European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0140OS00102.13A.0827.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sonja S***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie am 21. Februar 2007 in O***** dazu
beigetragen, dass der abgesondert verfolgte René H***** als Geschäftsführer der I***** GmbH deren Vermögen verringerte und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen um mehr als 50.000 Euro schmälerte, indem sie in Kenntnis dessen Tatplans einen Mietvertrag über ein in ihrem Eigentum stehendes Wohnobjekt in O***** sowie die schriftliche Nebenvereinbarung als Vertragspartnerin unterzeichnete, nach der die I***** GmbH auf die Abgeltung der von ihr getragenen Investitionskosten in Höhe von 82.143,36 Euro verzichtete.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen (nominell) aus Z 3, 5, 5a, 9 lit a und b und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Die Verfahrensrüge (Z 3) verkennt zunächst, dass ein durch fehlende Belehrung eines Zeugen über das ihm wegen Selbstbezichtigungsgefahr zukommende Zeugnis-verweigerungsrecht begründeter Verstoß gegen § 157 Abs 1 Z 1 StPO nicht mit Nichtigkeit bedroht ist und demgemäß auch nicht Gegenstand der Rüge aus Z 2 oder Z 3 des § 281 Abs 1 StPO sein kann (vgl § 159 Abs 3 zweiter Satz StPO; RIS‑Justiz RS0124907; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 226). Die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe die Zeugen Vanessa G***** und Dr. Siegfried P***** (zu Unrecht) nicht im Sinn des § 157 Abs 1 Z 1 StPO belehrt, hat daher auf sich zu beruhen.
An sich zutreffend macht sie demgegenüber geltend, dass eine Information des Dr. Siegfried P***** über sein Recht auf Verweigerung der Aussage nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO unterblieb (ON 144 S 132 ff), obwohl dieser die Informationen, die Gegenstand seiner Zeugenaussage waren, nach der ‑ auch schon im Zeitpunkt des Vernehmungsbeginns gegebenen und in der Rüge hinreichend bezeichneten (vgl dazu RIS-Justiz RS0115644; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 37, 49 f und 223) ‑ Aktenlage in seiner Funktion als Steuerberater der I***** GmbH erlangte, die er ab deren Gründung bis zur Konkurseröffnung steuerrechtlich betreute (ON 53 S 691 ff [695], ON 144 S 132 ff; vgl RIS‑Justiz RS0097709; nunmehr § 1 Z 3 WTBG; dazu auch Kirchbacher , WK-StPO § 157 Rz 16; RIS-Justiz RS0105934 [dort insbesonders T2]).
Potentielle Auswirkungen der Verletzung von Bestimmungen, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet (hier: § 159 Abs 3 StPO), auf die Entscheidung des Schöffengerichts (§ 281 Abs 3 StPO) beurteilt der Oberste Gerichtshof aus eigener Sicht ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 740 f; vgl auch RIS-Justiz RS0112987).
Zwar stützen sich die Entscheidungsgründe explizit auf die Angaben des genannten Zeugen, dies jedoch ausschließlich (zudem bloß ergänzend und illustrativ) im Zusammenhang mit ‑ für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der I***** GmbH mitkausalen ‑ verspätet vorgenommenen Buchungen sowie mit der Persönlichkeit deren Geschäftsführers in Bezug auf die Nutzung eines ‑ hier nicht verfahrensgegenständlichen ‑ Gebäudes in R***** (US 14 und 15), welche Umstände in Ansehung der der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Tat weder für die Schuld- noch die Subsumtionsfrage von Bedeutung sind. Weil zudem Gegenstand der Befragung des Genannten gleichfalls nur diese Themen waren, ist der behauptete für die Beschwerdeführerin nachteilige
Einfluss im Sinn des §
281 Abs 3 StPO mangels Entscheidungsrelevanz unzweifelhaft auszuschließen.
Dem weiteren Vorbringen der Verfahrensrüge nach Z 3 zuwider wurde der Angeklagten die in ihrer Abwesenheit (§ 250 Abs 1 StPO) getätigte Aussage des René H***** ‑ nach dem ungerügt gebliebenen Protokoll über die Hauptverhandlung ‑ unmittelbar nach ihrer Wiedereinführung und Vernehmung über den während ihrer Absenz verhandelten Gegenstand zur Kenntnis gebracht (ON 143 S 89; vgl dazu auch Kirchbacher, WK-StPO § 250 Rz 9 f). Dass eine Information über konkrete Aussageinhalte unterblieben wäre, behauptet die Beschwerde nicht (vgl dazu RIS‑Justiz RS0110266; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 249); im Übrigen wäre es der Verteidigung freigestanden, auf eine ihr notwendig erscheinende ergänzende Information hinzuwirken.
Eine ‑ aus Z 3 beachtliche ‑ Verletzung des (eingeschränkten) Gebots zu unmittelbarer Beweisaufnahme durch Verlesung der Angaben der Zeugen Helmut Z***** und Günther Zi***** scheidet schon deshalb aus, weil sich die Beschwerdeführerin ‑ insoweit von der Rüge unbestritten ‑ mit dem zusammenfassenden Referat des gesamten Akteninhalts (und damit auch der angesprochenen Protokolle; ON 53 S 727 ff und S 741 ff) durch die Vorsitzende (§ 252 Abs 2a StPO) einverstanden erklärt hat (ON 144 S 144). Eine darüberhinausgehende ausdrückliche Zustimmung zur Verlesung der thematisierten Aktenteile war ‑ dem ersichtlich vertretenen Rechtsmittelstandpunkt zuwider ‑ nicht erforderlich.
Die Ableitung der Feststellungen zur Kenntnis der Beschwerdeführerin von der schlechten finanziellen Situation der I***** GmbH, damit auch von der Vielzahl ihrer Gläubiger, sowie zu ihrem auf Vermögensverringerung und Verletzung der Befriedigungsrechte der Gläubiger gerichteten Vorsatz aus den Angaben der Zeugen Helmut Z***** und Günther Zi*****, aus Teilen der eigenen Verantwortung der Angeklagten, aus ihrer Position in der Gesellschaft als ‑ auch für die Vorbereitung der Unterlagen für die Buchhaltung und die Lohnverrechnung zuständige ‑ Büroleiterin und „rechte Hand“ (in weiterer Folge auch Vertreterin) des Geschäftsführers René H*****, weiters aus der engen privaten Verbundenheit zum Letzgenannten, dessen Lebensgefährtin sie bis Mitte 2006 war, und aus dem äußeren Tatverhalten (US 12 ff) ist ‑ dem Einwand bloßer Scheinbegründung zuwider - unter dem Aspekt der
Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden. Die Verantwortung der Beschwerdeführerin und des (früheren) Mitangeklagten René H*****, wonach Sonja S***** „keinen genauen Einblick in die Finanzgebarung“ der Gesellschaft gehabt habe, hat das Erstgericht ausführlich erörtert und mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 12 f, 17 f).
Dass der Beschwerdeführerin die Argumente der Tatrichter nicht überzeugend scheinen
und dass auch andere für sie günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären,
stellt einen
Begründungsmangel im Sinn der Z 5 nicht
dar (RIS‑Justiz RS0098362). Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (in
dubio pro reo) wird ein solcher gar nicht behauptet (RIS-Justiz RS0117445).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) rekurriert bei ihrem Einwand fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite, konkret zum „Schädigungsvorsatz“, auf einen einzigen Halbsatz der Entscheidungsgründe (wonach die Angeklagte eine Verletzung der Befriedigungsrechte der Gläubiger „in Kauf nahm“ [US 9 und 18]), übergeht damit jedoch die ‑ wenn auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nachgetragenen ‑ Konstatierungen, nach denen sie sich in Kenntnis der 50.000 Euro übersteigenden Investitionskosten, der schlechten finanziellen Lage des Unternehmens und der Fülle an offenen Forderungen mit dem Erfolgseintritt auch abfand (US 21; vgl auch US 4 und 7), und verfehlt solcherart den (auf der Sachverhaltsebene) gerade in den Urteilsannahmen gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581).
Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) stützt die Forderung nach Annahme tätiger Reue (§ 167 StGB) auf die Urteilsannahmen, wonach die Beschwerdeführerin aufgrund eines mit der Masseverwalterin im Konkursverfahren I***** GmbH abgeschlossenen Vergleichs 20.000 Euro an die Masse bezahlte (US 11 f, 23 f), lässt aber eine methodengerechte Ableitung vermissen, aus welchem Grund bloß teilweiser Ersatz des eingetretenen Schadens den reklamierten Strafaufhebungsgrund ‑ entgegen dem Gesetzes-wortlaut (§ 167 Abs 2 StGB) ‑ begründen sollte (vgl dazu auch Kirchbacher in WK² StGB § 167 Rz 77, 104 f; RIS‑Justiz RS0095147).
Die These damit geleisteter vollständiger Schadensgutmachung, weil „ein Teil dieser Investitionen ohnehin aufgrund der Abnützung 'für die Konkursmasse' verloren gewesen wäre“, erschöpft sich ebenso in einer bloßen Behauptung und übergeht zudem prozessordnungswidrig die Konstatierungen, nach denen die Beschwerdeführerin bei Verkauf des Objekts 90.000 Euro für die von der Gesellschaft finanzierten Investitionen lukrierte (US 6 und 10).
Soweit sich die Beschwerde eingangs auch auf Z 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO beruft, entzieht sie sich mangels jeglicher diesbezüglicher Ausführungen einer inhaltlichen Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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