LVwG Niederösterreich LVwG-AV-605/001-2019

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-605/001-20194.10.2021

NAG 2005 §2 Abs1 Z15
NAG 2005 §8 Abs1 Z9
NAG 2005 §11
NAG 2005 §26
NAG 2005 §43a Abs1 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.605.001.2019

 

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Dr. Köchle als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, geb. ***, StA. Serbien, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 17. April 2019, Zl. ***, mit dem der am 12. Oktober 2018 gestellte Zweckänderungs-Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Z 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und wird dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a Abs. 1 Z 2 NG iVm § 8 Abs. 1 Z 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

 

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Verfahrensgegenstand und Verfahrensgang:

 

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

 

1.1.1. Herrn A, einem am *** geborenen serbischen Staatsangehörigen (im Folgenden: der Beschwerdeführer) wurde zum ersten Mal im Jahr 2012 eine (damals von 09.10.2012 bis 09.10.2013 gültige) „Aufenthaltsbewilligung Student“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erteilt.

 

Aufgrund von jeweils rechtzeitig gestellten Verlängerungsanträgen wurde dem Beschwerdeführer in der Folge jährlich eine weitere Aufenthaltsbewilligung Studierender erteilt bzw. seine Aufenthaltsbewilligung Studierender verlängert. Zuletzt verfügte der Beschwerdeführer über einen vom 14.10.2017 bis zum 14.10.2018 gültigen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsbewilligung Student“.

 

1.1.2. Mit Eingabe vom 12.10.2018 und somit vor Ablauf seines zuletzt bis zum 14.10.2018 gültigen Aufenthaltstitels „Aufenthaltsbewilligung Student“ stellte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Mödling (im Folgenden: belangte Behörde) den verfahrensgegenständlichen Zweckänderungs-Antrag auf erstmalige Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung Künstler (selbständige Erwerbstätigkeit)“.

 

1.1.3. Im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens legte der Beschwerdeführer zunächst folgende Unterlagen vor:

- eine Kopie seiner Aufenthaltskarte „Aufenthaltsbewilligung Student“,

- eine zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn C abgeschlossene, bis Oktober 2020 gültige Wohnrechtvereinbarung (Unterkunft an der Adresse ***, ***; nach der ein unentgeltliches Mitbenutzungsrecht vereinbart wurde und die 36m2 große und 2 Wohnräume aufweisenden Unterkunft durch den Beschwerdeführer und Herrn C bewohnt werde),

 

- einen zwischen Herrn C und Herrn D abgeschlossenen, von 01.11.2017 bis 01.11.2020 gültigen Mietvertrag,

 

- eine Bestätigung der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 11.10.2018, aus der hervorgeht, dass ein Anspruch auf Mitversicherung des Beschwerdeführers als Angehöriger von Herrn C bis zum 30.11.2019 bestehe;

 

- eine am 09.10.2018 unterzeichnete, notariell beglaubigte, für 5 Jahre gültige Haftungserklärung von Herrn C für den Beschwerdeführer;

 

- eine Kopie des serbischen Reisepasses von Herrn C;

 

- eine Meldebestätigung betreffend Herrn C

 

- Lohn- und Gehaltsabrechnungen von Herrn C für die Monate Juli und August 2018

 

- Versicherungsdatenauszug betreffend Herrn C vom 04.10.2018

 

- Eine Kopie der ersten Seite des bis zum 28.09.2018 gültigen serbischen Reisepasses des Beschwerdeführers

 

- ZMR-Auszug betreffend den Beschwerdeführer

 

- Zeugnis über die durch den Beschwerdeführer bestandene Ergänzungsprüfung aus Deutsch gem. § 63 Abs. 10 und 11 UG 2002 (Voraussetzung für die Zulassung als ordentlicher Studierender an der Universität ***) vom 15.06.2013

 

- Zertifikat des Sprachenzentrums der Universität ***, wonach der Beschwerdeführer über Englisch-Kenntnisse auf B2-Niveau verfügt vom 09.03.2018

 

- Bestätigung der *** Bezirksorganisation *** vom 10.10.2018, wonach der Beschwerdeführer „als Musiker“ bei den „Maiaufmärschen in den Jahren *** bis ***“ ehrenamtlich mitgewirkt habe

 

- Eine Reihe an Lichtbildaufnahmen inklusiver einer DVD, die den Beschwerdeführer beim Harmonika-Spielen zeigen

 

- Bestätigung des Kultur- und Kunstvereins „G“ vom 18.10.2017, wonach der Beschwerdeführer „langjähriger Korreptor (Harmonikaspieler)“ im genannten Verein sei und mit dem Verein dieses Orchesters an Konzerten in Serbien und im Ausland teilgenommen habe;

 

- 15 als „Engagement – Vereinbarung“ bezeichnete, teilweise durch Unternehmen, teilweise durch Privatpersonen ausgestellt Bestätigungen, wonach der Beschwerdeführer – bezeichnet als „der Musiker“ in den Jahren 2018 bzw. 2019 engagiert würde, wobei als das „vereinbarte Honorar für Musiker“ ausweislich dieser Bestätigungen zwischen 150,-- und 400.--, Euro bzw. in einem Fall ausweislich der vorgelegten Bestätigung 840,-- Euro vereinbart waren;

 

 

- die Einkommenssteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2012 bis 2016

 

- beglaubigte Übersetzung eines dem Beschwerdeführer ausgestellten Zeugnisses vom 15.05.2008, wonach dieser eine „Musik-Ballet Grundschulbildung und Erziehung“ an der Musik-Balletschule „***“ in *** abgeschlossen hat

 

1.1.4. Mit Schreiben vom 06.03.2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass aus Sicht der Behörde im Lichte näher angeführter Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der vorgelegten Unterlagen davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer keine künstlerische Tätigkeit ausübe. Es seien auch keine besonderen Umstände nachgewiesen worden, die im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für einen künstlerischen Charakter der Darbietungen des Beschwerdeführers sprächen.

 

1.1.5. Mit Eingabe seines anwaltlichen Vertreters vom 21.03.2019 trat der Beschwerdeführer der durch die Behörde in deren Schreiben vom 06.03.2019 geäußerten Auffassung, es liege keine künstlerische Tätigkeit vor, entgegen. Konkret wird in diesem Schreiben ausgeführt, der Rechtsauffassung der Behörde könne nicht gefolgt werden, da sich aus den der Behörde vorgelegten Urkunden die Künstlereigenschaft des Beschwerdeführers ergebe. Jeder Antragsteller, der eine abgeschlossene Musikausbildung nachweisen könne, sei grundsätzlich berechtigt, ein „Künstler‑Visum“ zu beantragen, da er die Formalvoraussetzungen eines Künstlers erfülle. Wie durch die Behörde selbst ausgeführt, sei auf die Qualität des musikalischen Vortrages abzustellen. Diese Qualität des musikalischen Vortrages des Beschwerdeführers sei – so die Ausführungen in der Eingabe des anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 21.03.2019 weiter – bereits nachgewiesen und habe die Behörde, falls Sie die musikalische Leistung mangels Sachverständigeneigenschaft nicht beurteilen könne, dies dem Beschwerdeführer offenzulegen und entweder von Amts wegen einen Sachverständigen beizuziehen oder den Antragsteller aufzufordern, ein Sachverständigengutachten beizuschaffen. Es werde die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Musikfach beantragt.

 

1.1.6. Mit einer weiteren Eingabe des anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 25.03.2019 wurden der belangten Behörde eine beglaubigte Übersetzung einer „Fachlichen Meinung“ der „E“, wonach der Beschwerdeführer Mitglied dieses Vereins sei und aufgrund seiner Tätigkeit als „Vokal- und Instrumentalinterpret“ aufgenommen worden sei; eine beglaubigte Übersetzung des Mitgliedsausweises des Beschwerdeführers bei der „E“ und eine beglaubigte Übersetzung einer Bestätigung des „F“, wonach der Beschwerdeführer in die „Evidenz der Personen, die eine künstlerische Tätigkeit oder sonstige Tätigkeit aus dem Bereich der Kultur ausüben und welche vom F geführt werden“ als „Vokal- und Instrumentalinterpret“ eingetragen sei, vorgelegt.

 

1.2. In Beschwerde gezogener Bescheid:

 

1.2.1. Mit dem mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 12.10.2018 gestellten Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers auf erstmalige auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung Künstler“ im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer übe keine künstlerische Tätigkeit iSd § 43a NAG aus, ab.

 

Als Rechtsgrundlagen werden neben § 3 Abs. 1 NAG iVm der VO der Landeshauptfrau von Niederösterreich über die Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes die §§ 19 Abs. 1, 2,3, und 7 sowie § 43a NAG und die §§ 7, 89 NAG-DV angeführt.

 

1.2.2. Begründet wurde die Abweisung damit, der Beschwerdeführer übe keine künstlerische Tätigkeit aus.

 

Im Einzelnen wird in der Bescheidbegründung zunächst festgehalten, der Beschwerdeführer habe am 12.10.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung Künstler eingebracht.

 

Als Künstler sei anzusehen, wer eine persönliche und eigenschöpferische Tätigkeit in einem umfassenden Kunstfach aufgrund künstlerischer Begabung entfalte und sich nicht darauf beschränke, Erlerntes wiederzugeben. Auch dürfe ein gewisser Qualitätsstandard nicht unterschritten werden, was aber bei Unterhaltungskünstlern regelmäßig nicht der Fall sei. Weiters solle der Künstler als Unternehmer (Selbstständiger) eine unternehmerische Struktur haben, die dem Beschwerdeführer fehle. Durch die Auftritte des Beschwerdeführers könne dessen Unterhalt nicht gedeckt werden, weshalb eine Haftungserklärung und eine Mitversicherung vorgelegt worden seien. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (wobei im Bescheid auf die zum Einkommenssteuergesetz ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 94/14/0060 und VwGH 95/14/0157 Bezug genommen wird) erfordere die Beurteilung, ob eine künstlerische Tätigkeit vorliege oder nicht, eine Einzelfallbeurteilung.

 

Im Hinblick auf die durch den Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sei davon auszugehen, dass durch diesen keine künstlerische Tätigkeit ausgeübt werde. Das Absolvieren einer Musik-Ballet-Grundschule reiche für sich allein genommen noch nicht aus, um vom Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit ausgehen zu können und auch die vorgelegten Unterlagen betreffend die Befähigung des Beschwerdeführers (Musik-Volksschule, Bestätigung eines serbischen Volksmusikvereines über vergangene Aktivitäten) reichten nicht aus, um aufgrund der Art der ausgeübten Tätigkeit (Auftritte bei privaten Veranstaltungen, Geburtstagsfeiern Firmenfeiern etc.), vom Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit ausgehen zu können. Es seien auch keine besonderen Umstände nachgewiesen worden, die im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für einen künstlerischen Charakter der Darbietung sprächen.

 

Nach zusammenfassender Wiedergabe der Ausführungen des anwaltlichen Vertreters in dessen Eingabe vom 21.3.2019 wird in der Bescheidbegründung schließlich hinsichtlich der mit der Eingabe des anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 19.03.2019 vorgelegten Unterlagen festgehalten, „dass die Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der obzit. Judikatur des VwGH ergeben“ habe, dass im Fall des Beschwerdeführers „keine künstlerische Tätigkeit“ vorliege. Daher sei der gegenständliche Antrag abzuweisen.

 

1.3. Beschwerdevorbringen:

 

1.3.1. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, mit der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels an den Beschwerdeführer beantragt wird. Begründend wird in dieser Beschwerde ausgeführt, der Beschwerdeführer erfülle entgegen der Auffassung der belangten Behörde alle Voraussetzungen für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“.

 

Die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, dass sein musikalisches Können die Kriterien für eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Gesetzes erfülle. Diese Annahme sei unrichtig, zumal der Beschwerdeführer sämtliche Urkunden vorgelegt und die belangte Behörde auch ausdrücklich aufgefordert habe, einen Sachverständigen zu bestellen, sofern die belangte Behörde nicht in der Lage sei, die künstlerische musikalische Tätigkeit des Beschwerdeführers selbst zu beurteilen. Dass die belangte Behörde keinen Sachverständigen beigezogen habe, werde als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt.

 

1.3.2. Der Beschwerdeführer spiele, so das Beschwerdevorbringen weiter, serbische Volksmusik und unterliege seine Tätigkeit der künstlerischen Freiheit.

Art 17 StGG schütze künstlerisch Schaffende gegenüber staatlichen Eingriffen jeglicher Art und sei es dem Staat verboten, Kunst zu „verordnen“ und Regeln darüber vorzuschreiben.

Die „fachlichen Gremien in Serbien“ hätten das künstlerische Wirken des Beschwerdeführers beschrieben, wozu in der Beschwerde auf die im Akt befindliche Bescheinigung der „E“ und auf die Bestätigung des „G“ verwiesen wird. Auch verfüge der Beschwerdeführer eine „künstlerische Lizenz“, mit der er arbeiten dürfe.

 

1.3.3. Es sei im Übrigen – so das Beschwerdevorbringen weiter – nicht richtig, dass der Beschwerdeführer nicht von seiner Musik leben könne, die Haftungserklärung sei lediglich ein Sicherheitsnetz. Der Beschwerdeführer habe bereits Einnahmen und könnten diese Einnahmen vom Beschwerdeführer leicht gesteigert werden, sobald er eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ erhalte.

Zum Beweis für das in der Beschwerde Vorgebrachte wird in der Beschwerde die Einvernahme des Beschwerdeführers und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

1.4. Verwaltungsgerichtliches Verfahren:

 

1.4.1. Diese Beschwerde wurde dem Verwaltungsgericht durch die belangte Behörde samt Bezug habendem Verwaltungsakt unter Abstandnahme von einer Beschwerdevorentscheidung zur Entscheidung vorgelegt.

 

1.4.2. Mit Eingabe seines anwaltlichen Vertreters vom 14.01.2020 wurde dem Verwaltungsgericht seitens des Beschwerdeführers ein Konvolut an Unterlagen übermittelt.

Konkret wurden am 14.01.2020 folgende Unterlagen übermittelt:

- eine mit 06.01.2020 datierte „Fachliche Meinung“ der „E“ samt beglaubigter Übersetzung.

 

- eine beglaubigte Übersetzung eines Zeugnisses der Musik-Balletschule „***“ in ***, wonach der Beschwerdeführer eine Musik-Ballet Grundschulbildung und Erziehung abgeschlossen habe, vom 15.05.2008

 

- Kopien von 13 „Engagements – Vereinbarungen“, mit denen vereinbart wurde, dass der Beschwerdeführer durch Privatpersonen zu unterschiedlichen Terminen im Jahr 2020 als Musiker engagiert werde

 

- Kopien von 6 „Engagements – Vereinbarungen“, mit denen vereinbart wurde, dass der Beschwerdeführer durch unterschiedliche juristische Personen als Musiker für diverse Feiern engagiert werde

 

- Kopien von 5 „Engagements – Vereinbarungen“, mit denen vereinbart wurde, dass der Beschwerdeführer durch verschiedene Privatpersonen im Jahr 2019 für diverse Feiern als Musiker engagiert wurde

 

- Kopie einer „Engagement – Vereinbarung“, mit der der Beschwerdeführer durch eine juristische Person für diverse Feiern im Jahr 2019 engagiert wurde

 

- KSV-Auszug betreffend den Beschwerdeführer vom 07.01.2020

 

- Sozialversicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers vom 09.01.2020

 

- Einkommenssteuerbescheid des Beschwerdeführers betreffend das Jahr 2018, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2018 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in der Höhe von 4.924,33 Euro erzielt hat

 

- vier Fotos, die den Beschwerdeführer beim Harmonika-Spielen zeigen

 

- Prüfungszeugnis, wonach der BF am 18.06.2019 die gem. § 10a Abs. 5 StbG abzulegenden Prüfung über die Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung bestanden hat (Staatsbürgerschaftsprüfung)

 

- Dienstvertrag des Haftungserklärenden (Herrn C), wonach dieser einen vertraglichen Anspruch auf einen monatlichen Bruttolohn in der Höhe von 1.543,16 Euro habe

 

- Lohn-/Gehaltsabrechnungen des Haftungserklärenden (Herrn C)

 

- Kontoauszüge des Haftungserklärenden (Herrn C)

 

- KSV-Auszug des Haftungserklärenden (Herrn C)

 

- Mitteilung des Haftungserklärenden, Herrn C, vom 14.01.2020, wonach er an monatlichen Kosten 250,-- Euro für Miete samt Betriebskosten sowie 100,-- Euro an Kosten für seine Autoversicherung zu bezahlen habe und dass er keine sonstigen Ausgaben und keine Schulden habe und sein Neffe, der Beschwerdeführer, die einzige Person sei, für die er hafte

 

- Wohnrechtsvereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Haftungserklärenden vom 13.01.2020

 

1.4.3. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte zunächst am 21.01.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und dessen anwaltlicher Vertreter sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen. In dieser Verhandlung am 21.01.2020 wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die als verlesen in das Verfahren einbezogenen Akten und insbesondere in die durch den Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen und durch Befragung des Beschwerdeführers, der insbesondere zu seiner Tätigkeit als Musiker befragt wurde.

 

Bei der Verhandlung am 21.01.2020 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor. So legte dieser eine Reihen an Lichtbildern (auf denen ua der Beschwerdeführer beim Harmonika-Spielen, teilweise augenscheinlich bei Feiern bzw. beim *** der *** in ***, teilweise augenscheinlich als Mitglied von serbischen Volksmusikgruppen, zu sehen ist), eine Kopie eines durch den Haftungserklärenden, Herrn C, am 04.07.2018 abgeschlossenen Mietvertrages (, für ein Mietobjekt an der Adresse ***, ***, Top Nr. ***, mit einer Nutzfläche von 25m2, bestehend aus „Zimmer + Bad-WC“, für die Dauer von drei Jahren ab 02.11.2020 und gegen einen vereinbarten Mietzins von 250,-- inklusive aller Betriebskosten), eine Kopie eines durch den Beschwerdeführer an den Künstler‑Sozialversicherungsfond (KSVF) gestellten Antrags auf Gewährung von Zuschüssen zu den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung, 4 „Engagements – Vereinbarungen“ zwischen dem Beschwerdeführer und vier Privatpersonen, die den Beschwerdeführer im Jahr 2020 für Geburtstagsfeiern (bzw. 1 Mal für eine Erstkommunion) als Musiker gegen ein vereinbartes Honorar von jeweils 200,-- Euro engagieren wollten, eine „Versicherungsbestätigung für Zeiträume ab 01.01.2018“ der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Niederösterreich vom 20.01.2020, wonach für den Beschwerdeführer ab 09.01.2020 Versicherungszeiten in der Kranken- und Pensionsversicherung der SVS vorlägen, sowie 6 Überweisungsbelege, ausweislich derer dem Beschwerdeführer jene 6 juristischen Personen, die den Beschwerdeführer ausweislich der mit der Eingabe vom 14.01.2020 vorgelegten „Engagements – Vereinbarungen“ für „diverse Feiern zwei mal jährlich“ verpflichten wollten, dem Beschwerdeführer das für die für 2020 vereinbarten Engagements vereinbarte Honorar (bzw. Teile davon) bereits überwiesen haben.

 

1.4.4. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Verhandlung auch eine Kopie eines Antrags auf Gewährung von Zuschüssen zu den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung an den Künstler-Sozialversicherungsfond (KSVF) vorlegte, und durch den KSVF im Zuge der Bearbeitung dieses durch den Beschwerdeführer gestellten Antrages ein Gutachten zur Frage, ob eine künstlerische Tätigkeit vorliegt, eingeholt wird, wurde die Verhandlung unterbrochen, um insbesondere um die Entscheidung des KSVF bzw. das im Verfahren vor dem KSVF erstattete Gutachten betreffend die Frage nach dem Vorliegen eigener künstlerischer Tätigkeit abzuwarten.

 

1.4.5. In weiterer Folge beraumte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich für den 05.10.2020 die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung an.

 

1.4.6. Im Vorfeld dieser fortgesetzten Verhandlung wurden seitens des Beschwerdeführers mit drei E-Mails vom 15.09.2020 erneut eine Reihe an Unterlagen übermittelt.

 

Im Einzelnen wurden folgende Unterlagen übermittelt:

- Kopie des aktuellen serbischen Reisepasses des Beschwerdeführers, gültig bis zum 28.08.2030

 

- Beschluss des serbischen Innenministeriums vom 01.09.2020 über die Ungültig-Erklärung des alten Reisepasses des Beschwerdeführers nach gemeldetem Verlust samt Übersetzung

 

- ein Versicherungsdatenauszug betreffend C vom 08.09.2020

 

- die „Mitteilung“ von C vom 14.01.2020, wonach dieser an regelmäßig zu tragenden Kosten 250,-- Euro an Miete inkl. Betriebskosten und 100.-- Euro an Kfz-Versicherung zu bezahlen habe, dass er keine Schulden habe und nur für den Beschwerdeführer hafte

 

- Kopie des Dienstvertrages von C mit der H GmbH, abgeschlossen am 05.07.2018

 

- Lohn-Gehaltsabrechnungen von C für die Monate Dezember 2019 bis Juli 2020

 

- Sozialversicherungsdatenauszug mit Beitragsgrundlagen betreffend den Beschwerdeführer vom 09.09.2020

 

- als „SVS Saldenbestätigung“ bezeichnetes Schreiben der Sozialversicherung der Selbständigen Niederösterreichs vom 09.09.2020, ausweislich dessen auf dem GSVG- bzw. FSVG-Beitragskonto des Beschwerdeführers kein Rückstand bestehe

 

- Finanzübersicht vom 07.09.2020, aus der die verfügbaren Beträge auf dem Giro- und Sparkonto des Beschwerdeführers bei der I ersichtlich sind

 

- E-Mail-Konversation zwischen dem Beschwerdeführer und dem Künstler-Sozialversicherungsfonds (KSVF), in der durch seitens des KSVF mitgeteilt wurde, dass aufgrund der Vielzahl an Anträgen nicht angegeben werden könne, wann über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden werde

 

- Serbischer Strafregisterauszug betreffend den Beschwerdeführer vom 14.08.2020 samt Übersetzung

 

- Kopien von insgesamt 24 durch den Beschwerdeführer ausgefüllten und unterschriebenen Kassa-Eingangs-Bestätigungen über Einnahmen aus 24 Engagements als Musiker von März bis Dezember Jahr 2019

- eine durch den Beschwerdeführer erstellte Übersicht über seine von März bis Dezember 2019 als Musiker erzielten Einnahme im Jahr 2019

 

- Kopien von insgesamt 24 durch den Beschwerdeführer ausgefüllt Kassa Eingangs-Bestätigungen über Einnahmen aus 24 Engagements als Musiker von März bis Dezember Jahr 2019

- Kopien von insgesamt 6 durch den Beschwerdeführer ausgefüllten und unterschriebenen Kassa Eingangs-Bestätigungen über Einnahmen aus 6 Engagements als Musiker von Jänner bis September 2020

- eine durch den Beschwerdeführer erstellte Übersicht über seine im Jahr 2020 erzielten bzw. für den Rest des Jahres erwarteten Einnahme als Musiker

 

- Kopien von 3 „Engagements – Vereinbarungen“, mit denen der Beschwerdeführer durch Privatpersonen im Jahr 2020 als Musiker engagiert wurde

 

- Kopien von 5 jeweils als „Engagements – Vereinbarungen“ bezeichnete Schreiben, in denen zwischen dem Beschwerdeführer und 6 juristischen Personen Vereinbarungen über Engagements des Beschwerdeführers für „diverse Feiern“ im Dezember 2020 getroffen wurden

 

- Kopien von 8 „Engagements – Vereinbarungen“ des Beschwerdeführers mit insgesamt 3 Privatpersonen über Engagements des Beschwerdeführers als Musiker für das Jahr 2020:

 

- Kopien von 3 als „Engagement – Vereinbarung“ bezeichneten Vereinbarungen zwischen dem Beschwerdeführer und 3 Lokalen in *** über dessen Engagement als Musiker

 

 

1.4.7. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 05.10.2020 wurde neben der Einsichtnahme in die seitens des Beschwerdeführers neu vorgelegten Unterlagen insbesondere Herr C, der die Haftungserklärung für den Beschwerdeführer abgegeben hat, zeugenschaftlich zu seinen beruflichen und finanziellen Verhältnissen und zur Wohnsituation befragt.

Durch den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung auf das anhängige Verfahren auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer verwiesen und der Antrag gestellt, das gegenständliche Verfahren bis zum Abschluss des staatsbürgerschaftsrechtlichen Verfahrens auszusetzen, wozu seitens der belangten Behörde angegeben wurde, es bestünden keine Einwendungen gegen die Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens bis zum Abschluss des staatsbürgerschaftsrechtlichen Verfahrens.

 

1.4.8. Mit E-Mail vom 23.06.2021 teilte der Künstler-Sozialversicherungsfond (KSVF) dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit, dass dem Künstler-Sozialversicherungsfond (KSVF) nunmehr eine „positive Beurteilung der Künstlereigenschaft“ des Beschwerdeführers vorliege.

 

1.4.9. Nach Einlangen der Mitteilung des KSVF wurde der Beschwerdeführer durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgefordert, das im Rahmen des Verfahrens über seinen Antrag beim KSVF ergangene Gutachten sowie weitere näher angeführte Unterlagen (insbesondere Unterlegen betreffend seine geplante künstlerische Tätigkeit und aktuelle Unterlagen zur Beurteilung, ob weiterhin von der Tragfähigkeit der durch Herrn C abgegebenen Haftungserklärung ausgegangen werden kann) vorzulegen.

 

1.4.10. In der Folge wurden seitens des Beschwerdeführers mit E-Mail seines anwaltlichen Vertreters vom 12.07.2021 folgende Unterlagen übermittelt:

- Nachweise über die Überweisung die Höhe des Herrn C von 12.08.2020 bis 15.06.2021 durch die H GmbH überwiesenen Lohnes

 

- Mitteilung von Herrn C, wonach er an monatlichen Ausgaben lediglich Mietkosten (inkl. Betriebskosten) in der Höhe von 250,-- Euro und 100,-- für die Kfz-Versicherungsprämie zu tragen habe

 

- Sozialversicherungsdatenauszug betreffend Herrn C vom 07.07.2021

 

- Lohn- und Gehaltsabrechnungen von Herrn C

 

- durch die H GmbH Herrn C ausgestellte Beschäftigungsbestätigung

 

- Finanzbericht, ausweislich dessen der Beschwerdeführer mit Stand 12.07.2021 auf seinem österreichischen Giro-Konto über ein Guthaben von 1.501,47 Euro und auf seinem österreichischen Sparkonto über ein Guthaben in der Höhe von 17.100,88 Euro verfügte

 

- eine zwischen Herrn J und dem Beschwerdeführer am 05.05.2021 abgeschlossene Wohnrechtsvereinbarung, mit der dem Beschwerdeführer ein unbefristetes, unentgeltliches Mitbenutzungsrecht an der Unterkunft an der Adresse ***, *** eingeräumt wird

 

- Grundbuchsauszug betreffend die Liegenschaft an der Adresse ***, ***

 

- Meldebestätigung betreffend den Beschwerdeführer, ausweislich derer dieser nunmehr an der Adresse ***, *** mit Hauptwohnsitz gemeldet ist

 

- Bescheinigung des serbischen Innenministeriums vom 15.05.2020, wonach der Beschwerdeführer nicht verurteilt worden sei samt deutscher Übersetzung

 

- „Versicherungsbestätigung der SVS“ vom 04.07.2021, wonach der Beschwerdeführer ua in der Krankenversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) von 01.01.2019 bis 31.12.2019 und seit 09.01.2020 bis laufend versichert ist

 

- Unbedenklichkeitsbescheinigung der SVS vom 04.07.2021, wonach auf dem GSVG- bzw. FSVG-Beitragskonto des Beschwerdeführers kein Rückstand bestehe

 

- Kopie des bis zum 28.08.2030 gültigen serbischen Reisepasses des Beschwerdeführers

 

- Kopie und deutsche Übersetzung einer Bestätigung der „K“ in ***, wonach der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2011 bei diesem als „Komponist und Musikschaffender der serbischen Volksmusik,“ als „Musikarrangeur und Produzent“, als „Musikpädagoge“ und als „Instrumentalist -Korrepetitor am Akkordeon“ engagiert sei

 

- durch den Beschwerdeführer gegenüber der LGmbH ausgestellte Honorarnote über 300,-- Euro

 

- Kopien von 17 Kassa-Eingangsbestätigung betreffend Honorare, die der Beschwerdeführer von juristischen und natürlichen Personen, die ihn im Jahr 2021 als Musiker engagiert haben, erhalten hat

 

- Kopien von 10 Kassa-Eingangsbestätigungen betreffend Honorare, die der Beschwerdeführer von juristischen und natürlichen Personen, die ihn im Jahr 2021 als Musiker engagiert haben, erhalten hat

 

- durch den Beschwerdeführer erstellte Listen/Tabellen, in denen vermerkt ist, wieviel der Beschwerdeführer in den Jahren 2020 bzw. 2019 durch Engagements als Musiker bei welchen juristischen und natürlichen Personen ins Verdienen gebracht hat

 

- durch den Beschwerdeführer erstellte Listen/Tabellen mit Engagements als Musiker mit näher angeführten juristischen Personen zu welchen jeweils angeführt ist, wieviel der Beschwerdeführer erwartete, dass er durch diese im Rest des Jahres 2021 und im Jahr 2021 ins Verdienen bringen wird

 

- Liste mit Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen der natürlichen Personen bzw. der Ansprechpersonen der juristischen Personen, mit denen der Beschwerdeführer die in den durch ihn erstellten Listen angeführten Engagement vereinbart hat

 

- das im Auftrag des KSVF im Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung eines Zuschusses zu den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung gem. § 16 K-SVFG erstellte Gutachten der Kurie für Musik gemäß § 11ff K-SVFG, erstellt in der 115. Sitzung der Kommission am 10. Juni 2021

 

1.4.11. Die seitens des Beschwerdeführers zuletzt vorgelegten Unterlagen wurden der belangten Behörde zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt, wobei ausdrücklich um eine das im Auftrag des KSVF erstellten Gutachtens berücksichtigende Stellungnahme betreffend die Künstlereigenschaft des Beschwerdeführers sowie um Mitteilung, ob die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung beantragt werden, ersucht wurde.

 

1.4.12. Mit Stellungnahme vom 19.07.2021 wurde durch die belangte Behörde mitgeteilt, dass nach Durchsicht der übermittelten Unterlagen keine weitere Stellungnahme abgegeben und die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung nicht beantragt werde.

 

1.4.13. Durch die LPD Niederösterreich wurde auf entsprechende Anfrage des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich mit per E-Mail vom 10.08.2021 übermittelter Stellungnahme mitgeteilt, dass keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen betreffend den Beschwerdeführer vorlägen.

2. Feststellungen:

 

2.1. Der Beschwerdeführer, Herr A, ist ein am *** geborener Staatsangehöriger der Republik Serbiens. Er verfügt über einen bis zum 28.08.2030 gültigen serbischen Reisepass.

 

2.2. Der Beschwerdeführer verfügt seit dem Jahr 2012 durchgehend über eine (über entsprechende Verlängerungsanträge verlängerte) „Aufenthaltsbewilligung Student“. Die erste dem Beschwerdeführer erteilte „Aufenthaltsbewilligung Student“ war von 09.10.2012 bis 09.10.2013 gültig. Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer nach Verlängerungsantrag eine „Aufenthaltsbewilligung Student“ erteilt, die von 14.10.2017 bis zum 14.10.2018 gültig war.

 

2.3. Vor Ablauf der Gültigkeit der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilten „Aufenthaltsbewilligung Studierender“, nämlich am 12.10.2018, stellte der Beschwerdeführer einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung Künstler“ gem. § 43a Abs. 1 Z 2 NAG.

 

2.4. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 17.04.2019 wurde der Zweckänderungs-Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung Künstler“ abgewiesen. Über die Verlängerung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsbewilligung Studierender“ wurde in diesem Bescheid nicht abgesprochen.

2.5. Der Beschwerdeführer ist Musiker. Er spielt Ziehharmonika und ist sowohl als Vokal- und Instrumentalinterpret als auch als Komponist und Arrangeur insbesondere im Bereich „Serbische Volksmusik“ tätig.

 

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2008 die Musik-Grundschule „***“ abgeschlossen und in der Folge Workshops und Fortbildungen im Bereich Volksmusik und Ziehharmonika-Korrepetitor sowohl in Österreich als auch in Serbien absolviert. Von 2006 bis 2008 war der Beschwerdeführer als Ziehharmonika-Korrepetitor im Orchester der Musik-Grundschule „***“ tätig. Seit dem Jahr 2006 ist der Beschwerdeführer als Ziehharmonika-Korrepetitor und Komponist mit verschiedenen Volksgruppen-Orchestern in verschiedenen Ländern Europas aufgetreten. Seit dem Jahr 2011 ist der Beschwerdeführer bei der K in *** ua. als Instrumentalist, Korrepetitor, Komponist und Arrangeur engagiert.

Der Beschwerdeführer ist seit 2011 auch als Orchesterchef, Komponist und Musiker bei einer serbischen Volksmusikgruppe („G“) tätig, die ua mehrfach beim *** der *** in *** aufgetreten und im Zuge dessen auch vom ORF gefilmt worden ist.

 

Darüber hinaus tritt der Beschwerdeführer seit 2019 als Musiker bei Familien- und Firmenfeiern sowie in Lokalen auf, wo er als Vokal- und Instrumentalinterpret teilweise durch andere komponierte, teilweise durch ihn selbst komponierte oder neu arrangierte Musikstücke insbesondere aus dem Bereich der serbischen Volksmusik spielt.

 

2.6. Der Beschwerdeführer beabsichtigt, in den kommenden 12 Monaten selbständig als Musiker tätig zu sein und sich seinen Lebensunterhalt insbesondere durch Auftritte als Einzel-Künstler (Musiker) in Lokalen, bei Familien- und Firmenfeiern, bei denen er teilweise eigene, teilweise von anderen komponierte, dem Genre der serbischen Volksmusik zuzuordnende Werke interpretiert, sowie mit Auftritten als Mitglied einer serbischen Volksmusikgruppe, bei der er als Orchesterchef, Komponist und Musiker tätig ist (G) zu verdienen.

 

2.7. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Musiker ist nicht darauf beschränkt, Erlernbares oder Erlerntes wiederzugeben, sondern ist dieser auch selbstständig gestalterisch und eigenschöpferisch tätig und werden vorhandene musikalische Genres durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers erweitert.

 

2.8. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in den kommenden 12 Monaten durch seine selbständige Tätigkeit als Musiker Einkünfte in der Höhe von zumindest rund 1.200,-- Euro netto monatlich ins Verdienen bringen und so seinen Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als selbständiger Musiker bestreiten wird können. Dass der Beschwerdeführer aktuell einer anderen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nachginge bzw. dass er beabsichtigen würde, einer solchen im Prognosezeitraum nachzugehen, kann nicht festgestellt werden.

 

2.9. Der in Österreich dauerhaft niedergelassene Onkel des Beschwerdeführers, Herr C, ein am *** geborener serbischer Staatsangehöriger, hat am 09.10.2018 eine für fünf Jahre gültige Haftungserklärung iSd § 2 Abs. 1 Z. 15 NAG für den Beschwerdeführer abgegeben, wonach er für die Erfordernisse ua einer Unterkunft und für entsprechende Unterhaltsmittel aufkomme und für den Ersatz jener Kosten hafte, die einer Gebietskörperschaft bei der Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung, einer Zurückschiebung oder der Vollziehung der Schubhaft, einschließlich der Aufwendungen für den Ersatz gelinderer Mittel, sowie aus dem Titel des Sozialhilfe oder eines Bundes- oder Landesgesetzes, dass die Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG, BGBl. I Nr. 80/2004, umsetzt, entstehen.

 

2.10. Der Onkel des Beschwerdeführers verfügt über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ und ist seit 05.07.2018 durchgehend bei der H GmbH, ***, ***, als Lkw-Fahrer unselbständig Vollzeit beschäftigt. Es ist davon auszugehen, dass der Onkel des Beschwerdeführers in den kommenden 12 Monaten aus seiner unselbständigen Erwerbstätigkei bei der H GmbH durchschnittlich zumindest rund 2.393,87 Euro netto ins Verdienen bringen wird. Der Onkel des Beschwerdeführers verfügt über Ersparnisse in der Höhe von rund 2.700,-- Euro, hinsichtlich derer keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese aus illegalen Quellen stammen könnten. Es ist daher von auszugehen, dass dem Onkel des Beschwerdeführers im Prognosezeitraum umgerechnet auf den Monat aus Ersparnissen rund 225,-- Euro im Monat zur Verfügung stehen werden.

An regelmäßigen Belastungen hat der Onkel des Beschwerdeführers monatlich 250, -- Euro an Miete inklusive Betriebskosten und 100,-- Euro an Kosten für die Kfz-Versicherung zu bezahlen.

 

2.11. Der Beschwerdeführer verfügt über eigene Ersparnisse in der Höhe von rund 17.000,-- Euro, womit ihm aufgrund eigener Ersparnisse im Prognosezeitraum umgerechnet finanzielle Mittel in der Höhe von monatlich rund 1.416,70 Euro zur Verfügung stehen. Darauf, dass diese Ersparnisse aus illegalen Quellen stammen könnten, sind keinerlei Hinweise hervorgekommen.

 

2.12. Der Beschwerdeführer unterliegt der gesetzlichen Pflichtversicherung nach dem GSVG und ist in Österreich bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen krankenversichert.

 

2.13. Der Beschwerdeführer ist seit 05.05.2021 an der Adresse ***, *** Hauptwohnsitz gemeldet. Der Beschwerdeführer hat aufgrund der vorgelegten, am 05.05.2021 zwischen ihm und Herrn J unterzeichneten, ohne Befristung abgeschlossenen Wohnrechtsvereinbarung einen Rechtsanspruch auf unentgeltliche Mitbenutzung der Unterkunft an der Adresse ***, *** nachgewiesen. Bei der Unterkunft an der Adresse ***, *** handelt es sich um eine rund 96m2 große Wohnung mit 4 Wohnräumen, die neben dem Beschwerdeführer von Herrn J und Frau N sowie der minderjährigen, am *** geborenen O, bewohnt wird. Bei der Wohnung an der Adresse ***, ***, handelt es sich um eine ortsübliche Unterkunft für drei Erwachsene und ein dreijähriges Kind.

 

2.14. Der Beschwerdeführer ist sowohl in Österreich als auch in Serbien unbescholten und wurden auch keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und auch kein Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer verhängt. Auch ist nicht zu erkennen, dass der Aufenthalt des in Österreich und Serbien unbescholtenen Beschwerdeführers in Österreich die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtsobjekt (wesentlich) beeinträchtigen würde.

 

3. Beweiswürdigung:

 

3.1. Die Feststellungen zu den persönlichen Daten des Beschwerdeführers (Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit) sind unstrittig und basieren auf den vorgelegten und aktenkundigen Unterlagen und durchgeführten Abfragen im Zentralen Fremdenregister. Die Gültigkeitsdauer seines aktuellen serbischen Reisepasses ergibt sich aus ebendiesem.

 

3.2. Die Feststellung zu den bisherigen Aufenthaltstiteln des Beschwerdeführers basieren auf den entsprechenden Eintragungen im Zentralen Fremdenregister. Das festgestellte Datum, an dem der verfahrensgegenständliche Antrag gestellt wurde, ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Antrag. Dass der Zwecksänderungs-Antrag vor Ablauf des dem Beschwerdeführer zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gestellt wurde, ist unstrittig. Zum Inhalt des angefochtenen Bescheides bzw. zum diesen tragenden Abweisungsgrund ist auf den Bescheid zu verweisen.

 

3.3. Die in den Pkt. 2.5. bis 2.7. getroffenen Feststellungen beruhen auf den durch den Beschwerdeführer sowohl schriftlich als auch mündlich bei der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben zu seiner musikalischen Ausbildung und dazu, was er im Rahmen seiner Tätigkeit als Musiker mache, auf den vorgelegten Unterlagen und insbesondere auf dem zuletzt vorgelegten, im Rahmen des betreffend den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuschuss zu seinen Sozialversicherungsbeiträgen geführten Verfahrens vor dem KSVF eingeholten Gutachten.

 

Die Feststellung zur durch den Beschwerdeführer absolvierten musikalischen Ausbildung ergibt sich neben den Ausführungen im Gutachten und den Ausführungen des Beschwerdeführers selbst insbesondere aus dem vorgelegten Zeugnis der Musik-Balletschule „***“ in ***. Dass der Beschwerdeführer auf sehr hohem Niveau Ziehharmonika spielt, wurde auch seitens der belangten Behörde als solches nicht in Abrede gestellt und wurde dies durch den Beschwerdeführer durch die Vorlage von Lichtbildern und einer DVD mit Video-Ausschnitten sowie durch die vorgelegte Bestätigung des Kultur- und Kunstvereins „G“ vom 18.10.2017, und die „Fachliche Meinung“ der „E“ vom 06.01.2020 und glaubhaft gemacht.

 

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei der „K“ in *** seit dem Jahr 2011 als „Komponist und Musikschaffender der serbischen Volksmusik,“ als „Musikarrangeur und Produzent“, als „Musikpädagoge“ und als „Instrumentalist -Korrepetitor am Akkordeon“ engagiert ist, ergibt sich aus der vorgelegten Kopie und deutschen Übersetzung der durch die genannte Einrichtung ausgestellten Bestätigung, die Feststellungen zu den Auftritten des Beschwerdeführers als Teil der Volksmusikgrupppe „G“ und dazu, dass der Beschwerdeführer bei dieser als Orchesterchef, Komponist und Musiker tätig ist, basieren auf dem Befund der das vorgelegte Gutachten gem. §§ 11ff K-SVFG erstellt habenden fachkundigen Kurie, auf den Darstellungen des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung und auf der Bestätigung des Kultur- und Kunstvereins „G“ vom 18.10.2017, wonach der Beschwerdeführer „langjähriger Korrepetitor (Harmonikaspieler)“ im genannten Verein sei und mit dem Verein dieses Orchesters an Konzerten in Serbien und im Ausland teilgenommen habe.

 

Die Feststellungen dazu, dass der Beschwerdeführer als Musiker bei Familien- und Firmenfeiern sowie in Lokalen auftritt, basieren auf den vorgelegten „Engagements“/Vereinbarungen des Beschwerdeführers durch/mit Privatpersonen und Unternehmen, die den Beschwerdeführer engagiert haben und/oder engagieren wollen, auf den durch den Beschwerdeführer erstellten Listen über seine bisherigen Engagements und über seine für den Rest des Jahres 2021 und das Jahr 2022 vereinbarten Engagements, wobei der Beschwerdeführer entsprechend der diesbezüglichen Aufforderung des Verwaltungsgerichts auch eine Liste mit den jeweiligen Kontaktdaten der Personen bzw. der Ansprechpersonen bei den Unternehmen, die ihn engagiert haben, vorgelegt hat und hinsichtlich des Gros der vergangenen Auftritte auch die Bezug habenden Kassa-Eingangsbestätigungen bzw. Kontoauszüge, aus denen die Einnahme bzw. Überweisung des jeweils vereinbarten Honorars ersichtlich ist, vorgelegt hat.

 

Dass der Beschwerdeführer wie von ihm angegeben im Rahmen seiner Tätigkeiten als Musiker nicht nur wie im angefochtenen Bescheid angenommen Erlernbares oder Erlerntes wiedergibt, sondern auch eine eigenschöpferische, künstlerische Tätigkeit entfaltet, kann auf Basis des nunmehr vorliegenden, im Auftrag des KSVF erstellten Gutachtens der „Kurie für Musik gemäß §§ 11ff K-SVFG“, erstellt in der „115. Sitzung der Kommission am 10. Juni 2021“, das ausdrücklich zu dem Ergebnis kommt, dass eine „eigenschöpferische, künstlerische Tätigkeit, die sich nicht darauf beschränkt, nur Erlernbares oder Erlerntes wiederzugeben“ ausgeübt werde, dass „die selbständige gestalterische Fähigkeit […] in vielfältiger Weise zu erkennen“ sei und dass das „Schaffen von Werken der Kunst bestätigt“ werde, weil „die stilistische Sicherheit die aktuelle Gestaltungskompetenz die Gestaltungskompetenz und Beweis gestellt [habe] und vorhandene musikalische Genres erweitert“ würden, festgestellt werden.

 

Vor dem Hintergrund des durch die aus sach- und fachkundigen Personen aus dem Bereich der Musik zusammengesetzten Kommission erstellten Gutachtens, steht fest, dass es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers als „Musiker“ um eine künstlerische Tätigkeit handelt, bei der nicht nur Erlerntes oder Erlernbares wiedergegeben wird, sondern dass der Beschwerdeführer künstlerisch gestaltend tätig wird.

 

3.4. Die in Pkt. 2.8. getroffene Feststellung zu den in den kommenden 12 Monaten zu erwartenden Einkünften des Beschwerdeführers beruht darauf, dass der Beschwerdeführer, der im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine ganze Reihe sowohl an Engagements durch Privatpersonen, Unternehmen und Lokale als auch an Kassaeingangsbestätigungen und Überweisungsnachweisen betreffend bisherige Engagements vorgelegt hat, vor deren Hintergrund jene durch den Beschwerdeführer erstellte Liste mit von ihm aus Engagements im Rest des Jahres 2021 und im Jahr 2022 erwarteten Einkünften jedenfalls plausibel erscheint.

Zwar ist im Zuge der zu erstellenden Prognose zu berücksichtigen, dass an sich vereinbarte Engagements für Auftritte bei Feiern und in Lokalen insbesondere dann, wenn aufgrund von wegen der covid19-Pandemie beschlossener Maßnahmen, die Feiern untersagen oder beschränken oder aufgrund derer Lokale nicht betreten werden dürfen, bereits in der Vergangenheit abgesagt oder verschoben wurden und dass auch für die kommenden 12 Monate nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies auch im Prognosezeitraum auch der Fall sein könnte.

Der Beschwerdeführer hat jedoch, wie sich aus den durch ihn vorgelegten „Engagements“, den Kassa-Eingangsbestätigungen bzw. Honorarnoten betreffend das Honorar vergangener Auftritte in Zusammenschau mit den per E-Mail beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in Reaktion auf die zum zweiten Verhandlungstermin sehr kurzfristig, nämlich erst nach Übermittlung der jeweiligen Engagements durch den Beschwerdeführer, ergangenen Ladungen eingelangten Rückmeldungen der Ansprechpersonen der Lokale, in denen jeweils die Absicht, den Beschwerdeführer wie vereinbart, engagieren zu wollen, bestätigt wurde, ergibt, mit dem Cafe P in ***, ***, eine Vereinbarung getroffen, wonach der Beschwerdeführer vier Mal pro Monat gegen ein Honorar von 250,-- Euro engagiert wird, weiters eine Vereinbarung mit dem Betreiber des Cafe Q in der ***, ***, und eine Vereinbarung dem Betreiber des Cafe R, ***, getroffen, wonach für einen monatlichen Auftritt in diesen Lokalen jeweils 200,-- Euro bekommt.

 

Allein wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer im Prognosezeitraum nur die Honorare aus den mit diesen drei Lokalen vereinbarten regelmäßigen Auftritt an Einkommen erzielen wird, ergäbe sich – ohne Berücksichtigung von Auftritten bei Privat- und Familienfeiern oder als Mitglied der Volksmusikgruppe erzielten Einkünften – ein monatliches Brutto-Einkommen in der Höhe von rund 1.650,-- Euro. Da im Sinne einer vorsichtigen Prognose der Ausfall einiger der in Aussicht vereinbarten Auftritte aufgrund von covid19-Maßnahmen nicht ausgeschlossen scheint, aus derzeitiger Sicht aber nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer etwa aufgrund von Lockdowns mehr als drei der kommenden 12 Monate lang in keinem der drei Lokale auftreten wird könne, ist aus derzeitiger Sicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer im Prognosezeitraum in zumindest 9 Monaten durch Auftritte als Musiker in den oben genannten drei Lokalen ein Brutto-Einkommen in der Höhe von 1.650,-- Euro wird erzielen können. Legt man im Sinne einer vorsichtigen Berechnung – angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit bereits immer wieder auch bei Privat- und Familienfeiern und wie ausweislich der durch den Beschwerdeführer erstellten Liste auch für das Jahr 2021 und 2022 in Aussicht genommen, auch mit der Volksmusikgruppe, bei der er seit Jahren engagiert ist, aufgetreten ist, erschiene an sich auch ein höheres Einkommen, etwa in der Höhe, wie es sich aus der Gesamtsumme der durch den Beschwerdeführer in den durch ihn erstellten Listen über seine erwarteten Einkünfte aus künstlerischen Tätigkeit ergibt, nicht unrealistisch – somit zugrunde, dass der Beschwerdeführer in neun der kommenden 12 Monaten aus seiner Tätigkeit als Musiker Einkünfte in der Höhe von zumindest 1.650,-- Euro erzielen wird, so ergibt sich im Prognosezeitraum ein Gesamt-Jahreseinkommen von rund 14.850,-- Euro brutto. Legt man diese Einkünfte als (Brutto-)Gewinn zugrunde, so verbleibt dem Beschwerdeführer nach Abzug der bei einem solchen Jahres-Gesamt-(Brutto-)Gewinn zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge und Einkommenssteuer ausweislich des Abgabenrechners des BMF (***) ein Netto-Einkommen in der Höhe von 12.917,-- Euro, umgelegt auf den Monat somit Einkünfte in der Höhe von (etwas mehr als) rund 1.200,-- Euro.

Da durch die seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht wurde, dass der Beschwerdeführer im Prognosezeitraum Aufträge hat und haben wird, die es ihm erlauben werden, aus seiner selbständigen künstlerischen Tätigkeit als Musiker Einkünfte in der prognostizierten Höhe zu erzielen, wurde die in Pkt. 2.8. getroffene Feststellung, die naturgemäß nur eine Prognose sein kann, getroffen.

Dafür, dass der Beschwerdeführer einer unselbständigen Tätigkeit nachginge oder im Prognosezeitraum beabsichtigen würde, sich seinen Lebensunterhalt nicht wie von ihm angegeben durch seine aus den bereits oben dargelegten Gründen als eine künstlerische anzusehende Tätigkeit als selbständiger Musiker zu verdienen, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, weshalb die entsprechende (Negativ-)Feststellung getroffen wird.

 

3.5. Die in Pkt. 2.10. getroffenen Feststellungen zu den finanziellen Verhältnissen des Onkels des Beschwerdeführers beruhen auf den vorgelegten Unterlagen zu dessen unselbständiger Erwerbstätigkeit und aus den glaubwürdigen Angaben des Onkels des Beschwerdeführers selbst, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als Zeuge einvernommen wurde.

Die Feststellung, wonach davon auszugehen ist, dass der Onkel des Beschwerdeführers aufgrund seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit in den kommenden 12 Monaten rund 2.393,87 Euro netto ins Verdienen bringen wird, beruht auf folgender Durchschnittsberechnung: Ausweislich der zuletzt vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen des Onkels des Beschwerdeführers wurden diesem von seinem Arbeitgeber, der H GmbH im Juli, August, im September, im Oktober 2020 jeweils 2.064,65 Euro netto an Gehalt ausbezahlt, im Dezember 2020 wurden diesem 3.999,03 Euro, im Februar, März, April und Mai dieses Jahres wurden ihm jeweils 2.080,55 Euro netto ausbezahlt und im Juni 2021 wurden ihm 3.819,63 Euro netto ausbezahlt. Daraus ergibt sich eine Gesamtsumme in der Höhe von 28.726,54 Euro für die 12 Monate Juli 2020 bis Juni 2020, woraus sich umgerechnet ein durchschnittliches Netto-Einkommen von rund 2.393,87 Euro im Monat errechnet. Wie sich aus der Zeugenaussage des Onkels des Beschwerdeführers, aus dem vorgelegten Dienstvertrag, aus der dem Onkel des Beschwerdeführers durch die H GmbH ausgestellten Beschäftigungsbestätigung und aus dem diesen betreffenden Sozialversicherungsdatenauszug ergibt, ist der Onkel des Beschwerdeführers seit mehreren Jahren bei der H GmbH beschäftigt und sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Onkel des Beschwerdeführers dieser Beschäftigung im Prognosezeitraum nicht mehr nachgehen oder wesentlich weniger ins Verdienen bringen sollte als in den der Durchschnittsbetrachtung zugrunde gelegten 12 Monate. Daher wird im Sinne der anzustellenden Prognose davon ausgegangen, dass der Onkel des Beschwerdeführers auch in den kommenden 12 Monaten aus seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit rund 2.393,87 Euro netto im Monat ins Verdienen bringen wird.

 

Die Feststellung zu den Ersparnissen des Onkels des Beschwerdeführers beruht auf dem zuletzt vorgelegten Kontoauszug des Onkels des Beschwerdeführers vom 09.07.2021 auf dem zum einen der positive Saldo in der Höhe von 2.745,05 Euro ersichtlich ist und auf dem auch festgehalten ist, dass der durchschnittliche Saldo auf dem Konto des Onkels des Beschwerdeführers im letzten Quartal 3.400,82 Euro betragen habe.

Ausgehend von Ersparnissen in der Höhe von rund 2.700,-- Euro ergibt sich, dass dem Onkel des Beschwerdeführers im Prognosezeitraum aus Ersparnissen umgerechnet rund 225,-- Euro netto monatlich aus Ersparnissen zur Verfügung stehen.

 

Die Feststellungen zu regelmäßigen Belastungen des Onkels des Beschwerdeführers beruhen auf dessen glaubwürdigen Zeugenaussagen, hinsichtlich derer sich auch keine Anhaltspunkte ergeben haben, dass diese unrichtig sein könnten.

 

3.6. Hinsichtlich der in Pkt. 2.11. getroffenen Feststellung zu den Ersparnissen des Beschwerdeführers selbst ist insbesondere auf den zuletzt vorgelegten „Finanzbericht“ betreffend die österreichischen Konten des Beschwerdeführers zu verweisen, aus dem das Guthaben des Beschwerdeführers auf seinen österreichischen Konten ersichtlich ist. Hinweise darauf, dass die Ersparnisse des Beschwerdeführers aus illegalen Quellen stammen könnte, haben sich keine ergeben, zumal auch der einen glaubwürdigen persönlichen Eindruck hinterlassen habende Onkel des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung als Zeuge und somit unter Wahrheitspflicht angegeben hat, dass er dem Beschwerdeführer im Oktober wie auch im vorgelegten notariell beglaubigten Schenkungsvertrag festgehalten 8.000,-- Euro geschenkt habe und dieser auch angegeben hat, dass er den Beschwerdeführer weiterhin finanziell unterstützen werden, wenn dieser etwas brauche.

 

3.7. Die Feststellungen zum Krankenversicherungsschutz des Beschwerdeführers basieren auf den vorgelegten Schreiben der SVS, insbesondere auf der zuletzt vorgelegten Versicherungsbestätigung der SVS vom 04.07.2021, wonach der Beschwerdeführer ua in der Krankenversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) von 01.01.2019 bis 31.12.2019 und seit 09.01.2020 bis laufend versichert ist und auf Unbedenklichkeitsbescheinigung der SVS vom 04.07.2021, wonach auf dem GSVG- bzw. FSVG-Beitragskonto des Beschwerdeführers kein Rückstand bestehe.

 

3.8. Die in Pkt. 2.12. getroffenen Feststellungen beruhen auf der zuletzt vorgelegten Meldebestätigung des Beschwerdeführers und auf der Wohnrechtsvereinbarung betreffend die Unterkunft an der Adresse ***, ***. Hinsichtlich des Inhaltes sowie hinsichtlich Zahl und Alter der die Unterkunft bewohnenden Unterkunft sowie hinsichtlich der Größe und Zahl der Räume der Unterkunft ist auf die Wohnrechtsvereinbarung vom 05.05.2021 sowie auf den ebenfalls vorgelegten Grundbuchsauszug betreffend die Liegenschaft an der Adresse ***, *** zu verweisen. Angesichts der Größe der Unterkunft, der Zahl der in dieser verfügbaren Räume und der Zahl der diese Unterkunft bewohnenden Personen bestehen keine Gründe, daran zu zweifeln, dass es sich um eine ortsübliche Unterkunft handelt.

 

3.9. Hinsichtlich der in Pkt. 2.13. getroffenen Feststellungen ist auf die durch den Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungen aus dem Heimatstaat und auf die Mitteilung der LPD Niederösterreich vom 10.08.2021, wonach keine Vormerkungen betreffend den Beschwerdeführer aufscheinen, zu verweisen und gibt es im Übrigen auch keine in eine andere Richtung deutende Hinweise, weshalb die entsprechenden (Negativ-)Feststellungen zu treffen sind.

4. Rechtslage:

 

4.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, (NAG) haben folgenden Wortlaut:

 

„Begriffsbestimmungen

 

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1.

[…]

11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24) nach diesem Bundesgesetz;

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;

[…]

15. Haftungserklärung: die von einem österreichischen Notar oder einem inländischen Gericht beglaubigte Erklärung Dritter mit mindestens fünfjähriger Gültigkeitsdauer, dass sie für die Erfordernisse einer Unterkunft und entsprechender Unterhaltsmittel aufkommen und für den Ersatz jener Kosten haften, die einer Gebietskörperschaft bei der Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung, eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung, einer Zurückschiebung, der Vollziehung der Schubhaft oder als Aufwendung für den Einsatz gelinderer Mittel, sowie aus dem Titel der Sozialhilfe oder eines Bundes- oder Landesgesetzes, das die Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG, BGBl. I Nr. 80/2004, umsetzt, entstehen, und die Leistungsfähigkeit des Dritten zum Tragen der Kosten zum Zeitpunkt der Erklärung nachgewiesen wird;

[…]

 

[…]

3. Hauptstück

 

Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen

 

Arten und Form der Aufenthaltstitel

 

§ 8. (1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

1. […]

[…]

9. Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Künstler“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20d Abs. 1 Z 6 AuslBG erstellt wurde, oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt;

 

[…]

 

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

 

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

 

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

 

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

 

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(4) […]

 

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

 

[…]

Nachweis von Deutschkenntnissen

 

§ 21a. (1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.

 

(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.

 

(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn

1. die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 9 und 10 IntG) vorliegen oder

2. der Drittstaatsangehörige die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte anstrebt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

 

[…]

 

Verlängerungsverfahren

 

§ 24. (1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

 

(2) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn

1. der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und

2. der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.

Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.

(3) Fremden ist im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen.

 

(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.

 

(5) Stellt der Fremde entgegen § 9 Abs. 5 Z 3 IntG einen weiteren Verlängerungsantrag, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.

 

Verfahren im Fall des Fehlens von Erteilungsvoraussetzungen für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels

 

§ 25. (1) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

 

 

(2) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.

 

(3) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels besondere Erteilungsvoraussetzungen des 2. Teiles, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.

 

Zweckänderungsverfahren

 

§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht.

 

[…]

 

Niederlassungsbewilligung – Künstler

 

§ 43a. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

 

1. im Fall der Unselbständigkeit eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 6 AuslBG vorliegt oder

 

2.im Fall der Selbständigkeit deren Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, sofern ihr Unterhalt durch das Einkommen gedeckt wird, das sie aus ihrer künstlerischen Tätigkeit beziehen.

 

(2) Eine Haftungserklärung ist zulässig. § 47 Abs. 5 gilt sinngemäß.

 

[…]

 

5. Erwägungen:

 

5.1. Mit dem verfahrensgegenständlichen Zweckänderungs-Antrag begehrt der Beschwerdeführer die erstmalige Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a Abs. 1 Z 2 NAG.

 

5.2. Voraussetzung für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ für selbständige Künstler ist gem. § 43a Abs. 1 Z 2 NAG – neben der Erfüllung aller Voraussetzungen des ersten Teils des NAG – insbesondere, dass die Tätigkeit der Antragsteller „überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, sofern ihr Unterhalt durch das Einkommen gedeckt wird, das sie aus ihrer künstlerischen Tätigkeit beziehen“.

 

Diese im angefochtenen Bescheid verneinte besondere Erteilungsvoraussetzung ist insbesondere unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden, im Auftrag des KSVF erstellten Gutachtens zur (im Gutachten bejahten) Frage, ob der Beschwerdeführer „im Rahmen einer künstlerischen Tätigkeit Werke der Kunst im Bereich der Musik schafft“, aus folgenden Gründen als erfüllt anzusehen.

 

5.2.1. Der Begriff des „Künstlers“ bzw. der „Künstlerin“ wird im NAG ebenso wenig definiert, wie die „künstlerische Tätigkeit“ oder die „künstlerische Gestaltung“. Diese Termini dürfen aber aus Sicht des erkennenden Gerichtes – nicht zuletzt im Lichte der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Freiheit der Kunst (Art. 17a StGG) – nicht eng verstanden werden (vgl. hiezu zB Mayer, B-VG4, 2007, Art 17a StGG I.1 ff.; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht10, 2014, Rz 930 f.) und unterliegt der Kunstbegriff insbesondere keinem Werturteil einer Behörde oder eines Gerichtes (vgl. VwGH 09.10.2006, 2005/09/0094).

 

Dass seine Tätigkeit künstlerischer Natur ist, hat ein Antragsteller bei begründeten Zweifeln etwa durch eine Beschreibung jener Tätigkeit zwar glaubhaft zu machen (vgl. Peyrl in Abermann et al, NAG2, 2019, § 43a Rz 4).

 

Die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit setzt aber weder zwingend voraus, dass der Nachweis einer entsprechenden Ausbildung zB an einer Hochschule für Kunst erbracht wird, noch darf ein Ausbildungsnachweis verlangt und darf – ungeachtet dessen, dass gem. § 8 Z 4 lt c NAG-DV dem Antrag ein Nachweis über eine künstlerische Ausbildung oder eine Beschreibung der künstlerischen Tätigkeit anzuschließen ist – das Fehlen derartiger Unterlagen automatisch zu einer Antragsabweisung führen und ist auch ein Qualifikationsnachweis für die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit nicht erforderlich (VwGH 15.09.2011, 2009/09/0098).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegt jedoch insbesondere dann keine unter den Kunstbegriff zu subsumierende Tätigkeit vor, wenn die Fertigung von Kunstgegenständen bloß nach Vorgabe eines Dritten erfolgt, wenn der Betreffende folglich nicht selbst künstlerisch tätig wird (vgl. VwGH 27.03.2003, 2000/09/0045).

 

5.2.2. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung des verfahrensgegenständlichen Zweckänderungsantrages erfolgte auf das Wesentliche zusammengefasst mit der Begründung, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer ein Künstler sei bzw. dass dieser einer künstlerischen Tätigkeit nachgehe. Diese der erfolgten Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers zugrunde liegende Annahme der Behörde lässt sich ausgehend von den aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und insbesondere auch unter Berücksichtigung des im Auftrag des KSVF erstellten Gutachtens zur Frage, ob der Beschwerdeführer „im Rahmen einer künstlerischen Tätigkeit Werke der Kunst im Bereich der Musik schafft“, getroffenen Feststellungen nicht aufrecht erhalten.

 

Unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden, im Auftrag des KSVF erstellten Gutachtens und angesichts dessen, dass Begriff des Künstlers ebenso wie jener der künstlerischen Tätigkeit bzw, Gestaltung im Lichte der verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit weit zu fassen ist, ist vorliegend vielmehr davon auszugehen, dass die Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer ausübt und durch die er sich seinen Lebensunterhalt verdient – insbesondere Auftritte als Ziehharmonikaspieler, bei denen er teilweise durch andere komponierte, teilweise durch ihn selbst komponierte oder neu arrangierte Werke, die dem Genre der serbischen Volksmusik zuzuordnen sind – als künstlerische Tätigkeit anzusehen sind.

 

5.2.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage des Vorliegens der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 43a Abs. 1 Z 2 NAG weiters darauf abzustellen, ob eine künstlerische Tätigkeit vorliegt, die eine gewisse Intensität erreicht (vgl. VwGH 09.09.2020, Ra 2020/22/0121 und VfGH 24.11.2020, E 1377/2020 sowie schon VfGH 11.06.2018, E 4360/2017).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt das Erfordernis, den Unterhalt iSd § 43a Abs. 1 NAG durch das Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit zu decken, eine besondere Erteilungsvoraussetzung dar (VwGH 9.9.2020, Ra 2020/22/0121; 17.9.2019, Ra 2018/22/0264), dar, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Frage, ob die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 43a Abs. 1 Z 2 NAG erfüllt ist, nur die Einkünfte aus der künstlerischen Tätigkeit eines Antragstellers heranzuziehen sind und in Zusammenhang mit der Frage, ob die besondere Erteilungsvoraussetzung als erfüllt anzusehen ist, das Vorliegen einer Haftungserklärung nicht ausreicht (vgl. VwGH 09.09.2020, Ra 2020/22/0121 und VfGH 24.11.2020, E 1377/2020).

Somit sind weder das Vorliegen einer Haftungserklärung noch Einkommen aus sonstigen Tätigkeiten oder auch finanzielle Mittel aus Ersparnissen bei der Prüfung, ob die künstlerischen Tätigkeiten die für die Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzung erforderliche Intensität erreichen, zu berücksichtigen, sondern ist bei der Prüfung des Vorliegens der besonderen Erteilungsvoraussetzung ausschließlich auf die zu erwartenden Einkünfte des Antragstellers aus seiner künstlerischen Tätigkeit abzustellen.

Dieses bei der Prüfung des Vorliegens der besonderen Erteilungsvoraussetzung heranzuziehende zu erwartende Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit muss zwar grundsätzlich geeignet sein, den Unterhalt des Antragstellers zu decken, jedoch besteht im Anwendungsbereich des § 43a Abs. 1 Z 2 NAG zum einen ein Spielraum, im Rahmen dessen besondere Gründe (vgl. VfGH 24.11.2020, E1377/2020), wie beispielsweise eine krankheitsbedingte oder infolge unverschuldeter externer Bedingungen wie beispielsweise der Situation infolge von COVID-19 ungleiche Intensität der künstlerischen Tätigkeit (vgl. VwGH 09.09.2020, Ra 2020/22/0121) zu berücksichtigen sind.

Zum anderen ist der zu deckende Unterhalt des § 43a Abs1 Z2 NAG auch nicht mit den sich aus § 11 Abs. 5 NAG ergebenden Anforderungen deckungsgleich und ergibt sich allein daraus, dass durch die aus der künstlerische Tätigkeit des Beschwerdeführers zu erwartenden Einkünfte die für die Beurteilung des Vorliegens der in § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG normierten Erteilungsvoraussetzung maßgeblichen Richtsätze des § 293 ASVG nicht erreicht werden, nicht, dass durch die zu erwartenden Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit der Unterhalt iSd § 43a Abs. 1 Z 2 NAG nicht gedeckt wird (VfGH 23.11.2020, E 1377/2020).

 

5.2.4. Wie oben ausgeführt, ist vorliegend davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Prognosezeitraum durch seine Tätigkeit als selbständiger Musiker, im Zuge derer er zum einen als Einzel-Künstler, nämlich als Instrumental- und Vokalinterpret von dem Genre der serbischen Volksmusik zuzuordnenden Werken, in Lokalen und bei privaten Feiern und zum anderen als Teil einer Volksmusikgruppe, bei der er als Orchesterchef, Komponist und Musiker engagiert ist, auftritt, Einkünfte erzielen wird können, durch die ihm finanzielle Mittel in der Höhe von monatlich durchschnittlich zumindest rund 1.200,-- Euro netto zur Verfügung werden.

Ausgehend davon ist – zumal durch dieses prognostizierte Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Musiker sogar der für Einzelpersonen heranzuziehende Richtsatz gem. § 293 ASVG idHv 1.000,46 Euro übertroffen wird – jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aus seiner Tätigkeit als selbständiger Musiker ein Einkommen erzielen wird, durch das sein Unterhalt iSd § 43a Abs. 1 Z 2 NAG gedeckt wird.

 

5.3. Ein Nachweis von Deutsch-Kenntnissen ist gem. § 21a Abs. 3 Z 2 NAG nicht erforderlich, da der Beschwerdeführer die Erteilung eines Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gem. § 43a NAG für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit im Bereich der Musik und somit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz genannten Kunstsparte anstrebt.

 

5.4. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 43a Abs. 1 Z 2 NAG setzt weiters das Vorliegen der Voraussetzungen des ersten Teils des NAG voraus, wobei § 43a Abs. 2 NAG vorsieht, dass die Vorlage einer Haftungserklärung zulässig ist.

 

5.4.1. Eine Haftungserklärung ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 NAG eine in besonderer Form (notarielle oder gerichtliche Beglaubigung) abgegebene Erklärung eines Dritten mit mindestens 5-jähriger Gültigkeitsdauer, für Unterkunft und eines bestimmten Fremden aufzukommen und für alle Kosten zu haften, die österreichischen Gebietskörperschaften durch den Aufenthalt dieses Fremden verursacht werden können (Kosten einer Rückkehrentscheidung, eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung, einer Zurückschiebung oder der Vollziehung der Schubhaft sowie aus dem Titel der Sozialhilfe oder Grundversorgung).

 

Der Beschwerdeführer hat eine solche, durch seinen Onkel, Herrn C, am 09.10.2018 unterzeichnete, notariell beglaubigte, für 5 Jahre gültige Haftungserklärung vorgelegt.

 

Liegt so wie hier eine Haftungserklärung vor, ist deren Tragfähigkeit zu prüfen.

 

Die Haftungserklärung ist dann tragfähig, wenn die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dazu ausreicht, neben dem eigenen Unterhalt auch den Unterhalt des begünstigten Fremden ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu bestreiten. Dabei wird der Ausgleichszulagenrichtsatz herangezogen. Die Berechnung entspricht insofern jener nach § 11 Abs. 5, wobei dieser bestimmt, dass zur Berechnung der Leistungsfähigkeit nur der das pfändungsfreie Existenzminimum (§291a EO) übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen ist.

 

§ 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG stellen bei der Beurteilung des erforderlichen Einkommens auf die Richtsätze des § 293 ASVG ab, die durch die vom Beschwerdeführer nachzuweisenden (zu erwartenden) Einkünfte zu erreichen sind.

 

Da es sich gegenständlich bei Herrn C nicht um den Ehegatten, sondern um den nicht verheirateten und gegenüber keinen Kindern unterhaltspflichtigen Onkel des Beschwerdeführers handelt, richtet sich das maßgebliche Einkommen nach den für alleinstehende Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsätzen.

Für eine alleinstehende Person beträgt der zu erreichende Richtsatz aktuell 1.000,48 Euro, für zwei alleinstehende Personen beträgt der zu erreichende Richtsatz somit zumindest 2.000,96 Euro.

 

Diesem Betrag sind – abzüglich eines Betrages in der Höhe des sogenannten „Wertes der freien Station“ – zum einen jene Beträge, die in § 11 Abs. 5 zweiter Satz NAG demonstrativ aufgezählt sind, hinzuzuzählen.

Vorliegend sind dementsprechend die durch den Onkel des Beschwerdeführers zu tragenden regelmäßigen Kosten für Miete inklusive Betriebskosten in der Höhe von 250,-- Euro und 100,-- Euro an Prämie für die Kfz-Versicherung, sohin ein Gesamtbetrag in der Höhe von 350,-- Euro zusätzlich zum zu erreichenden Richtsatz zu berücksichtigen.

Von diesem Betrag von 350,-- Euro ist der Wert der freien Station, der aktuell 304,45 Euro beträgt, abzuziehen, womit sich aufgrund der regelmäßigen Belastungen des Onkels des Beschwerdeführers ein dem zu erreichenden Richtsatz hinzuzuzählender Betrag von 45,55 Euro ergibt.

 

Weiters ist zu berücksichtigen, dass für die Berechnung der Leistungsfähigkeit eines eine Haftungserklärung Abgebenden nur der das pfändungsfreie Existenzminimum (§291a EO) übersteigende Einkommensteil des Haftungserklärenden zu berücksichtigen ist.

Das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a EO beträgt bei einem monatlichen Netto-Einkommen von 2.461,96 Euro bei keinen Unterhaltspflichten 1.438,88 Euro (errechnet aus der Summe aus dem dem Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen gem. § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechenden Unpfändbarer Freibetrag gem. § 291 EO idHv 1.000,48 Euro zuzüglich dem vorliegend gem. § 291a Abs. 3 Z 1 EO 438,4 Euro [als 30% von 1.461,-- Euro als dem den unpfändbaren Freitagbetrag übersteigenden Teil] betragenden allgemeinen Steigerungsbetrag).

 

Die „Freistellung“ des Existenzminimums durch § 11 Abs. 5 NAG verfolgt augenscheinlich den Zweck, dass dem Haftungserklärende selbst ein gewisses Mindestmaß an finanziellen Mitteln zum Überleben zur Verfügung stehen muss und daher nur der darüber hinausgehende Betrag dem Zuziehenden zur Verfügung stehen kann. Da bei der Ermittlung des zu erreichenden Richtsatzes in Konstellationen wie der vorliegenden zwei Mal der Richtsatz für erwachsene Einzelpersonen heranzuziehen ist, was auch dazu dient, die Lebenskosten des Haftungserklärenden zu berücksichtigen, können Existenzminimum und Richtsatz für den Haftungserklärenden nicht doppelt gezählt werden. Es ist jedoch dem Richtsatz für zwei erwachsene Einzelpersonen (2x 1.000,46 Euro = 2.000,96 Euro) jener Anteil am Existenzminimum zusätzlich hinzuzuzählen, der den Richtsatz für eine erwachsene Einzelperson übersteigt. Somit ist vorliegend dem Richtsatz für zwei erwachsene Einzelpersonen idHv 2.000,96 Euro – neben dem hinzuzurechnenden Betrag idHv 45,55 Euro für die durch den Onkel des Beschwerdeführers regelmäßig zu tragenden Kosten – noch ein Betrag von 438,40 Euro (als Differenz zwischen dem pfändungsfreien Existenzminimum gemäß § 291a EO beträgt bei idVh 1.438,88 Euro und dem Richtsatz für eine erwachsene Einzelpersonen idHv 1.000,46 Euro) hinzuzuzählen.

Insgesamt ergibt sich somit, dass von der Tragfähigkeit der durch den Onkel des Beschwerdeführers abgegebenen Haftungserklärung dann ausgegangen werden kann, wenn der Onkel des Beschwerdeführers im Prognosezeitraum monatlich durchschnittlich zumindest 2.484,91 Euro netto (Summe 2.000,96 Euro plus 438,40 Euro plus 45,55 Euro) ins Verdienen bringt.

 

Wie festgestellt ist davon auszugehen, dass der Onkel des Beschwerdeführers durch seine bereits seit mehreren Jahren ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit als LKW-Fahrer auch im Prognosezeitraum zumindest rund zumindest rund 2.393,87 Euro netto im Monat ins Verdienen bringen wird und dass ihm aus Ersparnissen umgerechnet im Monat zusätzlich rund 225,-- Euro, insgesamt somit finanzielle Mittel in der Höhe von rund 2.618,87 Euro im Monat zur Verfügung stehen werden. Somit erweist sich die durch den Onkel des Beschwerdeführers abgegebene Haftungserklärung als tragfähig.

 

5.4.2. Da aus den oben dargelegten Gründen von der Tragfähigkeit der durch den Onkel des Beschwerdeführer abgegeben Haftungserklärung für den Beschwerdeführer auszugehen ist, sind schon aufgrund der Tragfähigkeit der vorgelegten Haftungserklärung die allgemeinen, in § 11 Abs. 2 Z 2 NAG (Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft) und in § 11 Abs. 2 Z 4 iVm § 11 Abs. 5 NAG (keine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft) normierten allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen als erfüllt anzusehen.

 

Der Vollständigkeit halber ist aber festzuhalten, dass vorliegend die genannten allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen auch unabhängig von der Tragfähigkeit der Haftungserklärung des Onkels des Beschwerdeführers als erfüllt anzusehen wären:

 

So hat der Beschwerdeführer eine Wohnrechtsvereinbarung vorgelegt, durch die ihm ein unbefristetes Wohnrecht und somit ein Rechtsanspruch auf Unterkunftnahme in der Wohnung an der Adresse ***, ***, eingeräumt wird. Angesichts der Größe dieser Wohnung und der Zahl der diese Wohnung benutzenden Personen – 96m2 Wohnfläche und vier Wohnräume für (mit dem Beschwerdeführer) drei erwachsene Personen und ein minderjähriges, 3 Jahre altes Kind – bestehen auch keinerlei Bedenken an der Ortsüblichkeit dieser Wohnung. Somit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf Unterkunftnahme in einer als ortsüblich anzusehenden Unterkunft nachgewiesen hat, womit die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 2 NAG erfüllt ist.

 

Was die in § 11 Abs. 2 Z 4 iVm § 11 Abs. 5 NAG normierte Erteilungsvoraussetzung, dass Aufenthaltstitel nur erteilt werden dürfen, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, betrifft, so ist festzuhalten, dass in diesem Zusammenhang auch der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel durch ein (nicht aus illegalen Quellen stammendes) Sparguthaben in Betracht kommt (vgl. etwa VwGH 10.09.2013, 2013/18/0046; VfGH 04.10.2018, G 133/2018). Dies selbst dann, wenn es sich um geschenktes Sparguthaben handelt (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2017/22/0130).

 

Als als erwachsene Einzelperson in Österreich lebender Fremder müssen dem Beschwerdeführer ausgehend vom aktuellen Richtsatz für Einzelpersonen finanzielle Mittel in der Höhe von zumindest 1.000,96 Euro im Monat zur Verfügung stehen. Da dem Beschwerdeführer ein unentgeltliches Wohnrecht in der Unterkunft an der Adresse ***, ***, eingeräumt wurde, hat dieser insbesondere keine Mietkosten zu tragen und sind auch keine sonstigen, regelmäßigen Belastungen, die den Wert der freien Station übersteigen könnten, feststellbar.

 

Da der Beschwerdeführer wie festgestellt über ein Sparguthaben in der Höhe von rund 17.000,-- Euro verfügt, hinsichtlich dessen keine Hinweise hervorgekommen sind, dass dieses Geld aus illegalen Quellen stammen könnte, stehen dem Beschwerdeführer schon allein aus diesen Ersparnissen umgerechnet rund 1.416,67 Euro netto monatlich zur Verfügung.

 

Somit wird der durch den Beschwerdeführer zu erreichende Richtsatz auch ohne Berücksichtigung der durch seine als Musiker zu erwartenden Einnahmen schon durch seine ihm aufgrund seiner Ersparnisse zur Verfügung stehenden Mitteln deutlich übertroffen und ist die in § 11 Abs. 2 Z 4 iVm § 11 Abs. 5 NAG normierte Erteilungsvoraussetzung erfüllt.

 

5.4.3. Das Bestehen eines alle Risiken abdeckenden und in Österreich leistungspflichtigen Krankenversicherungsschutzes des Beschwerdeführers ist angesichts seiner aufgrund seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit gegebenen gesetzlichen Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht zweifelhaft und hat der Beschwerdeführer durch die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (Schreiben der SVS) auch nachgewiesen, dass er bereits aktuell über einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Krankenversicherungsschutz verfügt.

 

5.4.4. Auch liegen keine Erteilungshindernisse vor. So wurden gegen den Beschwerdeführer aufenthaltsbeendende Maßnahmen oder ein Einreiseverbot nicht verhängt und es ist auch das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, oder eine Bestrafung wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet nicht gegeben. Auch ist nicht zu erkennen, dass der Aufenthalt des in Österreich und Serbien unbescholtenen Beschwerdeführers in Österreich die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtsobjekt (wesentlich) beeinträchtigen würde.

 

5.5. Da somit im Ergebnis alle durch den Beschwerdeführer zu erfüllenden Voraussetzungen vorliegen, ist dem Beschwerdeführer der mit dem verfahrensgegenständlichen Zweckänderungsantrag beantragte Aufenthaltstitel – in konstitutiver Weise und gem. § 20 Abs. 1 NAG befristet für die Dauer von 12 Monaten – zu erteilen (vgl. etwa VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0125).

 

Gemäß § 19 Abs. 10 NAG ist nunmehr durch die Behörde die Herstellung einer Aufenthaltstitelkarte zu beauftragen und diese dem Beschwerdeführer auszufolgen.

 

6. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Da derartige Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen, zumal gegenständlich vor allem Fragen im Rahmen der nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommenen Beweiswürdigung zu beantworten waren, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (zB VwGH vom 26.05.2015, Ra 2014/01/0175) und die Entscheidung im Übrigen auf einer, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darstellende einzelfallbezogenen Beurteilung beruht (vgl. etwa VwGH 08.11.2018, Ra 2018/22/0211), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

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