BDG 1979 §117 Abs2 Z2
BDG 1979 §43
BDG 1979 §91
BDG 1979 §92
BDG 1979 §92 Abs1 Z3
BDG 1979 §93
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W296.2303063.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea FORJAN als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Manuel TREITINGER und Mag. Herbert KULLNIG als Beisitzer über die Beschwerden (1.) des BezInsp XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL sowie (2.) der Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Inneres gegen die Höhe der ausgesprochenen Strafe und implizit den Kostenausspruch des Disziplinarerkenntnisses der Bundesdisziplinarbehörde vom XXXX , Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde von BezInsp XXXX wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 92 Abs. 1 Z 3 und 117 Abs. 2 Z 2 BDG 1979 abgewiesen.
II. In teilweiser Stattgebung der Beschwerde der Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Inneres gegen den Strafausspruch wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG wegen der Dienstpflichtverletzung, derer BezInsp XXXX im Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom XXXX , Zl XXXX , schuldig gesprochen wurde, gegen diesen gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von viereinhalb Monatsbezügen verhängt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der am XXXX geborene Disziplinarbeschuldigte steht als Bediensteter der Landespolizeidirektion XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2. Am XXXX erstattete die Landespolizei XXXX als Dienstbehörde zur Zl XXXX eine Disziplinaranzeige gegen den Disziplinarbeschuldigten.
3. Mit Einleitungsbeschluss vom XXXX der Bundesdisziplinarbehörde (fortan: belangte Behörde) vom XXXX , Zl XXXX , wurde das Disziplinarverfahren gegen den Disziplinarbeschuldigten wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten nach §§ 91 iVm 123 Abs. 1 BDG 1979 eingeleitet. Er sei verdächtig, am XXXX gegen XXXX außer Dienst und in zivil in XXXX , im Schanigarten des dort etablierten Lokals XXXX im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung bzw. eines Streites zwischen seiner Familie (Schwester XXXX und Vater XXXX ) und mehreren unbekannten Rapid-Fans einer unbekannten Person einen Schlag ins Gesicht versetzt zu haben, was von mehreren anwesenden Zeugen bestätigt worden sei. Gegen den Einleitungsbeschluss wurde von keiner Partei ein Rechtsmittel erhoben, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs.
4. Am XXXX fand in der gegenständlichen Rechtssache eine öffentliche mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde statt. Der Disziplinarbeschuldigte bekannte sich zu Beginn der Verhandlung für schuldig und bezeichnete sein Verhalten eines Polizisten für unwürdig.
5. Mit Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom XXXX , Zl XXXX , zugestellt am XXXX , wurde der Disziplinarbeschuldigte schuldig gesprochen. Er habe am XXXX gegen XXXX außer Dienst und in zivil in XXXX , im Schanigarten des dort etablierten Lokals XXXX im Zuge einer Auseinandersetzung bzw. Streites zwischen seiner Familie (Schwester XXXX und Vater XXXX ) und mehreren unbekannten Rapid-Fans einer unbekannten Person einen Schlag ins Gesicht versetzt. Wegen dieser Dienstpflichtverletzung wurde gegen ihn eine Geldstrafe in der Höhe von XXXX , sohin von drei Monatsbezügen, verhängt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich der ausgesprochenen Strafe vermeine der Senat, mit einer mittleren Geldstrafe von drei Monatsbezügen das Auslangen zu finden. Mildernd sei das reumütige Geständnis des Disziplinarbeschuldigten sowie dessen disziplinäre Unbescholtenheit und gute Dienstbeschreibung zu werten. Erschwerend zu werten sei dessen Nachtatverhalten und seine Vorbildwirkung als Dienstführer.
6. Gegen das Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom XXXX brachte die Disziplinaranwältin am XXXX , eingelangt am selben Tage, fristgerecht eine zulässige Beschwerde ein. Begründend führte sie aus, auch in Anbetracht des Abgehens des VwGH vom „Untragbarkeitsgrundsatz“ falle bei der Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung weiterhin gravierend ins Gewicht, wenn ein Beamter jene Werte verletze, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag. Dies stehe im vorliegenden Fall außer Frage. Zu berücksichtigen sei, inwieweit die Tathandlung auf eine gegenüber rechtlichen Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung zurückzuführen sei. Die Aggressionshandlung gegen Dritte mit der Motivation einen Angriff auf den Vater ahnden zu wollen, sei nicht tolerierbar. Die Schädigung, die der Beschuldigte bei allen beeinträchtigten Personen ausgelöst habe, sowie die verheerende Außenwirkung durch sein Verhalten und das völlige Unverständnis dieses Tuns sei beträchtlich. Der Beschuldigte sei in einer Vorgesetztenfunktion tätig, umso mehr sei korrektes Verhalten zu erwarten. Die allgemeinen Grundsätze zur Strafbemessung sei nur zum Nachteil zu werten gewesen, eine strengere Strafbemessung sei angebracht. Zudem sei eine Nothilfesituation nicht vorgelegen und falle insbesondere das Nachtatverhalten besonders schwer ins Gewicht. Da im vorliegenden Fall weder von einem eindeutigen Überwiegen der Milderungsgründe noch von der Entbehrlichkeit der Verhängung einer Disziplinarstrafe der Entlassung aus spezialpräventiver Sicht gesprochen werden könne, sei eine Entlassung zu verhängen.
7. Gegen das Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom XXXX brachte auch der rechtsfreundlich vertretene Disziplinarbeschuldigte fristgerecht eine zulässige Beschwerde am XXXX , eingelangt am selben Tage, ein. In dieser führte er im Wesentlichen aus, er beantrage die Herabsetzung der Strafe, da die ausgesprochene für ihn existenzbedrohend sei, zumal die monatliche Kreditrückzahlung sein Einkommen um die Hälfte reduziere. Neben den von der Behörde angeführten Milderungsgründen sei seine mittlerweile jahrelange tadellose Dienstverrichtung, welche weit über das übliche Maß hinausgehe, zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich (nämlich), dass sein Verhalten im Tatzeitpunkt zu seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehe. Das Nachtatverhalten sei zudem nicht als Erschwerungsgrund heranzuziehen.
8. Mit Schreiben vom XXXX , eingelangt am selben Tage, übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt.
9. Mit Parteiengehör vom XXXX wurde den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, Zeuginnen oder Zeugen für die mündliche Verhandlung zu beantragen.
10. Mit Schreiben vom XXXX beantragte der Disziplinarbeschuldigte die Einvernahme des Zeugens ChefInsp XXXX zum Beweis dafür, dass der Disziplinarbeschuldigte vor ihm als Vorgesetzen ein reumütiges Geständnis abgelegt habe, er im dienstlichen Alltag sehr besonnen sei und eine günstige Zukunftsprognose vorliege.
11. Am XXXX langten „Gegenausführungen zur Berufung der Disziplinaranwältin“ seitens des Disziplinarbeschuldigten ein. Ausgeführt wurde, das Disziplinarerkenntnis werde lediglich hinsichtlich der Strafhöhe bekämpft und bleibe der Schuldspruch unbekämpft. Vorzuwerfen sei dem Disziplinarbeschuldigten lediglich, dass er sich ohne nähere Überlegungen in die gegenständliche Situation begeben habe. Er habe jedoch nicht aus Rachegelüsten gehandelt, sondern sei sein Schlag aufgrund der vorangegangenen verbalen Aggression rassistischer Art erfolgt. Mit der Formulierung „Jagdtrieb“, die er im Verfahren vor der belangten Behörde geäußert habe, habe er ausschließlich seinen Wunsch als Polizist, allfällige Täter zu stellen, zum Ausdruck bringen wollen, keinesfalls sei damit Selbstjustiz gemeint gewesen. Zum Zeitpunkt des Vorfalles habe er noch nicht der Verwendungsgruppe E2a angehört bzw. noch keine Vorgesetztenfunktion innegehabt. Hinsichtlich des fluchtartigen Verlassens sei kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden und liege diesbezüglich keine erschwerend wirkende Dienstpflichtverletzung vor.
12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Disziplinarbeschuldigte zu seinen aktuellen Lebensumständen sowie seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit befragt und mit den Parteien die von der belangten Behörde bei der Strafbemessung berücksichtigten Umstände erörtert wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Feststellungen zur Person des Disziplinarbeschuldigten:
1.1.1. Der Disziplinarbeschuldigte steht als Bediensteter der Landespolizeidirektion XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er absolvierte von XXXX bis XXXX die exekutivdienstliche Grundausbildung. Von XXXX bis XXXX war er E2b-Bediensteter und wurde nach einer Dienstzuteilung zur Abteilung XXXX am XXXX dem XXXX zugewiesen, wo er zum Zeitpunkt der vorgehaltenen Dienstpflichtverletzung verwendet wurde. Seit XXXX ist er als E2a-Bediensteter XXXX dienstzugeteilt. Seine Definitivstellung erfolgte am XXXX , er hatte und hat keine Personalvertretungsfunktion inne und bringt zum Entscheidungszeitpunkt als Exekutivbediensteter mit der Einstufung E2a, Gehaltsstufe XXXX einen Monatsbezug von XXXX (i.e.: disziplinarrechtliche Bemessungsgrundlage) ins Verdienen. Ihm war es bis zum Entscheidungszeitpunkt aufgrund erhöhten Aufwandes im Zuge einer Reform möglich, 20 bis 50 Überstunden pro Monat zu machen; zukünftig wird er im Schnitt etwa 30 Überstunden pro Monat übernehmen können. Er erhielt das Anerkennungszeichnen XXXX , im Jahr XXXX oder XXXX eine Belohnung in der Höhe von € 1.000,- für die Aufklärung zum XXXX und zuvor beim Österreichischen Bundesheer Anerkennungen für zwei Hochwassereinsätze.
1.1.2. Der Disziplinarbeschuldigte ist verheiratet, hat zwei minderjährige Kinder, seine Ehefrau ist Volksschullehrerin und zum Entscheidungszeitpunkt in Karenz und wird im XXXX als Teilzeitbeschäftigte wieder ihren Dienst antreten.
1.1.3. Die Ehegatt:innen zahlen mit einer monatlichen Rückzahlungsrate in der Höhe von XXXX einen Immobilienkredit zurück; zum Entscheidungszeitpunkt beträgt der noch offene Betrag zirka XXXX . Dem Disziplinarbeschuldigten nennt ein Grundstück samt dem darauf gebauten Haus sein Eigentum, er verfügt über Erspartes in der Höhe von ca. XXXX ,- und seine Frau in der Höhe von zirka XXXX .
1.2. Feststellungen zum Sachverhalt:
1.2.1. Am XXXX erhielt der Disziplinarbeschuldigte einen Anruf von seiner Schwester XXXX , in welchem ihm mitgeteilt wurde, dass deren gemeinsamer Vater XXXX verletzt worden sei. Er fuhr außer Dienst in zivil zu einer Tankstelle im XXXX und traf dort gegen XXXX ein.
1.2.2. Aufgrund der Mitteilung des Vaters, dass dieser von Rapid-Fans verletzt worden sei, überquerte der Disziplinarbeschuldigte, obgleich ihm seine Schwester nachrief, er solle stehen bleiben, rasch in bereits angespannter Stimmung die Straße und steuerte ohne innezuhalten unmittelbar auf einen Tisch mit mehreren unbekannten und zum großen Teil alkoholisierten Rapid-Fans (sog. „Rapid-Tisch“) im Schanigarten des Lokales XXXX in XXXX , zu. Während des Überquerens der Straße bzw. im Lokal angekommen machte er auf sich aufmerksam und forderte die Anwesenden lautstark dazu auf, sich zum Vorfall zu äußern. In Folge dessen gab eine Person des Rapid-Tisches ausländerfeindliche Äußerungen von sich und bespuckte den Disziplinarbeschuldigten. Aufgrund dieser Äußerung bzw. des Bespuckens versetzte der Disziplinarbeschuldigte dieser Person einen Schlag ins Gesicht und war dies auslösend für einen darauffolgenden Tumult. Welche Art des Schlages der Disziplinarbeschuldigte getätigt hatte, sprich: ob der Schlag mit der flachen Hand oder der Faust ausgeführt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Im darauffolgenden Gemenge wurden Sessel, Tische, Gläser und Aschenbecher geworfen und wurde von der Schwester des Disziplinarbeschuldigten Pfefferspray eingesetzt, wodurch auch unbeteiligte Personen verletzt wurden. Danach flüchtete der Disziplinarbeschuldigte gemeinsam mit seiner Schwester und seinem Vater. Weder meldete er seine Tat noch trug er sonst irgendwie zur Sachverhaltsaufklärung bei.
1.2.3. Der Disziplinarbeschuldigte hielt es dabei ernstlich für möglich und fand sich damit ab, mit seiner Tat eine andere Person am Körper zu misshandeln oder gar zu verletzten (und mit dieser seiner Handlung einen Folgetumult inklusive Sachbeschädigungen und Körperverletzungen auszulösen, was jedoch im gegenständlichen Disziplinarverfahren nicht von Relevanz war, da ihm lediglich der Schlag disziplinär angelastet wurde).
1.2.4. Es lagen keine einer Notstands- oder Nothilfesituation nahekommenden Umstände vor und es musste dem Disziplinarbeschuldigten als Exekutivbediensteten bewusst gewesen sein, dass seine Tat nicht mit der Rechtsordnung übereinstimmte.
1.2.5. Der Disziplinarbeschuldigte war bislang weder strafrechtlich noch disziplinar vorbestraft und steht diese seine Tat vom XXXX in einem auffallenden Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten.
1.2.6. Der Disziplinarbeschuldigte ist ausgezeichnet geschult im Umgang mit derartigen Konfliktsituationen und setzte am gegenständlichen Tage dieses Spezialwissen nicht ein.
1.2.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Disziplinarbeschuldigte aus Unbesonnenheit und/oder aus einem „Jagdinstinkt“ und/oder Reflex heraus gehandelt hatte.
1.2.8. Zur Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten ist festzustellen, dass er sich hinsichtlich des Tathergangs geständig zeigte, sodass ihm die Sache grundsätzlich leidtut. Er hat die Dienstpflichtverletzung vor der belangten Behörde sowie vor Gericht eingestanden bzw. hat er sich von dieser distanziert.
1.2.9. Zur Aufklärung des Sachverhalts haben seine Angaben jedoch keinen wesentlichen Beitrag geleistet. Der Disziplinarbeschuldigte hatte am Tattag keine Einsatzkräfte, somit weder die Rettung noch seine eigenen Kolleg:innen, die Polizei, verständigt, nicht auf das Eintreffen der Exekutive gewartet und flüchtete nach der Tat. Im Hinblick auf eine anstehende Dienstprüfung, aber auch nach Absolvierung dieser Prüfung meldete er den Vorfall auch in Folge nicht seinen Vorgesetzten bzw. der Dienstbehörde. Fünf Monate nach der Tat gab der Disziplinarbeschuldigte eine Stellungnahme ab, um ein etwaig drohendes Waffenverbot gegen ihn zu verhindern.
1.2.10. Der Disziplinarbeschuldigte war ab XXXX unter Aufsicht bereits im Rahmen der Führungsunterstützung tätig. Er hatte zum Zeitpunkt der Tat den Chargenkurs zum dienstführenden Beamten („E2a-Kurs“) bereits abgeschlossen, absolvierte die diesbezügliche Prüfung drei Tage nach der Tat am XXXX und wurde am XXXX als E2a angelobt.
1.2.11. Drei Monate vor der Verhandlung vor der belangten Behörde am XXXX begab sich der Disziplinarbeschuldigte in Psychotherapie, um das Geschehnis vom XXXX und dessen (rechtliche) Konsequenzen aufzuarbeiten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Disziplinarbeschuldigten:
2.1.1. Die Feststellungen zum öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Disziplinarbeschuldigten inklusive exekutivdienstlicher Ausbildungen in den Verwendungsgruppen E2b und E2a sowie zu seiner Definitivstellung, seinen Dienstzuteilungen und seinen Anerkennungszeichen ergeben sich aus dem Vorverfahren und seinen Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX . Seine Einstufung und sein Monatsbezug (und damit die Strafbemessungsgrundlage) sind aus einem Gehaltsnachweis, der im Verwaltungsakt befindlich ist, ersichtlich XXXX . Lediglich hinsichtlich der Möglichkeit, Überstunden zu machen, führte er in seiner Beschwerde aus, dies sei ihm in Anbetracht seiner Obsorgeverpflichtungen und unter Berücksichtigung des Kindeswohls nicht in hohem Maße möglich. Nach diesbezüglicher Befragung vom Bundesverwaltungsgericht und in Anbetracht der vom Disziplinarbeschuldigten selbst kommenden Angabe dieser Stundenzahl vor der belangten Behörde konnte dennoch die Möglichkeit von Überstundenarbeit in Höhe von 30 Stunden je Kalendermonat festgestellt werden XXXX .
2.1.2. Die Feststellungen zum Familienstand des Disziplinarbeschuldigten, zu seiner Vaterschaft und, dass seine Ehefrau als Lehrerein ab XXXX wieder teilbeschäftigt arbeiten gehen würde, ergeben sich aus der Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX .
2.1.3. Die Feststellungen zu den monatlichen Kreditraten und zum noch offenen Betrag, zum Eigentum des Disziplinarbeschuldigten an einem Haus und einem Grundstück sowie den eigenen Ersparnissen und jenen seiner Frau folgen seinen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX .
2.2. Zu den Feststellungen den Sachverhalt betreffend:
2.2.1. Die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich im Wesentlichen aus der unstrittigen Aktenlage sowie den damit übereinstimmenden Angaben des Disziplinarbeschuldigten, seiner Schwester in deren Disziplinarverfahren und der befragten Zeug:innen.
2.2.2. Die Feststellung betreffend die dem Disziplinarbeschuldigten im gegenständlichen Verfahren zum Vorwurf gemachte Tathandlung ergibt sich weiters unzweifelhaft aus dem von ihm außer Streit gestellten Schuldspruch und den Feststellungen des verfahrensgegenständlichen Disziplinarerkenntnisses der belangten Behörde. Eine Schilderung des Tathergangs erfolgte zudem durch den Disziplinarbeschuldigten selbst vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX XXXX .
Die Feststellung, dass der Disziplinarbeschuldigte entgegen seiner Aussage und trotz Ersuchen der Schwester, stehen zu bleiben, direkt auf den Tisch mit den bereits alkoholisierten Rapid-Fans zusteuerte, ergibt sich klar aus den vorliegenden Zeug:innenaussagen und jenen seiner Schwester. So führte der Zeuge XXXX aus, ihm sei klar gewesen, dass „da jetzt etwas passiere“ und sei der Disziplinarbeschuldigte „direkt zum letzten Tisch gegangen“ XXXX . Nach dem Zeugen XXXX sei der Disziplinarbeschuldigte ebenfalls direkt auf die Gruppe von Rapid-Fans mit der Frage, wer seinen Vater geschlagen habe, zugegangen und gab das dieser Zeuge sowohl vor der Polizei als auch der belangten Behörde zu Protokoll XXXX . Diese Aussagen wurden weiters vom Zeugen XXXX bei der Polizei XXXX als auch von der Zeugin XXXX vor der belangten Behörde XXXX bestätigt. Auch aus der Aussage der Schwester des Disziplinarbeschuldigten vor dem Verwaltungsgericht XXXX in deren Verfahren betreffend das gegen sie ausgesprochene Waffenverbot ergibt sich, dass ihr Bruder, der Disziplinarbeschuldigte, auf den einzigen Tisch mit offenkundigen Rapid-Fans zugesteuert ist (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes XXXX vom XXXX , Zl XXXX ). Dem Disziplinarbeschuldigten ist somit nicht in seiner Aussage zu folgen, dass er sich lediglich von der Tankstelle entfernt hatte, um „Beweise zu sammeln, weil es so ausgesehen habe, als hätten Leute weggehen wollen, die etwas gewusst hätten“ XXXX . Vielmehr bewegte er sich direkt auf den betreffenden Tisch zu. Auch ergibt sich schon alleine zeitlich gesehen aus seiner Angabe vor dem Bundesverwaltungsgericht, es habe von der familiären Zusammenkunft bei der Tankstelle bis zur Flucht lediglich zwei bis drei Minuten gedauert XXXX , dass er sich direkt dorthin begeben haben musste und nicht allgemeine Anfragen an alle im Schanigarten Anwesenden gestellt haben konnte, da sich sonst die von ihm zu- und eingestandene Zeitleiste der Ereignisse nicht ausgegangen wäre XXXX .
Die Feststellung, dass der Disziplinarbeschuldigte sich beim Zubewegen auf jenen Tisch bereits in angespannter Stimmung befand, ergibt sich sowohl aus seinen eigenen Ausführungen als auch aus jenen seiner Schwester XXXX . So wurde der Disziplinarbeschuldigte von dieser deswegen auch aufgefordert, stehen zu bleiben XXXX .
Die Feststellung, dass der Grund für den Schlag des Disziplinarbeschuldigten in einer fremdenfeindlichen Äußerung lag, fußt auf seinen Aussagen und jenen seiner Schwester vor dem Bundesverwaltungsgericht und ist in Zusammenschau mit dem Tathergang auch glaubhaft XXXX .
Die (Nicht)Feststellungen, ob es sich beim Schlag des Disziplinarbeschuldigten um eine Ohrfeige mit der flachen Hand oder einen Faustschlag gehandelt hatte, rühren daher, dass seitens der Zeug:innen teils von der Verwendung einer Faust, teils lediglich von einem Schlag mit der flachen Hand gesprochen wurde XXXX . Zudem sagte der Zeuge XXXX aus, es habe so ausgesehen, als habe der Disziplinarbeschuldigte „schon öfter wo hingeschlagen“ XXXX . Auch von mehreren darauffolgenden Schlägen wurde – entgegen der Aussage des Disziplinarbeschuldigten vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX – berichtet XXXX . Davon, dass es sich lediglich um eine Ohrfeige gehandelt hatte, somit einem Handeln mit wesentlich geringerer Intensität, wurde folglich nicht gesprochen. Der Disziplinarbeschuldigte selbst meinte in der mündlichen Verhandlung, er habe eine Ohrfeige gegeben und den anderen zugleich zurückgestoßen XXXX . Erfahrungsgemäß kann entgegen seiner Argumentation Derartiges jedoch nicht zeitgleich geschehen. Dem nunmehrigen Versuch, seine Handlungen herunterzuspielen und der Argumentation des Vertreters des Disziplinarbeschuldigten, dass im Grunde ein geringeres Verschulden vorliege XXXX , ist nicht zu folgen. Auch im Hinblick auf die sofort darauffolgende Entwicklung des Tumults antwortete der Disziplinarbeschuldigte - befragt danach, was er [denn] gedacht habe, was passieren würde, wenn er eine Person dieses Tisches schlage - selbst „das, was halt passiert ist“ XXXX . Ihm war somit sehr wohl klar, dass eine Eskalation des Konflikts zu entstehen drohte.
Die Feststellung, dass sein Schlag auslösend für die Folgeereignisse war, fußt nicht nur auf den Angaben der einvernommenen Zeug:innen XXXX , sondern vor allem auch auf der Aussage der Schwester des Disziplinarbeschuldigten vor der belangten Behörde in ihrem Verfahren bzw. in der dortigen Verhandlung vom XXXX . Dort gab sie zu Protokoll, dass der Schlag des Disziplinarbeschuldigten der Auslöser für den nachfolgenden Tumult gewesen sei und bestätigte sie das vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX . Der Disziplinarbeschuldigte selbst spricht zudem davon, er habe innerhalb von Bruchteilen von Sekunden entscheiden müssen XXXX .
Die Feststellungen, dass der Disziplinarbeschuldigte nicht am Tatort verblieb, sein Handeln nicht meldete und auch sonst keine Einsatzkräfte verständigte, ergeben sich aus seinen übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht XXXX und sind diese somit unstrittig.
[Lediglich der Vollständigkeit halber ist zum Argument des Anwaltes des Disziplinarbeschuldigten, dass hinsichtlich des „Nichtverbleibens bei der Tankstelle“ bzw. hinsichtlich des „Gegeben in eine derartige Situation“ als eigenständige Dienstpflichtverletzung kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei“ XXXX , anzumerken, dass dieser Umstand als Teil des Tathergangs von Relevanz für die verfahrensgegenständliche Rechtssache war und mit den übrigen Vorkommnissen als ein Handlungsstrang zu betrachten ist. Eben dadurch, dass der Disziplinarbeschuldigte sich, aus welcher Motivation auch immer, zum Tisch der Rapid-Fans begab, konnte es erst zum Schlag und den drauffolgenden Tumult, somit zu den Dienstpflichtverletzungen des Disziplinarbeschuldigten und seiner Schwester, kommen, und meinte der Disziplinarbeschuldigte selbst, wäre er nicht rübergegangen, so wäre „das alles nicht passiert“ ( XXXX , auch befragt zum korrekten Verhalten in einer derartigen Situation: XXXX ), wozu ihm uneingeschränkt beizupflichten ist.]
2.2.3. Die Feststellungen, dass der Disziplinarbeschuldigte ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hatte, eine andere Person am Körper zu misshandeln oder gar zu verletzten (und mit dieser Handlung einen Folgetumult inklusive Sachbeschädigungen und Körperverletzungen auszulösen, was jedoch nicht spruchgegenständlich ist), rühren daher, dass nicht glaubhaft ist, dass er ohne Verletzungsabsicht gehandelt hatte, da er insbesondere in einer derart aufgeheizten Situation zielgerichtet in Anspannung auf andere zuging und nach einer unangemessenen Bemerkung einer Person einen Schlag direkt in Richtung deren Kopfes versetzt bzw. auf den Kopf des Gegenübers geschlagen hatte XXXX .
2.2.4. Die Feststellungen, dass keine einer Notstands- oder Nothilfesituation nahekommenden Umstände vorlagen, rühren daher, dass der Disziplinarbeschuldigte selbst die Situation bewirkt hatte und sich schlussendlich nicht auf diese ausreden kann.
2.2.5. Die Feststellungen zur disziplinären Unbescholtenheit folgen den Angaben im Disziplinarerkenntnis, welchen nicht entgegengetreten wurde. Daraus war auch zu folgern, dass diese seine Tat am XXXX in einem auffallenden Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten stand. Hinsichtlich seines bisherigen dienstlichen Verhaltens kann zudem auf die Einvernahme seines unmittelbarer Vorgesetzten ChefInsp XXXX vor der belangten Behörde verwiesen werden, welcher eine sehr gute Dienstbeschreibung abgab und ausführte, der Disziplinarbeschuldigte sei für das Team unverzichtbar XXXX .
2.2.6 Die Feststellungen zum hervorragenden Wissensstand bzw. entsprechenden Ausbildungen des Disziplinarbeschuldigten in Bezug auf derartige Situationen ergeben sich aus dessen Auskünften über seine bisherige Ausbildung und Berufslaufbahn: Im Rahmen seiner – wenn auch verkürzten – Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b und seinem – vollständig absolvierten - Chargenkurs zum E2a-Bediensteten lernte er den korrekten Umgang mit Konfliktsituationen und auch beim Militär hatte er das nach eigener Aussage gelernt XXXX . GSOD-Einsätze hatte er bereits absolviert und ist ihm genauestens bekannt, wie sich der Umgang mit betrunkenen Fans grundsätzlich gestalten sollte XXXX . Im seitens des ersteinschreitenden Beamten verfassten Aktenvermerk vom XXXX protokollierte dieser, der Vorfall habe sich nach einem Fußballspiel des Sportklubs Rapid Wien in einem dem Heimstadion dieses Fußballvereins nahen Lokal ereignet und seien die einschreitenden Beamten einer Vielzahl von teils betrunkenen Fußballfans gegenübergestanden bzw. habe eine aufgeheizte und teils aggressive Stimmung geherrscht, weswegen aufgrund der angespannten Lage und aus Gründen der Deeskalation auf ein weiteres Vorgehen verzichtet worden sei XXXX . Daraus erschließt sich, dass eine Situation vorlag, in der dem Disziplinarbeschuldigte gerade aufgrund seines umfassenden Vorwissens klar sein musste, dass von einer Tätlichkeit Abstand zu nehmen ist und eine solche erfahrungsgemäß weitere Eskalationen bewirken wird. Dem Argument des Disziplinarbeschuldigten vor dem Bundesverwaltungsgericht, mit welchem er dem Verfasser des erwähnten Aktenvermerkes attestierte, dieser habe eben nachträglich eine ausführliche Begründung angeben müssen, um sein Nichteinschreiten zu erklären XXXX ist entgegenzuhalten, dass nach Schilderungen der Zeug:innen bereits vor dem Vorfall eine alkoholträchtige und aggressive Stimmung geherrscht hatte XXXX und die Schilderungen in Anbetracht des vorherigen Tathergangs lebensnahe erscheinen, zumal das Spiel zwischen dem Sportklub Rapid Wien und dem XXXX an diesem Tage bereits um XXXX angepfiffen wurde, somit spätestens gegen XXXX beendet sein musste und der gesamte Vorfall erst Stunden danach stattfand, sodass die Wahrscheinlichkeit naheliegt, dass die Personen jenes Tisches, auf welchen der Disziplinarbeschuldigte hingesteuert war, einen beachtlichen Alkoholpegel aufgewiesen haben mussten. Auch, dass, wie Zeugen berichteten, der Vater des Disziplinarbeschuldigte gegenüber den Personen am Tisch äußerte „Schlagt mich jetzt, jetzt bin ich nicht alleine“ XXXX , zeugt von einer Situation hoher Anspannung. Und in einer dergestalten Situation entschied sich der Disziplinarbeschuldigte entgegen seines ausgezeichneten Fachwissens und seiner beruflichen- und Lebenserfahrung gegen eine deeskalierende, sondern für eine eskalierende Handlung.
Zusammengefasst war der Disziplinarbeschuldigte aufgrund seiner Berufserfahrung sehr wohl in der Lage, die Situation ausreichend abzuschätzen und war er am gegenständlichen Tage in der Lage, sein Spezialwissen einzusetzen. Der (weitere) Versuch des Disziplinarbeschuldigten vor dem Bundesverwaltungsgericht, dies kleinzureden, indem er zum Beweis einer möglichen Streitschlichtung einer prekären Situation mit Fußballanhänger:innen angab, „wenn man mit alkoholisierten Rapid-Fans nicht sprechen könne, so würde es jedes Mal im Stadion zu Massenschlägereien kommen“ XXXX , ist lediglich als Versuch der Ablenkung hiervon zu werten. Kurz darauf gestand er außerdem ein, er kenne „die (erg.: Rapid-Fans) sehr gut“, weswegen er umso mehr, sofern er einer gefährlichen Situation aus dem Weg gehen wollte, achtgeben hätte müssen.
2.2.7. Die Feststellungen, dass der Disziplinarbeschuldigte dezidiert nicht bloß aufgrund eines „polizeilichen Jagdtriebs“ zur Sachverhaltsaufklärung in den Schanigarten eilte XXXX , fußen darauf, dass es gerade in einer Situation mit familiärer Betroffenheit in Anbetracht seiner polizeilichen Erfahrung angebracht gewesen wäre, Distanz zu wahren bzw. weiteres Intervenieren und die Aufnahme von Beweisen zu unterlassen und auf das Einschreiten seiner Kolleg:innen in sachlicher, objektiver Weise zu vertrauen, weswegen mit seinem vor dem Bundesverwaltungsgericht zu Protokoll gegebenen Argument, er sei „immer Polizist“ XXXX , für ihn nichts zu gewinnen ist.
Ein Vorgehen aus Unbesonnenheit bzw. aus einem Affekt heraus ist weiters nicht glaubhaft: Durch seine Ausbildung zum Exekutivbediensteten und auch nach eigenen Angaben ist der Disziplinarbeschuldigte grundsätzlich geschult, mit Stresssituationen umzugehen XXXX . Zwar ist dem Disziplinarbeschuldigenden zuzugestehen, dass der Anblick des verletzten Vaters ihn in Anspannung versetzt haben kann, jedoch ist davon auszugehen, dass er mit derartiger Anspannung, auch wenn weitere Stressoren im privaten Bereich im betreffenden Zeitraum vorhanden waren, umzugehen weiß. Dass er sich durch diese Stressoren zusammentreffend mit der Situation am Tattag in einem derartigen „Schockzustand“ befand XXXX , dass ihm die Lenkung seiner Handlungen durch ruhiges Denken vollends entzogen waren, ist nicht glaubhaft, denn soweit der Disziplinarbeschuldigte schilderte, durch Überstunden, Kindererziehung und die Schwangerschaft seiner Frau unter besonderem Stress gestanden zu haben XXXX , so ist anzumerken, dass derartige Stressoren des alltäglichen Lebens auch zukünftig, wenngleich vielleicht zu anderen Voraussetzungen, zu erwarten sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit deswegen wiederkehren werden. Doch ist gerade von einem Angehörigen seines Berufsstandes ein hohes Maß an Resilienz und der geübte Umgang mit einer aus mehreren Stresssituationen kumulierten Anspannung zu erwarten. Auch in Anbetracht dessen, dass der Tat eine unangemessene Bemerkung des später Geschlagenen vorging, ist zu bedenken, dass gerade der Disziplinarbeschuldigte geschult darin ist, nicht aufgrund einer derartigen Bemerkung zu handeln bzw. sich eben nicht provozieren zu lassen und gab er sogar selbst vor dem Bundesverwaltungsgericht zu Protokoll, ihm sei in dieser Sekunde klar gewesen, dass eine Gegenreaktion kommen würde XXXX .
2.2.8. Die Feststellung, dass der Disziplinarbeschuldigte vor der belangten Behörde ein Geständnis abgelegt hat, ergibt sich aus dem Behördenakt und seinen diesbezüglichen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX und bekannte sich der Disziplinarbeschuldigte zu Beginn der Verhandlung vor der belangten Behörde nicht nur für schuldig, sondern bezeichnete weitergehend wortwörtlich sein Verhalten als „eines Polizisten für unwürdig“.
Eine Einvernahme des Zeugen ChefInsp XXXX zum Beweis dafür, dass der Disziplinarbeschuldigte ihm als Vorgesetzen ein Geständnis abgelegt habe, er im dienstlichen Alltag sehr besonnen sei und eine günstige Zukunftsprognose vorliege, war nicht erforderlich, da dieser Zeuge gerade zum Gespräch mit dem Disziplinarbeschuldigten über den Vorfall, zum dienstlichen Verhalten des Disziplinarbeschuldigten und zu seiner Zukunftsprognose bereits vor der belangten Behörde befragt wurde XXXX . Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich daher aufgrund dieser bereits erfolgten Einvernahme ein klares Bild machen und war dieser Beweisantrag abzuweisen.
Die Feststellung, dass der Disziplinarbeschuldigte seine Taten verbaliter bereut, ergibt sich zudem aus seinen diesbezüglichen Ausführungen vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo er sagte, dass er seine Schuld einsehe bzw. könne er „sein Verhalten auf jeden Fall nicht gutheißen und es sei ein großer Fehler gewesen“ XXXX .
2.2.9. Die Feststellung zum nichtvorhandenen Beitrag betreffend die Aufklärung des Sachverhalts ergibt sich aus Folgendem: Gegenüber seiner Schwester gab der Disziplinarbeschuldigte auf der Flucht vom Tatort an, er wolle [dennoch] zur Dienstprüfung antreten XXXX , weswegen er die Tat zunächst verheimlichen wollte und er keinen sich nicht bereits aus der Aktenlage hervorgehenden zusätzlichen Beitrag lieferte, musste er doch - im Gegenteil - erst durch Zeug:innen im Zuge einer Lichtbildwahlkonfrontation als Täter identifiziert werden. Vom Bundesverwaltungsgericht zudem danach befragt, wieso er erst fünf Monate nach der Tat eine Stellungnahme zur Tat abgegeben hatte, antwortete der Disziplinarbeschuldigte, dies sei im Zusammenhang mit der waffenrechtlichen Prüfung bzw. dem gegen ihn drohenden Waffenverbot geschehen, und, da er „auch privat gerne schieße, sei ihm die Stellungnahme daher wichtig gewesen“ XXXX . Sprich: Seine Stellungnahme erfolgte ausschließlich, um weiteren Schaden bzw. weitere negative Rechtsfolgen für ihn im Nachhang seiner Tat zu unterbinden. Auch waren seine – im Übrigen im Verfahren erstmaligen - Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der vom Vater nach Zeugenaussagen angefertigten Videoaufnahme, der Vater habe „nicht gefilmt“ bzw. es gäbe „keinen Film am Handy des Vaters“ und wisse er nicht wie der Zeuge erkennen habe können, ob jemand filme oder etwas wähle bzw. tippe XXXX , zu verwerfen, da es sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergibt, dass aufgrund des Winkels, mit welchem ein Mobiltelefon vom Körper weggehalten wird, auch von weiterer Entfernung erkennbar ist, auf welche Verwendungsweise gerade abgezielt wird, da im Falle des bloßen Wählens naturgemäß ein Handy eher parallel zum Boden, im Falle des Filmes hingegen eher vertikal oder hierzu maximal leicht abgeschrägt gehalten wird, und dem Zeugen XXXX gefolgt wird, wenn er sowohl vor der Polizei als auch der belangten Behörde ausgesagt hatte, er habe gesehen, wie der Vater des Disziplinarbeschuldigten gefilmt hatte XXXX .
Zudem war insgesamt auffällig, wie der Disziplinarbeschuldigte vor dem Bundesverwaltungsgericht darauf Bedacht war, seine eigene Rolle, respektive seine Handlung am XXXX herunterzuspielen und mit Verweis auf das Fehlverhalten Dritter zu relativieren. So suchte er darauf zu verweisen, dass „niemand perfekt sei“ und „alle Menschen Fehler machen“ würden XXXX oder, dass auch „andere Kolleg:innen in seiner Situation so gehandelt hätten“ XXXX oder meinte er am Ende der Verhandlung unter Verweis auf Disziplinarstrafen anderer Exekutivbediensteten, dass „diese, obgleich sogar strafrechtlich belangt, weitaus gelindere Disziplinarstrafen als er ausgefasst hätten“ und verwies er hier bemerkenswerter Weise auf den 2. Stellvertreter seiner Gruppe, welcher nach den Angaben des Disziplinarbeschuldigten „sogar eine elfmonatige bedingte Haftstrafe ausgefasst hatte und disziplinär „nur“ mit drei Monatsbezügen geahndet worden sein solle“ XXXX .
2.2.10. Die Feststellungen, respektive die Angaben zur angehenden und nunmehrigen Vorgesetztenfunktion des Disziplinarbeschuldigten ergeben sich aus dem Behördenakt und der Befragung des Disziplinarbeschuldigten vor dem Bundesverwaltungsgericht XXXX . Demnach war der Disziplinarbeschuldigte zum Tatzeitpunkt zwar noch nicht in einer Vorgesetztenposition, aber strebte diese an, hatte den Chargenkurs bereits absolviert, stand drei Tage vor der E2a-Prüfung, wurde am XXXX als Dienstführender angelobt und stand somit am Tattag, dem XXXX , kurz vor Übernahme einer Führungsfunktion. Er hatte sich der daraus resultierenden Verantwortung und erhöhten Sorgfaltspflichten bewusst zu sein. So führte er vor dem Bundesverwaltungsgericht aus, er habe bereits ab XXXX – und somit bereits vor dem Vorfall - unter Beaufsichtigung Führungsaufgaben - übernommen XXXX , bezeichnete er sich zu Zeitpunkt der Tat selbst als „angehender Dienstführender“ XXXX und gab auch zu Protokoll, natürlich habe er „als Dienstführender mehr Erwartungen zu erfüllen“ XXXX . Und gerade aus den Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten, als angehendem Dienstführer habe die Gefahr bestanden, dass er von der Dienstprüfung ausgeschlossen werde, ergibt sich, dass ihm klar war und ist, dass sein Verhalten am XXXX dem eines angehenden Vorgesetzten nicht entsprach XXXX .
2.2.11. Die Feststellung, dass der Disziplinarbeschuldigte Psychotherapie in Anspruch nahm, um den Vorfall zu verarbeiten XXXX , gab dieser auf Rückfrage des Bundesverwaltungsgerichtes zum ersten Mal im Verfahren an; aus eigenem hatte er das nie vorgebracht und handelte es sich hierbei um fünf bis sieben Stunden im Zeitraum von drei Monaten vor der Verhandlung der belangten Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a Abs. 1 BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Angelegenheiten des § 20 Abs. 1 Z 2 und 3, des § 38, des § 40 und des § 41 Abs. 2 durch einen Senat zu erfolgen. Gegenständlich ist, da seitens der Disziplinaranwältin Beschwerde erhoben wurde, folglich eine Senatszuständigkeit gemäß § 153a Abs. 1 BDG 1979 gegeben.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.2. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979), StF: BGBl. Nr. 333/1979, idgF, maßgeblich:
„Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
(3) Der Beamte hat die Parteien, soweit es mit den Interessen des Dienstes und dem Gebot der Unparteilichkeit der Amtsführung vereinbar ist, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zu unterstützen und zu informieren.
[…]
Dienstpflichtverletzungen
§ 91. (1) Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
[…]
Disziplinarstrafen
§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind
1. der Verweis,
2. die Geldbuße bis zur Höhe eines Monatsbezugs,
3. die Geldstrafe in der Höhe von mehr als einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,
4. die Entlassung.
(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des Disziplinarerkenntnisses der Bundesdisziplinarbehörde beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.
[…]
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
[…]
Kosten
§ 117.
[…]
(2) Wird über die Beamtin oder den Beamten von der Bundesdisziplinarbehörde oder im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen ein Erkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde eine Disziplinarstrafe verhängt, hat die Beamtin oder der Beamte dem Bund einen Kostenbeitrag zu leisten. Dieser beträgt im Fall1. eines Verweises 10% des Monatsbezugs gemäß § 92 Abs. 2, höchstens jedoch 500 €,2. einer Geldbuße oder Geldstrafe 10% der festgesetzten Strafe, mindestens jedoch 10% des Monatsbezugs gemäß § 92 Abs. 2 und höchstens 500 €,3. einer Entlassung 500 €.
Die aus der Beiziehung eines Verteidigers erwachsenden Kosten hat in allen Fällen die Beamtin oder der Beamte zu tragen.
[…]“.
3.3. Zur Bindungswirkung an die Einstellung seitens der Staatsanwaltschaft und zum disziplinären Überhang:
Es wird auf das Telos des Disziplinarrechtes verwiesen: Die §§ 91ff BDG 1979 sind Teil des Dienstrechtes, sohin des Arbeitsrechtes von Bediensteten in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen der Republik Österreich. Dieser Berufsstand unterliegt einem besonderen Standesrecht und das Disziplinarecht dient dazu, die Beamtinnen und Beamten an dieses zu „erinnern“ und das Ansehen dieses Standes bzw. die Funktionsfähigkeit und die Integrität des Beamtenrechts aufrechtzuerhalten („Ordnungsfunktion“).
Das Strafrecht hingegen verfolgt ein gänzlich anderes Telos, respektive einen anderen Ansatz: Zweck des Strafrechts ist es nämlich, diejenigen Rechtsgüter zu schützen, deren Erhaltung für ein geordnetes Zusammenleben der Menschen unerlässlich ist und deren Verletzung den Rechtsfrieden innerhalb einer sozialen Gemeinschaft besonders stark gefährden würde.
Standesrecht und Strafrecht verfolgen sohin völlig unterschiedliche Ziele und es ist unzulässig, die Erwägungen, welche Rechtsgültigkeit für die Beurteilung eines Sachverhaltes unter dem Gesichtspunkt des Strafrechtes haben und – wie im gegenständlichen Fall - zur Einstellung führten, eins zu eins auf die Beurteilung desselben Sachverhaltes unter dem Gesichtspunkt des Disziplinarrechtes zu übertragen.
Die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z 2 StPO, weil aus Sicht der Staatsanwaltschaft kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung […] bestand, hindert die Behörde nicht, über den der Einstellung des Ermittlungsverfahrens zugrundeliegenden Sachverhalt ein eigenständiges Ermittlungsverfahren und eigene Beweiswürdigungserwägungen vorzunehmen. Vielmehr hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) eine eigenständige Beurteilung des Sachverhalts auf Basis eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens vorzunehmen (VwGH vom 06.07.2020, Ra 2019/01/0426).
Vorweg ist aufgrund des klaren Gesetzeswortlautes und der zitierten Judikatur festzuhalten, dass die Einstellung des gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft für das gegenständliche Verfahren insofern nicht von Relevanz ist, als sein Verhalten gem. §§ 91ff BDG 1979 unabhängig von der strafrechtlichen Einordnung dahingehend zu beurteilen ist, ob eine Dienstpflichtverletzung vorliegt. Diesbezüglich ist auf § 95 BDG 1979 zu verweisen, welcher in Abs. 1 von einer strafgerichtlichen Verurteilung – und nicht von einer Einstellung – spricht und im letzten Satz des Abs. 1 den sog. „disziplinären Überhang“ normiert. Abs. 2 der leg.cit. normiert dezidiert lediglich die Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes und ebenfalls nicht die Bindung an eine Einstellung seitens der Staatsanwaltschaft.
Siehe zudem zum disziplinären Überhang insbesondere den Stammrechtssatz des VwGH vom 18.04.2002, Zl. 2000/09/0176, hier sogar iZm einer Verwaltungs- oder gerichtlichen Strafe:
„Der für die disziplinäre Verfolgung wesentliche Gesichtspunkt, das Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, wird bei der Verhängung von Verwaltungsstrafen oder einer gerichtlichen Strafe in keiner Weise berücksichtigt, da das Verhalten in diesen Verfahren nur an jenen Maßstäben zu messen ist, die für alle Normunterworfenen zu gelten haben. Daraus folgt aber, dass die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Verurteilung in jenen Fällen, in denen das strafbare Verhalten zugleich eine Verletzung des im § 43 Abs. 2 BDG 1979 geregelten Tatbestandsmerkmales des "Vertrauens der Allgemeinheit" beinhaltet, den mit der Disziplinarstrafe verfolgten Zweck, den Beamten an die ihm auf Grund seines Beamtenstatus obliegenden besonderen Pflichten zu mahnen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, nicht miterfüllen und daher objektiv auch nicht die mit der Disziplinarstrafe beabsichtigte Wirkung auf den betreffenden Beamten entfalten kann (vgl. die bei Schwabl/Chilf, Disziplinarrecht2 auf S. 126 referierte hg. Judikatur, sowie Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten2, S. 45).“.
In der gegenständlichen Rechtssache liegt folglich keine Bindungswirkung an die Einstellung seitens der Staatsanwaltschaft, jedoch sehr wohl ein disziplinärer Überhang vor.
Zusammengefasst wurde folglich das strafrechtliche Ermittlungsverfahren seitens der Staatsanwaltschaft XXXX am XXXX gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, doch zeigt diese Einstellung jedoch lediglich, dass die für eine strafgerichtliche Verfolgung erforderlichen Handlungsnachweise nicht vorlagen, was sich einzig darin erklärt, dass der vom Disziplinarbeschuldigten Geschlagene nicht mehr eruiert werden konnte bzw. ihn nicht angezeigt hatte. Eine Bindung für die disziplinarrechtliche Beurteilung liegt hier somit nicht vor.
3.4. Zum Verfahrensgegenstand materiell-inhaltlich:
Der Schuldspruch des Disziplinarerkenntnisses der Behörde vom XXXX , XXXX , blieb von allen Parteien unbekämpft.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Ausspruch über die Schuld von jenem über die Strafe in einer Disziplinarsache trennbar. Hinsichtlich nicht bekämpfter Teile eines Disziplinarerkenntnisses tritt Teilrechtskraft ein. Wird allein der Ausspruch über die Strafe bekämpft, so erwächst der Schuldspruch in Rechtskraft (vgl. VwGH 25.01.2024, Ro 2023/09/0009; 21.10.2022, Ra 2022/09/0043).
Im vorliegenden Fall heißt dies, dass der Schuldspruch im Disziplinarerkenntnis der Behörde vom XXXX in Rechtskraft erwachsen und nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist bzw. vom Schuldspruch bei der Strafbemessung auszugehen ist.
3.5. Zur reformatio in peius:
Es gilt festzuhalten, dass sowohl vom Disziplinarbeschuldigten als auch von der Disziplinaranwältin Beschwerden erhoben wurden, sodass die Regelung des § 129 BDG 1979 bzw. das darin normierte Verbot der reformatio in peius in der gegenständlichen Rechtssache nicht zum Tragen kommt. Es kann daher unter den sogleich auszuführenden Voraussetzungen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes auch eine strengere Strafe verhängt werden, als die von der Behörde verhängte.
3.6. Zur Ermessungsentscheidung in Zusammenhang mit der Strafbemessung:
Bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe ist – auch – eine Ermessensentscheidung zu treffen. Der VwGH vermeint, dass es sich bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis nicht um eine Verwaltungsstrafsache iSd Art. 130 Abs. 3 B-VG handelt. Kommt das Verwaltungsgericht zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung, darf es vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Ermessensübung durch die Disziplinarkommission setzen. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte. Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG (Art. 130 Abs. 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009; VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007).
Die Behörde hat im Bescheid die Schwere der Tat zu begründen, die spezial- und generalpräventiven Aspekte der Tat darzulegen, die Erschwerungs- und Milderungsgründe zu beurteilen, einander gegenüberzustellen und auszuführen, warum aus general- und spezialpräventiven Gründen die Verhängung der ausgesprochenen Disziplinarstrafe geboten erscheint (VwGH 12.11.2013, 2013/09/027). Sie muss in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenlegen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. VwGH 04.10.2012, 2012/09/0043).
Es ist daher in weiterer Folge die Ermessensübung durch die belangte Behörde zu überprüfen.
Allerdings wurde kein Strafrahmen gebildet, in dem nachvollziehbar unter Berücksichtigung der angenommenen Milderungs- und Erschwernisgründe eine Strafe ausgemessen wurde. Daher ist die Begründung insoweit nicht überprüfbar; das Bundesverwaltungsgericht hat in einem solchen Fall nach seiner Abwägung die festgesetzte Strafe mit der von der belangten Behörde verhängten zu vergleichen. Erscheint diese im Lichte der Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts vertretbar, wäre die Strafe zu bestätigen.
3.7. Zur Strafbemessung:
Als Maß für die Höhe der Strafe normiert § 93 Abs. 1 BDG 1979 zunächst grundsätzlich die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Da gem. § 91 BDG 1979 nur schuldhafte Pflichtverletzungen strafbar sind, kann daher auch nur die Schuld das grundlegende Kriterium für die Beurteilung der ‚Schwere' der Dienstpflichtverletzung sein; dies ist eine konsequente Folge des Schuldprinzips. Das Ausmaß der Schuld wird zwar wesentlich auch durch das objektive Gewicht, d.h. den Unrechtsgehalt der Tat als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung (Verletzung dienstlicher Interessen) konstituiert; dieser darf für die Strafbemessung jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als er in den Schuldvorwurf miteinbezogen werden kann. Lange Zeit hatte dagegen der VwGH den Begriff der ‚Schwere' der Dienstpflichtverletzung überwiegend im Sinne einer objektiven Schwere verstanden. Primär maßgeblich sei die ‚Bedeutung der verletzten Pflicht' sowie ‚in welchem objektiven Ausmaß gegen die einem Beamten auferlegten Pflichten verstoßen oder der Dienst beeinträchtigt wird'. Betont wurde, es gehe ‚anders als im Strafrecht, wo moralische Wertung, Vergeltung und Sühne im Vordergrund stehen', hier darum, ‚einen ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten und wiederherzustellen' und ‚die Sauberkeit und Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren' (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, Seite 103f).
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist gem. § 93 Abs. 1 BDG 1979 zu prüfen, welche konkrete Strafhöhe erforderlich ist, um einerseits den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (Spezialprävention) und andererseits auch um Dienstpflichtverletzungen anderer Beamt:innen entgegenzuwirken (Generalprävention).
Ferner sind gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Umstände, sohin die Erschwerungs- und Milderungsgründe iSd §§ 33 ff StGB, zu berücksichtigen. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
Bei der Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe (§§ 91 ff BDG 1979) handelt es sich um eine aus gebundenen Entscheidungen und einer Ermessensentscheidung zusammengesetzte Entscheidung. Bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere ist kein Ermessen zu üben, erst die Auswahl der Strafmittel (§ 92 Abs. 1 leg cit) und gegebenenfalls (im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe) die Festlegung von deren Höhe stellen Ermessensentscheidungen dar. Hiebei sind Beurteilungen betreffend die Persönlichkeit des Beschuldigten, sein vergangenes und zukünftiges Verhalten zu treffen (VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).
Zusammengefasst bedeutet das, dass gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 folglich das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um die Disziplinarbeschuldigte von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamt:innen entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
3.8. Zur Schwere der Dienstpflichtverletzung:
Gegenständlich ist die Dienstpflichtverletzung, welcher der Disziplinarbeschuldigte begangen hat, als sehr schwerwiegend einzuschätzen, weil erwartet werden kann, dass Exekutivbedienstete durch ihr Verhalten – auch in aufgeheizten Situationen – nicht rechtsgrundlos Gewalt einsetzen, da es hiedurch einerseits zu einer Verletzung von Rechten des oder der Betroffenen kommt und andererseits durch die zu erwartende Gegenreaktion des oder der Betroffenen, der sich mit einem rechtswidrigen Angriff konfrontiert sieht, in einer lebensnahen Betrachtung realistischer Weise – wie die vorliegende Rechtssache beweist – zu weiteren Tätlichkeiten kommen wird, die dann die Gefahr auch erheblicher Verletzungen des oder der Betroffenen als auch aller einschreitenden Exekutivbediensteten bedeutet.
Ein solcher Gewalteinsatz eines Exekutivbediensteten ist ohne Zweifel geeignet, das Bild der Öffentlichkeit und das Vertrauen in die Exekutive schwer zu beeinträchtigen und gilt es hier zu betonen, dass es hinsichtlich der Schwere einer Dienstpflichtverletzung nicht auf eine öffentliche Begehung oder ein öffentliches Bekanntwerden der Tat ankommt (VwGH vom 28.02.2012, 2011/09/0177) bzw. weiters, dass es nicht darauf ankam, ob die anderen Gäste im Lokal XXXX tatsächlich wussten, wer am XXXX tatsächlich handelte – sprich: ob Kenntnis der Außenwelt darüber bestand, dass es sich hierbei einen Exekutivbediensteten gehandelt hatte, abgesehen davon, dass einem solchen bewusst sein musste, dass er durch das von ihm gezeigte Verhalten bzw. durch derartige Handlungen das Vertrauen in die Exekutive schwer geschädigt hatte.
Dazu führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der in § 43 Abs. 2 BDG 1979 enthaltene Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ nichts anderes als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll, bedeutet. Exekutivbeamte als Vertreter:innen der Ordnungsgewalt haben u.a. die Aufgabe, Angriffen gegen die körperliche Unversehrtheit einer Person entgegen zu treten; solche Übergriffe zu unterbinden gehört damit zum Kernbereich ihrer Aufgaben. Aus diesem Grunde bilden aggressive Übergriffe von Exekutivbeamten auf die körperliche Integrität von Personen in der Regel Dienstpflichtverletzungen, denen nicht bloß Bagatellcharakter zukommt. Dabei ist es für die Qualifikation als Dienstpflichtverletzung unerheblich, ob der Misshandelte tatsächlich Verletzungen davongetragen hat oder nicht (VwGH 22.06.2005, 2004/09/0038).
Die Schwere der gegenständlichen Dienstpflichtverletzungen ist demnach nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als schwerwiegend, wenn nicht sogar sehr schwerwiegend anzusehen.
3.9. Zur Spezial- und Generalprävention in der konkreten Rechtssache:
3.9.1. Zur Generalprävention:
Zur Generalprävention ist einleitend darauf hinzuweisen, dass mit der Dienstrechtsnovelle 2008 das Strafbemessungskriterium der Generalprävention (Bemessung der Strafe soweit dies erforderlich ist um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken) neben jenem der Spezialprävention (Bemessung der Strafe soweit dies erforderlich ist um der Begehung von weiteren Dienstpflichtverletzungen durch den Beschuldigten entgegenzuwirken) in das Gesetz eingeführt wurde und beide Gesichtspunkte bei der Strafbemessung ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung ebenso wie die Erschwerungs- und die Milderungsgründe im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Berücksichtigung finden müssen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/09/0105). Nach den Gesetzeserläuterungen soll es nunmehr möglich sein, „bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen“ (vgl. 1 BlgNR 24. GP ., 5), auch wenn das nicht bedeutet, dass bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen Milderungsgründe nicht auch zu berücksichtigen wären und die Strafbemessung nicht auch hier in einer Gesamtbetrachtung insbesondere sowohl der Erschwerungsgründe als auch der Milderungsgründe unter Einbeziehung und Würdigung aller für die Ausmessung der Strafe gemäß § 93 Abs. 1 BDG maßgeblichen Gesichtspunkte geboten wäre (VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007).
Aus generalpräventiven Gründen ist Exekutivorganen aufzuzeigen, dass gerade diese auch das Recht auf die körperliche Unversehrtheit anderer Personen stets zu respektieren haben. Nur dann ist sichergestellt, dass diese im Falle eines notwendigen dienstlichen Eingriffs in eben jene körperliche Unversehrtheit einer anderen Person den Eingriff so gering wie möglich halten bzw. diesen möglichst verhindern. Weiters ist Exekutivorganen, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit berufen sind, aufzuzeigen, dass sie zuwiderlaufende Störungen und eine Eskalation befördernde Verhaltensweisen selbst zu unterlassen haben.
Im vorliegenden Fall kann daher – sofern nicht massiv überwiegende Milderungsgründe festgestellt werden können – die erstinstanzlich ausgesprochene Disziplinarstrafe auf Grund generalpräventiver Erwägungen nicht als adäquat erachtet werden, denn würde beim vorliegenden Fehlverhalten mit einer lediglich im mittleren Bereich liegende Sanktion vorgegangen werden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass damit der Begehung solcher Dienstpflichtverletzungen durch andere Bedienstete ausreichend entgegengewirkt würde. Niemand aus dem Vorgesetzten- und Kollegenkreis, aber auch die Allgemeinheit nicht, würde es für ausreichend abschreckend befinden, wenn bei einem derart vorsätzlichen Vorgehen lediglich eine mittelschwere Disziplinarstrafe verhängt würde. Auch ist klar zu berücksichtigen, dass sich der Disziplinarbeschuldigte unmittelbar vor dem Aufstieg zur Vorgesetztenposition befand und insbesondere im Hinblick darauf eine erhöhte generalpräventive Notwendigkeit einer angemessenen Disziplinarstrafe besteht.
Folglich besteht daher ein massives generalpräventives Interesse daran, dass Exekutivbedienstete auch in zivil, respektive in deren Freizeit nicht gegen das Gewaltmonopol des Staates verstoßen, welches sie im Dienst zu schützen haben, und somit ein veritables Interesse jedenfalls an einer hohen Geldstrafe, um auch andere Exekutivbedienstete von einer dergestalten Tatbegehung pro futuro abzuhalten.
3.9.2. Zur Spezialprävention:
Spezialpräventiv ist darauf hinzuweisen, dass sich keine vergleichbaren Straftaten des Disziplinarbeschuldigten vor oder nach der gegenständlichen Tat finden; er ist disziplinarrechtlich unbescholten.
Die spezialpräventive Erforderlichkeit einer der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen Entlassung wird in den Fällen des § 95 Abs. 3 BDG nicht erst dann anzunehmen sein, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen – bei Beschränkung auf die nach § 92 Abs. 1 Z. 1 bis 3 BDG zu Gebote stehenden Möglichkeiten – in einer vagen Hoffnung erschöpfen würden, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf den dazwischenliegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit (vgl. Ropper/Jerabek, WK2StGB § 43 Rz 17; § 46 Rz 15 StGB [Stand 15.01.2024, rdb.at]).
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegen einen Beamten verhängten Strafe ist angesichts des § 93 Abs. 1 BDG von entscheidender Bedeutung, ob die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung notwendig ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (VwGH 26.01.2012, 2009/09/0187).
Das Erfordernis der Bedachtnahme auf spezialpräventive Gründe schließt es nicht aus, schon nach der ersten Dienstpflichtverletzung die Disziplinarstrafe der Entlassung auszusprechen, wenn diese Dienstpflichtverletzung sehr schwer ist (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0012), wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
Durch das verbale Geständnis des Disziplinarbeschuldigten und im Lichte seines bisherigen Verhaltens bestehen zunächst durchschnittlich hohe spezialpräventive Gründe an einer Bestrafung, doch obgleich er sich verbal von seiner Dienstpflichtverletzung distanziert hatte, wird er potentiell wieder als Exekutivbediensteter alleine oder in einer kleinen Gruppe in Situationen einschreiten (müssen), in denen es zu angespannten Lagen kommt, sodass ihm die Relevanz seiner Tat vom XXXX durch eine doch empfindliche Geldstrafe vor Augen zu führen ist. Auch im privaten Bereich kann das kumulative Auftreten mehrerer Stressoren wieder vorkommen und ist dies auch wahrscheinlich. Selbst unter Berücksichtigung, dass der Disziplinarbeschuldigte sich in Selbstreflexion übte und den Vorfall unter professioneller Unterstützung aufarbeitete, besteht doch die Notwendigkeit, dem Disziplinarbeschuldigten klar vor Augen zu führen, dass insbesondere bei familiärer Betroffenheit Vorsicht zu walten ist und er sich auch diesfalls nicht zu überschießenden Tätlichkeiten zu verleiten lassen hat.
Zum Argument des Disziplinarbeschuldigten vor dem Bundesverwaltungsgericht, er habe dienstgeberseitig keine Wertschätzung im gesamten Verfahren erfahren und habe er in Anbetracht der langjährigen Dienstdauer den Antrag auf Entlassung als unangemessen gehalten, ist anzumerken, dass im Rahmen des Disziplinarverfahrens eine Abwägung zu erfolgen hat. Langjähriger Dienst kann mildernd berücksichtigt werden, jedoch ist dies nicht der einzige Umstand, der im Rahmen des Disziplinarverfahrens zu berücksichtigen ist. Damit zusammenhängend ist dem Disziplinarbeschuldigten mit auf den Weg zu geben, dass er sich unabhängig von der Dauer seines Dienstes seiner Dienstpflichten stets bewusst zu sein hat. Auch ist anzumerken, dass der Disziplinarbeschuldigte zwar geständig ist; seine Reue war im Laufe des Verfahrens und insbesondere vor dem Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht vollends spürbar, versuchte er doch, wie bereits ausgeführt, sein Verhalten am besagten Tage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hinunterzuspielen und durch Verweise auf das Fehlverhalten Dritter zu relativieren. Deswegen ist ihm klar vor Augen zu führen, dass dieses sein Verhalten vom XXXX eines Exekutivbeamten nicht würdig war und ist, weswegen unter anderem auch aus spezialpräventiver Sicht eine hohe Geldstrafe zu verhängen ist.
Im Gegensatz zur belangten Behörde hält das Bundesverwaltungsgericht in der vorliegenden Rechtssache daher folglich nicht bloß eine mittlere, sondern ausschließlich eine hohe Geldstrafe oder Entlassung (vier Monatsbezüge bis zu einer Entlassung) als Strafrahmen für angemessen.
3.10. Allgemein zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen:
[Das Bundesverwaltungsgericht hat] im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG (Art. 130 Abs. 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/099/0062 und VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).
Wie bereits erwähnt, hatte die belangte Behörde ihr Ermessen in gesetzwidriger Weise ausgeübt, sodass das Bundesverwaltungsgericht die Strafe neu zu bemessen hatte.
Die Schuld des Täters ist die Grundlage der Strafbemessung (§ 32 Abs. 1 StGB). Es sind die Erschwerungsgründe (§ 33 StGB) und Milderungsgründe (§ 34 StGB), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte (§ 32 Abs. 2 StGB). Gemäß § 32 Abs. 3 StGB ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht er hat walten lassen.
3.10.1. Zu den Erschwerungsgründen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz lediglich eine demonstrative Aufzählung von Erschwerungsgründen beinhaltet (vgl. Riffel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 33 Rz 1), sodass auch außerhalb dieser Auflistung Gründe hinzutreten können.
Hinsichtlich der als von der belangten Behörde vorliegend angenommenen Erschwerungsgründen ist festzuhalten, dass diese im angefochtenen Disziplinarerkenntnis nicht unter die jeweiligen gesetzlichen Tatbestände des § 33 StGB subsumiert wurden. In der Begründung wurde ausgeführt, das Nachtatverhalten, wobei die belangte Behörde hiermit die Flucht vom Tatort, keine Zusammenarbeit mit der Polizei und keine Meldung an die Vorgesetzten zusammenfasste, und die Vorbildwirkung als Führungskraft seien erschwerend gewertet worden.
Das Nachtatverhalten per se darf – abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmefällen –nicht als im Sinn des § 33 StGB erschwerend gewertet werden. Das Verhalten nach der Tat kann sich nämlich zwar strafmildernd, nicht aber strafschärfend auswirken (vgl. Riffel in WK2 StGB § 32 Rz 37 f mwN; 13 Os 65/14d [13 Os 66/14a]), sodass die Wertung dieses Straferschwerungsgrundes bei der Strafbemessung fehlging.
Dem zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes dienstführenden Exekutivbediensteten, der zur Zeit der Dienstpflichtverletzung für seine in wenigen Tagen darauf stattfindende E2a-Prüfung lernte, ist jedoch tatsächlich vorzuwerfen, dass er sich als angehender E2a-Bediensteter, somit als Führungsfunktion im mittleren Management des Exekutivdienstes, zu solch einer Tat hat hinreißen lassen und wirkt dieser Erschwerungsgrund besonders schwer, hätte er doch damals aufgrund seiner bereits herausgehobenen dienstlichen Stellung als Zugelassener zum begehrten E2a-Kurs mit entsprechender Vorbildwirkung handeln müssen, was er in keinster Weise tat (vgl. BVwG vom 30.10.2019, W116 2121416-1; BVwG vom 09.04.2019, W170 2203904-1; BVwG vom 21.09.2018, W116 2107491-1, BVwG vom 05.06.2024, W170 20240605-1). Der Disziplinarbeschuldigte wurde sohin nicht dem Bild eines angehenden dienstführenden Exekutivbediensteten gerecht und gestand er das auch vor der belangten Behörde ein. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht führte er aus, er habe bereits unter Aufsicht Führungsverantwortung übernommen und aus den Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten als angehenden Dienstführenden in Verbindung mit seiner Angst, von der Dienstprüfung ausgeschlossen zu werden, ergibt sich, dass ihm klar war und ist, dass sein Verhalten am XXXX einem zukünftigen Vorgesetzten nicht entsprach, da er auch als Dienstführender bereits im Vorfeld mehr Erwartungen zu erfüllen hatte, weil ihn sonst der Dienstgeber nicht als zukünftige Führungskraft ausgewählt hätte.
Erschwerend wirkte in der gegenständlichen Rechtssache weiters, dass der Disziplinarbeschuldigte zum Tatzeitpunkt über Spezialwissen in Bezug auf derartige Konfliktsituationen verfügt(e), da er sowohl im Rahmen seiner – wenn auch verkürzten – E2b-Grundausbildung, aber jedenfalls im E2a-Kurs, den er in voller Länge genossen und am XXXX bereits abgeschlossen hatte, den korrekten Umgang mit und in Konfliktsituationen gelernt hatte. Und ist bei einer Person mit derartigem Spezialwissen ein strengerer Maßstab anzulegen. Gerade dieses Spezialwissen setzte der Disziplinarbeschuldigte in der vorliegenden Situation jedoch nicht ein.
Insbesondere gilt es hervorzuheben, dass er aus eigenem und ohne von jemandem dazu angehalten worden zu sein, von der Tankstelle, wo er mit seinem Vater und seiner Schwester zusammengestanden war, die XXXX querend zum Lokal und dort zum letzten Tisch in der XXXX ging und die dort sitzenden Personen, bei denen aufgrund der äußeren Umstände eine Beeinträchtigung durch Alkohol und eine damit verbundene Eskalationsneigung zu erwarten war, lautstark mehrmals ansprach, wer seinen Vater geschlagen habe und nach der ersten Antwort einer der angesprochenen Personen dieser sogleich ins Gesicht schlug, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob der Disziplinarbeschuldigte nun mit der flachen Hand oder doch mit der Faust geschlagen hatte.
Erschwerend war hier schon alleine, dass der Disziplinarbeschuldigte, wie er vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht zugab, aufgrund seiner vormaligen Verwendung in einer Einsatzeinheit – wie er es formulierte – in der Vergangenheit „genug“ mit Rapid-Fans zu tun gehabt hatte und war er, wie er ebenfalls betonte, „erfahrenes GSOD-Mitglied“ bzw. wusste er, dass unbekannte Fangruppen, wenn sie betrunken sind, aggressiv reagieren können und bei Diskussionen mit denselben daher einer erhöhtes Risiko einer Eskalation besteht. Gerade als Exekutivbediensteter ist nicht glaubhaft, dass er ohne nachzudenken und einfach „nur mal nachfragen“ wollte, ob jemand etwas beobachtet hatte, wie es der Disziplinarbeschuldigte in der Beschwerdeverhandlung darzustellen vermeinte. Er wollte nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls auf eigene Faust jene Person ausfindig machen, welche zuvor seinen Vater verletzt hatte und war ihm die Gefahrenlage klar XXXX .
Faktum ist, dass diese seine Handlung, nämlich der initiale Schlag in das Gesicht eines Rapid-Fans, selbstredend ein Gemenge auslöste, was er vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht auch zugab. In Folge seiner Handlung wurden nämlich nicht nur Flaschen, Sessel, Gläser und Aschenbecher des Lokals, sohin fremdes Eigentum, herumgeworfen, sondern auch die Fäuste aller am Tumult Beteiligten eingesetzt und entstand somit nicht unerheblicher Personen- und Sachschaden, aber vor allem immenser Imageschaden für die Exekutive und bleibt sich hier nur noch den eigenen Aussagen des Disziplinarbeschuldigten vor der belangten Behörde anzuschließen, wenn er dort zu Protokoll gegeben hatte, dass seine Handlung „auf jeden Fall nicht eines Exekutivbediensteten würdig“ gewesen sei XXXX . Mit dem Satz vor der belangten Behörde (Zitat:) „Scheiße, das ist jetzt absolut nach hinten losgegangen.“, gestand er zudem unstrittig die Unbedachtheit seiner unbeherrschten Handlung auch ein.
Und sei nur nebenbei erwähnt, dass die Schwester des Disziplinarbeschuldigten, deren Verfahren ebenfalls beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, im Zuge des Tumultes durch den unerlaubten Pfeffersprayeinsatz völlig unbeteiligte Personen auch noch gesundheitlich schädigte, was natürlich dem Disziplinarbeschuldigten jedoch nicht zugerechnet werden kann und wird, doch war seine körperliche Attacke auslösend auch für die von der Schwester des Disziplinarbeschuldigten begangene Dienstpflichtverletzung.
Zusammenfassend war daher der Disziplinarbeschuldigte mit seiner Unbeherrschtheit und Unbedachtheit, wie er vor der belangten Behörde auch konstatierte, alleine und ausschließlich auslösend für die Folgehandlungen. Diesem Aspekt war bei der Strafbemessung entsprechende Gewichtung beizumessen und wird seiner Behauptung, er habe lediglich verhindern wollen, dass die Personen, die seinen Vater geschlagen hätten, flüchten hätten wollen, kein Glaube deswegen geschenkt, als alle von den Behörden einvernommenen Zeug:innen unisono aussagten, von Aufbruch der Besagten sei keine Rede gewesen, waren diese Rapid-Fans zudem auch noch beim Eintreffen der Exekutive (i.e.: der Kolleg:innen des Disziplinarbeschuldigten) allesamt anwesend und benahmen sich offensichtlich unkooperativ gegenüber den eingetroffenen Exekutivbediensteten.
Zudem gilt es zu betonen, dass die Tat des Disziplinarbeschuldigten grundsätzlich nichts (mehr) mit der Tat gegen seinen Vater zu tun hatte, erfolgte doch sein Schlag ausschließlich aufgrund einer fremdenfeindlichen Beschimpfung ihm gegenüber XXXX .
Kurzum war der Disziplinarbeschuldigte der Kondensationskeim der darauffolgenden Geschehnisse und war diesem Umstand höchste Bedeutung beizumessen bzw. wurde diesem Aspekt seitens der belangten Behörde zu wenig Augenmerk geschenkt, weswegen diese ihr Ermessen nicht rechtsrichtig ausgeübt hatte.
3.10.2. Zu den Milderungsgründen:
Zu den Milderungsgründen ist ebenso auszuführen, diese in § 34 StGB lediglich demonstrativ aufgezählt werden (Ebner in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 34 Rz 1), wobei in der gegenständlichen Rechtssache die Milderungsgründe des § 34 Abs. Abs. 1 Z 1, 3, 5, 6, 9, 10, 14 bis 16 StGB seitens des Disziplinarbeschuldigten weder vorgebracht wurden, noch bei einer amtswegigen Prüfung zutage getreten sind, weswegen sie seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht weiter releviert werden.
Hinsichtlich der als vorliegend angenommenen Milderungsgründe ist festzuhalten, dass diese im angefochtenen Disziplinarerkenntnis ebenfalls nicht unter die jeweiligen gesetzlichen Tatbestände des § 34 StGB subsumiert wurden. So wurde in der Begründung ausgeführt, das reumütige Geständnis und die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit sowie die gute Dienstbeschreibung seien mildernd berücksichtigt worden.
Zum Milderungsgrund der Unbescholtenheit gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 StGB ist auszuführen, dass eine „gute Dienstbeschreibung“ allein diesen Milderungsgrund nicht zu begründen vermag (vgl. VwGH 19.03.2014, 2013/09/0179). Die gute Dienstleistung und diverse Anerkennungszeichnen in Zusammenschau mit dem bisher ordentlichen Lebenswandel, sowohl dienstlich (siehe Feststellungen) als auch privat (der Disziplinarbeschuldigte ist vom Vorfall abgesehen (strafrechtlich) unbescholten), können jedoch als Milderungsgrund der Unbescholtenheit iSd § 34 Abs. 1 Z 2 StGB angesehen werden. Das Verhalten bisher, welches zu der gegenständlichen Tat in auffallendem Widerspruch steht, zeigt diesen Milderungsgrund des Weiteren an (siehe VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007, § 34 Abs. 1 Z 2 StGB), sodass dieser Milderungsgrund zurecht berücksichtigt wurde.
Sofern der Disziplinarbeschuldigte mit seiner Argumentation, er habe Zeugen befragen wollen, auf den Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 3 StGB hinaus will, so sei ausgeführt, dass sich im Beweisverfahren klar die vorangegangene Beleidigung als Grund für sein Handeln hervortrat. Mit seiner Aussage, er habe sich gewundert, warum noch keine Einsatzkräfte – sprich: seine Kolleg:innen - vor Ort gewesen seien bzw. mit den Ausführungen, er sei „immer Polizist“ und sei „durch seinen polizeilichen Jagdtrieb angetrieben gewesen“, vermag der Disziplinarbeschuldigte vorliegend nichts zu gewinnen. Gerade in Anbetracht seiner familiären Betroffenheit wäre es nämlich ausdrücklich nicht seine Aufgabe gewesen, nach einem etwaigen Täter zu suchen und hätte er sich herausnehmen bzw. auf seine Kolleg:innen warten müssen, die gewohnt professionell alle Beweise aufgenommen hätten bzw. später auch haben.
Im Hinblick auf den Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 4 StGB ist beim bereits erwachsenen Disziplinarbeschuldigten nicht davon anzunehmen, er habe aus Gehorsam gegenüber dem Vater bzw. aufgrund eines als verpflichtend empfundenen Autoritätsverhältnisses gehandelt. Insbesondere ergab sich im vorliegenden Verfahren kein Hinweis auf ein Einwirken des Vaters auf die Tat des Disziplinarbeschuldigten; der Disziplinarbeschuldigte ging, wie bereits ausführlich dargelegt, aus eigenem bzw. eigeninitiativ zum Rapid-Tisch, an welchem er vermeintlich den Täter der Schläge gegen seinen Vater vermutete, und schlug nach einer fremdenfeindlichen Antwort ihm gegenüber zu. Sein Vater und seine Schwester gingen lediglich hinterher, sodass hier nicht die Rede von einer Hörigkeit gegenüber irgendeiner Person sein konnte, war der Disziplinarbeschuldigte doch selbst der Initiator der darauffolgenden Geschehnisse und nicht bloß ein Beitragstäter.
Der Milderungsgrund der Unbesonnenheit gemäß § 34 Abs. 1 Z 7 StGB bedingt nach der VwGH-Judikatur, dass der Täter aus einer augenblicklichen Eingebung heraus eine Tat begeht, folglich spontan und ohne zu überlegen (VwGH 17.07.2023, Ra 2023/02/0046). Dies kann im gegenständlichen Fall nicht angenommen werden, da keine diesbezüglichen Hinweise im Zuge des Verfahrens zu Tage getreten sind und solche auch seitens des Disziplinarbeschuldigten nicht vorgebracht wurden. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim Disziplinarbeschuldigten um einen ausgebildeten Exekutivbediensteten in nunmehr dienstführender Funktion handelt, welcher Stresssituationen, wie er sie am XXXX erfahren hatte, unzählige Male trainiert und auch realiter erlebt hatte und er sich ebengerade aufgrund seiner Ausbildungen zu keinen „spontanen und unüberlegten“ Handlungen hinreißen hätte lassen dürfen, da sonst unter Umständen auch seine Eignung gem. § 4 Abs. 3 BDG 1979 für das von ihm gewählte Berufsbild in Frage stehen würde.
Der Milderungsgrund der Z 8 des § 34 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn sich der Täter in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen. Dem Disziplinarbeschuldigten ist vor dem Hintergrund der oben getroffenen Feststellungen zwar durchaus zuzugestehen, dass die für ihn belastende Situation durchaus auch zu heftigen Gemütsbewegungen geführt hatte. Es ergibt sich aber aus dem Handlungsablauf zweifellos, dass er ausreichend Zeit hatte, über sein Handeln grundsätzlich nachzudenken, musste er doch nach dem Anruf seiner Schwester erst zum Vorfallort fahren, besprach sich dort noch kurz mit seinen Verwandten und kann daher nicht mehr von einem „Sich-hinreißen-lassen“ gesprochen werden. Insbesondere hatte der Disziplinarbeschuldigte vor allem während der fünfundzwanzig-minütigen (!) Fahrt zur Tankstelle, aber auch noch vor Ort genügend Zeit, über ein etwaiges Handeln nachzudenken und/oder über etwaige – auch disziplinarrechtliche - Folgen zu reflektieren, wobei seine Angabe, er hätte an ebendiesem Abend für die E2a-Prüfung gelernt, insofern erschwerend wirkte, als Teil dieser Prüfung auch das Disziplinarrecht ist. Er war zum Tatzeitpunkt bereits ausgebildeter E2b-Bediensteter und kurz vor Ernennung zum E2a-Bediensteten und hätte schon nach dem Anruf seiner Schwester, aber vor allem vor Ort trotz Betroffenheit Ruhe bewahren müssen, was jedoch nicht der Falle gewesen ist.
Zum Milderungsgrund der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommenden Umstände gemäß § 34 Abs. 1 Z 11 StGB ist auszuführen, dass im gegenständlichen Fall keine solchen Umstände ersichtlich sind bzw. dieser Milderungsgrund aufgrund des Schuldeingeständnisses des Disziplinarbeschuldigten keiner weiteren Würdigung bedarf. Seitens der Vertretung des Disziplinarbeschuldigten wurde im Schlussplädoyer im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmalig vorgebracht, im Rahmen der Strafbemessung sei zu berücksichtigen, dass zu prüfen sei, ob aufgrund der Spontanreaktion überhaupt von einem Vorsatz gesprochen werden könne und bewege sich dies im untersten Feld des Verschuldens, so ist dem nicht zu folgen. Insbesondere lagen keine einer Notstands- oder Nothilfesituation nahekommenden Umstände vor – der Disziplinarbeschuldigte selbst war der für die Folgegeschehnisse auslösende Grund, indem er einem Rapid-Fan ins Gesicht geschlagen hatte; er hatte sohin mit seiner Handlung erst die Situation geschaffen und konnte durch sein Spezialwissen aufgrund seiner GSOD-Einsätzen die Lage ausreichend abschätzen.
Der Milderungsgrund des die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtums gemäß § 34 Abs. 1 Z 12 StGB liegt ebenfalls nicht vor, da der Disziplinarbeschuldigte als Exekutivbediensteter gewusst haben musste, dass sein Handeln nicht rechtens war und ihm dies – wie dargelegt – nach eigenen Angaben selbst bewusst war.
Zum Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 13 StGB ist auszuführen, dass das strafgerichtliche Verfahren hinsichtlich einer Körperverletzung zwar eingestellt wurde, ein Imageschaden für die Polizei ist jedenfalls entstanden (vgl. zur Relevanz von immateriellen Schäden zB OGH 18.06.2020, 30 Ds 2/19a), und seine Dienstpflichtverletzung schon alleine durch seinen Schlag vollendet wurde bzw. es keines weiteren „Erfolges“ bedurft hatte.
§ 34 Z 17 StGB enthält zwei voneinander unabhängige Milderungsumstände: 1. das reumütige Geständnis und 2. den – Reue nicht voraussetzenden – wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung (vgl. RIS-Justiz RS0091585 T5). Zum Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 17 erster Fall StGB ist zunächst auszuführen, dass von einem reumütigen Geständnis nur dann gesprochen werden kann, wenn der Beschuldigte das Vorhandensein sämtlicher Tatbestandsmerkmale zugegeben hat, also sowohl in Ansehung der objektiven wie der subjektiven Tatseite uneingeschränkt geständig ist (VwGH 26.02.2009, 2009/09/0031; VwGH 23.02.2017, Ro 2015/09/0013). Ein reumütiges Geständnis umfasst neben dem Zugeben der gegen den Täter erhobenen und in der Verurteilung für richtig befundenen Anschuldigung zumindest in ihren wesentlichen Punkten, auch ein diesbezügliches Schuldbekenntnis, verbunden mit einer nicht bloß intellektuellen, sondern gesinnungsmäßigen Missbilligung der Tat. (vgl. VwGH 25.4.2018, Ra 2017/09/0044). Das Zugeben bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens wirkt aus dem Blickwinkel des „reumütigen Geständnisses“ nicht mildernd (vgl. VwGH 20.06.2011, 2011/09/0023; 23.02.2017, Ro 2015/09/0013; OGH 10.03.2005 12 Os 37/04). Ein reumütig abgelegtes Geständnis sollte die Einsicht der Schuld, welche sich gegenüber den rechtlich geschützten Werten verändert hat, signalisieren. Ob jedoch wirkliche, wahre Reue vorhanden ist, kann allenfalls auf eine richterliche Vermutung zurückgeführt werden, da die Reue als subjektiver, innerlicher Vorgang zu beurteilen ist, der nicht objektiv festgestellt werden kann (vgl. Schaffler, Das Geständnis im Strafprozess Österreich und das Common Law 31; Pallin, Strafzumessung Rz 25). Der Disziplinarbeschuldigte hat die Dienstpflichtverletzung zwar zunächst nicht, vor der belangten Behörde sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht dann doch eingestanden. Seine erste Stellungnahme zur Disziplinaranzeige erfolgte erst fünf Monate nach der Tat im Zusammenhang mit einem ihm drohenden Waffenverbot, welches er zu verhindern suchte. Dass er hierbei aus eigenem seine Beweggründe schildern wollte, ist daher nicht wahrscheinlich. Der Disziplinarbeschuldigte hat noch in seiner Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht faktisch nur in einem geringen Ausmaß Schuldeinsicht gezeigt. Dem Disziplinarbeschuldigten ist in jedem Fall zu glauben, dass er die ihn betreffenden beruflichen Folgen der Tat bereut, Reue hinsichtlich des Unrecht seiner Tat war aber nur in geringem Ausmaß spürbar. Er äußerte zwar vor dem Bundesverwaltungsgericht sein Bedauern über den angelasteten Vorfall und gab an, sich in Zukunft anders zu verhalten. Er versuchte jedoch in der Beschwerdeverhandlung stets seine Rolle in den Vorkommnissen herunterzuspielen und ergaben sich hinsichtlich der Ausführung seiner Tat Widersprüche in den Angaben des Disziplinarbeschuldigten. Führte er zunächst lediglich an, reaktiv geschlagen zu haben, kam im Zuge der Beschwerdeverhandlung, wie erwähnt, heraus, dass er auch einen Stoß abgegeben hatte. Er wies weiters auf andere, in seinen Augen ähnliche Disziplinarverfahren anderer Exekutivbediensteter hin, suchte Fehler aller Menschen und vermeintliches Fehlverhalten auch seiner Kolleg:innen in der konkreten Rechtssache aufzuzeigen und dadurch vom Unrecht seiner eigenen Tat abzulenken. Auch der Verweis darauf, dass andere in seiner Situation wohl auch so gehandelt hätten, zeigt keine vollständige Einsicht im Hinblick auf das Ausmaß des Unrechtgehaltes seiner Tat. Seine Ausführungen werden den Anforderungen an ein Geständnis daher gerade noch gerecht und sind mildernd zu werten. Dieser Milderungsgrund wiegt im Gesamten betrachtet jedoch nicht sehr schwer.
Was einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung anlangt, stellt das Gesetz nicht auf die innerliche Umkehr des Täters, sondern auf die Bedeutung seiner Aussage für die Beweisführung ab (WK2 StGB § 34 Rz 33). Unter dem Aspekt eines wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung (§ 34 Abs. 1 Z 17 zweiter Fall StGB) ist ein Geständnis nur dann von Bedeutung, wenn es sich maßgeblich auf die Beweiswürdigung auswirkt (vgl. OGH 04.12.2019, 22 Ds 3/19i). Im vorliegenden Fall hatte das Geständnis keine wesentliche Bedeutung für die Erleichterung der Beweisführung. Hinsichtlich der vom Vater nach Zeugenaussagen angefertigten Videoaufnahme führte er aus, er wisse nicht, wie der Zeuge habe erkennen können, ob jemand filme oder etwas wähle. Jedoch ergibt sich schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass durch den Winkel bei der Handybedienung auch aus weiterer Entfernung ersichtlich ist, ob gefilmt wird oder nicht. Auch vermeinte der Disziplinarbeschuldigte zu einer Selbstanzeige habe er keine Notwendigkeit gesehen, er habe „eh gewusst, dass es aufkommen werde“ XXXX . Zwar besteht keine Pflicht zur Selbstbelastung, von einer aktiven Mithilfe zur Aufklärung kann jedoch in seinem Falle in keinem Aspekt gesprochen werden. Fünf Monate nach der Tat gab der Disziplinarbeschuldigte zwar eine Stellungnahme zur Tat ab, jedoch ausschließlich nur, um ein Waffenverbot gegen ihn abzuwehren. Einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 17 zweiter Fall leistete der Disziplinarbeschuldigte dadurch nicht.
Der Milderungsgrund des Wohlverhaltens (seit der Dienstpflichtverletzung) gemäß § 34 Abs. 1 Z 18 StGB ist nicht gegeben, da nach der Judikatur des VwGH für das Vorliegen von Wohlverhalten nach der Tat auch ein bis zur Verkündung des beim VwGH angefochtenen Bescheides vergangener Zeitraum von ungefähr vier Jahren nicht genügt (VwGH 25.05.2007, 2006/02/0322), das Nichtbegehen neuer Dienstpflichtverletzungen für sich genommen nicht mildernd wirken kann (VwGH 16.09.2009, 2009/09/0014).
Insbesondere der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 19 StGB liegt nicht vor, da die Täterbetroffenheit nach dieser Bestimmung an die Tatfolgen, nicht an die Verfolgung (wegen) der Tat anknüpft (OGH 20. Oktober 2015, 11 Os 52/15d, VwGH 23.02.2017, Ro 2015/09/0013).
Eine überlange Verfahrensdauer nach § 34 Abs. 2 StGB liegt gegenständlich zudem ebenso wenig vor.
Wenngleich unter keinen dezidierten Milderungsgrund des StGB subsumierbar, so ist doch die Psychotherapie bzw. sind die fünf bis sieben Sitzungen im Rahmen derselben als Versuche des Disziplinarbeschuldigten, seine negativen Gefühle zu beherrschen und sich in Selbstreflexion zu üben, mildernd zu werten (positives Nachtatverhalten), wenngleich sie erst über 15 Monate nach der Tat und kurz vor der Verhandlung vor der belangten Behörde stattgefunden hatte.
3.11. Zur von der Disziplinaranwältin beantragten Entlassung:
Der VwGH ist in seiner Entscheidung vom 14. 11. 2007, 2005/09/0115, vom sogenannten „Untragbarkeitsgrundsatz“ abgegangen und wurde dieser auch durch nachfolgende Dienstrechts-Novellen nicht wieder eingeführt.
Wenn es, wie auch in den Gesetzeserläuterungen ausgeführt, möglich ist, „bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen“ (ErläutRV 1 BlgNR 24. GP , 5) so bedeutet dies noch nicht, dass bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen Milderungsgründe nicht auch zu berücksichtigen wären und die Strafbemessung nicht auch hier in einer Gesamtbetrachtung insbesondere sowohl der Erschwerungsgründe als auch der Milderungsgründe unter Einbeziehung und Würdigung aller für die Ausmessung der Strafe gemäß § 93 Abs 1 maßgeblichen Gesichtspunkte geboten wäre (vgl. VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007; 19.04.2022, Ro 2020/09/0007).
Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer – insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat – so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
Die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) Entlassung ist nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen – bei Beschränkung auf eine mildere Strafe – in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischenliegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
Hierbei übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof – wenn auch vor Abgehen vom Untragbarkeitsgrundsatz – ausgesprochen hat, dass ein uniformierter Zollwachebeamter, der im Dienst ohne gesetzliche Grundlage (vgl hiezu § 23a ZollG) einer Partei des Abgabenverfahrens gegenüber Gewalt anwendet, das Vertrauen der Bevölkerung in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben (§ 43 Abs 2 BDG 1979) in so erheblichem Maße gefährdet, dass es über die strafgerichtliche Verurteilung hinaus einer gewichtigen Disziplinarstrafe bedarf, um ihn an seine dienstlichen Pflichten zu erinnern, jedoch bei einem unbescholtenen Beamten, der zu diesem Verhalten durch eine Beleidigung provoziert wurde, bisher noch nie durch Neigung zu Gewalttätigkeiten aufgefallen ist und seine Dienstleistung (hier: Dienstzeit 16 Jahre) 10 Jahre lang mit „ausgezeichnet“ beurteilt wurde, die objektive Schwere des Dienstvergehens allein nicht die Disziplinarstrafe der Entlassung rechtfertig (VwGH 23.03.1983, 83/09/0004). Diese Abschätzung des Verwaltungsgerichtshofes wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes schon bei den Milderungsgründen – nämlich die Provokation durch das spätere Opfer seines Schlages und das bisher ordentliche dienstliche Verhalten – mitberücksichtigt.
Soweit der Beschwerdeführer auf andere Disziplinarverfahren rekurriert, in denen bei ähnlichen Sachverhalten Strafen in anderer Strafhöhe ausgesprochen worden seien, ist er darauf zu verweisen, dass er aus diesem Vergleich nichts gewinnen kann, weil jeder Einzelfall sich – auch wenn eine schwere Dienstpflichtverletzung und gewichtige general- und spezialpräventive Gründe vorliegen – anders darstellt und andererseits auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Anspruch auf eine „Gleichheit im Unrecht“ besteht (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0095; VwGH 14.12.2005, 2003/12/0117; VwGH 28.11.2022, Ra 2022/09/0089).
Bei einer Abwägung der Milderungs- und Erschwernisgründe im vorliegenden Fall ist kein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe zu erkennen. Bei der bei der Strafbemessung gebotenen Gegenüberstellung und Gewichtung der Strafbemessungsgründe kommt es vor allem auf eine qualitative Bewertung und Abwägung an (VwGH 11.03.2021, Ra 2020/09/0017), nicht ein bloß rechnerischer Vergleich der Anzahl der Milderungs- und Erschwernisgründe. Zwar überwiegen die Milderungsgründe rein rechnerisch, von einer Erheblichkeit des Überwiegens vor allem in qualitativer Hinsicht kann jedoch nicht annähernd gesprochen werden.
Es sprechen jedoch aber auch keine spezialpräventiven Gründe für die Verhängung einer Strafe im höchsten Ausmaß, da die Eigenart der Tat und die Persönlichkeit des Disziplinarbeschuldigten nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes eine solche (noch) nicht erfordern. Dem Disziplinarbeschuldigten ist jedoch im Rahmen der gegenständlichen Disziplinarstrafe vor Augen zu führen, dass bei Vorliegen familiärer Betroffenheit und/oder hoher Stresssituationen seinerseits künftig mit höchster Umsicht, Vorsicht und Selbstreflexion vorzugehen sein wird.
Im Lichte der genannten Milderungs- und Erschwerungsgründe muss die Strafe folglich am oberen Ende des oben festgesetzten Strafrahmens angesetzt werden und erscheint eine Disziplinarstrafe in Höhe von grundsätzlich fünf Monatsbezügen als angemessen, welche aber aus den sogleich zu relevierenden Gründen zugunsten des Disziplinarbeschuldigten reduziert werden wird.
3.12. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beamten:
Bei der Verhängung der Disziplinarstrafe ist schließlich weiters auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen (VwGH 06.03.2008, 2006/09/0021), wobei eine besonders schwerwiegende Dienstpflichtverletzung dann trotz drohender Existenzvernichtung und Arbeitslosigkeit zu einer Entlassung führen kann (VwGH 19.11.1997, 96/09/0218).
Sorgepflichten und die in deren Entsprechung zu leistenden Beträge sind im Regelfall zu berücksichtigen, es sei denn, dass der Berechtigte über ein eigenes ausreichendes Einkommen verfügt (vgl. Tipold in Leukauf/Steininger, StGB4 § 19 Rz 15 [Stand 1.10.2016, rdb.at]).
Auch potentielles Einkommen wird heranzuziehen sein. Es ist auch auf dasjenige Bedacht zu nehmen, was der Betreffende redlich und ohne Schaden an seiner Gesundheit zu nehmen bei aller Anspannung seiner Kräfte ins Verdienen bringen kann (vgl. Tipold in Leukauf/Steininger, StGB4 § 19 Rz 15 [Stand 1.10.2016, rdb.at]).
Eine möglicherweise empfindliche Minderung der wirtschaftlichen Situation des Bestraften (und damit zwangsläufig auch seiner Sorgeberechtigten) liegt grundsätzlich im Wesen einer Geldstrafe (vgl. VwGH 16.12.1997, 94/09/0245).
In Anbetracht der persönlichen Verhältnisse des Disziplinarbeschuldigten kann nicht von einer überhöhten Strafe ausgegangen werden. Zwar bestehen Schulden des Disziplinarbeschuldigten und ist er sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder, er verfügt jedoch auch über Erspartes in Höhe von XXXX , das verwertet werden kann. Er verfügt zudem über ein Eigenheim samt Grundstück und hat somit keine Mietkosten zu begleichen. Zudem ist der noch recht junge und ausgezeichnet ausgebildete Disziplinarbeschuldigte auch in der Lage, durch regelmäßig mögliche Mehrdienstleistungen ein entsprechendes Zusatzeinkommen zu lukrieren.
Überdies sind die genannten wirtschaftlichen Umstände nur innerhalb des Schuldrahmens und der spezialpräventiv erforderlichen Strafobergrenze zu berücksichtigen (vgl. Kusko-Stadlbauer, Das Disziplinarrecht der Beamten S. 183). Im vorliegenden Fall hatte die Bemessung aus spezialpräventiven Gründen am oberen Ende des ausgemessenen Strafrahmens von vier Monatsbezügen bis zur Entlassung zu erfolgen und wäre grundsätzlich nach Ansicht des entscheidenden Senates des Bundesverwaltungsgerichtes – wie oben ausgeführt – mit fünf Monatsbezügen zu berechnen gewesen. Nach Berücksichtigung der wirtschaftlichen Umstände des Disziplinarbeschuldigten erfolgte jedoch eine Reduktion auf die nunmehrige Höhe, nämlich auf viereinhalb Monatsbezüge. Die ausgesprochene Disziplinarstrafe ist zwar finanziell erheblich, jedoch für den Disziplinarbeschuldigten wirtschaftlich verkraftbar und kann er notfalls Ratenzahlung gemäß § 127 BDG 1979 beantragen.
Zusammenfassend stehen die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten daher der ausgemessenen Geldstrafe in der Höhe von viereinhalb Monatsbezügen nicht entgegen.
3.13.: Zu den Verfahrenskosten:
Da sich der Kostenausspruch unmittelbar aus der verhängten Strafe ergibt, ist dieser vom Strafausspruch nicht zu trennen und daher mitbekämpft, wenn sich eine Beschwerde – wie hier – (auch explizit nur) gegen den Strafausspruch richtet.
Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 hat der Beamte dem Bund einen Kostenbeitrag zu leisten, wenn über ihn von der belangten Behörde oder im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen ein Erkenntnis der belangten Behörde eine Disziplinarstrafe verhängt wird. Dieser Kostenbeitrag beträgt gemäß § 117 Abs. 2 Z 2 BDG 1979 im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe 10 % der festgesetzten Strafe, höchstens jedoch € 500,-.
Im gegenständlichen Fall wurde über den Disziplinarbeschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von viereinhalb Monatsbezügen verhängt, sodass er einen Kostenbeitrag in Höhe von € 500,- zu tragen hat. Da seine Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis bezüglich der über ihn verhängten Geldstrafe abgewiesen wurde, diese im Gegenteil mit dem gegenständlichen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erhöht wurde, war seine Beschwerde auch bezüglich des auferlegten Kostenbeitrages abzuweisen.
3.14. Conclusio:
Indem die belangte Behörde unterlassen hatte, der Tatsache, dass der Disziplinarbeschuldigte der Kondensationskeim der darauffolgenden Geschehnisse war, im Rahmen der Strafbemessung höhere Bedeutung beizumessen, hatte sie ihr Ermessen nicht rechtsrichtig ausgeübt und hatte das Bundesverwaltungsgericht sein Ermessen anstelle jenes der belangten Behörde zu setzen, weswegen der Beschwerde der Disziplinaranwältin teilweise Folge gegeben wird.
Auch unter Berücksichtigung obiger Judikatur des VwGH ist die Disziplinarstrafe der Entlassung auf Grund spezial- und auch generalpräventiven Erwägungen (jedoch gerade noch) nicht erforderlich. Die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von – nunmehr aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Disziplinarbeschuldigten dezidiert reduziert – viereinhalb Monatsbezügen ist ausreichend, um der Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte/innen entgegenzuwirken. Niemand aus dem Vorgesetzten- und Kolleg:innenkreis (und auch die Allgemeinheit nicht) würde die abschreckende Wirkung dieser hohen Geldstrafe bestreiten. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kann nicht davon ausgegangen werden, dass daraus ein Freibrief für die Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen abgeleitet würde. Es bedarf daher keiner höheren Disziplinarstrafe, um deutlich zu machen, dass eine derart massive Dienstpflichtverletzung nicht toleriert wird; auch diesem generalpräventiven Erfordernis kommt der Strafausspruch in der Höhe von viereinhalb Monatsbezügen nach. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Disziplinarstrafe daher notwendig, aber auch ausreichend, um dem Disziplinarbeschuldigten die Bedeutung der verletzten Dienstpflicht vor Augen zu führen und generalpräventiven Überlegungen zum Durchbruch zu verhelfen. Es ist davon auszugehen, dass der Disziplinarbeschuldigte infolge dieser hohen Disziplinarstrafe in Zukunft keine Dienstpflichtverletzungen mehr setzen wird, denn es wird die dieser Disziplinarstrafe innewohnende Abschreckungswirkung dafür sorgen, dass der Disziplinarbeschuldigte zukünftig seine Dienstpflichten einhalten wird, weshalb seine Tragbarkeit zur weiteren dienstlichen Verwendung gerade noch vorliegt. Auch wenn zweifellos eine erheblich schwere Störung des Vertrauensverhältnisses zum Disziplinarbeschuldigten vorliegt, ist das Vertrauen in seine zukünftige Dienstverrichtung dennoch nicht derart erschüttert, dass nicht mit der Verhängung dieser Geldstrafe das Auslangen gefunden werden könnte. Es kann daher eine gerade noch positive Zukunftsprognose abgegeben werden.
Schlussendlich zu erwähnen bleibt, dass von einem Beamten als Gegenleistung für die ihm gebotene soziale Sicherheit zu Recht unter anderem ein besonderes Maß an Treue und Integrität erwartet wird und war nicht außer Acht zu lassen, dass diese Disziplinarstrafe lediglich die Folge des vom Disziplinarbeschuldigten selbst zu verantwortenden Fehlverhaltens ist und eine unangebrachte Milde der Disziplinarbehörden in der Öffentlichkeit und in der Kolleg:innenschaft kein Verständnis fände (vgl. VwGH 25.06.2013, 2013/09/0038), weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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