European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00118.18D.0313.000
Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Alfred H***** und Mag. Werner G***** werden gemäß § 214 FinStrG von der Anklage freigesprochen, es haben Alfred H***** als Stifter und Begünstigter der B***** Privatstiftung (im Weiteren BPS) sowie Geschäftsführer der H***** GmbH (im Weiteren H***** GmbH) und der mit Zustimmung des Alfred H***** handelnde Mag. Werner G*****, Vorstandsvorsitzender der BPS, vor dem Hintergrund, dass die Wertpapierdepots der BPS einen Wertverlust in Millionenhöhe erlitten, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht zu bewirken versucht, dass eine Abgabe, die bescheidmäßig festzusetzen ist, nämlich die Körperschaftsteuer der H***** GmbH betreffend das Jahr 2008, vom Finanzamt Waldviertel um 263.405,68 Euro zu niedrig festgesetzt wird, indem
(A) Alfred H***** für die H***** GmbH als Käuferin und Mag. Werner G***** für die BPS als Verkäuferin am 29. Oktober 2009 in S***** einen auf den 15. Februar 2008 rückdatierten (unter Mitwirkung von Mag. G***** erstellten) Kaufvertrag über die angeführten Wertpapierdepots unterfertigten und einvernehmlich veranlassten, dass in der KöSt‑Erklärung der H***** GmbH vom 20. Jänner 2010 für das Jahr 2008 wahrheitswidrig Verluste aus Wertpapiergeschäften und Teilwertabschreibungen von Wertpapieren des Umlaufvermögens sowie Zinsen auf dem Verrechnungskonto im Zusammenhang mit Wertpapierverrechnungen in der Höhe von 1.053.622,72 Euro gewinnmindernd geltend gemacht wurden,
(B) Alfred H***** am 30. Oktober 2010 in S***** in einer E‑Mail an das Finanzamt Waldviertel wahrheitswidrig behauptete, der unter A genannte Kaufvertrag sei am 15. Februar 2008 abgeschlossen worden, und
(C) Mag. Werner G***** am 13. September 2010 in Ga***** in einer E‑Mail die Angestellte der T***** GmbH Barbara Hu***** aufforderte, dem Finanzamt den rückdatierten Kaufvertrag als Grundlage für die Überprüfung der KöSt‑Erklärung der H***** GmbH aus dem Jahr 2008 zu übermitteln, sowie am 6. September 2011 in Ho***** im Rahmen einer Besprechung mit Beamten des Finanzamts Waldviertel wahrheitswidrig behauptete, der Kaufvertrag sei am 15. Februar 2008 abgeschlossen worden und die Wertpapiere seien mit 1. Jänner 2008 übertragen worden.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf die Aufhebung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Alfred H***** und Mag. Werner G***** jeweils eines Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach (richtig) §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Danach haben im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Waldviertel H***** (als Geschäftsführer der H***** GmbH) und Mag. G***** vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht zu bewirken versucht, dass eine bescheidmäßig festzusetzende Abgabe, nämlich Körperschaftsteuer, um 263.405,68 Euro zu niedrig festgesetzt wird, indem
(A) H***** „für die H***** GmbH als Käuferin“ und Mag. G***** „für die BPS als Verkäuferin am 29. 10. 2009 in S***** einen auf den 15. 02. 2008 rückdatierten und unter Mitwirkung von Mag. G***** erstellten Kaufvertrag“ über Wertpapierdepots (die „im Zuge der sogenannten Finanzkrise 2008 einen Wertverlust in Millionenhöhe erlitten“ hatten) „unterfertigten“ und „einvernehmlich veranlassten“, dass in der am 20. Jänner 2010 eingereichten Jahreserklärung der H***** GmbH zur Körperschaftsteuer für das Jahr 2008 wahrheitswidrig (aus dem vorgeblichen Wertpapierkauf bereits am 15. Februar jenes Jahres resultierende) Verluste in der Höhe von 1.053.622,72 Euro als gewinnmindernd geltend gemacht wurden,
(B) H***** „am 30. 10. 2010 in S***** in einem E-Mail an das Finanzamt Waldviertel wahrheitswidrig behauptete, der unter Punkt A genannte Kaufvertrag sei am 15. 2. 2008 abgeschlossen worden“, und
(C) Mag. G***** „am 13. 9. 2010 in Ga***** in einem E‑Mail [...] Barbara Hu***** aufforderte, dem Finanzamt den rückdatierten Kaufvertrag als Grundlage für die Überprüfung der KöSt‑Erklärung der H***** GmbH aus dem Jahr 2008 zu übermitteln, sowie in der Besprechung mit Beamten des Finanzamtes Waldviertel am 6. 9. 2011 in Ho***** wahrheitswidrig behauptete, der Kaufvertrag sei am 15. 2. 2008 abgeschlossen worden und die Wertpapiere seien mit 1. 1. 2008 übertragen worden“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wenden sich die aus Z 5, 5a und 9 lit b, von Mag. G***** auch aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten.
Ihrer Erledigung sei vorangestellt, dass den Angeklagten eine Verkürzung an Körperschaftsteuer der H***** GmbH für das Jahr 2008 (jeweils als Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG) zur Last liegt.
Den Urteilskonstatierungen zufolge wurde diese– bescheidmäßig festzusetzende – Abgabe nicht auf Basis der unrichtigen Abgabenerklärung der Gesellschaft, sondern aufgrund amtswegiger Prüfung sogleich in der richtigen Höhe festgesetzt (US 8). Das Finanzvergehen wäre demnach– wovon das Erstgericht zutreffend ausging – (insgesamt) in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 13 FinStrG) verblieben (RIS‑Justiz RS0087158).
Zur Vertretung der Abgabenschuldnerin berufen (§§ 80 ff BAO) war – nach dem Urteilssachverhalt – H***** (als ihr Geschäftsführer), nicht aber Mag. G*****. Dass dieser ihre abgabenrechtlichen Belange (auch nur) faktisch wahrgenommen hätte, wurde nicht festgestellt (vgl vielmehr US 7 iVm US 4, wonach die mit „sämtliche[n] steuerlichen Agenden der H***** GmbH“ „befasste Beschäftigte“ Barbara Hu***** – „[e]ntsprechend dem Plan der beiden Angeklagten“ – die von ihr „in Abstimmung“ mit H***** erstellte unrichtige Abgabenerklärung beim Finanzamt einreichte). Als unmittelbarer Täter (§ 11 erster Fall FinStrG) wäre daher insoweit H*****, jedoch – entgegen der Auffassung des Schöffengerichts (US 19) – nicht Mag. G***** infrage gekommen (Lässig in WK2 FinStrG § 11 Rz 2 f; RIS‑Justiz RS0086711, RS0086880). Seine festgestellten, die Ausführungshandlungen des H***** (US 7 iVm US 4: Mitwirkung am Erstellen der unrichtigen Abgabenerklärung) fördernden Verhaltensweisen (US 5 f und 7: Unterfertigen des inhaltlich unrichtigen Kaufvertrags namens der BPS am 29. Oktober 2009, um das von ihm [mit-]geplante Einbringen der darauf beruhenden Abgabenerklärung der H***** GmbH zu „ermöglichen“) wären vielmehr als – vollendeter (RIS‑Justiz RS0090016) – sonstiger Beitrag (§ 11 dritter Fall FinStrG) des Mag. G***** zum versuchten (siehe oben) Finanzvergehen des H***** zu werten gewesen.
Davon ausgehend hat der Oberste Gerichtshof zu den – sich übereinstimmend auf den Strafaufhebungsgrund der Verjährung berufenden – Rechtsrügen (Z 9 lit b) der Angeklagten erwogen:
1. Die Strafbarkeit eines Finanzvergehens erlischt durch Verjährung (§ 31 Abs 1 erster Satz FinStrG). Die Verjährungsfrist für Finanzvergehen beträgt fünf Jahre (§ 31 Abs 2 FinStrG).
Sofern nicht auf einen Erfolgseintritt abzustellen ist (§ 31 Abs 1 dritter Satz FinStrG e contrario), beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs 1 zweiter Satz FinStrG zu laufen, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Nach Rechtsprechung (EvBl 1975/57, RIS‑Justiz RS0118617, RS0087276; VwGH 2000/14/0001, ÖStZB 2006/282, 358) und Lehre (Fellner, FinStrG §§ 31, 32 Rz 9a; Juhasz, JBl 2011, 214 [217]; Köck in Köck et al, FinStrG I5 755; Lässig in WK2 FinStrG § 31 Rz 4; Leitner/Brandl/Kert, Finanzstrafrecht4 Rz 954; Seiler/Seiler, FinStrG5 § 31 Rz 11) gilt dies auch, wenn ein Erfolgsdelikt (vgl § 31 Abs 1 dritter Satz FinStrG)– wie vorliegend § 33 Abs 1 FinStrG – im Versuchsstadium (§ 13 FinStrG) verbleibt.
2. Hinsichtlich zu veranlagender Abgaben wird– bezogen auf ein Steuersubjekt (hier: die H***** GmbH) – mit Abgabe einer unrichtigen Jahressteuererklärung je Steuerart (hier: Körperschaftsteuer für das Jahr 2008) ein Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begründet. Solcherart bildet insoweit die Jahressteuererklärung – allenfalls als Bündel mehrerer steuerlich trennbarer Einzelaspekte – das kleinste (nicht mehr teilbare) Element des Sachverhalts, also eine selbständige Tat im materiellen Sinn (RIS‑Justiz RS0124712 [insbesondere T8]).
3. Nach diesem finanzstrafrechtlichen Tatbegriff bestimmt sich das „mit Strafe bedrohte Verhalten“ (§ 31 Abs 1 zweiter Satz FinStrG), dessen „Aufhören“ vorliegend (mangels Erfolgseintritts) den Beginn der Verjährungsfrist bewirkt (vgl EvBl 1975/57, RIS‑Justiz RS0087276; Fellner, FinStrG §§ 31, 32 Rz 9a): Zur Ausführung (§ 11 erster Fall FinStrG) des Finanzvergehens nach § 33 Abs 1 FinStrG genügt es, die (unrichtige) Abgabenerklärung (unter Bereithaltung der ihr zugrundeliegenden Beweismittel – §§ 137 f BAO; vgl Lässig in WK2 FinStrG § 39 Rz 6 sechster Absatz) beim Finanzamt einzubringen (vgl VwGH 2000/14/0001, ÖStZB 2006/282, 358).
Nachfolgende Verhaltensweisen – seien sie (für sich genommen) strafbar oder nicht (vgl 7.) –, die zur Deckung oder Verschleierung des (durch die Abgabe der unrichtigen Jahreserklärung bereits begangenen) Finanzvergehens gesetzt werden, sind dagegen nicht als Teil desselben zu beurteilen (vgl Lässig in WK2 FinStrG § 22 Rz 10 und § 29 Rz 3; 15 Os 48/96 [15 Os 53/96], RIS‑Justiz RS0102823).
Entgegen der Ansicht des Erstgerichts (US 20 f)– das insoweit der den Beschlüssen des Oberlandesgerichts Wien vom 30. Dezember 2016, AZ 32 Bs 361/16x (ON 38), und vom 11. Dezember 2017, AZ 131 Bs 263/17i (ON 58), zugrunde liegenden Rechtsauffassung folgte – ist das nach Einbringen der Abgabenerklärung im Rahmen des diesbezüglichen abgabenrechtlichen Ermittlungsverfahrens (§§ 161 ff BAO) gesetzte Verhalten des H***** vom 30. Oktober 2010 (B) daher nicht als „weitere Ausführungshandlung“ zu werten, die den Beginn der Verjährungsfrist hätte verzögern können.
Für den Beginn der Verjährungsfrist beim unmittelbaren Täter (§ 11 erster Fall FinStrG) ist bei Verbleib im Deliktsstadium des Versuchs (§ 13 FinStrG) vielmehr der Zeitpunkt des Einreichens der Steuererklärung – als letzter Ausführungshandlung – maßgeblich (13 Os 168/88, RIS‑Justiz RS0118617).
4. Im Fall der Beteiligung (§ 11 FinStrG) mehrerer Täter können – wenn sie ihr letztes mit Strafe bedrohtes Verhalten (§ 31 Abs 1 zweiter Satz FinStrG) zu verschiedenen Zeiten gesetzt haben – die Zeitpunkte des Beginns der Verjährungsfrist divergieren (Lang/Seilern-Aspang in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 31, Rz 46). Nur, wenn ein zum Tatbestand gehörender Erfolg – anders alshier – auch tatsächlich eintritt, beginnt die Verjährungsfrist für alle Beteiligten jedenfalls gleichzeitig (nämlich ab dem Zeitpunkt des Erfolgseintritts) zu laufen (missverständlich insoweit RIS‑Justiz RS0086351; vgl Lässig in WK2 FinStrG § 31 Rz 4 letzter Absatz).
Insofern kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist beim sonst Beteiligten (§ 11 dritterFall FinStrG) auf dessen letzte – kausale (RIS‑Justiz RS0089562) – Beitragshandlung an. Eine solche kann zwar bis zur Vollendung der strafbaren Handlung geleistet werden (RIS‑Justiz RS0090346; Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 94 mwN). Der (in zu niedriger Festsetzung der Abgabe gelegene – § 33 Abs 3 lit a erster Fall FinStrG idF vor BGBl I 2013/14) tatbestandsmäßige Erfolg – und damit Deliktsvollendung – ist aber vorliegend gar nicht eingetreten (US 8). Auf die Ausführungshandlung des unmittelbaren Täters wiederum konnten die erst nach dieser gesetzten Verhaltensweisen des Mag. G***** vom 13. September 2010 und vom 6. September 2011 (US 8 – C) schon aus zeitlichen Gründen keine Wirkung entfalten. Aus diesem Grund könnten sie nicht als (kausale, vollendete und damit strafbare) Beiträge im Sinn des § 11 dritter Fall FinStrG gewertet werden (vgl Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 85 mwN; vgl auch § 13 Abs 2 FinStrG e contrario zur Straflosigkeit bloßen Beitragsversuchs). Kausal beigetragen hätte Mag. G***** nach dem Urteilssachverhalt (bloß) zur – schon mit dem Einbringen der Abgabenerklärung am 20. Jänner 2010 beendeten (siehe 3.) – Ausführung des Finanzvergehens, indem er den diesbezüglichen Tatplan (mit‑)entwarf und (am 29. Oktober 2009) jenen schriftlichen Vertrag unterfertigte, der als Grundlage für die Unrichtigkeit der Abgabenerklärung dienen sollte (US 5 ff – A).
5. Das „mit Strafe bedrohte Verhalten“ (§ 31 Abs 1 zweiter Satz FinStrG) des H***** (als unmittelbaren Täters – § 11 erster Fall FinStrG) wäre demnach nur im (Mitwirken am) Einreichen der unrichtigen Jahreserklärung der (von ihm als Geschäftsführer vertretenen) H***** GmbH zur Körperschaftsteuer für das Jahr 2008 bestanden; jenes des Mag. G***** (nur) darin, dass er diesen Vorgang durch dem vorangegangenes Verhalten gefördert hätte (§ 11 dritter Fall FinStrG).
Für H***** wurde die fünfjährige Verjährungsfrist demnach durch das Einreichen der Abgabenerklärung am 20. Jänner 2010 (US 7) in Gang gesetzt. Für Mag. G***** war dies jedenfalls das spätest mögliche Anfangsdatum dieser Frist, weil er danach – wie dargelegt – keinen Beitrag im Sinn des § 11 dritter Fall FinStrG zur in Rede stehenden Ausführungshandlung leisten konnte.
Die in § 31 Abs 1 letzter Satz FinStrG normierte Einschränkung („nicht früher als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet“) bewirkte im Gegenstand keine Anlaufhemmung (Lässig in WK2 FinStrG § 31 Rz 5), weil die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2008 gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO iVm § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO bereits mit Ablauf dieses Jahres, somit jedenfalls vor Setzung der vom Erstgericht konstatierten, als jeweils ein Finanzvergehen nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG beurteilten Verhaltensweisen der Angeklagten zu laufen begann.
6. Bis zum 20. Jänner 2015 wurde nach den Feststellungen des Erstgerichts weder ein Strafverfahren gegen die Angeklagten wegen der gegenständlichen Finanzvergehen geführt (§ 31 Abs 4 lit b FinStrG) noch lag sonst einer der in § 31 Abs 3 und Abs 4 FinStrG normierten Hemmungsgründe vor. Somit war die Verjährungsfrist (§ 31 Abs 2 FinStrG) für beide Angeklagten mit diesem Tag (jedenfalls) abgelaufen.
Selbst wenn – im Sinn der verfehlten Rechtsansicht des Erstgerichts – die Verjährungsfrist am 7. April und am 11. Juni 2015 noch nicht abgelaufen gewesen wäre, hätte im Übrigen keine der (den tatrichterlichen Feststellungen zufolge) an diesen Tagen gesetzten staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten eine Fortlaufhemmung nach § 31 Abs 4 lit b FinStrG bewirkt. Sie erschöpften sich nämlich in der (aufgrund der an die Staatsanwaltschaft gelangten Sachverhaltsdarstellung eines Zivilgerichts vom 25. Februar 2015 verfügten) Eintragung der Sache in das Geschäftsregister, Erstellung eines (die Verdachtslage zusammenfassenden) Amtsvermerks und Abtretung des Ermittlungsverfahrens an eine andere Staatsanwaltschaft (US 9). Mangels Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen oder Ausübung von Zwang gegen eine verdächtige Person wurde damit noch kein Strafverfahren „geführt“ (vgl Lässig in WK2 FinStrG § 31 Rz 11 sowie Marek in WK2 StGB § 58 Rz 14 ff zum auf die „Anhängigkeit“ abstellenden § 58 Abs 3 Z 2 StGB idF vor BGBl I 2007/93). Dies war erst am 29. Oktober 2015 der Fall, als die (nunmehr befasste) Staatsanwaltschaft entsprechende Sachverhaltsermittlungen anordnete (US 9 f).
7. Durch die im Ersturteil festgestellten, im Zusammenhang mit dem Finanzvergehen gesetzten Verhaltensweisen der Angeklagten – Unterfertigen des unrichtig datierten schriftlichen Kaufvertrags (A), wahrheitswidrige Behauptung dessen inhaltlicher Richtigkeit in einer an das Finanzamt gerichteten E‑Mail (B) und Aufforderung, den Vertrag dem Finanzamt zu übermitteln(C) – (allenfalls zusätzlich) verwirklichte strafbare Handlungen nach § 293 StGB würden durch das vom selben Täter (jeweils) begangene Finanzvergehen kraft ausdrücklicher Subsidiarität verdrängt (§ 22 Abs 3 FinStrG; dazu Lässig in WK2 FinStrG § 22 Rz 10). Ob ihre Strafbarkeit – infolge Aufhebung der Strafbarkeit des Finanzvergehens wegen Verjährung – hätte wiederaufleben können (vgl zum Problem Lässig in WK2 FinStrG § 29 Rz 3, Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 74 und Marek in WK2 StGB § 57 Rz 13), kann hier schon deshalb dahinstehen, weil auch diese (mit nicht mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten) Handlungen auf der Basis des Urteilssachverhalts bereits verjährt gewesen wären (§ 57 Abs 3 StGB – Verjährungsfrist von drei Jahren), bevor einer der in § 58 Abs 3 Z 2 StGB angeführten Verfolgungsschritte gesetzt wurde.
Die Mag. G***** zur Last gelegte Falschbehauptung in der „Abschlussbesprechung mit Bediensteten des Finanzamtes“ am 6. September 2011(US 8 – C) wiederum kommt als (mit dem Finanzvergehen gegebenenfalls real konkurrierende) gerichtlich strafbare Handlung von vornherein nicht in Betracht. Soll er doch dieses – nach dem Urteilssachverhalt auch sonst keinem gesetzlichen Tatbild entsprechende – Verhalten (gerade) nicht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache (vgl § 289 StGB) gesetzt haben.
Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden sowie in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur aus dem Grund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 288 Abs 2 erster Satz StPO) und gemäß § 214 FinStrG jeweils ein Freispruch zu fällen (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO).
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.
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