BVwG W606 2299837-2

BVwGW606 2299837-221.11.2024

BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §203
BVergG 2018 §249 Abs2
BVergG 2018 §250 Z4
BVergG 2018 §251
BVergG 2018 §254
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §340
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §347 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W606.2299837.2.00

 

Spruch:

 

W606 2299837-2/39E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 25.10.2024 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas ZINIEL, LL.M., BSc als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfgang POINTNER, MAS und MMag. Dr. Günther FEUCHTINGER als Beisitzer über den Nachprüfungsantrag der XXXX , vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9/3/13, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren XXXX , bekanntgemacht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am XXXX , Nr. XXXX , der XXXX , vertreten durch die XXXX , vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.10.2024 zu Recht erkannt:

A)

I. Dem Antrag, den Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren für nichtig zu erklären, wird stattgegeben.

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt die Entscheidung vom XXXX , die Antragstellerin zur Teilnahme am Vergabeverfahren XXXX der XXXX , nicht zuzulassen, gemäß § 347 Abs. 1 BVergG 2018 für nichtig.

II. Der Antrag, die Entscheidung der XXXX , die Fragen der Antragstellerin vom XXXX nicht zu beantworten, für nichtig zu erklären, wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die XXXX (im Folgenden: Auftraggeberin), vertreten von der vergebenden Stelle XXXX , führt unter der Bezeichnung XXXX , ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung durch. Die Teilnahmeantragsfrist endete am XXXX . Bereits am XXXX richtete die Antragstellerin mehrere Fragen an die Auftraggeberin, die diese jedoch nicht beantwortete. Sie schloss vielmehr die Antragstellerin mit Entscheidung vom XXXX vom Vergabeverfahren aus. Gegen die Nichtbeantwortung der Fragen sowie den Ausschluss vom Vergabeverfahren richtet sich der vorliegende Nachprüfungsantrag.

2. Mit Schreiben vom 04.10.2024 legte die Auftraggeberin den Vergabeakt vor und erstattete allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Mit Schriftsatz vom 10.10.2024 nahm sie zum Antragsvorbringen Stellung. Sie beantragte, sämtliche Anträge der Antragstellerin zurück-, in eventu abzuweisen.

3. Mit hg. Beschluss vom XXXX , wurde der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, Angebote zu öffnen.

4. Am 25.10.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der die Antragstellerin sowie die Auftraggeberin teilnahmen. Am Ende der mündlichen Verhandlung konnte eine Entscheidung mündlich verkündet werden.

5. Mit Schriftsatz vom 29.10.2024 beantragte die Antragstellerin die schriftliche Ausfertigung des am 25.10.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die XXXX , vertreten von der XXXX , führt unter der Bezeichnung XXXX ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung durch. Es handelt sich um einen Lieferauftrag; der CPV-Code (Haupteinstufung) lautet XXXX . Die unionsweite Bekanntmachung wurde im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am XXXX unter der Nr. XXXX veröffentlicht.

Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt und das Vergabeverfahren wurde auch nicht widerrufen.

1.2. Der geschätzte Auftragswert überschreitet den Wert von EUR 443.000,-.

Die genaue Höhe des geschätzten Auftragswerts ergibt sich weder aus der unionsweiten Bekanntmachung noch aus den von der Auftraggeberin bisher zur Verfügung gestellten Teilnahmeunterlagen. Der geschätzte Auftragswert ist für interessierte Unternehmerinnen auch auf anderem Weg nicht (verfahrens-)öffentlich einsehbar.

1.3. Die Teilnahmeunterlagen lauten auszugsweise (Formatierung abweichend):

XXXX

1.4. Die Teilnahmeantragsfrist endete am XXXX , um XXXX Uhr.

1.5. Am XXXX richtete die Antragstellerin über die Ausschreibungsplattform XXXX (im Folgenden: Ausschreibungsplattform) mehrere Fragen an die Auftraggeberin. Die Fragen betreffen die Mitwirkung von bestimmten Personen an dem Vergabeverfahren, den Vertragsgegenstand sowie die Zuschlagsmodalitäten. Im Einzelnen lauten sie wie folgt (Formatierung abweichend):

„(1) In dem Dokument ‚TEILNAHMEUNTERLAGEN FÜR DIE AUSSCHREIBUNG EINER XXXX ‘ haben Sie die Kontaktperson angegeben: XXXX .

Wir ersuchen Sie, uns die Namen weiterer Personen mitzuteilen, die am Vergabeverfahren beteiligt sind oder die den Ausgang des Verfahrens beeinflussen können, z.B., aber nicht ausschließlich, die Teilnehmer des Vergabeausschusses.

(2) Ungeachtet der obigen Frage bitten wir Sie, uns mitzuteilen, ob eine Person, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt ist oder das Ergebnis des Verfahrens beeinflussen kann oder die am Ausschreibungsausschuss teilnimmt, unten aufgeführt ist:

1) XXXX

2) XXXX

3) XXXX

4) XXXX

5) XXXX

6) XXXX

7) XXXX

8) XXXX

(3) Wir beantragen, dass die Verantwortlichkeiten der Personen, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind, die das Ergebnis des Verfahrens beeinflussen können, die am Ausschreibungsausschuss beteiligt sind.

(4) Wir fragen an, welche Fahrzeuge für die beiden XXXX nachgebaut werden sollen?

(5) Die Grundbestellung umfasst zwei XXXX . Handelt es sich dabei um die Modelle XXXX und/oder XXXX ?

(6) Wir beantragen um Informationen darüber, welche XXXX (welche XXXX ) für XXXX gespielt werden sollten.

(7) Sind XXXX und/oder XXXX auf XXXX zu spielen?

(8) Wir bitten Sie, die Standorte anzugeben - die genauen Standorte, an die die XXXX geliefert werden sollen (falls ein Rahmenvertrag geschlossen und eine Bestellung aufgegeben wird) und in welchen Mengen pro Standort?

(9) Wir möchten wissen, ob auch XXXX , Ausrüstungen, in XXXX , montiert (geliefert) werden (falls ein Rahmenvertrag abgeschlossen und ein Auftrag erteilt wird)?

(10) falls die XXXX in XXXX montiert werden sollen (falls ein Rahmenvertrag abgeschlossen und ein Auftrag erteilt wird), bitten wir um Informationen darüber, welche Arten von XXXX , Ausrüstungen, in welchen Mengen an den Standort XXXX geliefert werden sollen?

(11) Nennen Sie bitte die Tochtergesellschaften, die die XXXX erhalten sollen, die Empfänger des Auftragsgegenstands.

(12) Wir ersuchen um Klärung, ob auch die XXXX Empfängerin der XXXX , Empfängerin des Vertragsgegenstandes sein wird?

(13) Wir bitten um Auskunft darüber, ob vorbereitende Verfahren, wie z.B. Konsultationen mit anderen Unternehmen, Einholung von Angeboten, Einholung von Informationen, durchgeführt wurden, bevor das Ausschreibungsverfahren eingeleitet wurde?

Ist dies der Fall, informieren Sie uns bitte und senden Sie uns nicht vertrauliche Unterlagen, die keine Betriebsgeheimnisse sind, u.a. Ihre Anfragen und die Antworten, die Sie auf Ihre Anfragen erhalten haben.

(14) Bitte klären Sie, worin die Umsetzung der Anforderung bestehen soll: Rahmenvereinbarung, teilweise mit erneutem Aufruf zum Wettbewerb, teilweise ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb‘? Wie wird dies in der Praxis funktionieren?

Wir bitten Sie, in den vorliegenden Unterlagen zu beschreiben, wie diese Anforderung funktioniert.“

1.6. Am XXXX übermittelte die Auftraggeberin ein Schreiben an die Antragstellerin. In diesem teilt die Auftraggeberin ihr mit, dass sie nach gründlicher Prüfung die Antragstellerin gemäß § 249 Abs. 2 Z 8 BVergG 2018 vom Vergabeverfahren ausschließe. Aufgrund des Ausschlusses vom Vergabeverfahren betrachtet die Auftraggeberin die Fragenbeantwortung sowie „etwaige künftige Anfragen oder Anträge zu diesem Vergabeverfahren als gegenstandslos“.

1.7. Der Antragstellerin war es im Anschluss an das unter Pkt. 1.6. genannte Schreiben nicht mehr möglich, vor Ablauf der Teilnahmeantragsfrist einen Teilnahmeantrag über die Ausschreibungsplattform elektronisch in dem gegenständlichen Vergabeverfahren zu stellen. Sie wurde nach Erhalt des Schreibens vom XXXX auf der Ausschreibungsplattform insoweit durch die Auftraggeberin gesperrt, als sie keinen Teilnahmeantrag mehr stellen konnte.

Am XXXX , um ca. XXXX Uhr, übermittelte die Antragstellerin per E-Mail an Herrn XXXX von der vergebenden Stelle die Teilnahmeunterlagen, nachdem sie zuvor bemerkt hatte, dass sie über die Ausschreibungsplattform keinen Teilnahmeantrag stellen konnte. Die Auftraggeberin vermutet lediglich, dass sich darin der Teilnahmeantrag befindet. Ein Teilnahmeantrag der Antragstellerin war den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten jedenfalls nicht zu entnehmen.

1.8. Die Auftraggeberin hat den Teilnahmeantrag oder die Teilnahmeanträge (im Folgenden: Teilnahmeanträge) nach Ablauf der Teilnahmeantragsfrist geöffnet. Zwar wurde auf der Ausschreibungsplattform der dafür vorgesehene Knopf nicht gedrückt bzw. der dafür vorgesehene Prozess nicht gestartet, die Auftraggeberin bzw. die vergebende Stelle hat jedoch den gesamten Vergabeakt von der Ausschreibungsplattform heruntergeladen und auf diesem Weg die Teilnahmeanträge als lesbare Dateien erhalten. Die Teilnahmeanträge bilden ebenso einen (lesbaren) Teil des dem Bundesverwaltungsgericht von der Auftraggeberin vorgelegten Vergabeakts.

1.9. Die Antragstellerin hat in der Vergangenheit an einem Vergabeverfahren der XXXX teilgenommen. Die Auftraggeberin bringt vor, dass mit der Antragstellerin am XXXX eine Rahmenvereinbarung über XXXX abgeschlossen worden sei. Die XXXX sei jedoch am XXXX vom Vertrag zurückgetreten und habe die zugrundeliegende Rahmenvereinbarung aufgekündigt. Beim Endabnahmeversuch seien kritische bzw. schwere Fehler festgestellt worden. In der Folge brachte die XXXX eine Klage gegen die Antragstellerin beim Handelsgericht Wien ein.

Die Antragstellerin bestreitet bereits, dass überhaupt ein Vertrag mit der XXXX zustande gekommen sei.

1.10. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 4.320,- für die Anträge auf Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten einschließlich des vorgelegten Vergabeakts, im Besonderen alle eingebrachten Schriftsätze, sowie durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Im Einzelnen ergeben sich die getroffenen Feststellungen aus folgenden beweiswürdigenden Erwägungen:

2.1. Die Feststellungen gemäß Pkt. 1.1. folgen aus der unionsweiten Bekanntmachung, deren Inhalt unstrittig ist. Die unionsweite Bekanntmachung war dem Antrag als Beilage ./1 angeschlossen. Überdies erfolgte eine Einsichtnahme in das Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union. Die Informationen zum Vergabeverfahren ergeben sich auch aus den Angaben der Auftraggeberin im Rahmen der Erteilung allgemeiner Auskünfte zum Vergabeverfahren vom 04.10.2024.

2.2. Dass der geschätzte Auftragswert den Wert von EUR 443.000,- (vgl. § 185 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018 idF BGBl. II Nr. 374/2023) übersteigt, ergibt sich aus dem geschätzten Auftragswert gemäß den Angaben der Auftraggeberin im Rahmen der Erteilung allgemeiner Auskünfte zum Vergabeverfahren vom 04.10.2024.

Dass der geschätzte Auftragswert von der Auftraggeberin in (verfahrens-)öffentlichen – für interessierte Unternehmerinnen zugänglichen – Unterlagen nicht bekanntgegeben wurde, belegt nicht zuletzt der Umstand, dass die Auftraggeberin am 04.10.2024 den Antrag gestellt hat, den geschätzten Auftragswert von der Akteneinsicht durch die Antragstellerin auszunehmen.

2.3. Die Feststellungen gemäß Pkt. 1.3. folgen aus den im Vergabeakt einliegenden Teilnahmeunterlagen.

2.4. Das Ende der Teilnahmeantragsfrist ergibt sich bereits aus Pkt. 5.1.12. der unionsweiten Bekanntmachung.

2.5. Die Feststellung gemäß Pkt. 1.5. folgt bereits aus dem von der Auftraggeberin vorgelegten Vergabeakt und deckt sich mit dem Vorbringen im Antrag.

2.6. Die Feststellung gemäß Pkt. 1.6. ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin sowie den als Beilage ./6 vorgelegten Entscheidungen der Auftraggeberin (die auch im Vergabeakt einliegen). Auch die Auftraggeberin verweist in ihren allgemeinen Auskünften vom 04.10.2024 auf das Schreiben vom XXXX unter dem Punkt „Ausscheidung der Antragstellerin mit Datum“.

2.7. Die Feststellung gemäß Pkt. 1.7. folgt aus dem Vorbringen der Antragstellerin, das die Auftraggeberin auf Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 08.10.2024 bestätigte. Soweit die Auftraggeberin darauf verweist, dass es aufgrund der technischen Gegebenheiten der elektronischen Ausschreibungsplattform einer Unternehmerin nach dem Ausschluss nicht mehr möglich sei, einen Teilnahmeantrag abzugeben, steht dies der Feststellung einer Sperre durch die Auftraggeberin nicht entgegen. Entscheidend ist, dass aufgrund von Handlungen der Auftraggeberin im Zusammenhang mit dem Schreiben gemäß Pkt. 1.6. die Antragstellerin keinen Teilnahmeantrag mehr stellen konnte; auf allein technische Rahmenbedingungen der von der Auftraggeberin genutzten Ausschreibungsplattform kommt es dabei nicht an.

Der Inhalt der E-Mail vom XXXX , um ca. XXXX Uhr, ergibt sich aus der von der Auftraggeberin ihrer Stellungnahme vom 08.10.2024 beigelegten Kopie der E-Mail-Nachricht, aus der hervorgeht, dass ein Link zur Dokumentation, die den „Antrag auf Zulassung zur Teilnahme am Verfahren“ enthalte, enthalten sei. Auch die Antragstellerin verweist auf diese E-Mail-Nachricht in ihrer Stellungnahme vom 08.10.2024. Die genaue Uhrzeit konnte nicht festgestellt werden, weil aus der vorgelegten Kopie der E-Mail die Sendezeit mit XXXX Uhr hervorgeht, gleichwohl im Schriftsatz der Antragstellerin von XXXX Uhr gesprochen wird. Da jedoch abseits davon der Umstand, dass es die E-Mail gibt, und auch ihr Inhalt unstrittig ist, war auf Basis der vorgelegten E-Mail „ca. XXXX Uhr“ festzustellen. Dass die E-Mail erst gesendet wurde, nachdem die Antragstellerin bemerkt hatte, dass sie auf der Ausschreibungsplattform keinen Teilnahmeantrag stellen konnte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin, das im Lichte der Sperrung der Antragstellerin zur Einbringung eines Teilnahmeantrags schlüssig ist. Dass es sich seitens der Auftraggeberin lediglich um eine Vermutung handelt, folgt aus der Stellungnahme vom 08.10.2024.

2.8. Die Feststellungen gemäß Pkt. 1.8. folgen bereits aus dem Umstand, dass dem Bundesverwaltungsgericht von der Auftraggeberin der Vergabeakt samt darin enthaltener Teilnahmeanträge vorgelegt wurde. Die elektronische Vorlage (USB-Stick) enthält die Teilnahmeanträge als lesbare, nicht passwortgeschützte PDF-Dateien; die Vorlage in Papier enthält ebenfalls die Teilnahmeanträge, ohne dass sich diese bspw. in verschlossenen Kuverts befinden. Dass die Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme vom 08.10.2024 vorbringt, dass auf der Ausschreibungsplattform nicht der zur Öffnung der Teilnahmeanträge vorgesehene Schritt bzw. Prozess vorgenommen wurde, ändert an dem Umstand, dass der Auftraggeberin der Inhalt der Teilnahmeanträge – offenkundig – zugänglich ist, nichts, sodass deren Öffnung festzustellen war. Die Feststellung betreffend das Herunterladen folgt aus den Angaben der Auftraggeberin (siehe den Aktenvermerk vom 04.10.2024, W606 2299837-1/6Z ua.) und ist im Hinblick auf die Aktenvorlage auch schlüssig.

Hinzuweisen ist darauf, dass die Auftraggeberin im Hinblick auf § 281 Abs. 10 BVergG 2018 beantragt hat, die genaue Anzahl und die Namen der Bewerberinnen geheim zu halten. Der Antrag umfasst jedoch nicht den Umstand an sich, dass es Teilnahmeanträge geben hat (vgl. auch den diesbezüglichen Aktenvermerk vom 09.10.2024, W606 2299837-1/14Z ua.). Aus diesem Grund ist in Pkt. 1.8. zunächst von einem bzw. mehreren Teilnahmeanträgen die Rede, um nicht deren genaue Anzahl festzustellen. Die spätere und nunmehrige Verwendung des Plurals dient allein der sprachlichen Vereinfachung, ohne dass daraus auf die genaue Anzahl von eingelangten Teilnahmeanträgen geschlossen werden kann.

2.9. Die Feststellungen gemäß Pkt. 1.9. folgen aus den von der Auftraggeberin als Teil des Vergabeakts vorgelegten Unterlagen zum in der Vergangenheit liegenden Vergabeverfahren, die jedoch – soweit es um die Gültigkeit des abgeschlossenen Vertrags geht – von der Antragstellerin bestritten werden (siehe insb. Pkt. 7.4.3. und 7.6.2. des Antrags vom 29.09.2024). Die Klage liegt im Vergabeakt ein. Im vorliegenden Nachprüfungsverfahren bedarf es keiner abschließenden Klärung dieser Punkte, weshalb von weiteren Ermittlungsschritten abgesehen werden kann (siehe dazu noch Pkt. 3.3.5.).

2.10. Die Feststellung gemäß Pkt. 1.10. beruht auf dem verwaltungsgerichtlichen Akt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur maßgeblichen Rechtslage:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 – BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018 idgF, lauten:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:1. […]7. Ausschreibung ist die an eine bestimmte oder unbestimmte Zahl von Unternehmern gerichtete Erklärung des Auftraggebers, in der er festlegt, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten möchte (Bekanntmachung sowie Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen).8. […]10. Bewerber ist ein Unternehmer, der sich an einem Vergabeverfahren beteiligen will und einen Teilnahmeantrag gestellt oder eine Aufforderung zur Angebotsabgabe erhalten hat.11. Bieter ist ein Unternehmer, der ein Angebot übermittelt hat.12. […]15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:aa) […]dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung und bei Innovationspartnerschaften: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;ee) […]jj) bei der Rahmenvereinbarung: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;kk) […]b) Nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen sind alle übrigen, den gesondert anfechtbaren Entscheidungen zeitlich vorhergehenden Entscheidungen. Diese können nur in dem gegen die ihnen nächst folgende gesondert anfechtbare Entscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag angefochten werden.16. […]

Vermeidung von Interessenkonflikten

§ 199. (1) Der Sektorenauftraggeber hat geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von sich bei der Durchführung von Vergabeverfahren ergebenden Interessenkonflikten zu treffen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und eine Gleichbehandlung aller Unternehmer zu gewährleisten.

(2) Ein Interessenkonflikt liegt jedenfalls dann vor, wenn Mitarbeiter eines Sektorenauftraggebers oder einer vergebenden Stelle, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen können, direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.

[…]

Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen

§ 203. (1) Die Vergabe von Aufträgen über Leistungen hat im Wege eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens, eines Verhandlungsverfahrens, einer Rahmenvereinbarung, eines dynamischen Beschaffungssystems, eines wettbewerblichen Dialoges, einer Innovationspartnerschaft, einer Direktvergabe oder einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung zu erfolgen.

(2) […]

(5) Beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung werden, nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde, ausgewählte geeignete Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den Auftragsinhalt verhandelt werden.

(6) […]

Teilnahmeantragsfrist

§ 242. Beim nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim wettbewerblichen Dialog und beim dynamischen Beschaffungssystem beträgt die vom Sektorenauftraggeber festzusetzende Teilnahmeantragsfrist mindestens 15 Tage. Sie beginnt mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen bzw., wenn die Bekanntmachung im Wege einer regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung erfolgt ist, mit dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Interessensbestätigung.

Eignung der Unternehmer

Allgemeine Bestimmungen

§ 248. (1) Der Sektorenauftraggeber hat für die Durchführung eines Vergabeverfahrens objektive Eignungskriterien festzulegen, die allen interessierten Unternehmern zugänglich sein müssen.

(2) Ein Unternehmer, der die gemäß Abs. 1 festgelegten Eignungskriterien nicht erfüllt, ist vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Ausschlussgründe

§ 249. (1) Der Sektorenauftraggeber hat – unbeschadet des Abs. 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn der Sektorenauftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung des Unternehmers hat, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung oder Organisation (§§ 278 und 278a StGB), Terroristische Vereinigung, Terroristische Straftaten oder Terrorismusfinanzierung (§§ 278b bis 278d StGB), Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung oder verbotene Intervention (§§ 304 bis 309 StGB und § 10 UWG), Betrug (§§ 146 bis 148 StGB), Untreue (§ 153 StGB), Geschenkannahme (§ 153a StGB), Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB), Geldwäscherei (§ 165 StGB), Sklaverei, Menschenhandel oder Grenzüberschreitender Prostitutionshandel (§§ 104, 104a und 217 StGB) bzw. einen entsprechenden Straftatbestand gemäß den Vorschriften des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat. Der Sektorenauftraggeber hat einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn die Voraussetzung des ersten Satzes in Bezug auf eine Person erfüllt ist, die Mitglied im Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist oder die darin Vertretungs-, Entscheidungs- oder Kontrollbefugnisse hat.

(2) Der Sektorenauftraggeber kann – unbeschadet der Abs. 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn1. […]8. der Unternehmer bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen lassen hat, die die vorzeitige Beendigung dieses früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben, oder9. […]

Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung

§ 250. Unbeschadet des § 194 Abs. 1 muss die Eignung spätestens1. […]4. beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim wettbewerblichen Dialog und bei der Innovationspartnerschaft grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist,5. […]

vorliegen.

Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den Sektorenauftraggeber

§ 251. (1) Der Sektorenauftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen ein Unternehmer, der an einem Vergabeverfahren teilnimmt, seine1. berufliche Befugnis,2. berufliche Zuverlässigkeit,3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie4. technische Leistungsfähigkeit

zu belegen hat. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages sachlich gerechtfertigt ist. Falls erforderlich und sofern dies sachlich gerechtfertigt ist, kann der Sektorenauftraggeber besondere Festlegungen treffen, wie Arbeits- und Bietergemeinschaften die Anforderungen an die Eignung zu erfüllen haben.

(2) Der Bewerber oder Bieter kann seine Eignung sowie gegebenenfalls die Erfüllung der Auswahlkriterien auch durch die Vorlage einer Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 belegen. Stattdessen ist auch die Vorlage einer Erklärung darüber, dass der Bewerber oder Bieter die vom Sektorenauftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllt und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen kann (Eigenerklärung), zulässig. In einer solchen Eigenerklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.

(3) Der Sektorenauftraggeber kann die Vorlage, Vervollständigung bzw. Erläuterung bestimmter Nachweise binnen einer angemessenen Frist von bestimmten Bewerbern oder Bietern bzw. Parteien der Rahmenvereinbarung verlangen, sofern dies zur angemessenen Durchführung des Verfahrens erforderlich ist. Bei der Vergabe von Aufträgen und beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen im Oberschwellenbereich hat der Sektorenauftraggeber vor Zuschlagserteilung bzw. vor Abschluss der Rahmenvereinbarung die Vorlage der festgelegten Nachweise vom Zuschlagsempfänger bzw. von der bzw. den Parteien der Rahmenvereinbarung jedenfalls zu verlangen; bei einer Vergabe in Losen gilt dies nur, wenn der geschätzte Wert des einzelnen Loses den in § 185 Abs. 1 genannten jeweiligen Schwellenwert erreicht.

(4) […]

(6) Ein Unternehmer muss im Oberschwellenbereich jene Nachweise nicht vorlegen, die dem Sektorenauftraggeber bereits in einem früheren Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorgelegt wurden und geeignet sind, die Eignung nachzuweisen. Der Sektorenauftraggeber kann zum Zweck der Verwaltung und Wiederverwendung der solcherart vorgelegten Nachweise eine Datenbank einrichten.

(7) […]

Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit

§ 254. (1) Der Sektorenauftraggeber hat der Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere die gemäß § 253 Abs. 1 bzw. 2 verlangten Nachweise und die gemäß § 253 Abs. 3 eingeholten Auskünfte zugrunde zu legen. Ergibt sich aus diesen Bescheinigungen, dass eine rechtskräftige Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 249 Abs. 1 oder 2 Z 5 lit. a vorliegt oder erlangt der Sektorenauftraggeber auf andere Weise von einem solchen Urteil, einer solchen Verfehlung oder vom Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 248 Abs. 1 oder § 249 Abs. 1 oder 2 nachweislich Kenntnis, so ist der Unternehmer mangels Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen, es sei denn, die Voraussetzungen des § 249 Abs. 4 bis 6 liegen vor oder der Unternehmer macht glaubhaft, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist.

(2) Zur Glaubhaftmachung im Sinne des Abs. 1 letzter Satz hat der Unternehmer darzulegen, dass er konkrete technische, organisatorische, personelle oder sonstige Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern. Der Unternehmer hat nachzuweisen, dass er folgende Maßnahmen getroffen hat:1. er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder eine Verfehlung gegebenenfalls verursachten Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleiches verpflichtet hat,2. er umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden an der Klärung aller Tatsachen und Umstände betreffend die Straftat oder Verfehlung mitgewirkt hat, und3. er effektive Maßnahmen wiea) die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens, oderb) die Einschaltung eines Organes der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften, oderc) die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften

gesetzt hat.

(3) Der Sektorenauftraggeber hat die vom Unternehmer ergriffenen Maßnahmen zu prüfen und bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit insbesondere die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen. Bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG ist insbesondere die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Dauer der illegalen Beschäftigung und bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß den §§ 28 oder 29 LSD-BG ist insbesondere das Ausmaß der Unterentlohnung zu berücksichtigen. Liegen mehr als zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG oder gemäß den §§ 28 oder 29 LSD-BG vor oder erfolgten zwei rechtskräftige Bestrafungen innerhalb der letzten zwölf Monate, ist ein strengerer Maßstab anzulegen. Erachtet der Sektorenauftraggeber die Maßnahmen des Unternehmers als unzureichend, so hat er diese Entscheidung gegenüber dem Unternehmer zu begründen.

(4) Ein Unternehmer, der durch eine rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen wurde, kann während des in dieser Entscheidung festgelegten Ausschlusszeitraumes seine Zuverlässigkeit nicht gemäß Abs. 2 und 3 glaubhaft machen.

(5) Hat ein Unternehmer, bei dem ein Ausschlussgrund gemäß den §§ 248 oder 249 vorliegt, keine oder nur unzureichende Maßnahmen gemäß Abs. 2 und 3 ergriffen, so darf er – unbeschadet des Abs. 4 –1. bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 249 Abs. 1 höchstens für den Zeitraum von fünf Jahren ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung oder2. bei Vorliegen eines sonstigen vom Sektorenauftraggeber vorgesehenen Ausschlussgrundes höchstens für den Zeitraum von drei Jahren ab dem betreffenden Ereignis

von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.“

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018 – BVwG-PauschGebV Vergabe 2018), BGBl. II Nr. 212/2018, lauten:

„Gebührensätze

§ 1. Für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018, für Anträge gemäß § 135 BVergGVS 2012 in Verbindung mit den §§ 342 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und für Anträge gemäß den §§ 86 Abs. 1 und 97 Abs. 1 und 2 BVergGKonz 2018 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

[…]

Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Oberschwellenbereich 2 160 €

[…]

Erhöhte Gebührensätze

§ 2. (1) Die zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt das Dreifache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr, wenn1. der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§ 12 Abs. 1 und 2 und 185 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und § 10 Abs. 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das Zehnfache übersteigt oder2. der geschätzte Wert bzw. der Wert der Konzession den in § 11 Abs. 1 BVergGKonz 2018 genannten Schwellenwert um mehr als das Zehnfache übersteigt.

(2) Die zu entrichtende Pauschalgebühr beträgt das Sechsfache der jeweils gemäß § 1 festgesetzten Gebühr, wenn1. der geschätzte Auftragswert bzw. der Auftragswert den jeweiligen in den §§ 12 Abs. 1 und 2 und 185 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 und § 10 Abs. 1 BVergGVS 2012 genannten Schwellenwert um mehr als das 20fache übersteigt oder2. der geschätzte Wert bzw. der Wert der Konzession den in § 11 Abs. 1 BVergGKonz 2018 genannten Schwellenwert um mehr als das 20fache übersteigt.

(3) […]“

3.2. Zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages:

3.2.1. Da das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt worden ist, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs. 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Auftraggeberin im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig.

3.2.2. Gemäß § 344 Abs. 2 Z 3 BVergG 2018 müssen Nachprüfungsanträge ordnungsgemäß vergebührt werden, andernfalls diese nach Aufforderung zur Verbesserung als unzulässig zurückzuweisen sind (vgl. auch VfSlg. 20.307/2019). Die Höhe der zu entrichtenden Gebühr folgt aus § 340 BVergG 2018 iVm der BVwG-PauschGebV Vergabe 2018. Die BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 sieht in § 1 Gebührensätze vor, die in bestimmten Fällen – abhängig vom geschätzten Auftragswert bzw. Auftragswert – gemäß § 2 um ein bestimmtes Vielfaches erhöht werden können.

3.2.2.1. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 14.07.2022 in der Rs. C-274/21 ua., EPIC Financial Consulting, ausgeführt, dass der Antragstellerin eines Nachprüfungsantrages die Modalitäten der Berechnung der Pauschalgebühren, die sie im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu entrichten hat, im Voraus bekannt sein können, weil sie sich eindeutig aus § 340 BVergG 2018 in Verbindung mit der BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 ergeben.

Greift die öffentliche Auftraggeberin jedoch auf ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zurück, so kann die Rechtsuchende, die einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, weder wissen wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist noch wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, die öffentliche Auftraggeberin bereits erlassen hat. Daher könne die Rechtsuchende die Höhe der von ihr zu entrichtenden Pauschalgebühren möglicherweise nicht vorhersehen (vgl. EuGH 14.07.2022, Rs. C-274/21 ua., EPIC Financial Consulting, Rz 99 ff.).

Daraus folgt für den Gerichtshof der Europäischen Union, dass eine nationale Regelung, wonach die Rechtsuchende Pauschalgebühren in einer Höhe zu entrichten hat, die bei der Stellung ihres Nachprüfungsantrages nicht vorhersehbar ist, die Ausübung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf praktisch unmöglich macht oder sie übermäßig erschwert. Sie verstößt folglich gegen Art. 47 GRC, und zwar auch dann, wenn diese Höhe nur einem ganz geringen Bruchteil des Wertes des betreffenden Auftrags oder der betreffenden Aufträge entspricht (vgl. EuGH 14.07.2022, Rs. C-274/21 ua., EPIC Financial Consulting, Rz 103).

Art. 47 GRC ist daher nach Ansicht des Gerichtshofes der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach die Rechtsuchende, die einen Nachprüfungsantrag stellt, Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn sich die öffentliche Auftraggeberin für ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. gegebenenfalls ohne spätere Vergabebekanntmachung entschieden hat, sodass die Rechtsuchende möglicherweise nicht wissen kann, wie hoch der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags ist und wie viele gesondert anfechtbare Entscheidungen, nach denen sich die Höhe der Pauschalgebühren richtet, die öffentliche Auftraggeberin erlassen hat (vgl. EuGH 14.07.2022, Rs. C-274/21 ua., EPIC Financial Consulting, Rz 104 bzw. Tenor, Punkt 6).

3.2.2.2. Aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union folgt somit, dass Art. 47 GRC verlangt, dass eine Antragstellerin, die die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung begehrt, nicht mit einer Situation konfrontiert sein darf, in der sie Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat, wenn die Antragstellerin nicht in Kenntnis der maßgeblichen Determinanten zur Bemessung der Gebührenhöhe (wie der Höhe des geschätzten Auftragswerts und der Anzahl der gesondert anfechtbaren Entscheidungen) ist.

Der Tenor sowie die Begründung des Gerichtshofes der Europäischen Union beziehen sich angesichts der dem Urteil zugrundliegenden Ausgangsverfahren zwar auf Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung und bei noch nicht erfolgter Bekanntgabe. Die Auslegung von Art. 47 GRC ist jedoch ohne weiteres auch auf Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung durch Sektorenauftraggeberinnen übertragbar. Bei Einbringung eines Nachprüfungsantrages muss die Antragstellerin folgerichtig über jene Informationen verfügen, die es ihr ermöglichen, die zu entrichtende Pauschalgebühr zu berechnen, um nicht Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe entrichten zu müssen.

Die für die Gebührenbemessung maßgeblichen Tatbestandselemente müssen jedoch nach der bestehenden Rechtslage der Antragstellerin nicht notwendigerweise bekannt sein. Selbst bei Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung besteht keine gesetzliche Verpflichtung für Auftraggeberinnen, den geschätzten Auftragswert in der Bekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen anzugeben (vgl. in diesem Kontext zu Rahmenvereinbarungen jedoch auch VwGH 01.02.2024, Ro 2020/04/0020, ua.). Schon aus diesem Grund kann aber eine Antragstellerin regelmäßig nicht bestimmen, ob allenfalls der drei- bzw. sechsfache Pauschalgebührensatz unter Berücksichtigung von § 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 zu entrichten wäre (vgl. dazu auch Ziniel, Der vergabespezifische Rechtsschutz gemäß BVergG 2018 am unionsrechtlichen Prüfstand, ZVB 2023, 70; mwN Reisner, Rechtschutz, in Heid/Reisner [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht [1. Lfg., 2024], Rz 145).

Sehen daher § 340 BVergG 2018 iVm § 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 grundsätzlich die Entrichtung einer Pauschalgebühr um ein Vielfaches der in § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 genannten Gebührensätze vor, weil der geschätzte Auftragswert die in § 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 genannten Schwellenwerte jeweils übersteigt, ohne dass die Antragstellerin in Kenntnis des geschätzten Auftragswertes ist, verstößt die nationale Rechtslage gegen Art. 47 GRC, weil die Rechtsschutzsuchende Pauschalgebühren in nicht absehbarer Höhe zu entrichten hat.

3.2.2.3. Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben auch die Gerichte der Mitgliedstaaten zu beachten. Jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaates ist verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht anzuwenden und die Rechte, die es dem Einzelnen verleiht, zu schützen (vgl. mwN VwSlg. 19.330 A/2016).

Nationales Recht, das im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, ist verdrängt. Der Verwaltungsgerichtshof hält dazu in ständiger Rechtsprechung fest, dass im Wege der Verdrängung von innerstaatlichem Recht nur jene von mehreren unionsrechtskonformen Lösungen zur Anwendung gelangt, mit welcher die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Die Verdrängung darf also bloß jenes Ausmaß umfassen, das gerade noch hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen. Dabei sind die unionsrechtlichen Erfordernisse in das nationale Gesetz „hineinzulesen“ (vgl. mwN VwSlg. 19.330 A/2016).

Im Hinblick auf das klar erkennbare Ziel des Gesetzgebers, eine Pauschalgebühr für vergabespezifische Rechtsschutzanträge und damit eine besondere Eingabengebühr vorzusehen (vgl. ErläutRV 69 BlgNR 26. GP , 195), besteht kein Anhaltspunkt dafür, das Pauschalgebührensystem in toto als verdrängt anzusehen. Ist etwa „lediglich“ der geschätzte Auftragswert einer Antragstellerin (zu Recht) nicht bekannt, ist es – zur Herbeiführung einer unionsrechtskonformen Lösung – ausreichend, die in § 2 Abs. 1 und 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 vorgesehenen Multiplikatoren für die Gebührensätze beim Überschreiten bestimmter Schwellenwerte durch den geschätzten Auftragswert nicht anzuwenden. Die Gebührensätze gemäß der Aufstellung in § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 können hingegen bei Kenntnis der maßgeblichen Determinanten weiterhin angewendet werden.

3.2.2.4. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Lieferauftrag im Oberschwellenbereich im Sektorenbereich, was sich bereits aus der unionsweiten Bekanntmachung unter Verweis auf die Anwendbarkeit der RL 2014/25/EU ergibt. Daraus folgt der maßgebliche Gebührensatz in Höhe von EUR 2.160,- gemäß § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018.

Mangels Kenntnis des geschätzten Auftragswertes durch die Antragstellerin kommen hingegen die erhöhten Gebührensätze gemäß § 2 Abs. 1 oder 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 jedenfalls nicht zur Anwendung.

Folglich hat die Antragstellerin die Anträge gemäß § 340 Abs. 1 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 ordnungsgemäß vergebührt.

3.2.3. Gemäß § 342 Abs. 1 BVergG 2018 kann eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen. Nach § 344 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 hat ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 BVergG 2018 jedenfalls die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung zu enthalten. Dabei soll bei der Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidung, wie die Erläuterungen hervorheben, „kein übertrieben strenger Maßstab angelegt werden“ (ErläutRV 69 BlgNR XVI. GP , 198 f.; vgl. auch VfGH 01.03.2022, E 1531/2021; mwN Ziniel, § 344, in: Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg.], BVergG 20183 [1. Lfg., 2020] Rz 23).

Im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zählen gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. jj iVm sublit. dd BVergG 2018 vor dem Abschluss der Rahmenvereinbarung die Ausschreibung, die Nicht-Zulassung zur Teilnahme, die Aufforderung zur Angebotsabgabe, sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist, das Ausscheiden eines Angebotes sowie die Widerrufsentscheidung als gesondert anfechtbare Entscheidungen.

3.2.3.1. Der Antrag, den Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren für nichtig zu erklären, bezieht sich dabei vor dem Hintergrund des konkreten Stadiums des gegenständlichen Vergabeverfahrens unzweifelhaft auf die Nicht-Zulassung der Antragstellerin zur Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren (vgl. zur Strukturierung des Vergabeverfahrens durch gesondert anfechtbare Entscheidungen, VfSlg. 20.301/2018). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin selbst die angefochtene Entscheidung als „Ausschluss aus dem o.a. Vergabeverfahren“ bezeichnet hatte.

Die Antragstellerin hat somit gemäß § 344 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 die gesondert anfechtbare Entscheidung ausreichend klar bezeichnet.

3.2.3.2. Hingegen richtet sich der Antrag, die Entscheidung der Auftraggeberin, die Fragen der Antragstellerin vom XXXX nicht zu beantworten, für nichtig zu erklären, nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. jj iVm sublit. dd BVergG 2018:

Entgegen dem Einwand der Auftraggeberin ist zunächst jedoch festzuhalten, dass die Mitteilung, Fragen nicht zu beantworten, als eine Festlegung der Auftraggeberin im Vergabeverfahren eine Entscheidung iSv § 2 Z 15 BVergG 2018 darstellt und es sich nicht um ein Unterlassen handelt. Die Auftraggeberin bringt in der Entscheidung klar ihren Willen zum Ausdruck, die Fragen nicht beantworten zu wollen (vgl. VwGH 31.03.2022, Ra 2022/04/0015). Diese Entscheidung ist überdies nach außen in Erscheinung getreten, indem sie der Antragstellerin übermittelt worden ist. Die Mitteilung, Fragen nicht zu beantworten, stellt somit diesfalls kein Unterlassen, sondern ein aktives Tun der Auftraggeberin dar (vgl. zur insoweit vergleichbaren Mitteilung, die Ausschreibung nicht zu berichtigen, mwN Reisner, Rechtschutz, in Heid/Reisner [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht [1. Lfg., 2024], Rz 260).

In Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung sind jedoch erst während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist sonstige Entscheidungen gesondert anfechtbar. Die Entscheidung, Fragen binnen offener Teilnahmeantragsfrist nicht zu beantworten, fällt weder in die Verhandlungsphase noch in die Angebotsfrist. Unter die insoweit genannte Angebotsfrist kann auch nicht jene Phase des Vergabeverfahrens subsumiert werden, in der Teilnahmeanträge gestellt werden können. Das BVergG 2018 trennt klar zwischen der Teilnahmeantragsfrist gemäß § 242 einer- und der Angebotsfrist gemäß § 243 andererseits. Während die Teilnahmeantragsfrist mit dem Tag der Absendung der Bekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen bzw., wenn die Bekanntmachung im Wege einer Vorinformation erfolgt ist, mit dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Interessensbestätigung beginnt (§ 242 BVergG 2018), beginnt die Angebotsfrist beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe (§ 243 Abs. 7 BVergG 2018). Folglich kann die gegenständliche, nicht gesondert anfechtbare Entscheidung, Fragen nicht zu beantworten, gemäß § 2 Z 15 lit. b BVergG 2018 nur in dem gegen die ihr nächstfolgende gesondert anfechtbare Entscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag angefochten werden.

Im vorliegenden Fall sind unter einem die Entscheidungen, die Antragstellerin nicht zur Teilnahme zuzulassen sowie deren Fragen nicht zu beantworten, ergangen. Aufgrund der durch die Festlegung von gesondert anfechtbaren Entscheidungen vom Gesetzgeber bezweckten Strukturierung des Vergabeverfahrens in einzelne Abschnitte (vgl. VfSlg. 20.301/2018) und der damit verbundenen Bestandsfestigkeit von Entscheidungen sowie dem Umstand, dass im konkreten Fall die Antragstellerin nicht am Vergabeverfahren teilnehmen konnte (siehe noch Pkt. 3.3.4.1.) und ihr gegenüber somit keine weiteren gesondert anfechtbaren Entscheidungen ergehen, kann sie die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, Fragen nicht zu beantworten, im Rahmen der Anfechtung der Entscheidung zur Nicht-Zulassung zur Teilnahme geltend machen.

Die Rechtswidrigkeit der nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung ist im Rahmen der Beschwerdepunkte der Antragsbegründung geltend zu machen. Da aber die Nichtigerklärung nicht gesondert anfechtbarer Entscheidungen auch diesfalls nicht gemeinsam mit dem Antrag auf Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung beantragt werden kann (vgl. Reisner, Rechtschutz, in Heid/Reisner [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht [1. Lfg., 2024], Rz 264), zumal das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs. 2 Z 2 BVergG 2018 allein zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen zuständig ist, ist der Antrag, die Entscheidung der Auftraggeberin, die Fragen der Antragstellerin vom XXXX nicht zu beantworten, für nichtig zu erklären, zurückzuweisen.

3.3. Zur Erledigung der Nachprüfungsanträge:

3.3.1. Die Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen erfolgt nach den materiellen Bestimmungen des BVergG 2018 für den Sektorenbereich im Oberschwellenbereich, weil der geschätzte Auftragswert im Oberschwellenbereich liegt und es sich um eine Beschaffung gemäß dem dritten Teil des BVergG 2018 handelt.

Ausschreibungsbestimmungen und alle anderen Festlegungen und Erklärungen sowohl der Auftraggeberinnen als auch der Bieterinnen sind nach dem objektiven Erklärungswert für eine durchschnittlich fachkundige Bieterin bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an (vgl. mwN VwGH 14.12.2021, Ro 2021/04/0014). Die Festlegungen sind für alle am Vergabeverfahren Beteiligten bindend (vgl. mwN VwGH 16.12.2015, Ra 2015/04/0071; mwN EuGH 02.06.2016, Rs. C-27/15 , Pizzo, Rz 39).

Der Begriff der Ausschreibung gemäß § 2 Z 7 BVergG 2018 ist hierbei weit zu verstehen und umfasst im Kontext eines Vergabeverfahrens verschiedene Unterlagen einschließlich der Teilnahmeunterlagen (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2018/04/0199; siehe auch ErläutRV 69 BlgNR XVI. GP , 8).

3.3.2. Eine Sektorenauftraggeberin ist gemäß § 248 BVergG 2018 verpflichtet, für die Durchführung eines Vergabeverfahrens objektive Eignungskriterien festzulegen. Erfüllt eine Unternehmerin diese nicht, ist sie vom Vergabeverfahren auszuschließen. Zu den fakultativen Ausschlussgründen zählt gemäß § 249 Abs. 2 Z 8 BVergG 2018 der Umstand, dass eine Unternehmerin bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen lassen hat, die die vorzeitige Beendigung dieses früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben.

In Pkt. 12.1. der Teilnahmeunterlagen hat sich die Auftraggeberin auch dazu entschieden, Bewerberinnen, bei denen ein Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs. 2 BVergG 2018 vorliegt, jedenfalls auszuscheiden.

3.3.3. Gemäß § 250 Z 4 BVergG 2018 muss beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung die Eignung spätestens grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist vorliegen. Die Teilnahmeunterlagen im vorliegenden Vergabeverfahren sehen damit übereinstimmend in Pkt. 12. vor, dass die Bewerberinnen die festgelegten Eignungskriterien als unternehmensspezifische Mindestanforderungen zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist erfüllen müssen.

Im vorliegenden Fall hat die Auftraggeberin die Antragstellerin bereits mit Entscheidung vom XXXX – und damit zehn Tage vor dem Ablauf der Teilnahmeantragsfrist – vom Vergabeverfahren ausgeschlossen und infolgedessen gar nicht zur Teilnahme zugelassen.

3.3.4. Die Auftraggeberin wendet diesbezüglich ein, dass sie gemäß § 249 Abs. 2 BVergG 2018 „jederzeit“ eine Unternehmerin von der Teilnahme am Vergabeverfahren bei Vorliegen eines entsprechenden Grundes ausschließen könne. Diesem Argument ist jedoch aus folgenden Gründen nicht zu folgen:

3.3.4.1. Zunächst richtete die Antragstellerin binnen offener Teilnahmeantragsfrist nur Fragen an die Auftraggeberin gemäß Rz 9 der Teilnahmeunterlagen. Daraufhin wurde sie jedoch vor Ablauf der Teilnahmeantragsfrist vom Vergabeverfahren ausgeschlossen. In der Folge konnte die Antragstellerin keinen Teilnahmeantrag über die in den Teilnahmeunterlagen genannte Ausschreibungsplattform stellen, weil sie auf selbiger von der Auftraggeberin diesbezüglich gesperrt wurde.

Gemäß § 2 Z 10 BVergG 2018 handelt es sich bei einer Bewerberin um eine Unternehmerin, die „sich an einem Vergabeverfahren beteiligen will und einen Teilnahmeantrag gestellt oder eine Aufforderung zur Angebotsabgabe erhalten hat“ (Hervorhebung durch das Gericht). Ausweislich der Erläuterungen sind auch „Unternehmer, die ihr Interesse mitgeteilt haben, […] noch keine ‚Bewerber‘, da auch in diesem Fall der Unternehmer einen Teilnahmeantrag zu stellen hat“ (ErläutRV 69 BlgNR XXVI. GP , 8; vgl. auch EuGH 15.10.2009, Rs. C-138/08 , Hochtief und Linde-Kca-Dresden, Rz 38 f.).

Auch aus § 203 Abs. 5 BVergG 2018 ergibt sich, dass beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ausgewählte – geeignete – Bewerberinnen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert werden (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2018/04/0199), mit denen dann über den Auftragsinhalt verhandelt werden kann. Die Eignung ist folglich bei Bewerberinnen zu prüfen, nicht jedoch bei sonstigen Unternehmerinnen, insbesondere nicht jenen, die mangels gestelltem Teilnahmeantrag noch keine Bewerberinnen sind.

Da die Antragstellerin keinen Teilnahmeantrag stellen konnte – und sie offenkundig nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde –, ist sie folglich nicht als Bewerberin zu qualifizieren. Sie hat bis dato lediglich ihr Interesse am Vergabeverfahren durch die Stellung von Fragen bekundet, aber ihre Teilnahme noch nicht durch die Einbringung eines Teilnahmeantrags in eine vergabeverfahrensrechtlich relevante Stellung transponiert bzw. aufgrund ihrer Sperrung auf der Ausschreibungsplattform transponieren können.

3.3.4.2. Ein genereller, verfahrensunabhängiger Ausschluss von Unternehmerinnen von der Teilnahme an Vergabeverfahren durch eine Auftraggeberin ist dem BVergG 2018 aber fremd; ebenso kennt die österreichische Rechtsordnung bisher auch keinen diesbezüglichen Ausspruch eines Gerichts oder einer Verwaltungsstrafbehörde (weshalb auch § 254 Abs. 4 BVergG 2018 nur auf eine rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens abstellt; siehe auch ErläutRV 69 BlgNR XVI. GP , 110).

Gegen die Zulässigkeit eines generellen Ausschlusses von Unternehmerinnen an der Teilnahme von Vergabeverfahren sprechen bereits die Regelungen des § 250 BVergG 2018 sowie des § 254 BVergG 2018. § 250 BVergG 2018 normiert für das Vorliegen der Eignung abhängig von der Verfahrensart jeweils einen spezifischen, auf die Verfahrensart abgestimmten, Zeitpunkt. Die Eignung und ihre zeitpunktbezogene Prüfung sind damit immer mit einem konkreten Vergabeverfahren verbunden. Die Zeit nach einer Bekanntmachung kann von einer Unternehmerin dafür genutzt werden, die geforderten Eignungsanforderungen bis zum maßgeblichen Zeitpunkt herzustellen (vgl. VwSlg. 19.266 A/2015), wobei die Zuverlässigkeit einen Teil der Eignung darstellt. § 254 BVergG 2018 ermöglicht diesbezüglich einer Unternehmerin im Hinblick auf die Ausschlussgründe des § 249 BVergG 2018 unter näheren Voraussetzungen im jeweiligen Vergabeverfahren auch die Glaubhaftmachung, dass sie trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist (sog. „Selbstreinigung“; siehe dazu noch sogleich).

3.3.4.3. § 249 BVergG 2018 setzt somit für einen Ausschluss einer Unternehmerin von einem Vergabeverfahren deren Teilnahme an ebendiesem voraus. Das Adverb „jederzeit“ in Abs. 2 leg.cit. nimmt insoweit erst auf jene Zeitspanne Bezug, ab der eine Unternehmerin an einem konkreten Vergabeverfahren teilnimmt.

Im gegenständlichen Fall hinderte aber die Auftraggeberin die Antragstellerin an einer Vergabeverfahrensteilnahme, in dem sie selbige für die Stellung eines Teilnahmeantrags über die in den Teilnahmeunterlagen dafür vorgesehene Ausschreibungsplattform sperrte. Darüber hinaus wurde die Antragstellerin bereits zuvor mit hg. angefochtener Entscheidung bereits gar nicht erst zur Teilnahme am Vergabeverfahren zugelassen.

3.3.4.4. In diesem Zusammenhang kommt des Weiteren dem Recht einer Unternehmerin auf „Selbstreinigung“ maßgebliche Bedeutung zu:

Gemäß § 254 BVergG 2018 können Unternehmerinnen, die einen Ausschlussgrund wie jenen des § 249 Abs. 2 Z 8 BVergG 2018 verwirklicht haben, glaubhaft machen, dass sie trotzdem zuverlässig sind. Bewerberinnen wird nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union durch Art. 57 Abs. 6 RL 2014/24/EU bzw. Art. 80 RL 2014/25/EU ein entsprechendes Recht auf „Selbstreinigung“ eingeräumt, das unter anderem dazu führt, dass die Bestimmung unmittelbare Wirkung entfaltet (vgl. EuGH 14.01.2021, Rs. C-387/19 , RTS infra und Aannemingsbedrijf Norré-Behaegel, Rz 26, 48 f.).

3.3.4.4.1. Aus den Art. 57 Abs. 7 der RL 2014/24/EU bzw. Art. 80 der RL 2014/25/EU ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Anwendung des jeweiligen Artikels – unter Beachtung des Unionsrechts – festlegen. Der Gerichtshof der Europäischen Union führte dazu aus, dass zur Sicherstellung einer objektiven Bewertung der Unternehmerinnen und eines wirksamen Wettbewerbs wesentlich ist, dass den Unternehmerinnen die Möglichkeit gegeben wird, sich auf Maßnahmen, die es ihrer Ansicht nach erlauben, einem bei ihnen vorliegenden Ausschlussgrund abzuhelfen, zu berufen und diese prüfen zu lassen (vgl. EuGH 14.01.2021, Rs. C-387/19 , RTS infra und Aannemingsbedrijf Norré-Behaegel, Rz 29). Die Mitgliedstaaten haben dabei neben den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit auch den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte – als tragender Grundsatz des Unionsrechts, mit dem der Anspruch darauf, in jedem Verfahren gehört zu werden, untrennbar verbunden ist – zu beachten (vgl. EuGH 14.01.2021, Rs. C-387/19 , RTS infra und Aannemingsbedrijf Norré-Behaegel, Rz 34).

Sollte ein Mitgliedstaat die Verpflichtung für Unternehmerinnen vorsehen, den Nachweis für Abhilfemaßnahmen unaufgefordert in ihrem Teilnahmeantrag zu erbringen, würde dies keine unzumutbare Hürde für die Ausführung der Regelung über Abhilfemaßnahmen darstellen. Ist dies hingegen nicht der Fall, dürfen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union Bewerberinnen davon ausgehen, dass sie von der Auftraggeberin aufgefordert würden, den Nachweis für allfällige Abhilfemaßnahmen zu erbringen, die sie ergriffen haben, um jeglichen von der Auftraggeberin möglicherweise geltend gemachten fakultativen Ausschlussgrund zu beheben (vgl. EuGH 14.01.2021, Rs. C-387/19 , RTS infra und Aannemingsbedrijf Norré-Behaegel, Rz 38 ff.).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auch bereits zuvor festgehalten, dass eine Auftraggeberin, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Voraussetzungen von Art. 57 Abs. 4 lit. g RL 2014/24/EU erfüllt sind, um den Vorgaben von Art. 57 Abs. 6 RL 2014/24/EU zu genügen, der betreffenden Wirtschaftsteilnehmerin die Möglichkeit geben muss, nachzuweisen, dass die von ihr getroffenen Abhilfemaßnahmen ausreichen, um die Wiederholung der Unregelmäßigkeit, die zur vorzeitigen Beendigung des früheren öffentlichen Auftrags geführt hat, zu vermeiden, und dass sie daher trotz des Vorliegens eines einschlägigen fakultativen Ausschlussgrundes ihre Zuverlässigkeit belegen können (vgl. EuGH 03.10.2019, Rs. C-267/18 , Delta Antrepriză de Construcţii şi Montaj 93, Rz 37).

3.3.4.4.2. Eine Verpflichtung, dass Unternehmerinnen unaufgefordert Maßnahmen iSv § 254 BVergG 2018 darzulegen hätten, erfordert folglich neben einer gesetzlichen Grundlage auch eine Information der Unternehmerinnen in offener und in klarer, genauer und eindeutiger Weise über das Bestehen einer derartigen Verpflichtung (vgl. EuGH 14.01.2021, Rs. C-387/19 , RTS infra und Aannemingsbedrijf Norré-Behaegel, Rz 36), weshalb in den Ausschreibungsunterlagen die Auftraggeberin auf eine derartige Rechtslage hinzuweisen hätte (vgl. auch die Bekanntmachung der Europäischen Kommission über Instrumente zur Bekämpfung geheimer Absprachen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und über Leitlinien für die Anwendung des entsprechenden Ausschlussgrundes, 2021/C 91/01, ABl. Nr. C 91 vom 18.03.2021, 1 [19]).

Weder ist dem BVergG 2018 eine gesetzliche Verpflichtung zu entnehmen, dass eine Unternehmerin Maßnahmen gemäß § 254 BVergG 2018 unaufgefordert darzulegen hätte, noch findet sich eine derartige Information in den Teilnahmeunterlagen. Die Auftraggeberin hat daher einer Unternehmerin vielmehr im Vergabeverfahren die Möglichkeit zu geben, entsprechende Maßnahmen darzulegen (zur grundsätzlichen Einräumung einer Möglichkeit zur Stellungnahme siehe auch VfSlg. 15.216/1998). Ein Verweis auf vergangene Vergabeverfahren bzw. zivilrechtliche Klagen und in diesem Zusammenhang der Antragstellerin mitunter eingeräumten Möglichkeiten, nachzuweisen, dass sie entsprechende Maßnahmen getroffen habe, reicht im Hinblick darauf nicht aus. Diese ermöglichen nämlich keine Beurteilung der Eignung zum im gegenständlichen Vergabeverfahren maßgeblichen Zeitpunkt unter Berücksichtigung einer der Antragstellerin zustehenden Stellungnahme in einem kontradiktorischen Verfahren spezifisch im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 254 BVergG 2018.

3.3.5. Aus diesen Gründen ist die angefochtene Entscheidung, die Antragstellerin gemäß § 249 Abs. 2 Z 8 BVergG 2018 vom Vergabeverfahren auszuschließen, rechtswidrig. Die Ausscheidensentscheidung verstößt sowohl gegen das BVergG 2018 als auch die eigenen Festlegungen der Auftraggeberin in Pkt. 12. der Teilnahmeunterlagen. Mit der Entscheidung vom XXXX beurteilte die Auftraggeberin die Eignung der Antragstellerin nicht zum für das Vergabeverfahren maßgeblichen Zeitpunkt – dem Ende der Teilnahmeantragsfrist am XXXX –, womit der Antragstellerin zugleich auch die Möglichkeit genommen wurde, ihre Eignung zum maßgeblichen Zeitpunkt im Vergabeverfahren nachzuweisen. Darüber hinaus wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, in einem kontradiktorischen Verfahren der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, allfällige Maßnahmen gemäß § 254 BVergG 2018 nachzuweisen. Dies stellt auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, verlangt doch der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass die an einer öffentlichen Ausschreibung interessierten Unternehmerinnen bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben müssen, dass sie genau erkennen können, welche Bedingungen sie in dem Verfahren zu beachten haben, und dass sie die Gewissheit haben können, dass für alle Wettbewerberinnen die gleichen Bedingungen gelten (vgl. mwN EuGH 14.12.2016, Rs. C-171/15 , Connexxion Taxi Services, Rz 39 ff.). Die Antragstellerin wurde daher in ihrem Recht auf Teilnahme am Vergabeverfahren verletzt.

Im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren kann aus den eben genannten Gründen zugleich dahinstehen, ob die Antragstellerin den Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs. 2 Z 8 BVergG 2018 verwirklicht hat oder nicht.

3.3.6. Gemäß § 347 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung einer Auftraggeberin mit Erkenntnis dann für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist, und die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ist sohin ausgeschlossen, wenn die Rechtswidrigkeit keine – auch keine potenzielle – Auswirkung auf den Ausgang des Vergabeverfahrens hat (vgl. mwN VwGH 30.01.2019, Ra 2018/04/0001).

Da der Antragstellerin die Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren verunmöglicht und ihr die Gelegenheit genommen wurde, ihre Eignung nachzuweisen, erging die Entscheidung, sie zur Teilnahme nicht zuzulassen, zu Unrecht. Diese Entscheidung erweist sich daher als rechtswidrig. Eine Zuschlagsentscheidung erfolgte bislang nicht. Angesichts dessen kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin für die Teilnahme am Verfahren zuzulassen ist und gegebenenfalls nach Legung eines Angebots als Zuschlagsempfängerin in Betracht kommt, sodass die Rechtswidrigkeit der genannten Entscheidung der Auftraggeberin auch als potenziell relevant im Hinblick auf den Ausgang des Vergabeverfahrens zu beurteilen ist.

Die RL 89/665/EWG bzw. die RL 92/13/EWG , die Bieterinnen vor der Willkür der öffentlichen Auftraggeberin bzw. Sektorenauftraggeberin schützen sollen, zielen gerade auch darauf ab, die vorhandenen Mechanismen zur Gewährleistung der effektiven Anwendung der Unionsvorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu verstärken, vor allem dann, wenn Verstöße noch beseitigt werden können. Ist ein Vertrag einmal unterzeichnet worden, läuft der Umstand, dass es sich bei der einzigen vorgesehenen gerichtlichen Kontrolle um eine nachträgliche Prüfung handelt, darauf hinaus, die Möglichkeit auszuschließen, einen Rechtsbehelf in einem Stadium einzulegen, in dem Verstöße noch beseitigt werden können, und ermöglicht es daher nicht, der Antragstellerin vor Vertragsschluss einen umfassenden Rechtsschutz zu gewährleisten (vgl. mwN EuGH 14.07.2022, Rs. C-274/21 ua., EPIC Financial Consulting, Rz 89 ff.). Insoweit ist eine Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung für den Ausgang eines Vergabeverfahrens gerade auch dann von wesentlichem Einfluss, wenn in der Folge die einzige Möglichkeit der Sektorenauftraggeberin darin bestünde, das Vergabeverfahren zu widerrufen und in Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zur Deckung des Beschaffungsbedarfs zugleich eine neue Chance für die Antragstellerin, den Zuschlag zu erhalten, eröffnen würde (vgl. auch EuGH Rs. C-100/12 , Fastweb, Rz 33).

3.3.7. Der Entscheidung, die Fragen der Antragstellerin nicht zu beantworten, liegen Fragen der Antragstellerin betreffend die am Vergabeverfahren mitwirkenden Personen seitens der Auftraggeberin bzw. der vergebenden Stelle sowie Fragen zum Vertragsgegenstand bzw. zu den Zuschlagsmodalitäten zugrunde.

3.3.7.1. Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Auftraggeberin in Rz 10 der Teilnahmeunterlagen zur Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Bewerberinnen eine Beantwortung von Fragen nur vorsieht, sofern diese von allgemeinem Interesse sein können. Ein Recht einer interessierten Unternehmerin, alle Fragen beantwortet zu bekommen, ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin den – von ihr nicht angefochtenen – Teilnahmeunterlagen hingegen nicht zu entnehmen.

Bereits aus diesem Grund ist die Entscheidung, Fragen der Antragstellerin nicht zu beantworten, nicht rechtswidrig. Im Übrigen ist auf jedenfalls auf Folgendes hinzuweisen:

3.3.7.2. Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Fragenbeantwortung zum Vertragsgegenstand bzw. den Zuschlagsmodalitäten verweist die Antragstellerin selbst darauf, dass diese für die Ausarbeitung des Angebots und der Teilnahme am Vergabeverfahren erforderlich seien. Nach der Systematik und Struktur eines Vergabeverfahrens hätte die Antragstellerin aber, so sie tatsächlich diese Ansicht vertritt, die Ausschreibung als gesondert anfechtbare Entscheidung unter Verweis auf eben diese behaupteten Unklarheiten bzw. Rechtswidrigkeiten anfechten müssen (zum Begriff der Ausschreibung siehe bereits Pkt. 3.3.1.). Gemäß § 281 Abs. 1 BVergG 2018 müssen dabei die Ausschreibungsunterlagen so präzise sein, dass eine Unternehmerin Art und Umfang der zu erbringenden Leistung erkennen und entscheiden kann, ob sie einen Teilnahmeantrag stellt (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 17.12.2019, Ra 2018/04/0199).

3.3.7.3. Soweit die Antragstellerin zu den Fragen betreffend am Vergabeverfahren mitwirkende Personen vorbringt, dass bei diesen „möglicherweise“ ein Interessenkonflikt vorliege, zumal die namentlich genannten Personen nach Ansicht der Antragstellerin im vorangegangenen Vergabeverfahren bzw. Vertragsverhältnis für diverse Probleme verantwortlich seien, ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass zumindest die Kontaktperson bereits in den Teilnahmeunterlagen festgelegt und damit ihre Mitwirkung am Vergabeverfahren nach außen getragen wurde.

So die Antragstellerin vorbringt, dass sie mit diesen Fragen die Auftraggeberin „in die Lage versetzen wollte, der Verpflichtung zur Vermeidung von Interessenkonflikten […] nachzukommen“, belegt dies zudem, dass die Beantwortung der Fragen im Hinblick auf die Stellung eines Teilnahmeantrags oder die Legung eines Angebotes aus Sicht der Antragstellerin nicht maßgeblich war und ist. Ein im Sinne von Rz 10 der Teilnahmeunterlagen bestehendes allgemeines Interesse an der Beantwortung der Fragen ist überdies nicht zu erkennen. Gemäß § 199 Abs. 1 BVergG 2018 ist auch jede Sektorenauftraggeberin verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von sich bei der Durchführung von Vergabeverfahren ergebenden Interessenkonflikten zutreffen (vgl. auch Öhler, Interessenkonflikte im Lichte des Vergaberechtsreformgesetzes, ZVB 2018, 5 [7]). Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der Beantwortung der Fragen durch die Auftraggeberin.

Im Übrigen ist die Antragstellerin darauf zu verweisen, dass Nichtfestgelegtes, wie bspw. die Teilnahme von bestimmten Personen im „Ausschreibungsausschuss“, auch nicht bestandfest werden kann (vgl. VwGH 01.02.2024, Ro 2020/04/0020).

3.3.7.4. Die behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entscheidung, die Fragen der Antragstellerin nicht zu beantworten, wären somit jedenfalls auch nicht wesentlich iSv § 347 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018.

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die rechtliche Beurteilung betrifft zunächst in Spruchpunkt A) I. die Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt eine Sektorenauftraggeberin die Eignung einer an einem Vergabeverfahren interessierten Unternehmerin zu beurteilen hat bzw. diese beurteilen darf. Im vorliegenden Fall waren dazu zunächst die dem Vergabeverfahren zugrundeliegenden Teilnahmeunterlagen auszulegen (vgl. zur mangelnden Revisibilität mwN VwGH 30.03.2021, Ra 2019/04/0068). In diesem Zusammenhang stützt sich die gegenständliche Entscheidung überdies mit § 250 BVergG 2018 auf eine klare Rechtslage, ohne von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzuweichen.

Im Hinblick auf Spruchpunkt A) II. ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die Rechtslage betreffend das Vorliegen einer nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung in jener Phase, in der Teilnahmeanträge gestellt werden können, gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. jj BVergG 2018, ebenso klar.

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