditnehmer aufgenommen. Die Kredite sind seit 2002 zur Gänze zurückbezahlt, die Bedienung der Raten erfolgte im Wesentlichen aus dem Einkommen des Antragsgegners. Die Parteien erwarben die Liegenschaft je zur Hälfte und begannen im Jahr 1983 mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Die Antragstellerin und die (beiden älteren) Kinder halfen bei den Arbeiten mit. Das Haus wurde 1992/1993 fertiggestellt. Neben der Wohnung in der W***** befand sich dort bis Ende 2008 die eheliche Wohnung. Mit der Firmengründung des Antragsgegners erfolgte 1996/1997 der Dachgeschossausbau und dieser Teil samt Garage wurde in das „Firmenvermögen“ aufgenommen. Der Restbuchwert zum 31. 12. 2012 beträgt 104.301 EUR. Im Dachgeschoss befinden sich zwei als Büros eingerichtete Räume und ein Archiv. Das Dachgeschoss und die Garage sind von der Ehewohnung nicht abgrenzbar und einer Realteilung nicht zugänglich. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 270.000 EUR.
„Das Ehepaar“ erwarb 1992 um 400.000 S die Liegenschaft EZ 2313, KG *****, Bezirksgericht *****. Die Liegenschaft steht im Alleineigentum des Antragsgegners. Zur Finanzierung des Liegenschaftskaufs wurde von den Parteien gemeinsam ein Kredit über 341.000 S (auf der Liegenschaft EZ 691) aufgenommen, der inzwischen getilgt wurde. Der restliche Kaufpreis wurde aus Entnahmen aus dem Unternehmen des Antragsgegners finanziert. Auf dieser Liegenschaft erfolgte ein Dachausbau. Dieser wurde mittels eines Firmenkredits finanziert, der mittlerweile getilgt ist. Auf dieser Liegenschaft befand sich ein „Altbestand“, der von der Familie in den Jahren 1995 bis 1998 renoviert wurde. Da 1995 der jüngste Sohn auf die Welt kam, beteiligte sich die Antragstellerin nicht persönlich an den Renovierungsarbeiten, sondern betreute den gemeinsamen Sohn, führte jedoch die beiden älteren Söhne, die auf der Baustelle mithalfen, und kochte auch für die Familie. Das Objekt wurde zunächst vermietet und steht seit 2009 leer. Der Verkehrswert beträgt 94.000 EUR. Die Liegenschaft wird unternehmerisch nicht genützt, befindet sich jedoch im „Firmenvermögen“ und hat mit 31. 12. 2011 einen „versteuerbaren Restbuchwert“ von 8.500 EUR.
„Das Ehepaar“ erwarb 1996 die Liegenschaft EZ 1017, KG *****, Bezirksgericht *****, mit der Adresse P*****. Der Kaufpreis lag bei 1,5 Millionen S. Die Finanzierung erfolgte durch Entnahmen aus dem Firmenvermögen. Die Liegenschaft steht im alleinigen Eigentum des Antragsgegners. Der Kaufpreis wurde von ihm mit jenem Geld beglichen, das er während aufrechter Ehe aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit „ersparen konnte“. 1996 meldete er sein Gewerbe an und richtete dort ein Büro ein; zeitgleich bestand auch ein Büro in G*****. In beiden Büros wurde tatsächlich gearbeitet, und zwar sowohl vom Antragsgegner als auch von seiner (ehemaligen) Lebensgefährtin. Das Haus in der P***** wird seit Oktober 2005 von einem Sohn bewohnt. Dieser erneuerte das Dach und die Heizung, verlegte einen Estrich und Fliesen und renovierte die Wände. Lediglich Mauer, Wände und Fassaden wurden vom Sohn belassen, der Rest von ihm renoviert. Er bezahlt an den Antragsgegner „Miete“ von ca 300 EUR monatlich plus Betriebskosten, Grundsteuer und sonstige Aufwendungen, die mit dem Objekt verbunden sind. Das Objekt wird vom Antragsgegner nicht (mehr) als Büro benützt. Der Verkehrswert dieser Liegenschaft beträgt 430.000 EUR. Die Liegenschaft wird „unternehmerisch nicht genützt“, befindet sich jedoch im „Firmenvermögen“ und hat mit 31. 12. 2011 einen „versteuerbaren Restbuchwert“ von 39.759 EUR.
„Das Ehepaar“ kaufte 1998 die Liegenschaft EZ 805, KG *****, Bezirksgericht *****. Zum damaligen Zeitpunkt war diese Liegenschaft als landwirtschaftlich genutzte Fläche gewidmet. Der Antragsgegner errichtete in der Folge zwei Brunnen darauf und erreichte die Umwidmung auf Bauland. Die Liegenschaft steht in seinem alleinigen Eigentum. Der Kaufpreis wurde von ihm aus „Ersparnissen“ aus seiner unternehmerischen Tätigkeit während der Ehe entrichtet. In der Folge wurde auf der Liegenschaft ein Badesee errichtet und von der Familie zu Erholungszwecken benützt. Der Badesee liegt räumlich getrennt von der Liegenschaft G*****. Das Objekt hat eine Fläche von 32.000 m². „Mittlerweile“ reichte der Antragsgegner ein Siedlungsprojekt ein, das die Errichtung von mehreren Doppelhäusern und größeren Objekten vorsieht. Das Bauverfahren schwebt. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 350.000 EUR. Die Liegenschaft wird „unternehmerisch nicht genützt“, befindet sich jedoch im „Firmenvermögen“ und hat mit 31. 12. 2011 einen „versteuerbaren Restbuchwert“ von 187.940 EUR.
Der Antragsgegner erwarb 1998 die Liegenschaft EZ 424, KG *****, Bezirksgericht *****, die in seinem Alleineigentum steht. Dabei handelt es sich um einen Lagerplatz. Er lagert dort verschiedene Maschinen und auch Baumaterialien. Während des Hausbaus wurde die Liegenschaft auch privat zu Lagerzwecken verwendet. Zuletzt wurde die Liegenschaft jedoch lediglich unternehmerisch genützt. Ihr Verkehrswert beträgt 46.000 EUR. Sie wird (auch) derzeit zu Lagerzwecken genutzt.
2004 erwarb der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 4140, KG *****, Bezirksgericht *****, mit der Grundstücksadresse *****. Der Kaufpreis der Liegenschaft, die in seinem Alleineigentum steht, wurde von ihm mit jenem Geld finanziert, das er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit während der Ehe „angespart“ hatte. Auf dieser Liegenschaft errichtete er ein Niedrigenergiehaus, das 2005/2006 fertiggestellt wurde. Es handelt sich dabei um ein Einfamilienhaus mit verschiedenen bauphysikalischen Elementen, das von ihm im Rahmen eines Forschungsauftrags errichtet wurde. Dieser war Gegenstand seiner Diplomarbeit. Der Antragsgegner war aufgrund der von ihm erhaltenen Förderungen bis zum Jahr 2015 verpflichtet, an zwei Universitäten diverse Daten betreffend das Objekt zu übermitteln. Ab 2006 befand sich dort sein Planungsbüro. Dieses wurde von ihm ohne Angestellte betrieben. Das Objekt dient auch Demonstrations‑ und Werbezwecken im Sinn eines Musterhauses. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 905.000 EUR.
Nicht festgestellt werden kann, dass aufgrund des Umstands, dass eine Bank dem Antragsgegner einen Kredit fällig gestellt hatte, seine (ehemalige) Lebensgefährtin ihm einen Kredit über 800.000 EUR gewährt hätte und er verpflichtet gewesen wäre, an sie diesen Betrag bis zum 1. 8. 2015 zurückzuzahlen.
Zum 30. 12. 2008 bestanden zumindest Ersparnisse des Antragsgegners im Ausmaß von 122.000 EUR.
Sein Baumeisterbetrieb ist seit 1. 2. 2014 ruhend gemeldet. Seit 2008 macht er ausschließlich Verluste und die unternehmerische Tätigkeit ist durch seinen schlechten Gesundheitszustand deutlich beeinträchtigt und sehr eingeschränkt. Eine aktuelle unternehmerische Tätigkeit kann nicht festgestellt werden.
Die Antragstellerin begehrt, die Liegenschaften EZ 1017, EZ 805, EZ 424 und EZ 691 samt Inventar, ausgenommen die persönlichen Gegenstände des Antragsgegners, in ihr Alleineigentum zu übertragen. Er möge zudem eine Ausgleichszahlung leisten. Die Ankäufe der Liegenschaften seien mit ehelichen Ersparnissen erfolgt. Im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft hätten Ersparnisse von 500.000 EUR bestanden, welche in die Aufteilung miteinzubeziehen seien.
Der Antragsgegner wendete ein, die eheliche Lebensgemeinschaft sei 1984 mit seinem Auszug aus der damaligen gemeinsamen Wohnung aufgelöst worden. Die Liegenschaften EZ 4140, EZ 805, EZ 424 und EZ 2313 stünden in seinem Alleineigentum und seien nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft erworben worden. Die Antragstellerin habe nichts zu deren Erwerb beigetragen. Die Liegenschaften stünden im Firmenbesitz und gehörten zu seinem Unternehmen. Die Liegenschaft EZ 691 stehe im Hälfteeigentum der Parteien, sei aber ausschließlich mit seinen Mitteln erworben worden; es handle sich um keinen ehelichen Zweitwohnsitz. Die Liegenschaften seien nicht mit ehelichen Ersparnissen angeschafft worden. Im Jahr 2008 habe es keine Ersparnisse im Ausmaß von 500.000 EUR gegeben.
Das Erstgericht übertrug den Hälfteanteil des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 691 und dessen Eigentumsrecht an der Liegenschaft EZ 1017 auf die Antragstellerin, sodass diese Alleineigentümerin der beiden Liegenschaften werde, und verpflichtete den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 40.000 EUR an die Antragstellerin. Der Antragsgegner habe einen ganz wesentlichen Beitrag zur Vermehrung des Vermögens der Ehegatten geleistet, sowohl durch seine intensive berufliche Anstrengung als auch durch seine außergewöhnliche Geschäftstüchtigkeit, aufgrund der es ihm gelungen sei, Liegenschaften zu relativ günstigen Preisen zu erwerben und eine deutliche Wertsteigerung zu erzielen. Auf Seite der Antragstellerin sei hingegen zu berücksichtigen, dass sie sich um die drei gemeinsamen Kinder gekümmert habe und vom Antragsgegner seit 1984 keinerlei Ehegattenunterhalts-leistungen bezogen habe, sondern ausschließlich mit ihrem deutlich geringeren Einkommen als Hauswartin das Auslangen gefunden habe. Das habe nur durch ihren deutlichen Konsumverzicht bewerkstelligt werden können. „Angesichts dieser Umstände“ habe die Aufteilung dahingehend zu erfolgen, dass zwei Drittel der Vermögenswerte dem Antragsgegner zuzusprechen seien und ein Drittel der Antragstellerin.
Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Parteien teilweise Folge. Es bestätigte die Übertragung des Hälfteanteils des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 691 auf die Antragstellerin und verpflichtete sie, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung an den Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von 74.000 EUR zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es ab. Rechtlich führte es aus, dass das Unternehmen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (Dezember 2008) nicht stillgelegt gewesen sei; dies gelte auch für den Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz, wenn auch krankheitsbedingt von ihm momentan keine Tätigkeit entfaltet werden könne. Die gesamte Liegenschaft G*****, auf der sich die eheliche Wohnung befunden habe, falle in das Aufteilungsverfahren. Zwar befänden sich Dachgeschoss und Garage im „Firmenvermögen“, doch sei dieser Teil nicht abgrenzbar und einer Realteilung nicht zugänglich. Die übrigen Liegenschaften fielen als firmenzugehörig nicht in die Aufteilungsmasse, sei doch das Unternehmen des Antragsgegners nicht stillgelegt. Dass er zur Zeit keine unternehmerische Tätigkeit entfalte, sei unerheblich, weil dies nicht die Existenz des Unternehmens an sich beeinträchtige. Die Aufteilung sei „im Schlüssel 1:1“ vorzunehmen. Die drei M***** Liegenschaften würden keine Einheit bilden, die aufteilungsrechtlich zusammengehöre. Die Liegenschaft in S***** werde als Lagerplatz nur für das Unternehmen benützt. Der Badesee liege räumlich getrennt von der Ehewohnung und sei für die unternehmerische Nutzung vorgesehen. Eine Einheit mit der Ehewohnung (G*****) könne darin nicht erblickt werden. Die Aufteilungsmasse bestehe daher aus der Ehewohnung im Wert von 270.000 EUR und ehelichen Ersparnissen von 122.000 EUR. Da die halbe Liegenschaft bereits im Eigentum der Antragstellerin stehe und sie die Übertragung des Hälfteanteils des Antragsgegners begehre, wobei sie gleichzeitig einen Anspruch auf die Hälfte des Barvermögens habe, sei die Ausgleichszahlung mit 74.000 EUR zu bemessen, weil der Wert der halben Ehewohnung von 135.000 EUR an sie übertragen werde, andererseits der Antragsgegner 61.000 EUR aus den Ersparnissen zu übertragen verpflichtet wäre. Die Differenz ergebe die Ausgleichszahlung.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zugelassen werde.
Dagegen richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners. Die Antragstellerin beantragt, den zweitinstanzlichen Beschluss dahin abzuändern, dass ihr auch das Eigentum des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 805 sowie dessen Eigentum an der Liegenschaft EZ 424 übertragen werde und sie vom Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von 12.500 EUR erhalte. Hilfsweise stellt sie im Umfang dieser Anfechtung einen Aufhebungsantrag.
Der Antragsgegner begehrt die Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses dahin, dass ihm „bei ansonsten unverändertem Beschluss“ eine Ausgleichszahlung von 177.255,67 EUR zugesprochen werde; in eventu stellt er im Umfang der Anfechtung einen Aufhebungsantrag.
Die Antragstellerin hat keine Revisionsrekursbeantwortung erstattet. Der Antragsgegner beantragt in der (auch) ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels seiner Prozessgegnerin, hilfsweise dessen Abweisung.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionsrekurse sind wegen fehlender Feststellungen zur abschließenden Beurteilung der Rechtssache zwecks Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und im Sinn der hilfsweise gestellten Aufhebungsbegehren auch berechtigt.
1. Der Antragsgegner betreibt seit Anfang 1996 ein Bauplanungsbüro und war auch im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft Ende 2008 unternehmerisch tätig. Sein Unternehmen als Baumeister hat er seit 1. 2. 2014 aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands ruhend gemeldet.
Die einem Unternehmen gewidmeten Vermögenswerte fallen dann in die Aufteilungsmasse einer nachehelichen Vermögensauseinandersetzung von Ehegatten, wenn das Unternehmen im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gar nicht mehr existierte, also beispielsweise schon stillgelegt war (RIS‑Justiz RS0115569; Hopf/Kathrein, Eherecht³ [2014] § 82 EheG Rz 20; ähnlich Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011], § 82 EheG Rz 18). Der Zweck der Regelung, dass Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, nicht der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterliegen (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG), liegt darin, den Bestand „lebenskräftiger“ Unternehmen nicht durch die Aufteilung ihrer Substanz zu gefährden. Dieser Zweck wäre bei einem bereits stillgelegten Unternehmen nicht erreichbar (5 Ob 134/01v mwN = RIS‑Justiz RS0057528 [T4]).
Da der Antragsgegner im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft ein aufrechtes Unternehmen betrieb, sind jene Liegenschaften, die zu diesem Zeitpunkt zu seinem Unternehmen gehörten und von ihm dazu gewidmet wurden, von der nachehelichen Vermögensaufteilung ausgenommen. Der Ansicht Oberhumers (Unternehmen und Gesellschaftsanteile in der nachehelichen Vermögensaufteilung [2011], 286), der sich dafür ausspricht, dass das ehemals unternehmerische Vermögen auch dann aufzuteilen sei, wenn das Unternehmen erst nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft stillgelegt werde, steht bereits der Wortlaut des § 81 Abs 2 und 3 EheG entgegen, wonach nur während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammeltes Vermögen (Gebrauchsvermögen und Ersparnisse) der Aufteilung unterliegt.
2. Bei der Beurteilung der Frage, welche Sachen als Unternehmensbestandteile zu betrachten sind, ist die Zubehör‑/Zugehöreigenschaft gemäß § 294 ABGB entscheidend (Hopf/Kathrein aaO § 82 EheG Rz 21; Stabentheiner in Rummel 3 § 82 EheG Rz 10; Kalss/Probst, Familienunternehmen Kap XIX Rz 19/26; Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 82 EheG Rz 19; dies in Deixler‑Hübner [Hrsg], Handbuch Familienrecht [2015], 906). Kann auf diese Weise keine einwandfreie und scharfe Abgrenzung durchgeführt werden, können hilfsweise die steuerlichen Bewertungsvorschriften herangezogen werden (3 Ob 541/88 = RIS‑Justiz RS0052977). Ob eine Sache zum Unternehmen gehört, hängt davon ab, ob sie dafür gewidmet ist. Der Zweck muss nach außen objektiv in Erscheinung treten, wofür die Verkehrsauffassung und nicht die Bezeichnung maßgeblich ist. Es ist dabei von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen (RIS‑Justiz RS0057521 [T1]; Kalss/Probst aaO; Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 82 EheG Rz 19). Liegenschaften, auf denen sich das Unternehmen, insbesondere der Sitz, befindet, ferner Produktionsstätten und Verwaltungsgebäude, Verkaufslokale und das Lager, ebenso land‑ und forstwirtschaftliche Liegenschaften sind einem Unternehmen gewidmete Sachen. Dabei geht es nicht allein um objektiv betriebsnotwendige aktuelle Wirtschaftsgüter, sondern auch um Gegenstände, die zweckmäßigerweise für den Betrieb verwendet werden und betriebswirtschaftlich von Relevanz sind, wie etwa Ausdehnungsgrundstücke für eine allfällige Unternehmenserweiterung (Kalss/Probst aaO Rz 19/27 mwN; vgl Deixler‑Hübner, Zur Abgrenzung der Aufteilungsmasse, iFamZ 2012, 133 [136]). Von der Aufteilung ausgenommen sind nur Sachen, die eindeutig einem Unternehmen gewidmet sind (Kalss/Probst aaO Rz 19/28; Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 82 EheG Rz 20; dies in Deixler‑Hübner [Hrsg] aaO 907). Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen einer bestimmten Widmung ist die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Sache muss dem Unternehmen bereits bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft gewidmet gewesen sein (Kalss/Probst aaO Rz 19/28; Hopf/Kathrein aaO § 82 EheG Rz 21, jeweils mwN zur Judikatur).
3. Die Antragstellerin begehrt im Revisionsrekurs die Übertragung des Alleineigentums des Antragsgegners an den Liegenschaften EZ 805 (Liegenschaft mit Badesee) und EZ 424 (Lagerplatz) an sie.
3.1. Die Liegenschaft EZ 805 kaufte der Antragsgegner mit „Ersparnissen“ aus seiner unternehmerischen Tätigkeit während der Ehe. Auf der Liegenschaft wurde ein Badesee errichtet und von der Familie zu Erholungszwecken benützt. „Mittlerweile“ (wann genau, steht nicht fest) reichte der Antragsgegner ein Siedlungsprojekt ein, das die Errichtung von mehreren Doppelhäusern und größeren Objekten vorsieht. Dieses Bauvorhaben ist „schwebend“. Die Liegenschaft wird (derzeit) unternehmerisch nicht genutzt, befindet sich jedoch im „Firmenvermögen“. Aus diesen Feststellungen ergibt sich nicht, ob die Liegenschaft bereits im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft dem Unternehmen des Antragsgegners gewidmet war. Sollte das Siedlungsprojekt vom Antragsgegner bereits vor Ende 2008 eingereicht worden sein, würde eine Widmung zu Unternehmenszwecken vorliegen, sodass diese Liegenschaft als unternehmenszugehörig nicht aufzuteilen wäre. Sollte in diesem Fall die Liegenschaft bereits zuvor als eheliches Gebrauchsvermögen umgewidmet gewesen sein, könnten bei nachfolgender Widmung für das Unternehmen des Antragsgegners die Voraussetzungen für die Anwendung des § 91 Abs 2 EheG vorliegen. Für diese Beurteilung ist die Feststellungsgrundlage noch nicht ausreichend.
3.2. Die Liegenschaft EZ 424 steht im Alleineigentum des Antragsgegners. Wie der Kauf finanziert wurde, steht nicht fest. Es handelt sich bei dieser Liegenschaft um einen Lagerplatz, auf dem verschiedene Maschinen und auch Baumaterialien lagern. Damit liegt jedenfalls eine unternehmerisch genutzte Liegenschaft vor, auch wenn während des Hausbaus (G*****) die Liegenschaft auch privat zu Lagerzwecken verwendet wurde. Die Antragstellerin kann diese Liegenschaft, die im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach wie vor unternehmerisch genutzt wurde, daher nicht übertragen erhalten (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG). Da Feststellungen zur Finanzierung des Kaufs dieser Liegenschaft fehlen, kann noch nicht beurteilt werden, ob insofern die Voraussetzungen für die Anwendung des § 91 Abs 2 EheG erfüllt sind oder nicht.
4. Die Übertragung des Eigentums an den weiteren Liegenschaften, die im Alleineigentum des Antragsgegners stehen, begehrt die Antragstellerin nicht (mehr). Sie geht jedoch einerseits davon aus, dass diese Liegenschaften (wertmäßig) ebenfalls in die nacheheliche Vermögensaufteilung einzubeziehen seien oder sie gemäß § 91 Abs 2 EheG einen entsprechenden Anteil erhalte.
4.1. Die Liegenschaft EZ 1017 steht im Eigentum des Antragsgegner, der den Kaufpreis mit jenem Geld bezahlte, das er während aufrechter Ehe aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit (als Baumeister) sich „ersparen konnte“. Dort befand sich ab der Begründung seines Einzelunternehmens im Jahr 1996 sein Büro. Seit Oktober 2005 bewohnt ein Sohn das Haus und bezahlt dafür einen geringfügigen Mietzins. Aus diesen Umständen ergibt sich, dass die Liegenschaft unternehmerisch genutzt wurde, woran auch die Vermietung an den Sohn nichts ändert, auch wenn der Antragsgegner das Objekt derzeit nicht als Büro benützt. Für eine Anwendung des § 91 Abs 2 EheG finden sich keine Anhaltspunkte, wurde dieses Objekt doch nicht mit umgewidmetem Einkommen (im Sinn einer Entnahme der Gewinne zu privaten Zwecken) bezahlt.
4.2. Die Liegenschaft EZ 4140 erwarb der Antragsgegner 2004 und bezahlte den Kaufpreis mit jenem Geld, das er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit während der Ehe „angespart“ hatte. Dort befand sich auch seit 2006 sein Planungsbüro. Das Objekt dient auch Demonstrations‑ und Werbezwecken im Sinn eines Musterhauses. Damit ist davon auszugehen, dass die Liegenschaft unternehmerischen Zwecken dient und daher nicht der Aufteilung unterliegt. § 91 Abs 2 EheG findet keine Anwendung, erfolgte doch die Finanzierung aus den „Ersparnissen“ (einbehaltene Gewinne oder Rücklagen) aus seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer. Dass das Objekt „ursprünglich privat benützt“ wurde (näheres steht nicht fest), führt nicht zur von der Antragstellerin angestrebten Anwendung des § 91 Abs 2 EheG.
4.3. Hinsichtlich der Liegenschaft EZ 2313 kann aufgrund der Feststellungen noch nicht beurteilt werden, ob diese Liegenschaft und damit deren Verkehrswert in die Aufteilung einzubeziehen ist. Die Liegenschaft wurde zunächst vermietet, steht seit 2009 leer und befindet sich im „Firmenvermögen“, jedoch ist die Zweckwidmung für die unternehmerische Tätigkeit des Antragsgegners mangels Feststellungen nicht beurteilbar. Die Liegenschaft wurde von der Familie in den Jahren 1995 bis 1998 renoviert und auch teilweise mit einem Firmenkredit und mit „Entnahmen“ aus dem Unternehmen des Antragsgegners finanziert. Darüber hinaus wurden jedoch beachtliche 341.000 S aufgrund eines von beiden Parteien gemeinsam aufgenommenen Kredits finanziert. Sollte der Wert dieser Liegenschaft nicht in die Aufteilungsmasse fallen, wäre jedenfalls hinsichtlich der Zurückzahlung dieses Kredits von einer Einbeziehung nach § 91 Abs 2 EheG auszugehen. In diesem Umfang wurde nämlich (anteilig) die eheliche Errungenschaft auch der Antragstellerin dem Unternehmen des Antragsgegners gewidmet und damit der Aufteilung entzogen, sodass es der Billigkeit entsprechen kann, der Antragstellerin einen größeren Anteil an den der Aufteilung unterliegenden Ersparnissen zuzuerkennen. Hiebei darf allerdings nicht auf das Unternehmen selbst gegriffen werden, der Ausgleich kann nur soweit erfolgen, als noch eine Aufteilungsmasse vorhanden ist. In diesen Grenzen können aber nicht nur zur Aufteilungsmasse gehörende Sachen dem benachteiligten Ehegatten überproportional zugewiesen werden, sondern es kann auch dem anderen eine Ausgleichszahlung auferlegt werden (RIS‑Justiz RS0058268 [T1]). Gemäß § 91 Abs 2 EheG sind Investitionen wertmäßig in die Aufteilung einzubeziehen (9 Ob 155/03i = RIS‑Justiz RS0058268 [T7]). Welche dieser Varianten (Einbeziehung des Verkehrswerts der Liegenschaft oder Wertausgleich nach § 91 Abs 2 EheG) zur Anwendung kommt, kann erst aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen beurteilt werden.
5.1. Die (von den Vorinstanzen übereinstimmend angeordnete) Übertragung des Hälfteanteils des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 691 (eheliches Zweithaus) an die Antragstellerin wird von den Parteien nicht bekämpft und ist nicht zu beanstanden.
5.2. Das Gesetz (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG) scheidet alle einem Unternehmen gewidmeten Sache von der Aufteilung aus. Befindet sich auf einem gemeinsamen Liegenschaftsbesitz (hier: G*****) sowohl die Ehewohnung wie auch ein Hausteil, der zum Unternehmen eines Ehegatten gehört oder seiner Berufsausübung dient, dann ist letzterer Teil der Liegenschaft – aber nur dann – von der Aufteilung ausgenommen, wenn er von der Ehewohnung eindeutig abgegrenzt ist (RIS‑Justiz RS0057479 [T4]). Haben Ehegatten gemeinsam an einer Liegenschaft Eigentum erworben, in der sich sowohl die Ehewohnung als auch das Unternehmen eines der Ehegatten befindet, unterliegt nur der Teil der Eigentumsrechte der Aufteilung, der der Ehewohnung entspricht (RIS‑Justiz RS0057727 [T1]). Ist keine eindeutige Abgrenzung möglich, so verliert das Haus die Qualifikation als Ehewohnung nicht, wenngleich es zum Teil auch dem Unternehmen eines Ehegatten dient; es unterliegt insgesamt der Aufteilung (1 Ob 94/99a mwN).
Zwar befinden sich im Dachgeschoss und der Garage auf der Liegenschaft G***** unternehmerisch genützte Räumlichkeiten, die jedoch keiner Realteilung zugänglich sind und die von der Ehewohnung auch nicht abgrenzbar sind. Der Antragsgegner vermag nicht aufzuzeigen, dass das Dachgeschoss und die Garage von der ehelich genutzten Liegenschaft insofern getrennt wären, als diese Teile ohne Verwendung von Teilen der Ehewohnung erreicht werden könnten oder etwa durch ein außerhalb derselben gelegenes Stiegenhaus betreten werden könnten. Damit unterliegt die gesamte Liegenschaft der nachehelichen Aufteilung. Das Argument des Antragsgegners, durch die Übereignung (seines Hälfteanteils an) der Liegenschaft wäre der „Restbuchwert“ zu versteuern, was ihn „in seiner Vermögenssphäre entsprechend belastet“, zeigt keine konkreten steuerrechtlichen Umstände auf, die wertmäßig bei der Übertragung seines Hälfteanteils an die Antragstellerin zu berücksichtigen wären. Welche Auswirkungen die behauptete „Versteuerung“ auf den Wert seines Hälfteanteils am ehelichen Zweithaus haben soll, legt er nicht näher dar (vgl allgemein Kanduth‑Kristen, Grundstücksübertragungen im Zuge einer Ehescheidung – steuerliche Folgen nach der Rechtslage ab 1. 1. 2016, taxlex 2017, 36).
6. Das Erstgericht konnte Verbindlichkeiten des Antragsgegners gegenüber seiner ehemaligen Lebensgefährtin E***** H***** nicht feststellen. Von einer nunmehr behaupteten privaten Schuld von 21.233,38 EUR (wem gegenüber?) war im erstinstanzlichen Verfahren nicht die Rede. Der in ON 22 genannte Schuldschein betrifft das behauptete Darlehen von E***** H*****. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Rekursgericht von einer unzulässigen Neuerung betreffend im Rekurs behaupteter Privatschulden ausgeht.
7. Da hinreichende Feststellungen fehlen, um die Höhe der Ausgleichszahlung festzusetzen, und dafür, von wem sie zu leisten ist, und auch die Entscheidung über die Übertragung der Liegenschaft EZ 805 noch ergänzender Feststellungen bedarf, ist beiden Revisionsrekursen Folge zu geben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
8. Da mit diesem Aufhebungsbeschluss die Rechtssache nicht im Sinn des § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG erledigt wird, kommt der Ausspruch einer Kostenersatzpflicht nicht in Betracht, sondern es ist ein Kostenvorbehalt auszusprechen (vgl RIS‑Justiz RS0123011 [T5]).
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