OGH 14Os128/21m

OGH14Os128/21m30.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. März 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M., in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2, Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 20. September 2021, GZ 35 Hv 49/21g‑101, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00128.21M.0330.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2, Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er Nachgenannten fremde bewegliche Sachen teilweise gewerbsmäßig (A./) durch Einbruch in Wohnstätten (A./) sowie ein Gebäude (B./) und durch Aufbrechen von Behältnissen (A./3./ und B./) mit dem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

A./ in G* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * Ba*

1./ zwischen 15. und 20. Oktober 2019 * Br*, indem sie mit einem Flachwerkzeug ein Fenster deren Hauses aufbrachen, durch dieses in das Objekt einstiegen und es durchsuchten, wobei die Tat mangels auffindbarer Wertgegenstände beim Versuch blieb;

2./ am 18. Oktober 2019 * H*, indem sie mit einem Schraubenzieher und einem Geißfuß ein Fenster des Hauses aufzubrechen versuchten, wobei sie vom Hauseigentümer gestört wurden und es daher beim Versuch blieb;

3./ zwischen 18. und 21. Oktober 2019 Dr. * U*, indem sie ein Fenster des Wohnhauses aufbrachen, durch dieses in das Objekt einstiegen, es durchsuchten und einen Tresor aufbrachen, wobei die Tat beim Versuch blieb;

B./ vom 2. auf den 3. Oktober 2020 in L* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * K* und weiteren Mittätern Gewahrsamsträgern des Unternehmens M* einen Geldbetrag von 31.190 Euro durch Einschlagen eines Bürofensters und Aufbrechen eines Tresors.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Entgegen der zu A./ erhobenen Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben die Tatrichter weder den Umstand, dass „nur auf einem“ der sichergestellten Handschuhe die DNA des Beschwerdeführers nachgewiesen wurde, noch die Verantwortung des Angeklagten, wonach Ba* in seinem Unternehmen aushilfsweise gearbeitet habe und es sein könne, dass der in der Nähe des Tatorts aufgefundene Handschuh aus dieser Tätigkeit stamme, übergangen (US 6 und 8 ff). Indem sie vermeint, das Schöffengericht wäre bei vollständiger Berücksichtigung der (weiteren) Verantwortung des Angeklagten, er habe der Ehefrau des Ba* ein zuvor von ihm benütztes Auto verkauft, wobei nicht auszuschließen sei, dass er darin Gegenstände vergessen habe, sowie der dazu vorgelegten Unterlagen zu anderen Feststellungen gelangt, bezieht sie sich mit Blick auf die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse (US 8 ff) nicht auf erhebliche Tatsachen (RIS‑Justiz RS0116877 [T1]) und übt insgesamt bloß in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik (RIS‑Justiz RS0099599).

[5] Dem Einwand von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) zuwider wurde die Aussage des Zeugen Ba* nicht in ihren wesentlichen Teilen unrichtig oder sinnentstellt wiedergegeben (RIS‑Justiz RS0099431 [T1, T6]), sondern hat das Schöffengericht lediglich beweiswürdigend den Schluss gezogen, dass der Zeuge durch seine (für unglaubwürdig erachteten) Angaben, die zu A./ genannten Einbrüche nicht begangen zu haben und nicht zu wissen, wie eine Spur seiner DNA auf der sichergestellten Täterbekleidung vor Ort gekommen sei, den Angeklagten B* belaste, weil dadurch dessen Verantwortung, Ba* habe seine – durch Abschleppdienste im Unternehmen des Angeklagten erlangten – Handschuhe verwendet, wodurch Spuren der DNA des Beschwerdeführers zum Tatort gelangt seien, „völlig entkräftet“ sei (US 10).

[6] Mit den Angaben des Zeugen * Z* hat sich das Schöffengericht – der den Schuldspruch B./ betreffenden Rüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider – auseinandergesetzt, ihnen aber einen Beitrag zur Wahrheitsfindung abgesprochen (US 15), weshalb die von der Beschwerde gewünschte Erörterung der Täterbeschreibungen des Zeugen im Rahmen der polizeilichen Vernehmung schon aus diesem Grund unterbleiben konnte (RIS‑Justiz RS0106642). Mit Blick auf die konstatierte Tatbegehung durch zumindest vier Täter (US 2 und 5) betrifft die Frage, ob dieser Zeuge gerade den Beschwerdeführer identifizieren konnte, im Übrigen keine erhebliche Tatsache (dazu Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 409).

[7] Offenbar unzureichend ist eine Begründung, die den Kriterien der Logik oder der Empirie widerspricht (RIS‑Justiz RS0116732), nicht aber eine solche, in der – in freier Beweiswürdigung – Wahrscheinlichkeitsschlüsse gezogen werden (RIS‑Justiz RS0098471). Warum die vom Erstgericht zu B./ vorgenommene Gesamtbetrachtung der Beweisergebnisse, nämlich der gemeinsamen Fahrbewegungen der beiden mit einerseits auf den Angeklagten und andererseits auf K* zugelassenen Fahrzeugen im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einbruchsdiebstahl, der hohen Professionalität bei der Tatausführung, der einschlägigen Verurteilung des Angeklagten wegen wiederholter Einbruchsdiebstähle in M*-Filialen und des dadurch vorhandenen Vorwissens sowie der bereits in der Vergangenheit verübten Einbrüche mit „dem als 'Tresoreinbrecher' bekannten“ K* (US 11 ff), „mit den Denkgesetzen nicht vereinbar“ sein soll, macht die Beschwerde (Z 5 vierter Fall) nicht klar.

[8] Indem sie behauptet, die beweiswürdigenden Erwägungen würden die Feststellungen zu B./ „nicht stützen“, weil keine „objektiven Beweisergebnisse“ vorliegen würden und „ungeklärt gebliebene Umstände“ nicht zum Nachteil des Angeklagten „willkürlich“ ergänzt werden können, wird lediglich die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung angegriffen. Der in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Grundsatz „in dubio pro reo“ kann im Übrigen nicht Gegenstand von Nichtigkeit aus Z 5 sein (RIS‑Justiz RS0102162).

[9] Mit der Behauptung, der Schuldspruch zu B./ beruhe bloß auf Spekulationen, dem Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten und dem Versuch, ohne direkten Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial aus einzelnen tatrichterlichen Erwägungen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen abzuleiten, gelangt die Tatsachenrüge (Z 5a) nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0117961 [T5, T8], RS0119424).

[10] Die gegen die Qualifikation nach § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) erklärt nicht, weshalb für die Annahme gewerbsmäßiger Begehung von (hier:) Einbrüchen in Wohnstätten – entgegen ständiger Rechtsprechung – nicht bloß (an einem Tag) versuchte Tat(en) genügen sollten (vgl aber RIS‑Justiz RS0108366), und warum die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen in Ansehung des Zeitraums „von zumindest mehreren Wochen“ (US 6) dem in § 70 Abs 1 StGB normierten Begriff „längere Zeit hindurch“ nicht entsprechen sollten (RIS‑Justiz RS0107402 [T1]; zum Verweis der Beschwerde auf Leukauf/Steininger/Tipold StGB4 § 70 Rz 4 vgl RIS‑Justiz RS0118429; siehe auch 15 Os 58/18w).

[11] Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) reklamiert einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB), weil das Schöffengericht zu A./ „die zahlreichen Tatwiederholungen“ trotz Annahme der Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung nach § 130 Abs 3 StGB erschwerend gewertet habe. Sie übersieht, dass sich die aggravierende Wertung der „zahlreichen Tatwiederholungen“ nicht bloß auf das Urteilsfaktum A./ bezieht (US 17), somit der Schuldspruch – unter Berücksichtigung des zu B./ begangenen Einbruchs – vier Taten umfasst, während § 70 Abs 1 Z 3 StGB nur drei Taten voraussetzt (vgl RIS‑Justiz RS0091375 [T6]), und das Schöffengericht die gewerbsmäßige Begehung auch auf § 70 Abs 1 Z 1 StGB gestützt hat (US 16).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[13] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte