European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00041.17M.0523.000
Spruch:
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
In dem (nunmehr, vgl ON 1 S 9 iVm ON 22) von der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen Engin T***** geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und weiterer (hier teilweise nicht relevanter) strafbarer Handlungen setzte das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 13. März 2017 die am 26. Februar 2017 durch das Landesgericht Klagenfurt über den Beschuldigten verhängte (ON 6 in ON 22) Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht‑, Verdunkelungs‑ und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1, Z 2, Z 3 lit b und c StPO fort (ON 35). Der dagegen gerichteten Beschwerde des Genannten gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus den gleichen Haftgründen – mit Wirksamkeit bis längstens 6. Juni 2017 – fort.
Gestützt auf konkret benannte polizeiliche Ermittlungsergebnisse sowie Aussagen der mutmaßlichen Tatopfer und anderer Zeugen (BS 3 ff) erachtete das Beschwerdegericht Engin T***** dringend verdächtig, er habe in F***** und an anderen Orten Österreichs
(A) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz nachstehende Personen durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit zu Handlungen verleitet, durch die die Getäuschten Vermögensschäden in 5.000 Euro übersteigender Höhe erlitten, und zwar
1) am 1. Februar 2013 Joachim P***** zur Überlassung eines gebrauchten PKWs Audi A4 im Wert von 16.000 Euro, wobei er den Kaufpreis nicht bezahlte;
2) zwischen September und Dezember 2016 Hermine W***** zur darlehensweisen Auszahlung von Bargeldbeträgen in Höhe von insgesamt 50.943 Euro und zur Überlassung eines Mobiltelefons (Schaden inklusive Gebühren 478,93 Euro);
(B) am 6. Februar 2017 eine fremde Sache, nämlich den Außenspiegel eines PKWs der J***** GmbH beschädigt, indem er durch einen Faustschlag das Spiegelglas zerbrach;
(C) am 22. Februar 2017 Nihat I*****
1) vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm zwei Faustschläge gegen den Kopf versetzte, wodurch der Genannte eine Rötung und Schmerzen für einige Stunden erlitt;
2) durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Zurückziehung einer Anzeige zu nötigen versucht, indem er ankündigte, ihm den Kopf abzuschneiden.
In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht dieses Verhalten je einem Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (A), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C/1) sowie dem Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (C/2; BS 5).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die (rechtzeitig) erhobene Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten, die den gesetzlichen Bezugspunkt (vgl § 1 Abs 1 GRBG) verfehlt.
Gegenstand des Verfahrens über eine
Grundrechtsbeschwerde ist – anders als bei einer Haftbeschwerde an das Oberlandesgericht – nicht die Haft als solche, sondern die Entscheidung über diese (RIS‑Justiz RS0061004 [T5]). Demzufolge kann im Grundrechts-beschwerdeverfahren die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts nur nach Maßgabe der Mängel- und der Tatsachenrüge (
Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO) bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0110146).
Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, soweit sie unter gänzlicher Vernachlässigung der gebotenen Bezugnahme auf die Argumentation der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen dringenden Tatverdachts hinsichtlich des Betrugs zum Nachteil der Hermine W***** (A/2) auf Basis allgemeiner Überlegungen bestreitet, aus einer aktenkundigen Urkunde zu A/1 andere Schlüsse zieht als das Beschwerdegericht und zu C die Glaubwürdigkeit des Zeugen Nihat I***** mit der spekulativen Behauptung in Zweifel zieht, dieser habe „ganz offenbar ein persönliches Interesse gegenüber dem Beschuldigten“ und stehe „sehr massiv“ unter dem Einfluss des Zeugen B*****, ohne insoweit einen der in der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO genannten Begründungsmängel anzusprechen.
Gleiches gilt für das nominell Unvollständigkeit der Entscheidungsbegründung (§ 10 GRBG iVm § 2 Abs 1 GRBG und § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) einwendende Vorbringen, mit dem der Beschwerdeführer übergeht, dass das Oberlandesgericht sowohl seine Vorstrafen und seinen Aufenthalt in der Türkei berücksichtigt, als auch seine Behauptung, eine Rückzahlung des ihm von Hermine W***** gewährten Darlehens (A/2) wäre aus den Erlösen aus dem Betrieb dreier Lokale möglich gewesen, einer Würdigung unterzogen und als nicht geeignet angesehen hat, den bestehenden dringenden Tatverdacht zu entkräften (BS 4).
Davon abgesehen steht – dem Beschwerdestandpunkt zuwider – weder „jahrelanges Wohlverhalten“ des Engin T***** während seines Türkeiaufenthalts in den Jahren 2013 bis 2016 der vom Oberlandesgericht bejahten hohen Wahrscheinlichkeit eines die angeführten strafbaren Handlungen begründenden Täterverhaltens entgegen, noch ist der (bloße) Abschluss von „Miet-/Pachtverträgen über drei Lokale“, aus denen sich nach Auffassung des Beschuldigten ergeben soll, dass er „alles daran legt, eine zukünftige gute Existenzgrundlage aufzubauen“, für die Beurteilung des dringenden Verdachts der Begehung des inkriminierten Betrugs zum Nachteil der Hermine W***** entscheidend (vgl RIS‑Justiz RS0094376), wobei nach den Verdachtsannahmen des Beschwerdegerichts zudem (auch) die Vortäuschung seiner
Zahlungswilligkeit kausal für die vermögensschädigende Handlung des Tatopfers war (BS 2 f).
Solche indizierende Verfahrensergebnisse waren daher unter dem Aspekt von Unvollständigkeit nicht gesondert erörterungsbedürftig.
Dass gegen die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts erhebliche Bedenken bestünden, wird ohne inhaltliche Argumentation bloß behauptet.
Da bereits ein Haftgrund die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, die Grundrechts-beschwerde (ebenso wie die Beschwerde gegen den Haftfortsetzungsbeschluss des Landesgerichts Innsbruck) das Vorliegen von Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO, welche das Oberlandesgericht im Übrigen willkürfrei aus dem mehrfach einschlägig getrübten Vorleben des Beschuldigten (ON 23) und dem nach der Verdachtslage hier aktuellen Zusammentreffen von Vermögens‑ und Aggressionsdelikten ableitete (BS 6), aber gar nicht in Abrede stellt, erübrigt sich ein Eingehen auf die Kritik an der Annahme von Flucht‑ und Verdunkelungsgefahr (§ 173 Abs 2 Z 1 und 2 StPO; RIS‑Justiz RS0061196).
Mit dem Vorbringen, wonach nicht nur „Passabgabe und Meldepflichten“, sondern auch „eine Fußfessel“ geeignet wären, die Haft zu substituieren (vgl dazu aber RIS‑Justiz RS0126401), bezieht sich die Beschwerde gleichfalls ausdrücklich nur auf den Haftgrund der Fluchtgefahr, ohne darzulegen, inwieferne dem Beschwerdegericht bei seiner Einschätzung, Tatbegehung könnte durch gelindere Mittel nicht hintangehalten werden (BS 6 f), ein Beurteilungsfehler unterlaufen sein soll (RIS‑Justiz RS0116422 [T1]).
Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.
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