OGH 10Ob371/98a

OGH10Ob371/98a16.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Peter K*****, Maschinenbau, *****, vertreten durch Dr. Georg Fialka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Vereinigte F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 4,990.080,-- sA und S 2,135.306,58 sA, infolge Rekurses der klagenden und widerbeklagten Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30. Juli 1998, GZ 1 R 26/98i-23, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 14. Oktober 1997, GZ 14 C 1832/95d (14 C 62/96m)-18, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs (unrichtig als "Revisionsrekurs" bezeichnet) gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO), jedoch nicht berechtigt.

Die rechtlichen Darlegungen des Berufungsgerichtes sind zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Nach der ständigen neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht die Warnpflicht des Unternehmens nach § 1168a ABGB grundsätzlich auch gegenüber dem sachkundigen Besteller; dies schließt aber nicht aus, daß dem Besteller der genügende Sachkenntnis hat, um zu erkennen, daß die dem Unternehmer erteilte Anweisung oder die vereinbarte Arbeitsweise verfehlt ist, ein Mitverschulden anzulasten ist, selbst wenn er nicht gewarnt wurde (vgl SZ 45/75; JBl 1974, 477; SZ 57/18; SZ 57/197; SZ 58/7; JBl 1987, 44; JBl 1993, 521 ua; Schwimann/Rebhahn, ABGB2 VI § 1168 Rz 14 ff; § 1168a Rz 17 ff; Krejci in Rummel2 I § 1168a ABGB Rz 21 ff, 26 ff, 35). Die Haftung des Unternehmens nach § 1168a ABGB wurde etwa auch bei Verschulden des sachverständigen Beraters eingeschränkt, dessen Fehlleistung sich der Besteller zurechnen lassen muß. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, daß die alleinige Verwantwortung des Unternehmers für die Fehlleistung eines anderen nicht sachgerecht sein kann (vgl Iro, Die Warnpflicht des Unternehmers, ÖJZ 1983, 505; derselbe, Anmerkung zu JBl 1993, 521; Wenusch, Die Warnpflicht des Unternehmers bei sachverständig beratenem Werkbesteller, ecolex 1998, 756 bei FN 22; Koziol, Haftpflichtrecht3 I 378). An dieser Auffassung ist ungeachtet der im Schrifttum geäußerten Bedenken, daß ein Besteller-Mitverschulden im Gefahrtragungssystem der §§ 1168, 1168a ABGB keinen Platz habe, festzuhalten (vgl Dullinger, Mitverschulden von Gehilfen, JBl 1990, 20 ff, 91 ff; Kletecka, Mitverschulden durch Gehilfenverhalten, 70 ff; Karollus, Gleichbehandlung von Schädiger und Geschädigtem bei der Zurechnung von Gehilfenverhalten, ÖJZ 1994, 257 ff; Wilhelm, Nachtrag zur Warnpflicht bei sachverständig beratenem Werkbesteller, ecolex 1998, 822). Gegen die vom Berufungsgericht im Sinne der neueren Rechtsprechung vertretene Auffassung wird auch von der Rekurswerberin nichts Konkretes eingewendet. Es genügt daher, in der Folge auf seine in anderem Zusammenhang vorgebrachten Argumente einzugehen.

Erstmals in diesem Rechtsmittel und unter Mißachtung des Neuerungsverbotes behauptet die klagende Partei, Gegenstand des Auftrages sei die Herstellung eines "Prototyps" gewesen. Die daraus abgeleiteten Folgerungen, es habe sich um einen "technischen Versuch" ausschließlich nach der Idee der beklagten Partei gehandelt und die Funktionstüchtigkeit der Maschine sei nicht vorausgesetzt, sondern bloß ein "erhofftes Ziel" gewesen, sind schon deshalb unzutreffend, weil Vertragsgegenstand nicht ein Versuchsprojekt, sondern eine funktionierende Maschine war. Die Ausführungen der klagenden Partei, nach denen ihr kein Mitverschulden anzulasten sei, nehmen die Ergebnisse des im Sinne des Aufhebungsbeschlusses zu ergänzenden Verfahrens vorweg, weshalb sich ein Eingehen darauf derzeit erübrigt. Die im Rechtsmittel eingehend dargelegte Unterscheidung zwischen "mechanisch-technischer Kompatibilität" und "produktsionstechnischer Kompatibilität" ist rechtlich nicht nachzuvollziehen und trägt zur Klärung der Rechtsfrage offenbar nichts bei. Es erübrigen sich auch vorläufig Ausführungen zu dem an die klagende Partei anzulegenden Maßstab der Sachkunde, weil das Berufungsgericht einerseits gerade diese Frage für aufklärungsbedürftig erachtet hat (Seite 13 des angefochtenen Beschlusses) andererseits auch mangels ausreichender Feststellungen nicht beurteilen konnte, inwieweit die beklagte Partei auf Grund eigener (ihr zuzurechnender) Fachkenntnisse in der Lage gewesen sei, die (angebliche) Unrichtigkeit ihrer Anweisungen zu erkennen (Seite 14 des angefochtenen Beschlusses). Wenn schließlich die Beiziehung eines Sachverständigen als nicht erforderlich gerügt wird, ist dem zu entgegnen, daß die Frage, welche Beweise aufzunehmen sind, ausschließlich den Bereich der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen betrifft, die vom Obersten Gerichtshof nicht zu prüfen ist. Hält das Berufungsgericht von einer richtigen Rechtsansicht ausgehend, den Sachverhalt für weiter erörterungsbedürftig, so kann der Oberste Gerichtshof dem nicht entgegentreten. Mangels Spruchreife der Sache ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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