OGH 10Ob21/15h

OGH10Ob21/15h24.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, wegen 7.731,06 EUR und Feststellung (Streitwert 20.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse insgesamt 11.597,42 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2015, GZ 4 R 216/14h‑36, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die Klägerin betreibt ein Säge‑ und Hobelwerk und stellt Bauholz her. Die Beklagte bietet Leimbinder aller Art an, ua auch die Herstellung witterungsbeständiger Leimbinder. Erstmals 2010 ließ die Klägerin von der Beklagte vorgehobeltes Lärchenholz im Rahmen einer Lohnverleimung bearbeiten. Der Beklagten war bekannt, dass die von ihr für die Klägerin produzierten Leimbinder für die Anwendung im Außenbereich bestimmt waren. Vereinbart war, dass ungefähr die Hälfte der Lieferung mit Leim der Güteklasse D4 und die andere Hälfte mit Melaminharz verleimt werden sollte; für die weiteren Lieferungen wurde die Verleimung mit Melaminharz vereinbart. Sowohl der Leim der Güteklasse D4 als auch Melaminharz sind aber für die Anwendung im Außenbereich bei direkter Bewitterung bzw als tragende Bauteile ungeeignet. Die verleimten Lärchenhölzer wurden in der Folge in Freizeitparks (Hoch‑ und Niederseilgärten) sowie für die Errichtung einer Terrasse verwendet. 2011 wurden in einem der Hochseilparks erstmals Mängel an der Verleimung der Lärchenhölzer festgestellt. Schließlich begannen bei sämtlichen Bauprojekten sich die Verleimungskanten voneinander zu lösen.

Am 18. 4. 2011 mailte die Beklagte der Klägerin, dass sämtliche bisher verleimten Lärchenhölzer mit Leim der Güteklasse D4 verleimt worden waren und erst die letzte Lieferung mit wasserfestem EPI‑Leim. Sie besitze für die Verleimung mit wasserfestem Leim bzw die Verleimung von tragenden Bauteilen kein Zertifikat, weshalb die Verwendung der von ihr produzierten Leimbinder auf eigene Gefahr erfolge. Am 10. 5. 2011 gab die Klägerin noch weitere Verleimungen in Auftrag.

Mit Urteil des Bezirksgerichts M***** vom 21. 5. 2013 wurde die Klägerin zur Zahlung von 6.183,92 EUR sA an Sanierungskosten sowie zur Zahlung der Prozesskosten an den Betreiber eines Hoch‑ und Niederseilparks verurteilt. Ihr selbst waren in diesem Verfahren 2.776,54 EUR an Vertretungskosten entstanden.

Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von 7.731,06 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden aus der mangelhaften Verleimung. Von den eingeklagten 7.731,06 EUR entfallen 3.091,50 EUR auf die (aus prozessökonomischen Gründen) lediglich zur Hälfte geltend gemachten Sanierungskosten und 4.639,56 EUR auf Zinsen und Prozesskosten des Vorprozesses.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Beklagten sei die Verletzung ihrer Warnpflicht zur Last zu legen, weil sie nicht darüber aufgeklärt habe, dass die Verleimung für den Außenbereich ungeeignet sei. Ein Werkunternehmer sei auch trotz offenbar unrichtiger Anweisungen des Werkbestellers für den Schaden verantwortlich. Auch das E‑Mail vom 18. 4. 2011 befreie die Beklagte nicht von der Haftung für die nachfolgenden Aufträge, weil die Klägerin davon ausgehen durfte, dass nunmehr wasserfester Leim verwendet werde. Der gleichzeitige Hinweis auf ein fehlendes Zertifikat für die Herstellung wasserfester Verleimungen könne nicht dahin verstanden werden, dass die Beklagte als Fachunternehmen ‑ entgegen ihren sonstigen Ankündigungen -nicht über das zur Herstellung witterungsbeständiger Verleimungen erforderliche Fachwissen verfüge. Einer einseitigen Entbindung von der Haftungsverpflichtung komme keine Wirksamkeit zu. Die Beklagte hafte daher für sämtliche Mängelbehebungskosten. Weiters habe sie der Klägerin Zinsen und Prozesskosten, zu deren Zahlung sie im Verfahren vor dem Bezirksgericht M***** verurteilt worden war, sowie die Kosten deren eigener Vertretung in diesem Verfahren zu ersetzen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil im Umfang des Leistungsbegehrens dahin ab, dass die mit 3.091,50 EUR geltend gemachten Sanierungskosten und 103,35 EUR an geltend gemachten Zinsen (somit insgesamt 3.194,85 EUR) zugesprochen und das auf Zahlung von 4.536,21 EUR gerichtete Mehrbegehren auf Ersatz der Prozesskosten des Vorprozesses abgewiesen wurde. Der Ausspruch über das Feststellungsbegehren wurde bestätigt. Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Rechtlich billigte es die Rechtsansicht des Erstgerichts zur Warnpflichtverletzung. Das auf Ersatz der Prozesskosten des Vorprozesses gerichtete Mehrbegehren sei abzuweisen, weil die Beklagte über die Schlechterfüllung des Werkvertrags hinaus den Vorprozess nicht veranlasst habe.

Mit ihrer außerordentlichen Revision ficht die Beklagte diese Entscheidung nur insoweit an, als das Berufungsgericht nicht von einem 50%igen Mitverschulden der Klägerin an den Schäden ausgegangen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

1.1 Der Werkunternehmer ist regelmäßig als Sachverständiger anzusehen (§ 1299 ABGB), sodass er einem objektiven Sorgfaltsmaßstab unterliegt und die üblichen Branchenkenntnisse zu vertreten hat. Er hat den Besteller gemäß § 1168a ABGB zu warnen, wenn dieser offenbar unrichtige Anweisungen erteilt hat. „Offenbar“ iSd § 1168a ABGB ist alles, was vom Unternehmer bei der von ihm vorausgesetzten Sachkenntnis erkannt werden muss (RIS‑Justiz RS0022259). Diese Warnpflicht des Unternehmers besteht auch gegenüber dem sachkundigen oder sachverständig beratenen Besteller (RIS‑Justiz RS0021906). Der Unternehmer wird von der Warnpflicht nur dann entlastet, wenn er davon ausgehen kann, dass der Besteller über Mängel seiner Sphäre durchaus Bescheid weiß und das Risiko der Werkbestellung dennoch übernimmt (10 Ob 205/01x).

1.2 Ist eine erforderliche Warnung ausgesprochen worden, muss sie jedenfalls erkennen lassen, dass das Werk allenfalls misslingen könnte. Es ist daher in jedem Fall zu prüfen, ob die Warnung als solche erkennbar und inhaltlich ausreichend war (2 Ob 348/00s).

Dass sich die Vorinstanzen bei ihrer Entscheidung im Rahmen dieser bestehenden Rechtsprechung zur Warnpflicht des Unternehmers nach § 1168a ABGB gehalten haben, wird von der Revisionswerberin nicht mehr in Zweifel gezogen.

2.1 Bei Verletzung der Warnpflicht durch den Werkunternehmer kann den Besteller aber ein Mitverschulden treffen (RIS‑Justiz RS0021906 [T8, T9]). Dies unter anderem dann, wenn der Besteller bei genügender Sachkenntnis erkennen kann, dass die dem Unternehmer erteilte Anweisung oder die vereinbarte Arbeitsweise verfehlt ist (10 Ob 371/98a; 7 Ob 159/03p).

Im vorliegenden Fall steht aber nicht fest, dass die Klägerin genügende Sachkenntnisse über die erforderliche Beschaffenheit und Eignung der Leime gehabt hätte. Während nämlich die Beklagte Leimbinder aller Art und Formate produziert, betreibt die Klägerin ein Säge‑ und Hobelwerk und stellt im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs Bauholz für verschiedene Verwendungsmöglichkeiten her. Die Klägerin ging daher mangels eigener Fachkenntnisse nach den Feststellungen davon aus, dass sowohl die Verleimung mit Leim der Güteklasse D4 als auch die Verleimung mit Melaminharz für die Verwendung im Außenbereich geeignet sei. Den Werkbesteller trifft jedoch regelmäßig kein Mitverschulden, wenn er keine einschlägigen Fachkenntnisse hat (Kletečka in Kletecčka/Schauer, ABGB‑ON 1.02 § 1168a Rz 61). Auch mit dem Revisionsvorbringen, es wäre der Klägerin ein Mitverschulden anzulasten, weil sie und die Beklagte „aus annähernd derselben Branche“ kämen, die Leimwahl vereinbart gewesen sei und die Klägerin trotz der im E‑Mail vom 18. 4. 2011 enthaltenen Hinweise weitere Aufträge erteilt habe, werden keine Umstände aufgezeigt, die einen vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehler in der Beurteilung des Berufungsgerichts, der nicht fachkundigen Klägerin könne kein Mitverschulden am Entstehen des Schadens angelastet werden, begründen könnten. Zudem hat die Klägerin ohnedies nur die Hälfte der ihr für Sanierungskosten entstandenen Aufwendungen eingeklagt.

2.2 Da die Frage, ob und allenfalls in welchem Verhältnis eine Schadensteilung vorzunehmen ist, eine von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängige Ermessensentscheidung darstellt, die infolge ihrer Einzelfallbezogenheit grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft (6 Ob 164/03s ua; RIS‑Justiz RS0087606 [T11]), war die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.

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