VwGH Ra 2018/22/0211

VwGHRa 2018/22/02118.11.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache der N J M in W, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. Juli 2018, VGW-151/044/4879/2018-21, betreffend Wiederaufnahme von Verfahren nach dem NAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §46 Abs1 Z2;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220211.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerberin, einer serbischen Staatsangehörigen, wurde über ihren Antrag vom August 2013 auf Grund ihrer Ehe mit S M, einem in Österreich über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" verfügenden serbischen Staatsangehörigen, ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) erteilt, der in der Folge zwei Mal - zuletzt mit einer Gültigkeit bis zum 28. Februar 2019 - verlängert worden ist.

2 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (belangte Behörde) vom 20. Februar 2018 wurden diese drei rechtskräftig abgeschlossenen Aufenthaltstitelverfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 AVG von Amts wegen wiederaufgenommen. Unter einem wurden der Erstantrag der Revisionswerberin wegen Vorliegen einer Aufenthaltsehe gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG und die beiden Verlängerungsanträge mangels Vorliegen eines gültigen Aufenthaltstitels gemäß § 24 NAG abgewiesen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. Juli 2018 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass die drei Anträge der Revisionswerberin jeweils gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG abgewiesen wurden. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die (im September 2010 geschlossene) Ehe der Revisionswerberin mit S M im Dezember 2016 geschieden worden sei. Im Juli 2017 habe die Revisionswerberin den Vater ihrer (2008 bzw. 2010 geborenen) Kinder, den serbischen Staatsangehörigen M B, geehelicht (diese Ehe sei im Dezember 2017 wieder geschieden worden). Im August 2017 hätten M B sowie die beiden minderjährigen Kinder jeweils Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zum Zweck der Familienzusammenführung mit der Revisionswerberin gestellt.

Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die Ehe zwischen der Revisionswerberin und S M zum Zweck geschlossen worden sei, ihr einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen. Ein gemeinsames Familienleben sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt oder gegeben gewesen. In seiner Beweiswürdigung berücksichtigte das Verwaltungsgericht den Abschlussbericht der Landespolizeidirektion (LPD) Wien sowie die - im Zuge der Aussagen der Revisionswerberin und des S M in der mündlichen Verhandlung aufgetretenen - erheblichen Widersprüche (auch im Vergleich zu den Angaben vor der LPD Wien) zum Kennenlernen, zu den Besuchen des S M in Serbien sowie zur Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs. Die Aussagen der Revisionswerberin und des S M in der mündlichen Verhandlung (etwa zum Verhältnis des S M zu M B, dem Vater der Kinder der Revisionswerberin, bzw. zur Ausgestaltung der Beziehung der Revisionswerberin zu M B und zu den Gründen der Eheschließung mit diesem sowie zur Verantwortung der Revisionswerberin, warum sie in ihren Aufenthaltstitelanträgen ihre Kinder nie angeführt habe) seien nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht glaubhaft gewesen. Antworten auf Fragen nach persönlichen Merkmalen und Gewohnheiten hätten akkordiert gewirkt.

In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sich die Revisionswerberin in den Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels auf ihre Ehe mit S M berufen habe, obwohl ein Eheleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt worden sei. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme lägen somit vor. Da die Aufenthaltsehe mittlerweile geschieden worden sei, seien die Anträge mangels Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 46 Abs. 1 Z 2 NAG (der als Zusammenführender angegebene S M sei kein Familienangehöriger mehr) abzuweisen gewesen.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 In der Revision wird zum Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe die Beweiswürdigung im gegenständlichen Fall grob fehlerhaft, unschlüssig sowie floskelhaft und damit in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes unterliegt nur in beschränktem Maße, nämlich nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, nicht aber hinsichtlich ihrer Richtigkeit, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0099, mwN).

8 Die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung hält den dargestellten Prüfkriterien der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes stand. Auch wenn - wie die Revision behauptet - einzelnen vom Verwaltungsgericht herangezogenen Aspekten für sich allein keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen mag und hinsichtlich einzelner Aussagen auch eine abweichende Würdigung möglich gewesen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass die auf eine Mehrzahl von näher dargelegten Umständen und auf den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck gestützte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes in ihrer Gesamtheit unvertretbar sei. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 2.9.2015, Ra 2015/19/0091, mwN).

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Wien, am 8. November 2018

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